Archiv 2014-10

Schatztruhe am Lenbach-Palais
Ein sehr schöner Laden, der ebenfalls zum Stöbern und Schmökern einlädt, ist das "KOKON" am Lenbachplatz. Dort findet man ein recht ungewöhnliches Sortiment bestehend aus Möbeln, Antiquitäten, Floristik, Stoffen, Dekomaterial und Büchern.
Die Idee geht auf ausgiebige Orientreisen Helmut Ronstedts zurück. Er beschäftigte sich mit den Traditionen des Wohnens und Lebens in Regionen wie Anatolien oder Rajasthan und brachte viele handwerkliche Produkte, Souvernirs und Trophäen mit nach Hause. Die fanden wohl so großen Anklang in der Heimat, dass daraus eine Geschäftsidee entstand.
Auch heute liegt der Fokus auf authentische Möbel, Wohntextilien und Accessoires aus Asien, Europa und Südamerika. Unter dem Motto "Natur & Design" verarbeitet KOKON Naturmaterialien wie Holz, Rattan, Leder und Stein zu modernen Designstücken. Wer sich gerne im 'Mix und Match' übt, ist hier genau richtig. Das Schlendern durch die kleinen Wohn- und Dekowelten ist ein wahres Vergnügen. Ein Freund von mir besucht regelmäßig vor Weihnachten das Untergeschoss, um sich Inspirationen für schöne Tischdekorationen zu holen. Ich bin gespannt, was für einen Stilmix er sich dieses Jahr einfallen lässt.
Meine bevorzugte Abteilung ist die Bücherecke im Erdgeschoss, die eine ansprechende Auswahl an Romanen, Reisebüchern und Städteführern bietet. Wenn ich etwas mehr Zeit mitbringe, kann ich mich noch im ersten Stock bei den Bildbänden, Kunst- und DIY-Büchern austoben und zum Abschluss in das gemütliche Café einkehren.

Schmökerparadies
Ich muss gestehen, dass ich Museen nicht nur wegen der Kunstausstellungen oder der schönen Architektur besuche. Unumgänglich ist der anschließende Abstecher in den Museumsshop. Für das Stöbern und Schmökern plane ich mindestens genauso viel Zeit ein wie für den Kunstgenuss.
Woran liegt es nur, dass mich schon beim Betreten des Ladens Euphorie übermannt? Dafür finde ich nur eine Erklärung: Ein Museumsshop vereint auf kleinstem Raum all die Dinge, die mein Herz höher schlagen lassen wie Kunst, Design, Literatur, Papeterie – und das Ganze in äußerst konzentrierter Form.
Auf kleinstem Raum befindet man sich im wahrsten Sinne des Wortes im Shop der HypoKunsthalle in den Fünf Höfen. Dort muss man sich mühsam an den Besuchern vorbeiquetschen und erhascht mit viel Glück hier und da einen Blick auf die Auslage. Weitaus entspannter geht es im Shop der Pinakothek der Moderne zu. In dem sehr großzügig gestalteten Raum sind die Artikel nach Farben sortiert und man kann sich in aller Ruhe von einem Farbtisch zum nächsten voranarbeiten.
Immer wieder entdecke ich tolle Bildbände oder sehr spezielle Fachliteratur und Geschichtensammlungen, die man in Buchhandlungen vergeblich suchen würde. Schreib- und Bastelbücher für Kinder und Erwachsene machen Lust, sich kreativ zu verausgaben. Man stößt auf so viele Themen, mit denen man sich gern näher beschäftigen würde wie Fotografie, Mode, Stilrichtungen ... Ein wundervoller Ort voller Ideen und Inspirationen.

