Archiv 2014-07

Zickenterror in der Vorstadt
Eines haben wir mit den Serienfiguren George und Tessa gemein: Zum Einzug in die neue Wohnung luden wir unsere Nachbarn zum Grillen ein. Da hören die Parallelen aber zum Glück schon auf. Denn das Schicksal des alleinerziehenden Vaters und seiner sechzehnjährigen Tochter möchten wir nicht wirklich teilen. Die beiden ziehen von Manhatten in die fikitve Stadt Chatswin, die sich als „Suburgatory“ (Vorstadthölle) entpuppt – so lautet auch der Titel der amerikanischen TV-Serie.
Die Story vom Städtler, der aus welchen Gründen auch immer in die Provinz zieht, boomt zur Zeit mehr denn je. In „Suburgatory“ wird das oberflächliche und dekadente Leben der Reichen so überspitzt karikiert, dass es nicht mehr klischeehaft, sondern nahezu grotesk ist. Wer nennt sein Kind schon Opus oder seinen Hund nach einem japanischen probiotischen Getränk Yakult? Je gepfefferter und sarkastischer die Sprüche, desto sehenswerter die Folge.
Erstaunlicherweise ging es mir bald wie den beiden Neulingen in Chatswin: Allmählich verspürte ich Sympathie für die durchgeknallten und überkandidelten Figuren wie Dallas. In ihrer chirurgisch und kosmetisch perfektionierten Schale schlägt immerhin ein warmes Herz. Ihr Auftritt in der Folge „Foam Finger“ ist zum Brüllen komisch und lässt jede Glamourfrau erblassen. Selbst mit ihrer zickigen Tochter Daliah oder dem Pantoffelheld Fred fühlte ich mit. Es braucht nur überzeugende Charaktere, um einem überstrapazierten Thema eine neue Dimension zu geben.

Rien ne va plus
Kann man die Zukunft seiner Ehe dem Zufall überlassen? Art Fowler und seine Frau Marion wollen's wissen und planen vor ihrer Scheidung eine Busreise zu den Niagarafällen, wo sie vor dreißig Jahren ihre Flitterwochen verbracht haben.
Eine Geschichte über eine gescheiterte Ehe kann recht dröge sein. Nicht so bei Stewart O'Nan. In seinem Roman "The Odds" beschreibt der Autor ihr gemeinsames Abenteuer und ihre Beziehung so unterhaltsam, ironisch und tiefsinnig, dass ich das Buch in einem Rutsch durchgelesen habe.
Art und Marion treten mit ganz unterschiedlichen Erwartungen ihre Reise an. Nach und nach erfährt der Leser mehr über ihre Vergangenheit, ihre Seitensprünge, wie Art seinen Job und sein Vermögen verloren hat, wie unterschiedlich ihre Charaktere sind – er ein hoffnungsvoller Träumer, sehr bemüht; sie unsicher, desillusioniert und pragmatisch.
Manche Szenen kommen einem bekannt vor: Wie man nach der Ankunft am Reiseziel gespannt das Hotelzimmer betritt, die Aussicht bewundert (zwar noch nicht auf die Niagara Fälle, aber das kann ja noch kommen) und die Ausstattung abcheckt. Oder die langen Schlangen an diversen Eintrittskassen und die Ernüchterung, wenn sich das Warten nicht gelohnt hat.
Köstlich sind die Szenen im Casino, wo das Ehepaar versucht, ihr verlorenes Vermögen einzuspielen. Im Alltag sammelten sie noch fleißig Einkaufscoupons und nun schleudern sie das Geld raus und setzen alles auf eine Karte. Ist das Glück auf ihrer Seite? Am besten Ihr lest selbst. Die deutschsprachige Version "Die Chance" ist übrigens letzte Woche erschienen.

