Archiv 2014-09

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Ménage à trois

Ich hatte mit einem durchschnittlichen Historienfilm gerechnet, doch "Die Herzogin" hinterließ einen stärkeren Eindruck als erwartet. Das liegt vor allem an der schauspielerischen Leistung von Keira Knightley, die die Wandlung von einer lebenslustigen jungen Frau zur begehrten, aber unglücklichen großen Dame meisterhaft darstellt.
Am Anfang erlebt man Georgiana in ihrem Elternhaus noch unbeschwert und lebenshungrig. Als sie den Herzog von Devonshire heiratet, ahnt sie nicht, auf welches Schicksal sie sich einlässt. Noch genießt sie das Ansehen und zeigt sich keck und souverän. Doch ihr abweisender Mann und seine Liebschaft mit Georgianas besten Freundin vergiftet das häusliche Klima zunehmend.
Noch jetzt sehe ich die drei am Esstisch gemeinsam dinieren, als wäre es das Gewöhnlichste auf der Welt. Was für eine Farce! Der Herzog entwickelt sich immer mehr zum Ekelpaket, doch irgendwie hat man auch Mitleid mit ihm, weil er einfach nicht aus seiner Haut kann.
Die Schauspielkarriere von Keira Knightley finde ich beachtlich: von der ungestümen Fußballerin in „Kick it like Beckham“ über die Kopfgeldjägerin in "Domino" bis zur adligen Dame. In ihren prächtigen Roben und extravaganten Hüten macht sie auch diesmal eine äußerst gute Figur.
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Von Künstlerin zur Kämpferin

In dem Roman „Honigtot“ fühlte ich mich ein wenig an „Adams Erbe“ von Astrid Rosenfeld erinnert. Hanni Münzer erzählt von Felicity, die ihrer Mutter nach Rom nachreist und von der tragischen Lebensgeschichte ihrer Vorfahren im Dritten Reich erfährt.
Der Rückblick beginnt bei ihrer Urgroßmutter Elisabeth, einer erfolgreichen und angesehenen deutschen Opernsängerin. Mit ihrem jüdischen Ehemann Gustav und ihren zwei Kindern führt sie in München eine glückliche Ehe, die jedoch durch den Nationalsozialismus immer mehr in Bedrängnis gerät. Schließlich ist die Familie gezwungen, ihre Flucht nach London zu planen.
Auf einmal sah ich meinen Wohnort mit ganz anderen Augen, wenn Hanni Münzer deren Wohnung am Prinzregentenplatz, das Gefängnis in der Ettstraße oder die Treffen im Ratskeller am Marienplatz beschrieb. Durch ihre sorgfältigen Recherchen und ihre lebendige Sprache fühlte ich mich in die faschistische Zeit zurückversetzt. Mit Elisabeth und später ihrer Tochter Deborah reiste ich imaginär von München nach Berlin, Zürich, Wien und schließlich nach Krakau.
Am meisten hat mich Elisabeths Wandlung bewegt, die sich aus ihrer unschuldigen Musikwelt hinauswagt, in Berlin alle Hebel in Bewegung setzt, um ihren verschollenen Mann aufzuspüren, und für ihre Familie kämpft. Trotz des bedrückenden Themas verschlingt man jede Seite, weil es Hanni Münzer bestens versteht, packend und aufwühlend zu schreiben.
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Psychoduell auf hoher See

