Archiv 2015-07

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„Das Sacher, das bin ich und sonst niemand!"

So lautete das Lebensmotto der Unternehmerin Anna Sacher. Den Namen assoziierte ich bisher nur mit der weltberühmten Schokoladentorte. Dass Anna und ihr Mann Eduard Sacher Ende des 19. Jahrhunderts zum erfolgreichsten Lieferanten von Delikatessen und Diners in Wien aufstiegen und sogar den Kronprinzen Rudolf persönlich belieferten, erfuhr ich erst durch das Buch „Das letzte Fest des alten Europa“ von Monika Czernin.
Zu dieser Zeit kam das Reisen in Mode und die Weltausstellung im Jahr 1873 sorgte für einen harten Konkurrenzkampf unter den Hotels der Stadt. Trotz der schwierigen Lage gelang es Anna Sacher durch eine gefeilte Werbestrategie ein Grand Hotel zu schaffen, in dem sich sowohl Aristokraten als auch Großbürger wohlfühlten. Czernin geht auch auf das schwere Schicksal der Dienstmädchen, Näherinnen und Fabrikarbeiterinnen ein, die zum Unterhalt der Familie beitrugen, und aus Existenznot häufig in den Selbstmord getrieben wurden.
Die Autorin entwirft ein vielseitiges Panorama der Wiener Gründerzeit und lässt die damalige Aufbruchsstimmung wieder aufleben. Leider kommt das Porträt Anna Sachers dabei ein wenig zu kurz, was an den mangelnden Quellen liegen könnte. Sie wird als lebendige und resolute Person beschrieben, doch ihre Gefühle und ihr Wesen bleiben bis zum Ende nicht richtig greifbar.
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Am Fuße der Hofstange

Die hölzerne Hofstange ist das Wahrzeichen von Pildau, imaginärer Schauplatz des Romans „Vorläufige Chronik des Himmels über Pildau“. Auf einem einsamen Hof nahe der bayerisch-tschechischen Grenze leben drei Generationen – Sohn, Vater und Großvater – unter einem Dach.
Max Scharnigg erzählt die Geschichte aus der Sicht des Jüngsten, Jasper Honigbrod, der zu seinem sechsten Geburtstag ein Tagebuch von seinem Vater Max geschenkt bekommt. Am liebsten würde er es mit so spannenden Inhalten füllen wie die Gutenmorgengeschichten, die ihm sein Vater täglich vorliest. Zum Glück tut sich sehr bald eine sprudelnde Quelle für interessanten Stoff auf und zwar in der Gestalt des Findelskinds Lada.
Jaspers schüchterner und liebevoller Umgang mit dem frechen Mädchen ist wundervoll geschrieben. Auch die übrigen Figuren werden gut gezeichnet: zum Beispiel die Stiefmutter Lene-Mama, die völlig ohne Erwartungen und Ansprüche eine Lebensphase nach der anderen abhakt, als gelte es, ein vorgegebenes Pensum zu absolvieren. Oder der Großvater, der als begabter Ingenieur eine Erntemaschine erfindet. Man hat fast das Gefühl, man bekomme selbst eine leichtfüßige, märchenhafte Gutenmorgengeschichte vorgelesen.
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Motivationskiller entlarvt