Kunstgenuss im Zauberschloss
Vier Jahre dauerte der Um- und Neubau des Lenbachhauses nach Plänen von Foster + Partners. Entstanden ist ein interessantes Spannungsverhältnis zwischen Alt und Neu.
Den prunkvoll gestalteten Altbau haben wir Franz von Lenbach zu verdanken. Der gefeierte Porträtmaler prägte im späten 19. Jahrhundert den Mythos von München als Kunststadt entscheidend mit. "Ich gedenke mir einen Palast zu bauen, der das Dagewesene in den Schatten stellen wird ..." lauteten seine Worte und es folgten sogleich Taten. Gemeinsam mit dem renommierten Münchner Architekten Gabriel von Seidl ließ er in der Nähe vom Königsplatz ein großzügiges Atelier mit Wohnhaus errichten. Es diente dem Künstlerfürsten als idealer Ort für Empfänge und Feste – ein Gast bezeichnete es gar als "Zauberschloss". Viele Gesellschaftsgrößen suchten Lenbachs Villa auch auf, um sich porträtieren zu lassen.
Der neue Zugang zum Lenbachhaus ist nicht zu übersehen. Dafür sorgt Thomas Demands Schriftskulptur LENBACHHAUS. Im Atrium hängt seit 2012 als besonderer Blickfang Olafur Eliassons "Wirbelwerk" aus poliertem Metall und farbigem Glas von der Decke.
Heute beherbergt das Lenbachhaus unter anderem die weltweit größte Sammlung zur Kunst des "Blauen Reiter". Sehr sehenswert ist auch die Abteilung "Neue Sachlichkeit", die sich seit Juli 2014 mit einem neuen Schwerpunkt präsentiert. Dazu in Kürze mehr.

Treff für Schwabinger Bohèmiens
Der Jugendstil brachte um 1900 nicht nur bunte Hausfassaden nach München – auch mit Inneneinrichtungen wollte man ein Gesamtkunstwerk schaffen. Das Lokal "Golden Twenties" in der Arcisstraße war lange Zeit für seine opulente Dekoration bekannt. Große Bilder und Spiegel mit verschnörkeltem Rahmen sowie bunte Emaille-Werbeplakate schmückten das einstige Brunchlokal. Seitdem die Wirte Mario Loddo und Massimo Simone die Gaststätte übernommen haben, ist sie eher klassisch italienisch eingerichet und ein beliebter Treff für Künstler und Studenten.
Gespeist haben wir kürzlich in der angeschlossenen Pizzeria, die sich klein, gemütlich und rustikal präsentiert. Während Harry stets auf seine geliebte Reginella schwört und sich allenfalls auf eine Variante mit Parmaschinken und Rucola einlässt, freue ich mich immer über saisonale Angebote und ausgefallene Kreationen. Diesmal fiel meine Wahl auf eine Pizza von der Tageskarte belegt mit Spinat, Mascarpone, Kartoffel-Carpaccio und gerösteten Pinienkernen. Ein Gedicht! Obwohl wir einen Pizzastein besitzen, gelingt die Pizza zu Hause einfach nicht so gut wie beim Italiener.

Geballte Jugendstil-Architektur
"Jugendstil heißen die Stühle, auf denen man nicht sitzen, Schränke, in die man nichts hineintun, Gläser, aus denen man nicht trinken, Löffel, mit denen man nicht essen kann. Es ist zum aus der Haut zu fahren", soll der deutsche Dichter Hanns von Gumppenberg einmal gesagt haben. Da ist was Wahres dran, doch die wunderschöne Optik macht alle Nachteile wieder wett.
Nirgends in München findet man Jugendstil-Architektur in so geballter Form wie in Schwabing, stellte ich kürzlich fest. So wie ich in Manhatten vor jedem Skyscraper Halt machte, blieb auf meiner Erkundungstour zwischen Martiusstraße und Elisabethblatz der Blick immer wieder an den grandiosen Häuserfassaden hängen. Ein Gebäude, das mir wegen der farbenprächtigen Details besonderes gefiel, war die Pfauenapotheke am Leopoldpark. Im Schweifgiebel ist ein Pfauenpaar zu sehen, darunter ein Schlangenpaar, eine Jagdszene und ein gebändertes Früchteband.
Ein Tag später fiel mir in einem Museumsshop das Buch "Jugendstil in München" in die Hände. Als ich es aufschlug, war auf der ersten Doppelseite just das Pfauenhaus abgebildet. Was für ein Zufall. Ich entdeckte noch mehr Beschreibungen von Jugendstilhäusern, die ich am Tag zuvor ausgiebig fotografiert hatte. Wer sich für die Stilrichtung interessiert, kann in dem reich bebilderten Buch interessante Hintergründe über die Architekten und die damalige Zeit erfahren.
So konnte ich nachlesen, dass die Pfauenapotheke 1904 von dem Ungar Ferenc Nyilas im Stil der Wiener Schule gebaut wurde. Die Farben leuchten deshalb so intensiv, weil witterungsbeständige Mineralfarben verwendet wurden, wie sie erst seit 1878 gebräuchlich sind. Geht man weiter die Friedrichstraße entlang, stößt man auf Häuser mit großflächigen Fassadendekorationen, in denen Anfang des 20. Jahrhunderts Maler und Schriftsteller wie Wassily Kandinsky, Franz Marc, Rainer Maria Rilke und Thomas Mann wohnten. Ich versetzte mich in die Zeit zurück, in der die Schwabinger Bohème in der aufstrebenden Literatur- und Verlagsstadt München Kunst und Kultur schuf und Zeitschriften wie Simplicissimus und PAN herausgab.
Noch mehr Jugendstil-Juwele sind in der Martius-, Franz-Joseph-, Nikolai, Gedon- und Ohmstraße zu finden – und natürlich in anderen Stadtteilen, die ich nun dank des erworbenen Büchleins genauer studieren kann.