Kürzlich habe ich über den dänischen Film "Hijacking" berichtet, in dem es um ein von somalischen Piraten entführtes Containerschiff geht. Was die Amerikaner aus dem gleichen Thema, allerdings einer anderen wahren Begebenheit, gemacht haben, kann man sich in dem Film "Captain Phillips" ansehen. Der Seemann Captain Richard Phillips, gespielt von Tom Hanks, soll das Containerschiff Maersk Alabama von Salalah im Oman um das Horn von Afrika nach Mombasa überführen.
Von Anfang an hat der Captain ein ungutes Gefühl, zumal er eine offizielle Warnmail vor Piratenangrifen erhalten hat. Er führt zur Sicherheit Piratabwehrübungen mit seiner Crew durch, die sehr bald keine Übung mehr sind, sondern harte Realität. Vier somalische Piraten gelingt es trotz diverser Gegenmaßnamen, an Bord zu gehen. Man fragt sich, warum keine Waffen zum Schutz der Mannschaft an Bord sind.
Ab dem Zeitpunkt steht man als Zuschauer unter Dauerstrom. Man hofft ständig, dass es der Crew gelingt, die Piraten durch clevere Ideen zu überlisten, doch die Somalier machen es ihnen nicht leicht. Sehr interessant fand ich zwei gegensätzliche Charaktere unter den Piraten. Muse ist ein friedlicher, aber gieriger Typ, der nur scharf auf das Geld ist und davon träumt, ein Leben zu führen wie die Amerikaner. Sein Komplize dagegen ist hasserfüllt gegenüber den Amerikanern, die ihm keinen Respekt entgegenbringen, und zu jeder Gewaltmaßnahme bereit. 
Während in "Hijacking" die zähen Verhandlungen im Vordergrund standen, geht es in diesem Film mehr um die Befreiungsaktion. Das Aufgebot amerikanischer Kriegsschiffe am Ende wirkt etwas übertrieben und sorgt für mehr Action als die dänische Version, doch beide Filme bleiben bis zur letzten Minute nervenaufreibend.
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Künstler und Visionär

Was Antoni Gaudí für Barcelona ist, ist César Manrique für Lanzarote. Auf Manriques Heimatinsel begegnet man immer wieder seinen ausgefallenen Skulpturen und Bauwerken.
Schon früh entdeckte Manrique sein künstlerisches Talent und ließ sich von der bizarren Landschaft Lanzarotes mit seinen Steilküsten und Lavafeldern inspirieren. Zwei Visionen trieben den Künstler an: Eine Symbiose von Architektur und Natur zu schaffen und Lanzarote zum schönsten Platz der Welt zu machen.
Das zeigte er schon eindrucksvoll bei einem seiner ersten Projekte "Los Jameos del Agua". Im größten Lavatunnel von Lanzarote baute er einen Konzertsaal für 500 Besucher. Sehr abgefahren fand ich sein Wohnhaus in der Nähe von Arrecife. Fünf unterirdische Lavablasen sind untereinander verbunden und beherbergen heute ein Museum. 
Ein Spätwerk Manriques ist sein Kakteengarten an der Straße von Guatiza nach Mala. In einem Labyrinth von Wegen geht man an breiten aufsteigenden Terrassenstufen aus Lavasteinmauern entlang und kann rund 1.400 verschiedene Kakteenarten bewundern. Dazwischen stehen immer wieder große Monolithen, Lavabrocken und eine restaurierte Mühle. Heute vor genau 22 Jahren starb Cesar Manrique in der Nähe seines Wohnhauses bei einem Verkehrsunfall.
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Was im Leben zählt

Grace Lisa Vandenburg zählt seit ihrem 8. Lebensjahr alles, was ihr in die Quere kommt: die Stufen zu ihrem Haus, die Schritte zur Schule, die Streusel auf ihrem Kuchen. Mittlerweile ist sie 35, hat ihren Job als Lehrerin verloren und lebt nach einem strikt geordneten Tagesablauf, der ihr Halt im Leben gibt.
Um auf ihre bevorzugte Zahl 10 zu kommen, stibitzt sie eines Tages im Supermarkt eine Banane aus dem Korb eines anderen und lernt so Seamus Joseph O‘Reilly kennen. Sie verliebt sich in den lebensfrohen und lässigen Kerl und vergisst in ihrer Begeisterung bisweilen sogar das Zählen.
Wie die beiden trotz ihrer Zwangsneurose zueinander finden, erzählt Toni Jordan aus Brisbane in ihrem Roman "Addition" ("Tausend kleine Schritte") sehr einfühlsam und mit einem Augenzwinkern. Durch die Ich-Perspektive bekommt der Leser einen guten Einblick, was in Menschen wie Grace vorgeht und wie sie ihren Alltag bewältigen. Man fragt sich aber auch, ob man wirklich einer Norm entsprechen muss, um glücklich zu sein. Kleine Macken können, wie die Geschichte zeigt, das Leben durchaus bereichern.
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Am Ende wird alles gut