In der vergangenen Woche zog ich meinen unfertigen Roman hervor und versuchte, wieder in die Geschichte hineinzufinden. Von der Grundidee war ich nach wie vor überzeugt. Auch der Szenenaufbau konnte weitestgehend beibehalten werden.
Ich fragte mich, weshalb ich die Motivation verloren hatte, weiter daran zu arbeiten und kam zu folgender Erkenntnis: Ich hatte Schauplätze und Charaktere gewählt, die objektiv gesehen, gut hineinpassten, aber einfach nicht meine Fantasie anregten. Entweder wusste ich zu wenig darüber oder die Thematik interessierte mich nicht genügend, um Recherchen anzustellen. Warum machte ich mir die Arbeit also unnötig schwer? Sofort beschloss ich, die schwierigen Szenen und Details so abzuändern, dass ich mehr aus meinem Erfahrungsschatz schöpfen kann und wieder Spaß daran habe, sie zu schreiben und auszuschmücken. Deshalb spielt meine Geschichte nicht mehr in einem Seniorenheim. Mir kam eine viel bessere Idee. Mehr verrate ich vorerst nicht.
Ich kann mich erinnern, dass K. M. Weiland in ihrem Buch „Outlining your novel“ („Wie man einen Roman plant“) einen ähnlichen Tipp gibt. Das Buch kann ich jedem empfehlen, der wissen möchte, wie man ein Romankonzept entwirft, einen Spannungsbogen aufbaut und Struktur und Szenenfolge skizziert.
Hier noch weitere gute Tipps von Weiland:
– Schreibe vorab die perfekte Rezension für deinen Roman.
– Verwende einen alten Kalender und trage die Zeitschiene und Ereignisse deiner Geschichte ein.
– Konzept, Charakter, Thema, Struktur, Szene, Ausführung und Erzählstimme sind die wichtigsten Elemente eines Romans.
– Überlege, was der Leser erwartet und überrasche sie mit dem Gegenteil.
– Jede Szene muss einen Sinn haben und die Handlung vorantreiben.
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Nüchtern bis zur Erleuchtung

Die Erzählung "Zwei Herren am Strand" von Michael Köhlmeier hat mich überrascht. Sie handelt von Winston Churchill und Charlie Chaplin und dennoch spielen Weltpolitik und Filmkunst eine untergeordnete Rolle. Vielmehr geht es um ihre enge Freundschaft und das, was sie am stärksten verbindet: der Versuch, ihre Depressionen zu bekämpfen.
Sie lernen sich auf einer Dinnerparty in Santa Monica im Jahr 1927 kennen und stellen fest, dass sie trotz unterschiedlicher Herkunft und Weltanschauungen Seelenverwandte sind. Beide werden regelmäßig von Ängsten und Schwermut – vom „schwarzen Hund“ – befallen und sinnieren über verschiedene Techniken des Selbstmords. Künftig wollen sie sich jedoch gegenseitig beistehen und „nüchtern bis zur Erleuchtung“ dem Weltschmerz entgegentreten – jeder auf seine eigene Art: Churchill widmet sich der Malerei während Chaplin die „Methode des Clowns“ empfiehlt, bei der man sich selbst lächerlich macht, damit ein Teil des Ichs über den anderen lachen kann.
Nebenbei werden biographische Momentaufnahmen und Anekdoten über ihre Zeitgenossen eingestreut. Zum Ende hin rücken die politischen Weltlage und ihr vereinter Kampf gegen Hitler stärker in den Fokus.
Bei Hörspielen stört mich oft, dass die Stimme zu aufdringlich ist und von der Handlung ablenkt, was hier jedoch glücklicherweise nicht zutrifft. Michael Köhlmeier präsentiert mit seiner zurückhaltenden und ruhigen Stimme auf sehr angenehme Art die geistreiche und zugleich melancholische Erzählung.
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Der Auserwählte

Das Buch Jonah“ von Joshua Max Feldman handelt von zwei Menschen, die auf den ersten Blick einiges gemeinsam haben: Jonah und Judith sind beide jung, karriereorientiert und gehören der New Yorker Elite an.
Jonah, ein aufstrebender Anwalt in New York, steht kurz davor, Partner der Kanzlei zu werden. Plötzlich hat er merkwürdige Visionen, die ihm die Brüchigkeit und Verletzlichkeit der Menschen vor Augen führen. Er ist immer mehr davon überzeugt, dass er – wie sein Namensvetter – von Gott auserwählt wurde, um sie von ihrem Leid zu befreien.
Judith ist seit ihrer Kindheit auf der Suche nach etwas, was sie auszeichnet. Sie glänzt durch Bestnoten in der Schule und an der Uni, verliert jedoch durch den plötzlichen Tod ihrer Eltern jegliche Ideale.
Jonah begegnet Judith in Amsterdam und ist von da an besessen von dem Gedanken, sie erretten zu müssen. Er folgt ihr bis nach Las Vegas, wo sie für einen mächtigen Casinobesitzer illegale Immobiliengeschäfte abwickelt.
Joshua Max Feldman hat hier einen wuchtig-epischen Roman über die zentralen Fragen menschlicher Existenz vorgelegt. Anhand der Protagonisten zeigt er auf beeindruckende Weise die Orientierungslosigkeit der Menschen und ihren Hang, diese durch Arroganz und übertriebene Strebsamkeit zu verdecken.
Beiden wird in dieser Geschichte ein kleiner Wink zuteil, dass es eine Alternative, eine Rettung gibt. Jonah werden durch seine „biblischen“ Erfahrungen die Augen geöffnet; Judith erlebt an einem Bach für einen kurzen Moment das Gefühl, „dass es so viel in der Welt zu geben scheint als man je fühlen, berühren oder wissen kann“. Der Autor baut die Ereignisse an den wechselnden Schauplätzen in einem dramatischen Spannungsbogen auf und entlässt die Leser mit einem grandiosen Finale.
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Challenge accepted