Häuser auf der Heide
Als ich neulich in Haidhausen unterwegs war, fiel mir auf, dass mir erstaunlich viele Touristen über den Weg liefen. Der Stadtteil am östlichen Isarhochufer muss als sehenswertes Trendviertel einen festen Platz in Reiseführern gefunden haben. Und recht haben die Autoren, denn das über 1200 Jahre alte Viertel, das sich einst "Haidhusir" (Häuser auf der Heide) nannte, hat viel Charme mit seinen einladenden Cafés wie den Preysing Garten, Kneipen und ausgefallenen Boutiquen.
Besonders viel Flair hat das Franzosenviertel, wo die meisten Wohnhäuser aus der Zeit vor 1914 stammen. Über die wandelreiche Geschichte könnte man sich im Haidhausen-Museum in der Kirchenstraße informieren. Mir persönlich würde eher die "Probiertour Haidhausen" liegen, die am Brunnen am Weißenburger Platz beginnt und am Wiener Platz endet. Bei sonnigem Wetter sitzt man dort gern zwischen den Buden bei einer Weinschorle mit Blick auf die backsteinerne St. Johann Baptist-Kirche, das Wahrzeichen Haidhausens. Auch mein Rundgang kürzlich endete an diesem lauschigen Platz bei einem leckeren Bioeis.
Kinolounge für besondere Anlässe
An einem freien Tag picke ich mir gern ein Stadtviertel heraus und gehe auf Erkundungstour. Unter dem Motto "Streifzüge durch München" möchte ich Euch in den kommenden zwei Wochen besonders schöne Ecken, interessante Locations und Neuentdeckungen vorstellen.
Vorgestern hatte ich zum Beispiel endlich die Gelegenheit, die Cinema-Lounge im Hotel Bayerischen Hof, von der ich schon viel gehört hatte, kennenzulernen. Zur Zeit läuft dort die französische Tragikomödie "Ein Sommer in der Provence". Mein Filmerlebnis war jedoch ganz anderer Art. Ich hatte eine Einladung zu einer Vortragsreihe über Trends im E-Commerce. Keine schlechte Idee, den überschaubaren Kinosaal mit kuscheligen Loungesofas und Wohnzimmeratmosphäre für ein Business-Event zu mieten. Eine Lesung könnte ich mir dort auch gut vorstellen.
Man konnte sich so tief in die Kissen lümmeln, dass man aufpassen musste, nicht einzuschlummern. Zum Glück machten die Referenten aus Norddeutschland, England und USA ihre Sache gut. In kurzweiligen Vorträgen und witzigen Kurzfilmen präsentierten sie interessante Beobachtungen und Fakten über Kaufentscheidungen im Onlinegeschäft, Entwicklungen im Mobile Marketing und ungenutzte Potenziale im Kundenfeedback. Als Pausensnack wurde passenderweise Popcorn gereicht.
Es fiel mir schwer, mich am Ende aus meinem gemütlichen Sitz herauszuschrauben. Gern hätte ich noch bei Drinks und Desserts ein wenig Networking betrieben. Aber Harry drängte, nach Hause zu fahren, um das EM-Qualifikationsspiel Deutschland gegen Irland zu sehen. Also tröstete ich mich mit dem Gedanken, dass ich jederzeit zu einem Kinovergnügen wiederkommen kann.