So luxuriös wie im Foto hätten sich die sieben britischen Senioren ihre Unterkunft in Jaipur sicher gerne vorgestellt. Als sie in der Komödie „Best Exotic Marigold Hotel“ im gleichnamigen Gebäude anreisen, erwartet sie statt dessen eine Bruchbude. Von den verheißungsvollen Versprechungen trifft allenfalls der Teil ‚exotic‘ zu, wenn man halbfertige Zimmer und gewöhnungsbedürftige Nahrung so bezeichnen kann.
Doch die Angereisten sind – mit ein paar Ausnahmen – offen für Neues und lassen sich auf das Abenteuer Indien ein. Welche Alternative bleibt ihnen auch? In ihrer britischen Heimat fühlen sich die Rentner aus der Gesellschaft ausgegrenzt und ohne Perspektiven.
Die Filmsequenzen sind ein Augenschmaus für die Sinne – voll satter Farben und malerischer Szenerien. Mal ist das Tempo rasant – zum Beispiel wenn Sonny, der junge Leiter des Hotels, voller verrückter Visionen mit seinem Roller durch die Stadt düst – dann wieder gemächlich, wenn die Hotelgäste jeder auf seine Weise ihre persönlichen Nöte und Sorgen in der neuen Umgebung verarbeiten.
Eine schöne Geschichte über den Mut, sich einem völlig fremden Land zu öffnen und einen Neuanfang zu wagen. Wie Sonny so schön sagt: „Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende.“ Ich bin gespannt auf die Fortsetzung, die nächstes Jahr in die Kinos kommen soll. 
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Historischer Charme

Diesen Sommer bin ich das erste Mal ein E-Bike Probe gefahren. Ich habe nicht vor, mir eins anzuschaffen, war aber neugierig, was sich hinter dem Hype verbirgt. Pedelecs erfreuen sich seit einigen Jahren wachsender Beliebtheit und das nicht nur bei Rentnern. 
Und jetzt verstehe ich auch warum: Pedelec fahren macht richtig Spaß. Ein leichter Tritt in die Pedale genügt und schon saust man davon. Ein Dauertempo von 25 Stundenkilometern und jeglichem Gegenwind oder Steigungen zu trotzen hätte schon seinen Reiz.
Elektrische Unterstützung hätte ich zum Beispiel während unseres Radurlaubs am Bodensee ganz gut gebrauchen können, wo wir – für mich ganz ungewohnt – fast den ganzen Tag mit den Rädern unterwegs waren. Eine der schönsten Strecken führte uns damals durch das Schaffhauserland, wo mittlerweile verschiedenste E-Bike-Touren angeboten werden.
Wir fuhren durch idyllische Dörfer mit Fachwerkhäusern und an lauschigen Seen vorbei. Als typische Panorama-Fahrerin macht mir das Radeln Spaß, solange es Schönes zu sehen gibt. In Stein am Rhein erwarteten uns verträumte Gassen und Altstadthäuser, reich verziert mit Erkern und edel bemalten Fassaden. Die Stadt gilt als eine der besterhaltenen mittelalterlichen Kleinstädte im deutschsprachigen Raum. Hier hätten meine japanischen Verwandten, die wir stets durch Heidelberg und Rothenburg ob der Tauber schleusten, ihre wahre Freude gehabt.
Unsere nächte Station war der Rheinfall, Europas größter Wasserfall. Auf einer Breite von 150 m stürzen jede Sekunde bis zu 700.000 Liter Wasser über eine Klippe. Beim Anblick des imposanten Naturschauspiels, das vor 17.000 Jahren entstand, blieb mir wahrlich die Spucke weg.
Schließlich erreichten wir Schaffhausen, ebenfalls eine malerische Stadt mit reich verzierten Riegelhäusern und mit Blick auf die Festung Munot. In einem Straßencafé machten wir Halt und planten unseren nächsten Tagesausflug. Wenn wir demnächst wieder einmal längere Strecken zurücklegen wollen, könnte es gut sein, dass ich vor Ort mal ein E-Bike miete.
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Calender of adventures