Letzte Woche las ich in einem Newsletter von literaturcafe.de über einen Schreibwettbewerb, der am 1. Juli angelaufen ist. Amazon, das Magazin FOCUS und der Freie Deutsche Autorenverband rufen zu dem Wettbewerb „Kindle Storyteller“ auf.
Autoren werden aufgefordert, bis zum 15. September ein noch nicht veröffentlichtes Werk auf Amazons Self-Publishing-Plattform KDP hochzuladen. Danach gilt es, auf die Gunst der Leser und einer prominent besetzten Jury zu hoffen, denn diese entscheiden über den Sieger. Als Belohnung winken der „Deutsche Self Publishing Award“, 10.000 Euro Preisgeld und eine Veröffentlichung bei Bastei Lübbe.
Ich glaube, jetzt ist es soweit. Auf meinem Rechner schlummert seit einem dreiviertel Jahr mein erster Roman, den ich auf Amazons Plattform veröffentlichen wollte. Ein aufregendes Erlebnis meiner Freundin inspirierte mich zu einer Geschichte, die ich in drei Monaten niederschrieb. Leider kam der Roman nicht über die Editierphase hinaus. Eine Idee für ein anderes spannendes Projekt lenkte mich ab (in Kürze erfahrt Ihr mehr darüber). So blieb meine Erzählung leider unvollendet und bei näherem Hinsehen merke ich, dass eine gröbere Überarbeitung vonnöten ist.  
Der Wettbewerb spornt mich an, die Sache aufs Neue anzupacken und bis zu meinem Sommerurlaub fertigzustellen. Der Zeitdruck wird mich zwingen, am Ball zu bleiben. Außerdem möchte ich meine Fortschritte jeden Samstag mit Euch teilen. So gibt es für mich kein Zurück mehr. Sieben Wochen bleiben mir bis zum Tag der Veröffentlichung am 4. September 2015.
Falls jemand von Euch ebenfalls teilnimmt, lasst es mich wissen. Los geht’s ...
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"Zwischen Verenden und Wiederauferstehung"