Schlemmen im Old Village
Als wir letzten Sommer unseren Urlaub auf Kreta verbrachten, hatte ich leichte Bedenken, was das Essen betrifft. Die griechische Küche brachte ich immer mit viel Fleisch, wenig Gemüse und recht eintönigem Geschmack in Verbindung. Doch weit gefehlt. Besonders die kretische Küche – so stellte sich heraus – bietet eine große Vielfalt an schmackhaften Gerichten. Als Fan von Auberginen, Artischocken, Spinat, Zucchini, Schafskäse etc. kam ich voll auf meine Kosten und überlegte jeden Abend aus Neue, welche vegetarischen Spezialitäten ich probieren könnte.
Was für ein Glück, dass wir unser Aparthotel nicht an der Hauptstraße, sondern im alten Ortskern von Platanias, genannt "Old Village", gewählt hatten. Wir befanden uns mitten im Futterparadies bestehend aus urigen Tavernen und landestypischen Restaurants in hübschen griechischen Häusern mit bunten Balkonen. Jeden Abend ein neues Lokal zu testen, auf der Terrasse den lauen Sommerwind im Gesicht zu spüren und das Meer aus verschiedensten Perspektiven zu sehen, zählte zum Highlight des Tages.

Hier ticken die Uhren anders
Eine Ärztin zieht von Manhatten in die Provinz und krempelt dort ihr Leben um. Moment mal, das Muster hatten wir doch erst neulich. Richtig, in der Serie "Everwood" – nur diesmal geht es um eine Ärztin, die es nicht nach Colorado, sondern nach Alabama in die fiktive Stadt Bluebell bei Point Clear verschlägt. Dort erbt sie eine Praxis für Allgemeinmedizin oder besser gesagt, die Hälfte einer Praxis, die sie mit einem alt eingesessenen Arzt teilen muss.
Neulich las ich einmal, dass man die Handlung einer Geschichte auf zwei Grundideen aufbauen kann: Entweder geht jemand auf die Reise oder ein Fremder kommt in eine Stadt. Da ist tatsächlich etwas dran und wird auch in der Serie "Hart of Dixie" bestätigt.
Zoe Hart, die lieber als Herzchirurgin in Manhattan arbeiten würde, sich jedoch erst als Hausärztin bewähren muss, hat große Schwierigkeiten, sich in der Kleinstadt einzuleben. Mit ihren Großstadtallüren tritt sie nicht nur ständig ins Fettnäpfchen, sondern mischt die Bewohner ordentlich auf.
Auch wenn die Handlung manchmal etwas seicht erscheint, lebt die Serie vor allem durch das komödiantische Talent der Hauptfigur Rachel Bilson, die mir schon in O.C. California gefallen hat. Ihre schlagfertigen Sprüche und ihre ungewöhnlichen Methoden, Patienten zu gewinnen, um ihre Praxishälfte behalten zu können, sind höchst amüsant. Für viel Heiterkeit sorgen auch die altmodischen Traditionen der Kleinstadt, die mit großer Aufregung gehegt und gepflegt werden wie die Stadtparade oder das Schildkrötenrennen. Wahre Fans finden eine ausführliche Übersicht aller Veranstaltungen in der Rubrik "Calendar" auf der nett gemachten Webseite "City of Bluebell".

Die Leiden des alten Sowtschicks
Laut Kalender haben gestern die Hundstage begonnen. Davon merkt man nicht allzu viel. Vielleicht eher in Norddeutschland – so wie im Roman „Hundstage“ von Walter Kempowski. Darin fängt der Autor die Stimmung an heißen Sommertagen wie am vergangenen Wochenende besonders gut ein.
Die Geschichte handelt von Alexander Sowtschick, einem alternden Schriftsteller, der die heißesten Tage des Jahres in seiner bürgerlichen Villa im niedersächischen Sassenholz verbringt, während seine Frau Urlaub in Frankreich macht.
Schon sein Buchprojekt lässt einen schmunzeln: Sowtschick schreibt einen Roman über einen Schriftsteller, der im Winter an einem Roman schreibt, welcher im Sommer spielt und von einer Frau handelt, die ein Gedicht mit dem Titel „Frost“ schreibt! Dies gestaltet sich jedoch mühsam, nicht nur wegen der Hitze, sondern auch wegen der zwei jungen Studentinnen, die seinen Haushalt führen sollen, ihn aber eher von seiner Arbeit ablenken. Kempowski beschreibt Sowtschicks menschliche Schwächen und erotischen Phantasien mit viel feinem Humor, Ironie und kritischer Selbstbeobachtung als wären es seine eigenen, dass man hin- und hergerissen ist zwischen Abscheu und Mitgefühl.
Mir gefallen Romane, die die Spannung zwischen der kreativen Welt des Künstlers und dem praktischen Anspruch der Gesellschaft beleuchten. Eine herrlich satirische und heitere Sommerlektüre für Hundstage, die sicher auch noch zu uns kommen werden.