Wahrnehmungstäuschungen
Für die aktuelle Ausgabe des BÜCHER Magazins habe ich den Roman "Nichts davon stimmt, aber alles ist wahr" von Larissa Boehning rezensiert. Schon den Titel finde ich gelungen und auch die Geschichte, die in Hamburg spielt, überzeugt. Warum erfahrt Ihr hier.

Unverhoffte Bäckerkarriere
Eine Portion Mut gehört schon dazu, um sein Leben komplett umzukrempeln – so wie es "Paulette" tut im gleichnamigen Film von Jérôme Enrico. Die ältere Witwe lebt im Pariser Vorort, sitzt auf einem Berg voller Schulden und streitet sich auf dem Markt mit Leidensgenossen um eine Stange Lauch aus dem Abfall. Die Schuld an ihrem Elend gibt sie den Ausländern. Die einst erfolgreiche Konditorei, die sie mit ihrem Mann führte, musste schließen. Dass ihr Schwiegersohn und ihr Enkel dunkelhäutig sind, macht die Sache nur noch schlimmer.
Zufällig beobachtet sie Jugendliche aus der Nachbarschaft, die Haschisch verkaufen. Paulette sieht endlich einen Weg, ihrer Armut zu entkommen und heuert bei einem Drogenboss an. Durch ihren ausgeprägten Geschäftssinn entwickelt sie sich schnell zu einer erfolgreichen Dealerin.
Auch wenn die Handlung teilweise vorhersehbar ist, macht es großen Spaß, Paulette bei ihrer Wandlung zu beobachten: von einer gehässigen, griesgrämigen Frau zur tüchtigen, einfallsreichen Geschäftsfrau und zugleich warmherzigen Person, die sogar ihren Enkel ins Herz schließt. Ihre sarkastischen Sprüche und die gelungenen Nebenfiguren bringen viel Humor in die ernste Thematik.
Mindestens genauso interessant wie die Komödie ist ein Blick hinter die Kulissen. Das Drehbuch entstand in einem Schreibworkshop an einer Filmhochschule und beruht auf einer Zeitungsmeldung über eine 80-Jährige Frau, die im Pariser Banlieue tatsächlich dealte. Es gab Bedenken, mit hochwertigem Filmequipment in dem schwierigen Milieu aufzuschlagen und einen Film zu drehen, doch das Team wurde vor Ort gut aufgenommen. Mehrere Jugendliche, die dort in Cliquen abhängen, wurden gleich eingebunden und durften als Darsteller oder bei der Regie mitwirken – also ein rundum gelungenes Filmprojekt, das viele brisante Themen wie Altersarmut, Jugendkriminalität und Rassismus in eine unterhaltsame schwarze Komödie verpackt.

Die seltsame Spezies Mensch
So könnte laut dem Schriftsteller Matt Haig ein Alien uns Menschen also sehen: ein hässliches Wesen und Verpackungskünstler, der viel Zeit mit belanglosen Nachrichten und zeitraubender Lektüre verschwendet. Tja, wir haben es eben nicht so gut wie die Bewohner des Planeten Vonnadoria, die mal eben mehrere Buchbände in den Mund werfen und sich kauend die Inhalte einverleiben können.
In seinem Roman "The Humans" ("Ich und die Menschen") zeichnet Matt Haig zunächst ein sehr abstoßendes Bild von uns Menschen und unseren Macken. Aus Sicht der Vonnadorians sind wir psychologisch völlig unterentwickelt. Daher schicken sie auch einen ihrer Spezies mit einer wichtigen Mission auf die Erde – getarnt als 43-jährigen Mathematik-Professor Andrew Martin, Ehemann und Vater, der an der Cambridge University lehrt.
Schon der Anfang ist urkomisch: Die erste Zeitschrift, die Andrew in die Hände fällt und die er genau studiert, um sich ein Bild von den Menschen zu machen, ist ausgerechnet die Frauenzeitschrift 'Cosmopolitan'. Was anfangs wie eine bitterböse Satire daherkommt, entwickelt sich jedoch zu einer in allen Facetten lebensbejahenden und herzerwärmenden Geschichte. Schöner kann man das, was die Menschen menschlich und das Leben lebenswert macht, kaum erzählen.