Nach der Audio-CD „Wunderheiler“ von Dr. Eckart Hirschhausen erlebte ich bei dem Roman „Sucht“ von Simon Borowiak das krasse Gegenteil. Nicht nur, dass die Perspektive von Arzt zu Patient wechselt, auch der Ton ist nicht mehr sanft, sondern drastisch.
Und dennoch hat auch diese Geschichte Züge einer Comedy. Sie handelt von Cromwell, der von seinen Freunden Mendelssohn und Schlomo in eine Entzugsklinik in Hamburg geschickt wird. Sie können einfach nicht mehr mitansehen, wie ihr Kumpel trotz der sieben Hausärzte an seiner Tablettensucht zugrunde geht. Außerdem brauchen sie ihn möglichst schnell wieder funktionstüchtig zurück, um zu dritt mit der frisch gegründeten Privatdetektei durchzustarten.
Die Entgiftungstherapie fordert Cromwell so einiges ab. Schon vom ersten Tag an fühlt er sich überfordert, nennt der Einfachheit halber alle Männer auf der Station Ulf und alle Frauen Sylvia, vergibt später Spitznamen wie XXL, Edgar U-Bahn und Sibi D-Zug, was bereits den lakonischen Witz, der sich durch den Roman zieht, erahnen lässt.
Dank der präzisen Beobachtungen und intensiven Sprache kann man sich gut in Cromwells Tagesablauf und seinen schwankenden Gemütszustand hineinversetzen. Beim gemeinsamen Essen versteht er nicht, warum alle so gut gelaunt sind, in den Therapiesitzungen ist er erleichtert, dass die anderen genauso fühlen wie er; Phasen der Beklemmung, Resignation und des Übermuts wechseln sich ab. Er befindet sich in einer Zone "zwischen Verenden und Wiederauferstehung".
Mit teils sarkastischem, teils albernem, aber meist messerscharfem Humor vermittelt Simon Borowiak sehr eindringlich die Qualen von Sucht und Entzug, die er aus eigener Erfahrung kennt.
 
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Eine Echse mit vielen Gesichtern

Letzten Samstag entdeckten wir in Giesing einen guten Italiener für laue Sommerabende: das „Gecco“ in der St.-Martin-Straße. Mittags tummeln sich vor allem Geschäftsleute aus der Umgebung in der geräumigen Trattoria und auf der begrünten Terrasse. Der Pizzaofen ist angeblich so groß, dass er im Minutentakt Pizzen ausspuckt, um die hungrige Kundschaft zu bedienen.
Am Abend verändert das Lokal sein Gesicht. Dann tritt die Baratmosphäre in den Vordergrund und erst zu späterer Stunde trudeln die Gäste ein, um einen Drink zu schlürfen oder sich vor ihrem Kunstpark-Ost-Besuch zu stärken. Die Inneneinrichtung in warmen Beige- und Brauntönen mit stilvollem Mobiliar und auffälligen Holzpaletten an der Decke ist sehr einladend.
Das Personal ist freundlich und sehr aufmerksam. Auch die Auswahl an Pizzen, Pasta und Salaten lässt kaum Wünsche offen. Meine Pizza Contadina mit Spinat, Steinpilzen, Artischocken und Parmaschinken war ausgezeichnet. Auf den Extrawunsch Knoblauch hätte ich allerdings verzichten sollen. Der Koch meinte es etwas zu gut, so dass ich mir nach dem Essen vorkam wie eine wandelnde Knoblauchzehe. Wären wir anschließend noch tanzen gegangen, hätte ich die Tanzfläche garantiert für mich allein gehabt. 
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Spätes Coming-out

Dieses Wochenende wird's wieder bunt in München. Unter dem Motto "Familie ist, was wir draus machen", zieht ab 12 Uhr die CSD-Politparade durch die Innenstadt. Anschließend gibt's ein großes Open-Air-Straßenfest rund um den Marienplatz.
Da muss ich gleich an eine amerikanische Serie denken, die ich neulich auf Netflix gesehen habe. "Grace und  Frankie", ist leider gar nicht zum Feiern zumute. Ihre Ehemänner haben sich nicht etwa eine jüngere Geliebte zugelegt, sondern sind ineinander verliebt und wollen heiraten. Zwanzig Jahre haben Robert und Sol, die gemeinsam eine Anwaltskanzlei führen, ihre Beziehung geheim gehalten. 
Die entsetzten Ehefrauen, beide über 70, ziehen gezwungenermaßen in das gemeinsame Strandhaus. Die einstigen Rivalinnen teilen nun das gleiche Schicksal und raufen sich zusammen, um mit der neuen Situation klarzukommen. Ihr völlig unterschiedlicher Lebensstil macht das Zusammenleben nicht einfach und sorgt für viel Komik. Wenn ich die beiden Figuren so vergleiche – Grace, die ihrer Tochter ein erfolgreiches Kosmetikunternehmen vererbt, sich privat jedoch nur über ihre Ehe definiert hat, und die leicht esoterisch angehauchte Frankie, die gern philosophiert und sich in ihrem Malatelier austobt – bietet Letztere für mich mehr Identifikationspozenzial. Am besten gefällt mir Frankies trockener Humor. 
Man sieht den Schauspielerinnen Jane Fonda und Lily Tomlin an, wie viel Spaß sie in dieser Serie haben. Da soll noch einer behaupten, ältere Darstellerinnen würden keine interessanten Rollen mehr bekommen. Und dass Martin Sheen, den ich zuletzt in der Rolle des amerikanischen Präsidenten in der Serie "West Wing" gesehen habe, einen schwulen Ehemann mimen würde, hätte ich nicht erwartet.
 