Trotz der überschwänglich guten Rezensionen schaffte es der Roman „Me before you“ von Jojo Moyes lange Zeit nicht auf meine Leseliste. Ich wusste, dass es um ein ähnliches Thema geht wie in der französischen Tragikomödie „Ziemlich beste Freunde“ und diese Geschichte ließ sich aus meiner Sicht einfach nicht toppen.
Nachdem dieses Jahr wieder ein sehr erfolgreicher Roman von der britischen Autorin erschienen ist, wurde ich doch neugierig und ließ mich auf die Geschichte von Will, der durch einen Verkehrsunfall querschnittsgelähmt ist, und Louisa, seiner Pflegerin, ein. Anfangs fand ich die Story, die in der englischen Kleinstadt Stortford Castle spielt, eher durchschnittlich und vorhersehbar, aber die Figur der Louisa war mir sofort sympathisch.
Richtig ergriffen hat mich die Geschichte zu dem Zeitpunkt, wo Louisa eine Art Lebenskalender für Will entwirft, den es mit viel Einfallsreichtum und Feingefühl zu füllen gilt. Mit Hingabe stellt sie eine Liste von Unternehmungen zusammen, die Will von seinen Selbstmordgedanken abbringen und seinen Lebenswillen wecken sollen. Das Schöne an der Story ist, dass nicht nur Louisa viel zu geben hat, sondern Will seinerseits sie dazu ermutigt, ihr Leben aktiv in die Hand zu nehmen und mehr aus sich zu machen. Und das Ende war dann alles andere als vorhersehbar.
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Neueröffnung am Maximiliansplatz

Auf dem Weg von der Pinakothek der Moderne zum Künstlerhaus stieß ich kürzlich auf das Restaurant "8seasons", das am Maximilansplatz neu eröffnet hat. Es goss in Strömen und ich war dankbar, so eine einladende Location zu finden, wo ich einen kleinen Mittagssnack zu mir nehmen konnte.
Im Eingangsbereich stehen gemütliche Ledersessel vor einem Kamin und vor aufeinander geschichteten Holzscheiten, so dass man sich am liebsten gleich dort mit einem Aperitif niederlassen würde. Ich wurde vom Personal herzlich begrüßt und gleich mit mehreren Zeitschriften versorgt, da ich allein unterwegs war.
In diesem Ambiente fühlte ich mich wohl: hohe Decken, stilvolle dunkle Möbel und weiße Wände, weiträumig und doch gemütlich. Ich machte es mir auf den großzügig auf der Bank verteilten Kissen bequem und wählte ein Mittagsmenu, das mir sofort zusagte: ein gemischter Salat gefolgt von Lachssteak in Honigthymiankruste auf Gemüse und zum Abschluss ein Himbeerparfait. Dabei beobachtete ich die eintrudelnden Geschäftsleute, erfreute mich an den schönen Details der Inneneinrichtung und blätterte in den Zeitschriften "Grazia" und "Interview", von denen ich noch nie etwas gehört hatte. Erstaunlich, wieviele Fach- und Publikumszeitschriften es am Markt gibt.
Hin und wieder machte ich mir Notizen für YukBook und kam mir vor wie eine Restaurantkritikerin. Das Personal war so aufmerksam und zuvorkommend, dass ich schon fast den Verdacht hatte, es laufe ein interner Wettbewerb um den besten Service.
Nebenan befindet sich eine ebenso geräumige, sehr stylish eingerichtete Lounge, wo ich mich gern einmal mit Freunden zu einem Cocktailabend verabreden würde.
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Schwere Gewissensprüfung