Flanieren wie ein König
Man muss eigentlich nicht erst darauf warten, Besuch zu bekommen, um sich Sehenswürdigkeiten in der Umgebung anzusehen. Schloss Nymphenburg habe ich mit Bekannten und Verwandten schon zu Genüge besichtigt. Das Schloss Schleißheim dagegen kannte ich noch nicht, hatte aber schon viel davon gehört. So entschloss ich mich an einem freien Tag spontan zu einem Tagesausflug.
Die Gründung der Schlossanlage Schleißheim geht auf Herzog Wilhelm V. von Bayern zurück, der zwischen 1598 und 1600 einen Gutshof und ein Herrenhaus errichten ließ. Schleißheimer Bier und Käse wurden dort produziert. Ab 1617 ließ Herzog Maximilian das Herrenhaus durch das heutige Alte Schloss ersetzen, das zwischenzeitlich als Zweigmuseum des Bayerischen Nationalmuseums dient.
Weitaus imposanter ist jedoch das Neue Schloss, das Kurfürst Emanuel in Anlehnung an die Schlösser in Wien und Versailles zwischen 1701 und 1726 errichten ließ. Und das sieht man dem Schloss mit seiner wunderschönen Fassade wahrlich an. Ebenso beeindruckend ist der Schlosspark, einer der wenigen kaum veränderten Gärten der Barockzeit. Henrico Zuccalli, der auch am Bau der Münchner Theatinerkirche beteiligt war, entwarf das Grundkonzept für den Park mit seinen Kanälen, das später von Dominique Girard umgesetzt wurde. So entstand ein prunkvolles Parterre mit Zierbeeten, Hecken, Fontänen und Skulpturen.
Vom neuen Schloss flanierte ich durch den Park mit Blick auf das Schloss Lustheim am anderen Ende. In dem kleinen Jagd- und Gartenschlösschen fanden einst prächtige Feste und Tanzvergnügungen statt. Die prunkvolle Architektur und das majestätische Ambiente versetzten mich gleich in eine erhebende Stimmung.
Rund um das Schloss-Ensemble führt der Klausenweg, der von Wilhelm V. als Pilgerweg angelegt wurde. Ein Spaziergang auf diesem historischen Pfad durch die weitläufige Natur wäre mal eine interessante Alternative zum Englischen Garten oder den Wegen an der Isar.

Wenn Bühne und Leinwand verschmelzen
Molière lebte zur Zeit der absolutistischen Herrschaft Ludwigs XIV. und musste seine Gesellschaftskritik in lustige Komödien verpacken. „Der Menschenfeind“ ist ein typisches Beispiel dafür, wie der meist gespielte Komödiendichter menschliche Schwächen, Heuchelei und Standesdünkel verspottete.
Der französische Film „Molière auf dem Fahrrad“ schafft etwas ganz Einzigartiges: Er schafft eine Symbiose zwischen einem klassischen Theaterstück aus dem 17. Jahrhundert und einem Kinofilm aus der Gegenwart.
Die Geschichte beginnt damit, dass Vincent seinen ehemaligen Schauspielerkollegen Serge aufsucht, der zurückgezogen auf der Insel Île de Ré nahe Bordeaux lebt. Vincent plant Molières Theaterstück 'Der Menschenfeind' zu inszenieren und will Serge für eine Rolle gewinnen. Beide sind allerdings scharf auf die Rolle des Misanthropen. Fünf Tage lang proben die beiden betagten Männer und liefern sich dabei verbale Duelle.
Sie gehen so in ihren Rollen auf, die ihnen wie auf den Leib geschnitten sind, dass Realität und Spiel verschmelzen. Serge, der wie Alceste in dem Stück, zu allem eine vorgefertigte Meinung hat und seine Mitmenschen verachtet, und Vincent, der ähnlich wie Philinte zu Kompromissen bereit ist (was seine aktuelle Hauptrolle in einer erfolgreichen Arztserie bestätigt), geraten sich ständig in die Haare.
Zwischen den Proben begleitet man die beiden auf ihren Radausflügen und taucht ein in die rauhe Landschaft der Insel. Die temperamentvolle Italienerin Francesca und eine junge ambitionierte Pornodarstellerin bringen weitere interessante Nuancen in diese ausgezeichnete Tragikomödie mit hervorragenden Darstellern, allen voran Fabrice Luchini.