Mückenalarm
Meine Freude am Badminton ist etwas getrübt. Als Harry und ich uns nach Feierabend zu einem kleinen Match verabredeten, stellten wir fest, dass wir nicht allein waren. Ständig wurden wir von Fliegenschwärmen belästigt, die uns an einem langen Ballwechsel hinderten. Und das ausgerechnet jetzt, wo wir so tolle Fortschritte machten.
Fliegen allein wären ja harmlos, aber ich verließ das Spielfeld mit einem Mückenstich am Schienbein, der am nächsten Tag die Maße meines Badmintonschlägers annahm. Meine komplette untere Beinhälfte war geschwollen. Meine Hausärztin verschrieb mir ein Antibiotikum, das ich nur sehr widerwillig einnahm – man kennt ja die Nebenwirkungen. Am meisten war ich natürlich geknickt, weil ich mein Fitnesstraining für einige Zeit streichen musste.
Ich frage mich, wie so ein winziges Tier ein solches Drama auslösen kann. Mit Mücken stehe ich seit jeher auf Kriegsfuß. Was habe ich nicht schon für üble Hautausschläge hinter mir. Aber ich lasse mich von den kleinen Monstern nicht unterbuttern und sage ihnen den Kampf an. Das entsprechende Mittel (angeblich stärker als Autan) habe ich mir schon zugelegt.

Gejagt von der Zukunft
Wie fühlt es sich an, wenn man nicht von der Vergangenheit, sondern von der Zukunft eingeholt wird? Dieser Angst ist in der TV-Serie „Flash Forward“ die gesamte Menschheit ausgeliefert. Für 137 Sekunden verliert sie das Bewusstsein und sieht ein kurzes Szenario aus der Zukunft. Dieser mysteriöse Vorfall fordert nicht nur unzählige Todesopfer und Katastrophen, sondern und verändert das Leben jedes Einzelnen.
Die Dramatik wird dadurch gesteigert, dass FBI-Agent Mark Benford und seine Kollegen mit allen Mitteln versuchen, die Geschehnisse zu verhindern. Ihre Ermittlungen führen sie ins Staatsgefängnis in München und nach Somalia. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.
Auch wenn manche Details etwas haarsträubend wirken, ist die Grundidee spannend umgesetzt. Interessant zu beobachten, wie die Figuren mit ihrer individuellen Vision umgehen – sei sie positiv oder negativ – und ihr Handeln in der Gegenwart dadurch beeinflusst wird.
„Verurteile mich nicht für etwas, was ich noch nicht getan habe.“ Das ist für manche Figuren leichter gesagt als getan, denn das Wissen über ihre Mitmenschen quält sie und lässt die Konflikte weiter eskalieren. Ob sich das Eintreten der Vision verhindern lässt? Unerwartete Wendungen und fiese Cliffhanger am Ende jeder Episode sorgen auf jeden Fall dafür, dass man dran bleibt.
Match nach Feierabend
Wir haben seit kurzem eine neue Freizeitbeschäftigung, die wir spontan in unseren Alltag einbauen können: Speed Badminton. Eine kleine Grünanlage, die nur wenige Schritte von unserer Haustür entfernt ist, eignet sich ideal dafür. Da ich nicht so gern Fahrrad fahre, ist jede Alternative, mich draußen sportlich zu betätigen, willkommen. Und Badminton hat mir schon in der Schule Spaß gemacht.
Allerdings ist die Schulzeit ziemlich lange her und seitdem habe ich keinen Schläger mehr in der Hand gehabt. Entsprechend verlief auch unser erstes Spiel. Immerhin traf ich, aber oft kam der Ball zu hoch oder zu tief. Setzte ich zu einem Hechtsprung an, fehlten immer noch ein paar Zentimeter. Wie beruhigend, dass auch Harry einige Anlaufschwierigkeiten hatte. Beim zweiten Mal stellten wir uns schon geschickter an und schafften deutlich längere Ballwechsel.
Die Hauptsache ist, es macht Spaß und man kommt ins Schwitzen. Zum Glück haben wir uns für Federball statt Frisbee entschieden. Es ist abwechslungsreicher und man kann mehr an seiner Technik arbeiten – zum Beispiel an meiner Rückhand, die noch viel Übung verträgt.