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Medizin braucht Magie

Dr. Eckart von Hirschhausen dürfte mittlerweile jedem ein Begriff sein. Ob im Fernsehen, in Bestseller-Regalen von Buchhandlungen oder im Kundenmagazin einer Drogeriekette – überall springt einem das Lächeln des „Glücksdoktors“ ins Auge. 
In seinem aktuellen Bühnenprogramm „Wunderheiler“ widmet er sich der Schulmedizin und alternativen Heilmethoden – eine Gegenüberstellung, die erfahrungsgemäß hitzige Diskussionen entfachen kann. Auf humoristische Art erklärt der Comedy-Arzt die wundersame Wirkung von Placebo-Tabletten und nimmt überzogene Erwartungen von Patienten und abstruse Empfehlungen von Ärzten aufs Korn. Vieles hat man selbst schon in ähnlicher Form erlebt. So erhielt ein Bekannter von mir mit einer Kälteallergie tatsächlich den ärztlichen Rat, Kälte zu meiden. 
Auch in anderen Punkten kann ich ihm nur zustimmen – zum Beispiel, was für ein Wunderwerk der Körper ist, wenn man bedenkt, wie schnell eine Wunde von allein verheilt. Oder dass man, mit wenigen Ausnahmen, auf Nahrungsergänzungsmittel verzichten kann ohne Mangelerscheinungen befürchten zu müssen. Sympathisch ist, dass der Arzt rät, aus beiden Welten das Beste für sich selbst zu nutzen. Magie und Wissenschaft schließen sich nicht unbedingt aus.
Eine magische Stimmung, von der einige Besucher des Bühnenprogramms berichteten, vermag die Audioversion nicht zu vermitteln. Auch große Lacher blieben bei mir aus, doch immerhin musste ich öfters schmunzeln, zum Beispiel bei der Frage „Warum tut mein linkes Knie wegen Alterserscheinungen weh, wenn das rechte genauso alt ist?“
Nach der Sommerpause setzt der Kabarettist seine „Wunderheiler“-Tournee fort. Erster Termin ist der 15. September in Göttingen. 
 
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Zwischen zwei Leben

Wacht Kitty in einem leuchtend-gelb oder graugrün gestrichenen Schlafzimmer auf? Nur daran erkennt die Protagonistin in dem Roman "Als ich erwachte" von Cynthia Swanson, ob sie sich in der Realität befindet oder träumt. Glaubt sie zumindest. Im Laufe der Geschichte wird sie feststellen, dass sich die beiden Welten nicht so leicht unterscheiden lassen. In der einen ist sie mit einem anbetungswürdigen Mann verheiratet und glückliche Mutter von Drillingen – in der anderen ist sie Single, führt mit ihrer besten Freundin eine Buchhandlung und steht vor einer wichtigen unternehmerischen Entscheidung.
Es ist die beliebte "Was wäre wenn"-Konstruktion, mit der die Autorin Spannung aufbaut und uns die verschiedenen Phasen und Facetten von Kittys Leben erleben lässt. Anfangs kam mir der Roman wie ein leicht zu konsumierender Frauenroman ohne besonderen Tiefgang vor. Den Sprachstil empfand ich als eher einfach und unspektakulär und mit den Klischees hätte man auch etwas sparsamer umgehen können. Doch dann wirft die Handlung immer mehr Rätsel auf und man fragt sich, ob Kittys Fantasien auf ein Trauma oder eine psychische Krankheit beruhen. Auch wenn mich der Roman nicht ganz überzeugt hat, fand ich die Grundidee des Romans und die Auflösung am Ende, die ich zwar schon ahnte, recht gelungen. Wer fragt sich nicht hin und wieder, wie das Leben verlaufen wäre, hätte man andere Entscheidungen getroffen.
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Das Auge trinkt mit

