
Künstlerheldinnen leben ihren Traum
Das ist die letzte Doku-Empfehlung für diesen Monat – versprochen. Genau genommen sind es zwei Tipps, die sich um Künstlerinnen aus zwei Epochen drehen.
In “Renaissance der Malerinnen” werden die italienischen Künstlerinnen aus dem 16. Jahrhundert Sofonisba Anguissola, Lavinia Fontana und Artemisia Gentileschi vorgestellt. Zu ihren Lebzeiten waren sie so erfolgreich wie ihre männlichen Kollegen, obwohl ihnen der Zugang zu Kunstakademien verwehrt war. Von den ersten beiden hatte ich in dem Roman “Frauen, an die ich nachts denke” von Mia Kankimäki das erste Mal gehört. Sofonisba Anguissola aus Cremona beeindruckte mit ihren Porträts sogar Michelangelo und wurde Hofmalerin in Madrid. Lavinia Fontana, für den auch der Papst Modell saß, wurde durch ihre riesigen Altarbilder bekannt.
400 Jahre später machten Künstlerinnen einer ganz anderen Stilrichtung auf sich aufmerksam: Die Surrealistinnen Lee Miller, Leonor Fini, Leonora Carrington, Claude Cahun und Meret Oppenheim wollten sich aus der passiven Rolle der Muse und Geliebten befreien. Wie sie sich gegen viele Widerstände behaupteten und ihr eigenes Selbstverständnis zum Ausdruck brachten, zeigt der Film “Gelebte Träume – Künstlerinnen des Surrealismus”. Ergänzend dazu kann ich Euch die Romane "Mademoiselle Oppenheim" von Mina König und "Die Surrealistin" von Michaela Carter empfehlen.

Hier entstanden Meisterwerke
Heute habe ich noch einen Doku-Tipp für Euch. Diesmal geht es um Häuser, in denen Meisterwerke entstanden sind und die noch heute eine große Faszination ausüben. Vier davon werden auf arte in der vierteiligen Reihe „Häuser der Kunst“ vorgestellt. Dazu zählt das Schloss Derneburg, wo einst Georg Baselitz Gemälde, Drucke und Skulpturen schuf. Seit 2006 gehört es dem Sammlerehepaar Andrew und Christine Hall, die es in Europas größtes privates Museum für zeitgenössische Kunst verwandeln wollen, inklusive Boutiquehotel, Restaurant und Kunstbibliothek. Das Schloss liegt südöstlich von Hildesheim, für mich leider nicht gerade um die Ecke, aber ein Besuch würde mich sehr reizen.
Im Casino von Montreux wurde 1967 das Montreux Jazz Festival ins Leben gerufen. In das nach einem Brand neu erbaute Casino zog auch ein Tonstudio ein, wo namhafte Bands wie Deep Purple, Rolling Stones oder David Bowie ihre Hits aufnahmen.
Thomas Mann bezog 1930 sein Sommerhaus auf der Kurischen Nehrung, wo er Inspiration und Ruhe zum Schreiben fand. Heute ist das Haus ein viel besuchtes Museum. Außerdem lernen wir das Haus von Claude Monet in Giverny kennen, wo der Künstler nicht nur sein letztes großes Werk, das überdimensionale Seerosengemälde, sondern auch ein Gartenparadies mit exotischen Blumen und einer künstlichen Teichlandschaft schuf, das ihm viele Bildmotive bescherte. Die Doku ist bis zum 21. Juli in der arte Mediathek zu sehen.

Eine musikalische Reise durch die Kunstgeschichte
Was verbindet die Bildende Kunst mit Pop und Klassik? Dieser Frage geht die dreiteilige Doku „Soundtrack of Arts“ nach. Dass Popstars in ihren Videoclips gerne mal Bezug auf bekannte Gemälde nehmen, ist mir schon aufgefallen. Die immense Bandbreite und Vielschichtigkeit, die in dem Film deutlich wird, hat mich aber überrascht.
So inspirierte das Gemälde „Ein Sonntagnachmittag auf der Insel La Grande Jatte“ von Georges Seurat den Komponisten Stephen Sondheim zu seinem Musical „Sunday in the park with George“ während der französische Komponist Henri Dutilleux die „Sternennacht“ von Van Gogh musikalisch umsetzte. Die Mona Lisa wurde sowohl von NAT King Cole als auch WillIam besungen.
In dem Clip „Vogue“ sind Gemälde von Tamara de Lempicka zu sehen. Madonna sammelte nicht nur ihre Werke, sie kopierte auch ihren Lebens- und Malstil. Und an Größenwahn grenzt die Selbstwahrnehmung von Künstlern wie Jay-Z, der sich für Picasso hielt und Lady Gaga, die sich selbst als Kunstwerk inszeniert.
Am besten gefällt mir das Video „Dust my shoulders off“. Darin macht sich Jane Zhang zur Protagonistin von berühmten Gemälden wie „Nighthawks“ von Edward Hopper, ein Selbstbildnis von Van Gogh oder „Der Schrei“ von Munch und erweckt sie zum Leben. Die Doku ist bis zum 19. Juli in der arte Mediathek zu sehen.