Ententanz auf einer einsamen Insel
Seine Mutter wollte einen Star-Pianisten aus ihm machen. Doch als „lausiger Klavierspieler“ reicht es für Jonatan Griff aus Oslo nur zum „Alleinunterhalter“ im gleichnamigen Roman von Saabye Christiansen.
Es ist Ende Juni, Mittsommernacht. Wir befinden uns in einem gottverlassenen Hotel auf einer norwegischen Insel. Jonatan verdingt sich dort als One-Man-Band, verdient mit dem Ententanz und anderen Schlagern sein Brot und lernt die äußerst kauzige Belegschaft kennen. Kein leichter Job für ihn, Schwung in das Abendprogramm zu bringen, zumal ein tiefer Graben die Dorfgemeinschaft spaltet. Nach und nach kommen die dörflichen Geheimnisse ans Licht und auch Jonatan wird gezwungen, sich mit seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen.
Es passiert nichts Spektakuläres in dem Roman, doch es sind die kleinen absurden Ereignisse, die besondere Stimmung, die Saabye Christensen heraufbeschwört, und seine Ironie, die die Geschichte lesenswert machen.
Nachdem ich schon etliche Serien aus Dänemark und Bücher aus Schweden verschlungen habe, wurde es Zeit, mich auch einmal mit dem Nachbarland Norwegen zu beschäftigen. Bisher kannte ich nur "Sophies Welt" von Jostein Gaarder und Urlaubsgeschichten von Freunden, die dort regelmäßig zum Angeln hinfahren. Die Geschichte von Saabye Christensen hat mich sehr berührt und neugierig gemacht auf seine weiteren Romane.
Lichterzauber am Wörthersee
Als ich neulich über das Worldfestival Bodypainting in Pörtschach berichtete, musste ich an die Wasserspiele im nahe gelegenen Velden denken. Letztes Jahr um diese Zeit standen wir an der Veldener Strandpromenade und erlebten die "Klangwelle Wörthersee".
Seit über zehn Jahren findet diese Mischung aus Wasser-, Laser-, Licht- und Musik-Show von Mai bis Ende September dreimal wöchentlich statt. Auf einer halbkreisförmigen Wasserwand werden per Dias und Lasergeneratoren imposante Bilder projiziert. Parallel erzeugen Hochleistungspumpen, die im See installiert sind, geisterhafte Figuren, die von Unterwasser-Scheinwerfern in den buntesten Farben beleuchtet werden.
Als ob dies nicht Aufwand genug wäre, werden drei verschiedene Programme – "Rock & Pop", "Schlager Highlights" und "Klassik" – geboten, wovon wir Letzteres zu sehen bekamen. Die Choreographie aus Laser-Lichteffekten in allen Farben untermalt von klassischen Klängen war grandios.
Zum Glück haben wir das Spektakel während unseres Kärnten-Urlaubs letztes Jahr noch mitgenommen. Zur großen Enttäuschung vieler Urlauber findet dieses Jahr als Sparmaßnahme nur eine stark abgespeckte Version ohne Musik, Laser und Video statt. Die Flaniermeile Velden hat aber noch andere Attraktionen wie internationale Straßenkünstler, Kunstworkshops, Sommer- und Hafenfeste zu bieten und ist einen Abstecher wert.