Selbst eingefleischte Krimifans haben eine harte Nuss zu knacken in dem Film "Prisoners" von Denis Villeneuve. Es geht um zwei Familien, die in der Kleinstadt Cordyal in Pennsylvania Thanksgiving feiern und deren jüngste Töchter entführt werden. Zuerst dachte ich, der Film bedient sich wieder mal einer altbekannten Masche: Kind wird entführt, Vater rastet aus und nimmt das Gesetz selbst in die Hand. Doch die Geschichte entwickelt sich weitaus raffinierter und wirft immer mehr Rätsel auf.
Wie weit tritt das Böse im Menschen zutage, wenn es darum geht, sein eigenes Kind zu retten? Wozu ist er fähig, wenn er den Glauben an Gott und eine gerecht Welt verliert? Die Antworten führt uns Hugh Jackman alias Keller Dover auf beängstigende Weise vor Augen. Er schreckt nicht einmal davor zurück, einen Verdächtigen selbst einzusperren und ihn zu foltern. Auch sein Gegenpart, der ruhige und in sich gekehrte Detective Loki, gespielt von Jake Gyllenhaal, macht sichtlich eine Veränderung durch. Der Fall zermürbt ihn und lässt ihn immer häufiger seine Beherrschung verlieren.
Die hervorragende Kameraführung steigert die Spannung und zieht den Zuschauer immer stärker in den Bann. Die trostlose Kleinstadt, die düstere Optik – in diesem Cordyal regnet es unentwegt –, die verzweifelten Familien und der Einblick in menschliche Abgründe wirken beklemmend und ließen mich ziemlich verstört zurück. 
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Vom Chef bewacht

Es ist schon ein großer Zufall, dass meine Freundin und ich genau zur gleichen Zeit nach Kreta reisen. Allerdings macht sie mit ihrem Freund eine Rundreise während wir die Mittelmeerstadt Rethymnon und Umgebung erkunden werden. Sie bat mich um Hoteltipps und da fiel mir natürlich gleich das „Esthisis Suites“ in Platanias ein, wo wir letztes Jahr unseren Urlaub verbrachten. Es zählt zu den schönsten Apartmenthotels, die ich kenne.
Die Zimmer sind geräumig, stilvoll eingerichtet mit vielen Farbakzenten und mit einer großen Küchenzeile ausgestattet. Morgens frühstückten wir auf der Terrasse und bekamen gleich Gesellschaft von den vielen Katzen, die begierig auf ein Wurst- oder Käsestück spekulierten. Vor allem der „Chef“, der sich wie ihr Anführer benahm, hatte stets ein wachsames Auge auf uns und unsere Mahlzeiten.
Obwohl ich lieber im Meer bade, ist ein Pool auch ganz praktisch, wenn man für ein paar Stunden auf bequemen Loungeliegen lesen oder dösen möchte. Was mir besonders gefiel, war die familiäre Atmosphäre. Die Besitzer sind unheimlich nett und begrüßten uns herzlich mit Erfrischungsgetränken. Wir bekamen von ihnen viele Ausflugstipps und zum Abschied eine Flasche Olivenöl aus eigenem Anbau. Ich hoffe, dass unser Apartment in Rethymnon ein ähnlicher Glückstreffer wird. 
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Ein Mann zwischen zwei Träumen