Stark besetzter Cyber-Thriller
Erst kürzlich wurde in den Nachrichten über Cyber-Attacken auf Behörden berichtet. Das Szenario aus der sechsteiligen Apple TV+ Serie „Liaison“ kommt also der Realität näher als uns lieb ist. Darin stoßen zwei Hacker in Syrien auf geheime Pläne für Cyberangriffe auf Großbritannien. Der Söldner Gabriel Delage wird vom französischen Geheimdienst beauftragt, die Syrer nach Frankreich zu schleusen. Dabei kommt ihm jedoch die englische Cyber-Sicherheitsberaterin Alison Rowdy in die Quere, denn sie soll die Hacker nach England bringen, um die Terroranschläge zu vereiteln.
Die Serie wäre wahrscheinlich nur halb so interessant, wäre da nicht die starke Ausstrahlung der Hauptdarsteller. Alison, gespielt von Eva Green, wird zwar selten ihre grimmige Miene los, doch verstärkt sie damit nur noch ihre unnahbare, geheimnisvolle Aura.
Französische Schauspielgrößen wie Georges Lanvin und Vincent Cassell sind auch mit von der Partie. Während ersterer sichtlich gealtert ist und stark an Attraktivität eingebüßt hat, hat Cassell mit seinen markanten Zügen immer noch etwas Unwiderstehliches an sich. Da war die Versuchung wohl groß, ihm und Alison eine romantische Vergangenheit anzudichten. Die Handlung rund um Terrorismus, politischen Verrat und Brexit-Folgen hat durchaus ihre spannenden Momente, konnte aber meine Erwartungen nicht erfüllen.

Gier kennt keine Grenzen
Ich war in meinem Leben schon oft in Buchläden, aber auf ein Date hat mich noch kein Buchhändler eingeladen. Vielleicht passiert so was doch nur in Filmen wie „Sharper“. Bei Tom und Sandra scheint es Liebe auf den ersten Blick zu sein. Die Studentin lehnt zuerst Toms Einladung zu einem Abendessen ab, steht jedoch nach Ladenschluss wieder auf der Matte, und es entspinnt sich eine rasante Liebesgeschichte.
Mehr kann ich zum Inhalt nicht verraten ohne zu spoilern. Nur so viel sei verraten: Die Lovestory wird zum Thriller, in dem man absolut keinem über den Weg trauen kann. Es erscheinen immer mehr neue Figuren auf der Bildfläche, aus deren Perspektive die einzelnen Kapitel erzählt werden. Man tüftelt mit, wie die Geschichten rund um einen Trickbetrüger, seine Mutter und einen Milliardär zusammenhängen und erlebt so manche Aha-Momente. Leider wird die Geschichte zum Ende hin arg vorhersehbar. Das glamouröse Ambiente und Stars wie Julianne Moore und Sebastian Stan können das schwache Drehbuch kaum wettmachen.

Ode an die Sonne
Ich staune, wie viele Möglichkeiten es in dem Zeichenprogramm Procreate gibt, die Sonne in Szene zu setzen. Denke ich an berühmte Gemälde, fällt mir als erstes „Impression, Sonnenaufgang von 1872“ von Claude Monet ein. Als ich das Original im Musée Marmottan gesehen habe, war ich so fasziniert von der Stimmung, die die Sonne im Hafen von Le Havre erzeugt, dass ich mir gleich ein Poster mitgenommen habe.
Neben Monet haben sich etliche Künstler mit dieser Quelle des Lichts beschäftigt, wie die Doku „Ode an die Sonne. Eine Kunstgeschichte“ zeigt. Wie wir auf die Sonne blicken und was wir in ihr sehen hat sich im Laufe der Menschheitsgeschichte mehrmals wesentlich geändert. Monets berühmtes Werk zeigt zwar die Morgensonne, doch offensichtlich übten Sonnenuntergänge eine größere Faszination aus und waren ein äußerst beliebtes Bildmotiv – angefangen bei den Altmeistern wie William Turner über Maler der Romantik wie Caspar David Friedrich bis hin zur Pop-Art-Ikone Andy Warhol. Die abwechslungsreiche filmische Reise in die Kunst- und Kulturgeschichte der Sonne ist bis zum 2. Juni in der arte Mediathek zu sehen.