F I N A L E
Die diesjährige Fußball-WM hat mich zunächst nicht vom Hocker gerissen. Dass Japan in der Vorrunde ausscheidet, war zu erwarten, aber ohne Spanien war die WM für mich nur noch halb so spannend.
Aber es gab ja noch mehr Überraschungen: England, Italien und Portugal verabschieden sich sang- und klanglos während sich Costa Rica, Algerien und Kolumbien ins Viertelfinale kämpfen. Und dann das unglaubliche Halbfinale: Deutschland besiegt Brasilien 7:1. Wobei mich das Ergebnis gar nicht so überrascht hat. Ich hatte auf mindestens 3:0 getippt. Endlich konnte die deutsche Mannschaft zeigen, was sie drauf hat.
Erstaunlich, in welchen Hype einen die Medien versetzen. Alles dreht sich nur noch um Fußball. Völlig hochgepuscht sitze ich dann vor dem Fernseher und sehe die üblichen Verdächtigen wie Benzema, di Maria, Hulk, Van Persie, die mir schon so vertraut sind wie meine Serienfiguren. Die 90 Minuten sind rum wie nichts und am Ende denke ich mir: „Ach, das war‘s schon?“ Die Spieler sehen das sicher anders, wenn sie bei brütender Hitze ihre letzten Energiereserven anzapfen während ich bequem auf der Couch liege und Unterhaltung erwarte. Der Kommentar von Mertesacker, wir seien hier nicht beim Karneval, war völlig berechtigt.
Trotzdem würde ich mir wünschen, dass die deutsche Mannschaft heute wieder schön spielt, fair und vor allem siegreich! Sie hat den Pokal verdient.

Liebe im Überwachungsstaat
Wenn ich nicht täglich im Kindlepost nach interessanten e-Book-Angeboten stöbern würde, wäre ich wohl nicht auf die Idee gekommen, ein Jugendbuch zu lesen. Die Inhaltsangabe von Lauren Olivers Roman "Delirium" machte mich neugierig: Die Geschichte spielt in einem Überwachungsstaat, in der die Liebe als politische Gefahr und tödliche Krankheit gesehen wird. Die siebzehnjährige Lena steht kurz vor einem medizinischen Eingriff, der sie heilen und gesellschaftsfähig machen soll.
Als Lena sich jedoch in Alex verliebt, der sich als Widerstandskämpfer entpuppt, gerät ihr Weltbild ins Wanken. Zum ersten Mal durchlebt sie nicht nur ein Gefühlschaos, vor dem sie eindringlich gewarnt wurde, sondern durchschaut auch die perfiden Methoden des Staates und kämpft um ihre Liebe.
Sprachlich ist das Buch ein purer Genuss. Lauren Oliver schreibt bilderreich und poetisch. Die Handlung wird temporeich vorangetrieben und doch überzeugte sie mich nicht ganz. Aus der originellen Dystopie-Idee hätte man meiner Meinung nach mehr machen können. Wer weiß, vielleicht steigert sich die Geschichte im zweiten Buch der Trilogie.

Art Déco am Ocean Drive
Regen im Juli finde ich nicht weiter tragisch. Warum aber müssen die Temperaturen gleich in den Keller stürzen? Gestern war es anscheinend kühler als an Heiligabend letztes Jahr. Da lobe ich mir doch das Klima in Florida. Als wir unseren Urlaub in Miami Beach verbrachten, wechselten sich ständig Wolken, Regen und Sonne ab und "scattered thunderstorms" standen an der Tagesordnung. So lange es angenehm warm blieb, störte uns das aber nicht.
Florida als Reiseziel hat mich nie sonderlich gereizt – mit einer Ausnahme: das Art Déco District in Miami und South Beach. Als Jugendstil-Fan musste ich dieses Fleckchen unbedingt erkunden. Etwa 800 Gebäude, darunter auch unser Kent Hotel, wurden im Art Déco Stil gebaut. Barbara Capitman gründete 1976 zum Glück den gemeinnützigen Verein Miami Design Preservation League (MDPL), um die wertvollen historischen Gebäude zu erhalten. Leider habe ich damals versäumt, an deren Besichtigungstour teilzunehmen, die eine Einführung in das Art Déco, den Mittelmeer Revival Stil und die Miami Moderne gibt und zu exemplarischen Hotels, Restaurants und Geschäftshäusern führt. Die schönsten stehen am Ocean Drive wie zum Beispiel die Versace-Villa, das Pelican Cafe oder das Hotel Lord Balfour, die heute noch den Glanz der zwanziger Jahre ausstrahlen.