Es heißt, das Cover eines Buches beeinflusse die Kaufentscheidung maßgeblich. Ähnlich geht es mir mit Weinetiketten. Bekomme ich Post von Weinhändlern, interessieren mich meistens die schönsten Flaschen.
So entdeckte ich auch den Weißwein der Familie Bésinet. Jean und Cécile Bésinet hielten verschiedene Ansichten ihres Weingutes und die Stimmungen unterschiedlicher Epochen in Gemälden fest. Zu Ehren des 40. Jubiläums stattete Jacques Weindepot den Le Bosc Chardonnay mit einem Motiv aus dieser Bildersammlung aus: Demoiselle du Bosc, von Frühlingsböen umtost. 
Noch besser schmeckt mir der Ventenac blanc, der aus einer ungewöhnlichen Mischung besteht: Chenin Blanc, der aus der Loire stammt, und Colombard, der im Departement Gers beheimatet ist. Die Familie Maurel hat diese beiden Sorten ins Languedoc importiert, weil sie die Zitrusfrucht-Noten des Colombard und die Struktur des Chenin Blanc kombinieren wollten. Seitdem ich ein halbes Jahr in Montpellier verbracht habe, trinke ich die Weine aus diesem Anbaugebiet besonders gern.
Zu ihrem Jubiläum stattete die Familie Maurel letztes Jahr die Flaschen als Sonderedition aus. Das Motiv aus den wilden 1920er Jahren versetzt einen richtig in Partylaune. Anscheinend erinnerte Maurel das Bild der Aufbruchstimmung an die 1970er, das Jahrzehnt, in dem er sein Weingut aus der Taufe hob.
Ich wünsche Euch einen schönen lauen Sommerabend — je nach Gusto mit einem erfrischenden Bier oder einem fruchtig-spritzigen Wein. 
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Alles im Griff

Mindestens soviel Grund zur Verzweiflung wie die bekannten "Desperate Housewives" haben die "House Husbands" in der gleichnamigen australischen Serie, die auf Netflix zu sehen ist. Sie handelt von vier gestressten Vätern, die sich um ihre fünfjährigen Kinder kümmern und sich als Hausmann durch den Alltag schlagen. 
Die Serie lebt vor allem davon, wie unterschiedlich die Charaktere sind. Jeder hat seine Schwächen und Macken, doch wenn es hart auf hart kommt, halten sie zusammen und helfen einnander, was irgendwie rührend ist. Am witzigsten ist Lewis, der sich einerseits gern aufspielt und ganz schön auf die Nerven gehen kann, andererseits die Truppe zusammenhält, wenn alles den Bach runterzugehen droht. Schmunzeln muss man auch über seine Ehefrau, eine gestresste Krankenschwester, die mit dem größten Chaos zu Hause fertig werden muss und doch in jeder Lebenslage ihren trockenen Humor behält. Mark nimmt ausgerechnet einen Teilzeitjob in einer Werbeagentur an und erfährt täglich aufs Neue, was es heißt, zwischen anspruchsvollem Beruf, Kind und Haushalt zu jonglieren. Währenddessen kämpft Footballer Justin nach der Trennung von seiner Frau um das Sorgerecht für seine drei Kinder.
Erstaunlich, wie stark die Eltern in Australien in schulische Aktivitäten eingebunden werden, sei es Geldspenden für eine guten Zweck sammeln, Sportwettbewerbe oder Vorträge über ihren Beruf. Entsprechend sind die House Husbands ziemlich gefordert. Mit jeder Folge gewinnen die Figuren an Tiefe und haben sich wiederholt einer neuen Wende im Leben zu stellen. Ich bin gespannt, wie der ganz normale Alltagswahnsinn des Männerquartetts in der dritten Staffel weitergeht.
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