Die geniale Schwester
Spätestens seit der Lektüre von „Good morning, Mister Mendelssohn“ weiß ich, wie stark Fanny Hensel im Schatten ihres jüngeren Bruders Felix Mendelssohn Bartholdy stand. Dabei war sie so fleißig wie kaum ein anderer: Mehr als 450 Werke hat sie komponiert, darunter Klavier- und Liedkompositionen, Orchester- und Chorstücke.
Ihrem Leben und Schaffen widmet sich Anna Neuhaus in ihrer Dokumentation „Die geniale Schwester“, die morgen um 23:15 Uhr auf arte zu sehen ist. Fanny veranstaltete in Berlin regelmäßig Sonntagsmatineen, wo sie unter anderem ihre eigenen Kompositionen und die ihres Bruders aufführte. Sie spielte Klavier, leitete den Chor und griff als eine der ersten Frauen zum Taktstock. Erst mit 40 Jahren jedoch – nach einer prägenden Italienreise – traute sie sich, ihre Werke zu veröffentlichen.
Der Film zeigt eindrucksvoll, wie eine hochbegabte Frau lange Zeit unter der geschwisterlichen Rivalität und den Regeln einer patriarchalischen Gesellschaft litt und sich allmählich emanzipierte. Bis 5. Juni ist er in der arte Mediathek verfügbar.

David gegen Goliath
Erst dachte ich, die hochgelobte Serie „Itaewon Class“ sei ein Teenager-Drama. Doch die ersten Szenen haben mich in die Irre geführt. Eine Schlägerei in einem Klassenzimmer ist lediglich der Beginn einer Feindschaft zwischen Park Sae-roy und Jang Geun Won sowie dessen Vater, ein einflussreicher Besitzer einer führenden Restaurantkette. Letztere sind dafür verantwortlich, dass Park Sae-roy im Gefängnis landet und sein Vater bei einem Unfall stirbt. Als er aus dem Gefängnis entlassen wird, schwört er Rache und eröffnet ein Restaurant in Itaewon, einem Stadtteil von Seoul.
Damit sind die Weichen gestellt für einen Kampf zwischen David und Goliath. Solche Konstellationen üben ohnehin schon eine Sogwirkung aus. In dieser Story kommen aber noch weitere spannende Aspekte hinzu: zum Beispiel dass seine Jugendliebe für seinen Feind arbeitet. Oder dass der Hauptlieferant des Restaurants Ermittler bei der Verurteilung Park Sae-roys war.
Ein zentrales Thema, das sich wie ein roter Faden durch die Geschichte zieht, sind Park Sae-roys eiserne Prinzipien und seine Kompromisslosigkeit. Diese bringen nicht nur seinen Rivalen zur Weißglut, sondern sorgen auch bei seinen eigenen Mitarbeitern, besonders bei seiner Managerin, für erhitzte Gemüter. Nicht nur die fiesen Schachzüge der Jangga-Group, sondern auch die schwierige Gratwanderung zwischen Integrität und Profitabilität setzen den Helden immer wieder vor neue Herausforderungen.