My garden is my castle
Wer mich kennt, wird mich kaum als Outdoor-Freak bezeichnen. Umso erstaunlicher, dass ich seit unserem Umzug fast jede Gelegenheit im Freien verbracht habe. Im Gegensatz zu unseren Nachbarn, die ständig auf Achse sind und diverse umliegende Seen und Biergärten ansteuern, erreiche ich mein Ausflugsziel – unseren Garten – in nur wenigen Schritten.
Zum Wohlbefinden tragen die wachsende Zahl von Blumenstöcken und Accessoires bei, die wir zur Einweihung von unseren Freunden bekommen haben. Heute sende ich herzliche Grüße an meine treue Leserin Lisa, die uns bunte Geschirrtücher und zwei schöne Outdoor-Kerzen geschenkt hat. Vergeblich wartet sie darauf, dass ich ein Foto von Harry beim Geschirrtrocknen poste, aber mit dieser Szene kann ich leider immer noch nicht dienen. Ich muss sie bis dahin mit diesem Stilleben vertrösten.
Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es mir im Winter ergehen wird. Monatelang kein Chillen auf der Terrasse. Ich bräuchte einen mobilen Wintergarten, den man leicht auf- und abbauen kann. Und für Harry müssen wir uns eine Beschäftigung einfallen lassen, denn das Rasenmähen wird ihm ganz schön abgehen.

Sonntag Abend unterwegs
Während viele frustriert an die neue Arbeitswoche denken, endet für mich das Wochenende in der Regel wunderschön dank der gleichnamigen Sendung im WDR. Unter den zahlreichen Reisesendungen im Fernsehen zählt "Wunderschön!" neben der "Nordtour", über die ich schon mal berichtete, zu meinen Favoriten.
Vorgestellt werden Städte und Länder weltweit, oft mit einem Themenschwerpunkt wie zum Beispiel "Durch Österreichs Genussregion – Südliche Steiermark". Durch die Sendung habe ich schon so manch interessante Ausflugsziele in der Umgebung meiner Heimatstadt Düsseldorf kennengelernt, die ich mir für meinen nächsten Besuch bei meiner Mutter merken werde.
Heute geht die Reise nach Istrien – die größte Halbinsel an der nördlichen Adria, von der ich schon viel gehört habe. Sehr praktisch, wenn ich mir heute in den Reportagen schon mal einen groben Überblick verschaffen kann für die nächste Reiseplanung. Neben mittelalterlichen Hafenstädten wie Rovinj und einem Nationalpark, der aus 14 Inseln besteht, wird Hum, mit rund 20 Einwohnern die kleinste Stadt der Welt, vorgestellt.
Die Moderatoren von "Wunderschön" sind durchweg sympathisch und werden meist von ortskundigen Autoren, Künstlern oder Reiseführern begleitet. Die Mischung aus Landeskunde, tollen Landschaftsaufnahmen und besonderen Empfehlungen sorgen für sehr kurzweilige 90 Minuten. Ich bin gespannt, was für Hotels und Ferienwohnungen heute in der Rubrik "Tisch und Bett" vorgestellt werden.