Der Roman „Die eine große Geschichte“ von Patricia Koelle ist eine wunderbare Sommerlektüre: Salzige Nordseeluft wehte mir beim Lesen förmlich um die Nase und der Sand knirschte unter den Füßen. Doch beginnen wir von vorn: Die Hauptfigur Kalle ist Busfahrer in Berlin und hat sich damit seinen Jugendtraum erfüllt. Eines Tages, beim Anblick eines Blumenstraußes, steigt er jedoch nicht nur aus seinem Bus, sondern auch aus seinem geregelten Leben aus. Er hat seinen alten Traum gelebt und macht eine Reise, um seinen neuen Traum zu suchen.
Es zieht ihn in den Norden ans Meer. Mit seinem Fahrrad macht er sich auf den Weg nach Dänemark und entdeckt die Schönheiten der Natur entlang der Ost- und Nordsee. Er begegnet interessanten Menschen, sammelt Eindrücke und macht sich Notizen, weil er am Ende der Reise die eine große Geschichte schreiben will. Seine Empfindungen sind einfach und doch intensiv – genauso wie die Sprache von Patricia Koelle. 
Kalle schließt man sofort ins Herz. Er unternimmt viele Dinge zum ersten Mal wie Zelten oder einen Drachen steigen lassen und freut sich wie ein Kind an Weihnachten. Wie oft habe ich in letzter Zeit gelesen, dass wir hin und wieder unsere Umwelt so unvoreingenommen und neugierig wie ein Kind in uns aufnehmen sollten. Kalle macht es uns vor.
Eine tollte Parabel, wie man aus dem Alltagstrott ausbricht, den täglichen Fahrplan ändert und wieder lernt zu leben statt nur zu funktionieren. Die eine große Geschichte, nach der man sich sehnt, liegt oft näher als man denkt.
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Urlaubsverstimmungen

Wie schaffen es die Franzosen nur, so starke Emotionen zu wecken ohne sentimental oder gar kitschig zu werden? In der französischen Tragikomödie „Kleine wahre Lügen“ erlebt man jedenfalls eine Achterbahn der Gefühle – von leicht beschwingt bis todtraurig in allen erdenklichen Facetten.
Max, ein erfolgreicher Restaurantbesitzer, fährt jedes Jahr mit einer Gruppe von Freunden in sein Strandhaus am Cap Ferret an der Atlantikküste. Diesmal wird der Urlaub dadurch getrübt, dass ihr Freund Ludo wegen eines schweren Verkehrsunfalls nicht mitfahren kann.
Doch wie stehen eigentlich die übrigen Freunde zueinander? Kann man überhaupt von Freundschaft sprechen, wenn sie so viele Dinge voreinander verheimlichen? Im Laufe der Handlung bricht die Fassade bei jedem Einzelnen Stück für Stück, so dass trotz der Überlänge die Spannung eher steigt.
Für viel Humor sorgt Max, der sich als Hausherr aufspielt und ständig etwas zu mäkeln hat. François Cluzet spielt die Figur erstklassig – für mich ist er so was wie der zweite Daniel Auteil. Schmunzeln muss man auch über Antoine, der den anderen mit seinem Liebeskummer und seiner SMS-Schreiberei auf die Nerven geht wie ein unglücklich verliebter Teenager.
"Kleine wahre Lügen" ist wunderbares Erzählkino, das in der Heimat große Erfolge feierte, hierzulande aber eher unterging. Am Ende versteht man, warum der Film im Original „Les petits mouchoirs“ (Die kleinen Taschentücher) heißt. Ich habe jedenfalls eins gebraucht.
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Zuckersüßer Hochzeitstrend

Geheiratet hat übrigens noch jemand in meiner Familie und zwar Harrys Neffe am letzten Samstag. Die kirchliche Trauung fand in der St. Kastulus Kirche in Puchschlagen statt, die so versteckt lag, dass wir sie beinahe nicht gefunden hätten.
Nach der sehr schönen, nicht zu getragenen Zeremonie fuhr die gesamte Hochzeitsgesellschaft ins Gasthaus Lachner in Schwabhausen. Dort lockte nicht nur ein Sektempfang und ein üppiges Kuchenbuffet, sondern auch eine sehr hübsch dekorierte Candy Bar, die Kinder und Erwachsene gleichermaßen entzückte. Man klärte mich auf, dass eine Süßigkeitenbar voll im Trend liege und auf keiner Hochzeit fehlen dürfe.
Neu für mich war auch der Wechsel in die Weinstube während der Brautentführung. Statt gediegener Konversation im Festsaal, so wie ich mir den Nachmittag zwischen Kuchen und Abendessen vorgestellt hatte, wurde in der Hütte nach ein paar amüsanten Wettbewerben fetzige Rockmusik aufgedreht und wild auf den Bänken getanzt wie auf der Wiesn. 
Als großer Fan von traditionellen Stadt- und Weinfesten erlebte das junge Brautpaar auch ihren schönsten Tag des Lebens als ein auf sie zugeschnittenes rundum gelungenes Volksfest.
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Hochzeit auf künstlicher Insel