Zweifelhafter Freispruch
Eine Reise in seine Heimat kann mitunter aufwühlend sein. Für Aksel Borgen, Hauptfigur der Serie „Lifjord“, gleicht sie jedoch einem Höllentrip. Vor 20 Jahren hatte er die Kleinstadt verlassen, als er zunächst verdächtigt wurde, ein junges Mädchen ermordet zu haben und dann freigesprochen wurde. Mittlerweile hat er sich in Kuala Lumpur ein neues Leben aufgebaut und lebt mit einer hübschen Frau und einem Sohn ein glückliches Leben. Ein Hilferuf vom Vater des Opfers holt ihn jäh zurück in die Vergangenheit.
Folge für Folge wird uns ein neues Puzzleteil serviert und bringt ein wenig Licht in die Geheimnisse, wirft aber gleichzeitig neue Fragen auf. Was ist damals wirklich geschehen? Ist Aksel wirklich so unschuldig wie er tut? Diese Fragen bauen eine unheimlich subtile Spannung auf, die es mit jedem Psychothriller aufnehmen kann. Eine weitere Stärke der Serie sind die sorgfältig gezeichneten Figuren, von der krankhaft besessenen Mutter des Opfers über ihren unterbelichteten Sohn bis hin zu Aksels zwielichtigen Bruder.
Atemberaubende Landschaftsaufnahmen sorgen dafür, dass wir nicht nur tief in die Innenwelten und seelischen Abgründe der Figuren, sondern auch in die Natur Norwegens eintauchen. Wieder einmal ein Volltreffer aus Skandinavien, der Brutstätte genialer Stories.

Cherchez la femme!
Geniale Frauen, die entweder gar nicht bekannt oder in Vergessenheit geraten sind, stellt eine gleichnamige Serie auf arte vor. Wir begleiten dabei einen Erzähler auf eine Zeitreise und begegnen den Silhouetten von 30 Frauen, die sich zu Wort melden, weil sie die Menschheitsgeschichte geprägt haben.
Ich kannte nur wenige von ihnen: Ida Pfeifer zum Beispiel, weil ich eine Biografie über sie gelesen habe; Hatschepsut, weil ich ihren Totentempel in Luxor besichtigt habe, oder Lisa Meitner, weil eine mir bekannte Straße nach ihr benannt wurde. Alle anderen Namen hörte ich zum ersten Mal.
Die französische Meeresbiologin Jeanne Villepreux-Power zum Beispiel erfand das Aquarium, so dass man erstmals Meerestiere in vivo beobachten konnte. Da die wissenschaftlichen Gesellschaften keine Frauen akzeptierten, bekam sie jedoch keinerlei Anerkennung.
Die Fossiliensammlerin Mary Anning entdeckte im 19. Jahrhundert in Südengland prähistorische Tierskelette, die die Evolutionstheorie maßgeblich voranbrachten, blieb jedoch einhundertfünfzig Jahre lang im Schatten ihrer männlichen Kollegen. Heute gilt sie als eine der ersten Paläontologinnen.
Die Laborassistentin Nettie Stevens entdeckte die chromosomengesteuerte Geschlechtsbestimmung, doch wer machte sich ihre Erkenntnisse zu eigen? Ihre Vorgesetzten Edmund Beecher Wilson und Thomas Hunt Morgan, die als Väter der modernen Genetik gelten.
Und wer hätte gedacht, dass das Brettspiel „Monopoly“, das ich so gern und oft als Kind gespielt habe, ursprünglich von der Quäkerin Elizabeth Magie aus Virginia stammt. Mit ihrem patentierten Spiel „The Landlord‘s Game“ wollte sie auf die Gefahren des monopolistischen Grundbesitzes hinweisen. Charles Darrow kopierte das Spiel und wurde mit Monopoly zum Millionär. In den knapp dreimonatigen Kurzfilmen lernt man nicht nur erstaunliche Fakten über vergessene Frauen, auch die Umsetzung mit originellen Illustrationen ist gelungen.

Ganz und gar außergewöhnlich
Der Titel der Netflix-Serie “Extraordinary Attorney Woo” verspricht nicht zu viel. Die Anwältin Woo Young-woo hat nicht nur einen außergewöhnlichen Namen, sondern auch das Asperger-Syndrom und kann mit ihrem fotografischen Gedächtnis jeden Paragrafen auf Knopfdruck abrufen. Trotz ihres Abschlusses mit Bestnoten will niemand sie einstellen, bis sie schließlich über Beziehungen in der renommierten Kanzlei Hanbada unterkommt.
Doch auch dort macht man es ihr nicht leicht. Die einen sehen in ihr eine gefährliche Konkurrenz und spinnen Intrigen, andere wissen nicht, wie sie mit Woos mangelnder Sozialkompetenz umgehen sollen. Zum Kollegen Lee Jun-ho dagegen hat sie gleich einen guten Draht, denn der hört sich unermüdlich jeden Tag beim Mittagessen ihre leidenschaftlichen Vorträge über Wale an.
Die Fälle, die das Anwaltsteam immer wieder aufs Neue herausfordert, reichen von Urheberrechtsstreit über Kindesentführung bis hin zur Mordanklage. Ich fieberte immer wieder auf den Moment hin, in der die clevere Woo einen Geistesblitz hat und im Gerichtssaal brilliert. Genauso spannend ist aber auch die Charakterentwicklung der einzelnen Mitarbeiter und die Nebenschauplätze, die in auf einen dramatischen Höhepunkt zusteuern. Ebenso wie die Heldin ist auch die Serie, die zwischen ernsten Themen und skurrilem Humor schwankt, einfach einzigartig.