Ein Mann, drei Frauen und die Liebe zum Kochen
Ein kleiner Zeitungsartikel inspirierte den bekannten Schriftsteller Anthony McCarten zu einer großartigen Tragikomödie. Damals las er über ein englisches Mädchen, das einen Iraner heiratete, der schon zwei Frauen hatte. Er stellte sich die Konsequenzen vor und schon war sein Roman "Der englische Harem" geboren, in dem es um eine ähnlich abstruse Konstellation geht.
Die junge Tracy verliert ihren Job als Kassiererin in einem Londoner Supermarkt, was sich jedoch als Glücksfall erweist. Schon bald findet sie nicht nur eine Anstellung in einem persischen Restaurant für Vegetarier, sondern auch die Liebe ihres Lebens: den älteren gebildeten und gutherzigen Besitzer Sam. Dass er Muslim und bereits mit zwei Frauen verheiratet ist, stört sie nicht, aber dafür umso mehr ihre Eltern, ihren rassistischen Ex-Freund und die Behörden. Turbulenzen und komische sowie tragische Folgen sind vorprogrammiert.
Anthony McCarten ist eine berührende und ungewöhnliche Liebesgeschichte gelungen mit viel Humor, Situationskomik und einem Appell für mehr Menschlichkeit und Toleranz.

Fusion Dessert
Die Grillsaison ist in vollem Gange. Neben Fischfilets, Steaks, Gemüsespießchen und Maiskolben darf eine leckere Nachspeise natürlich nicht fehlen. Mit einem Tiramisu liegt man selten falsch. Sehr gut kam neulich bei meinen Gästen ein Beeren-Tiramisu an. Diese Variante ist cremig wie die klassische Variante, leichter (Eier werden durch Joghurt ersetzt) und sommerlich, denn bei der derzeitigen Beerenvielfalt kann man richtig aus dem Vollen schöpfen.
Anfang des 19. Jahrhunderts bereiteten Köche aus Modena und Venetien erstmals eine Biskuit-Schichttorte mit Mascarpone-Füllung zu. Die Schichttechnik verleitet Experimentierfreudige zu allerhand ausgefallenen Variationen. Kürzlich entdeckte ich im Internet ein Rezept für ein Birnen-Matcha-Tiramisu – frei nach dem Motto 'Asia meets Europe'. Für Matcha-Eiscreme und -Müsli kann ich mich absolut begeistern. Warum also nicht das süßsahnige Dessert mit dem frischherben Geschmack des japanischen Grüntees kombinieren?
Das Rezept hat eine weitere Besonderheit: Die Mascarpone wird durch Cashewkerne (lecker!), Sojasahne (auch nicht schlecht) und Haferdrink (aha, interessant...) ersetzt. Hier dürften Veganer angesprochen sein. Wie ich mich kenne, werde ich das Rezept ohnehin nach meinem Gusto abändern und unsere Gäste demnächst mit einer neuen Kreation überraschen.

Urlaub im Silbertässchen
Bei der Reiseplanung verbinde ich gern einen Städtetrip mit einem Strandurlaub: Barcelona mit Sitges, Lissabon mit Cascais, Bilbao mit Valencia oder Rom mit Amalfi. Nach einem Madridbesuch entschieden wir uns für einen etwas weiteren Schlenker nach Cádiz nahe der südlichsten Spitze Europas. Dank direkter Zugverbindung war die Reise recht komfortabel.
Cádiz hat den Vorteil, dass man dort nicht nur einen herrlichen lang gestreckten Strand, sondern auch eine wunderschöne Altstadt vorfindet. Unser Hotel im andalusischen Stil lag inmitten von verwinkelten engen Gassen. Kein Wunder, dass wir eine Weile brauchten, bis wir es fanden. Wer es ein wenig abwechslungsreich mag, wird von der Altstadt begeistert sein: imposante Kathedralen und Türme, malerische Plätze, stilvolle Mode- und Schuhgeschäfte und sagenhafte Fischrestaurants.
Die "Plaza de las Flores" mit hübschen Blumengeschäften und Cafés ist mir besonders in Erinnerung geblieben. Von dort gelangt man direkt zum berühmten Tavira-Turm. Ein Aufstieg lohnt sich: die Aussichtssplattform bietet einen 360-Grad-Blick auf die circa 3000 Jahre alte Stadt und das Meer. Es heißt, dass die spanischen Seeleute die silbrig im Sonnenlicht glitzernden Dächer schon von weitem erkennen konnten und Cádiz deshalb liebevoll "Silbertässchen" tauften.