Phoksoliva!
Während meines Urlaubs in Rethymnon las ich passenderweise einen Roman, der auf einer fiktiven griechischen Ferieninsel spielt. Die Verwechslungskomödie "Skios" ("Willkommen auf Skios") von Michael Frayn ist gespickt mit Slapstick, Satire, aber auch philosophischen Gedanken und rast auf ein fulminantes Ende zu.
Die Handlung: Hochrangige Gäste aus aller Welt sind zu einer Lesung des renommierten Dr. Norman Wilfred in der Fred Toppler Stiftung geladen. Doch anstelle des Wissenschaftlers erscheint Oliver Fox im luxuriösen Stiftungssitz und führt die Gäste an der Nase herum. Am Flughafen wurde er von der Assistentin der Mäzenin versehentlich für den Gastredner gehalten und seitdem gelingt dem Spontan-Hochstapler die Charade erstaunlich lang.
Währenddessen landet der echte Gelehrte in einer fremden Villa bei einer fremden Frau im Bett. Es handelt sich um eine Zufallsbekanntschaft von Oliver Fox, die vergeblich auf ihren Geliebten wartet. Als Olivers Ex-Freundin und Besitzerin der Villa auch noch unerwartet auftaucht, ist das Chaos perfekt. Hätte Dr. Norman Wilfred die wiederholten Rufe des Taxifahrers "Phoksoliva" nicht für ein griechisches Grußwort gehalten, wäre alles vielleicht anders verlaufen.
Die Identität eines anderen anzunehmen, bietet ohnehin viel Stoff für einen spannende Geschichte. Noch interessanter wird das Ganze, wenn man die Wege der zwei Personen parallel verfolgt. Während Oliver Fox immer mehr in die Rolle des Wissenschaftlers hineinwächst, fühlt man mit Letzterem mit, dem man nicht nur die Identität, sondern auch die ganze Show gestohlen hat.
Als der Schwindel auffliegt, spitzt sich die Situation an beiden Schauplätzen zu und die niedersten Instinkte der Menschen kommen zum Vorschein – ein augenfälliger Kontrast zu den hohen Werten, die die Stiftung repräsentiert. Ich hatte lange nicht mehr so viel Spaß beim Lesen. Man kommt fast in Versuchung, sich spaßeshalber auch einmal für eine andere Person auszugeben und zu sehen, was passiert.

Wer ist die Schönste im Land?
Wer Kreta hört, denkt meist an die Ausgrabungsstätte Knossos oder die Haupstadt Heraklion. Weniger bekannt sind die Hafenstädte Chania und Rethymnon an der Nordküste, die sich seit jeher einen Wettstreit um die schönste Stadt Kretas liefern.
Ähnlich sind sie sich schon – die beiden mittelalterlichen Städte im venezianischen Baustil mit verschlungenen engen Gassen und urigen Tavernen. Nachdem ich gerade eine Woche in Rethymnon verbracht habe, geht diese Stadt für mich als knapper Sieger hervor. Die Altstadt mit ihren pastellfarbenen venezianischen Herrenhäusern, den eleganten eisernen Balkonen und Portalen ist insgesamt besser erhalten und noch einen Tick schöner. Es dauert schon eine Weile, bis man alle Gassen einmal abgelaufen hat und kommt sich immer wieder vor wie in einer Filmkulisse.
Minarette und Moscheen erinnern daran, dass die Türken 1646 die Venezianer besiegten und Rethymnon einnahmen. Der venezianische Hafen ist zwar malerisch und bietet eine große Auswahl an guten Fischrestaurants wie das "Cavo D'oro". Gemütlicher fand ich aber die geschmackvoll eingerichteten Lokale mitten in der Altstadt.
Gegenüber Chania hat Rethymnon zwei weitere Pluspunkte: die Fortezza, eine sehenswerte Festung, die im 16. Jahrhundert auf einem Hügel erbaut wurde mit einer wunderbaren Aussicht auf den Hafen und die Stadt. Nur 15 Gehminuten entfernt liegt ein langgestreckter Sandstrand, an dem man in kristallklarem Wasser baden kann. Diese Kombination aus historischen Spuren, Hafenflair und Strandpromenade macht wohl die besondere Schönheit dieser Stadt aus.