Heute heiratet mein Cousin und als Location hat er sich das angesagte Odaiba ausgesucht – Tokios modernsten und jüngsten Stadtteil im Hafengebiet. Auf künstlichem Grund ist dort ein Megakomplex aus Wohn-, Freizeit- und Businesseinrichtungen entstanden.
Ich war letzte Jahr das erste Mal dort, weil mich vor allem die futuristische Architektur interessierte: zum Beispiel das Gebäude von Fuji TV oder das Messezentrum Tokyo Big Sight mit seinen vier umgedrehten Pyramiden. Dort fand zu der Zeit gerade die Tokyo International Anime Fair statt, ein Magnet für alle Manga-Fans.
Schon die Fahrt auf die Regenbogeninsel mit der computergesteuerten Bahn Yurikamome über die Rainbow-Bridge ist ein Erlebnis. Man verspürt – ganz ungewöhnlich für Tokio – so etwas wie Weite, wenn man den Blick über das Meer, den künstlichen Strand mit Strandpromenade und Asiens größtes Riesenrad schweifen lässt.
Ursprünglich sollte dort eine Modell-Stadt im Meer entstehen, Vorzeigeobjekt für eine „City-Expo“. Das Milliarden-Projekt platzte jedoch mit Beginn der Dauer-Wirtschaftskrise in Japan Anfang der 1990er Jahre. Was statt dessen entstanden ist, begeistert anscheinend Einheimische und Touristen gleichermaßen und zählt zu den beliebtesten Ausflugszielen.
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Grenzgänger zwischen Europa und Asien

Im Anschluss an "Der Farbenmensch Kirchner" besuchte ich an dem Tag, den ich zu meinem Kunstgenuss-Tag erklärt hatte, eine weitere Ausstellung, die noch bis zum 18. September läuft: "Hundertwasser – Hasegawa. Orient & Okzident" im Künstlerhaus München. Sie zeigt eine interessante Gegenüberstellung der beiden Künstler des 20. Jahrhunderts und die gegenseitigen Einflüsse japanischer und europäischer Kultur in der modernen Kunst.
Friedensreich Hundertwasser hielt sich Anfang 1960 in Japan auf, um die Kunst des japanischen Farbholzschnitts zu studieren. Fast zur gleichen Zeit studierte Shoichi Hasegawa europäische Kunst in Paris und entwickelte sich zu einem Meister der Druckgrafik. "My expression lies between Orient and Occident" soll er einmal gesagt haben. Seine Impressionen aus Frankfurt, Córdoba und Tokio haben mir in der Ausstellung besonders gefallen.
Noch eindrucksvoller finde ich aber nach wie vor die Werke von Hundertwasser. Zum ersten Mal sah ich seine japanischen Farbholzschnitte. In einem Film konnte ich außerdem erfahren, warum in seinen Bildern ornamentale Spiralen, Labyrinthen und biomorphe Formen derart dominant sind. "Die gerade Linie ist gottlos und unmoralisch", behauptet der Künstler. Die Spirale dagegen ist für ihn der Beginn des Lebens. Eine besondere Rolle in seinen Werken spielt auch das Element Wasser, das ihn immer wieder anzog – in Form von Regen, Wassertropfen oder Tränen. Bei Regen konnte er anscheinend am besten arbeiten. Wer Wohnungen malt, die an der Unterseite der Wälder hängen und sein Bild auch noch so bezeichnet, muss schon eine außergewöhnliche Fantasie haben. 
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"Keiner hat diese Farben wie ich"

Liebhaber der Klassischen Moderne kommen in München dank vieler Sammlungen zum Beispiel der Städtischen Galerie im Lenbachhaus auf ihre Kosten. Letzte Woche besuchte ich die Ausstellung "Der Farbenmensch Kirchner" in der Pinakothek der Moderne und war hin und weg.
Mit einfachen Formen und klaren Farben das unmittelbar Erlebte und die reine Empfindung wiedergeben – dies haben sich Expressionisten wie Kirchner auf die Fahne geschrieben. "Keiner hat diese Farben wie ich" schrieb der Mitbegründer der Künstlergruppe 'Die Brücke'. Im Oktober 1911 zog er von Dresden nach Berlin und stellte damit die Weichen für seine künstlerische Laufbahn. Das Erlebnis Berlin war für ihn so aufrührend, dass sein Schaffen in den nächsten Jahren den Höhepunkt seiner gesamten expressionisten Werke erreichte. Genau diese Bilder, in denen Kirchner den modernen Rhythmus der Großstadt, das rastlose Straßen- und Menschengewirr, die Eisenbahnen, Brücken und das künstliche Licht so ausdrucksstark wiedergibt, gefallen mir am besten.
Was ich nicht wusste: Kirchner nutzte seine Ateiliers nicht nur als Arbeits- und Wohnstätte, sondern gestaltete sie durch exotische Möbel, Skulpturen und Textilien zu einem Gesamtkunstwerk. Die Inneneinrichtung seines Bergateliers in Davos, das als Treffpunkt der Künstler Bohème und als Inspirationsquelle für sein Schaffen diente, kann man in einem seiner Gemälde bewundern. Geprägt durch die Farbwelten des Hochgebirges, die er täglich von seinem Atelier aus sah, entwickelte er eine besondere Vorliebe für Blau-, Rosa- und Violetttöne. 
Obwohl man meinen könnte, dass die Expressionisten unmittelbar und impulsiv gearbeitet haben, wird dies in dieser sehenswerten Ausstellung widerlegt. Röntgen- und Infrarot-Aufnahmen machen Unterzeichnungen und Übemalungen sichtbar und zeigen, dass Kirchner seine Bilder genau geplant und systematisch aufgebaut hat. 
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Oper fürs Volk

In einer Woche gehen die Opernfestspiele in Verona zu Ende. Lange ist es her, dass ich dort Nabucco gesehen habe. Ich bin zwar kein Operngänger, aber diese Aufführung hat mich ziemlich beeindruckt. In legerer Sommerkleidung saßen wir bei Abenddämmerung auf den warmen Steinstufen und ließen die monumentale Kulisse und den Gesang der Massenchöre auf uns wirken. In der größten Freilichtbühne der Welt dem Gefangenechor zu lauschen, ging ziemlich unter die Haut. 
Die Idee, eine Arena, in der sich einst Gladiatoren einen Kampf auf Leben und Tod lieferten, für eine Opernaufführung zu nutzen, entstand 1913 in einem Bierlokal auf der Piazza Brà. Der Startenor Giovanni Zanatello sprach mit Freunden über den 100. Geburtstag von Giuseppe Verdi und hatte plötzlich den Einfall, ihn in der Arena zu feiern. 
So wurde letztes Jahr nicht nur der 200. Geburtstag Verdi, sondern auch der 100. Geburtstag der Arena als Spielstätte gefeiert. Es entstand das Museum AMO Arena MuseOpera im Palazzo Forti – für meine Mutter sicher ein Paradies, um von Hand geschriebene Partituren von großen italienischen Opernkomponisten, Kostüme und Bühnenbilder zu bewundern. Gern würde ich eines Tages mit ihr als begeisterter Verdifan die Schau "Werdi Vagner" im Palazzo della Gran Guardia besuchen.
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