Eine unvergessliche Liebe
Nach den vielen koreanischen Serien tut es gut, mal wieder eine japanische Serie im Original anzuschauen. Der Titel „First Love“ klingt recht abgedroschen, doch dahinter verbirgt sich ein tragischer Liebesfilm, der mich sehr bewegt hat.
Im Mittelpunkt stehen Yae und Harumichi, die als Teenager ein unzertrennliches Paar waren und sich ihre gemeinsame Zukunft ausmalten, sie als Stewardess, er als Pilot. Auf tragische Weise trennten sich jedoch ihre Wege. 20 Jahre später arbeitet Yae als Taxifahrerin, Harumichi als Sicherheitsbeamter. Ihr Leben ist weit entfernt von dem, was sie sich in ihrer Jugend vorgestellt hatten.
Wie konnten sie sich so weit von ihren Träumen entfernen? An welcher Stelle sind sie falsch abgebogen? Um diese Fragen dreht sich die Geschichte, die in weiten Teilen im ländlichen Sapporo spielt. Als sich ihre Wege unerwartet kreuzen, bleibt bis zum Ende ungewiss, ob es eine gemeinsame Zukunft für sie gibt. Immerhin verbindet die beiden ihre Vorliebe für Spaghetti alla napoletana. Die starken Darsteller und die subtil erzählte Story, die auf den Songs „First Love“ und „Hatsukoi“ von Hikaru Utada basiert, hat mich so aufgewühlt, dass ich noch Tage später an einzelne Szenen denken musste.

Süße Romanze vor Wiener Kulisse
Was wäre wenn? Diese Fragen stellen sich wohl nicht nur Schriftsteller, um einen Plot zu entwerfen, sondern auch die, die glauben, eine einmalige Chance verpasst zu haben – so wie Karl, Held des Films „Sachertorte“. An einer Imbissbude in Berlin lernt er die Wienerin Nini kennen, verbringt unvergessliche Stunden mit ihr, verliert jedoch versehentlich ihre Telefonnummer. Was wäre, wenn sie die Frau seines Lebens war?
Um dies herauszufinden, reist Karl kurzerhand nach Wien. Hatte sie nicht erwähnt, dass sie sich jedes Jahr an ihrem Geburtstag mit ihrem Vater um 15 Uhr im Café Sacher trifft? So setzt er sich jeden Nachmittag ins Café, isst ein Stück Sachertorte und wartet auf seine Traumfrau. Dabei macht er Bekanntschaft mit einer älteren Stammgästin und dem Personal, die ihn aufmuntern, mit Weisheiten über die Liebe versorgen und reichlich Wiener Charme versprühen.
Die Bäckerin Miriam, mit der er sich anfreundet, ist weitaus pragmatischer veranlagt, blickt jedoch nicht ohne Neid auf den beharrlichen und idealistischen Romantiker. Diese locker-luftige Komödie ist aber vor allem ein Werbefilm für Wien und das Café Sacher und stimmt jeden ein, der einen weihnachtlichen Städtetrip dorthin geplant hat.

Mit Sport aus der Krise
Hat jemand von Euch schon mal beim Wasalauf mitgemacht? Falls nicht, spornt Euch vielleicht der schwedische Film „Neben der Spur“ an. Oder auch nicht, denn die Hauptfigur Lisa leidet sichtlich beim Training für das größte Skilanglaufrennen der Welt. Was war nur in sie gefahren, als sie vor ihrer Tochter und der Frau ihres Ex-Mannes lauthals verkündete teilzunehmen? Viel zu verlieren hat sie ja nicht: Sie ist seit Jahren arbeitslos, das Jugendamt droht ihr, ihre Tochter wegzunehmen, und nun hat sie auch noch ihre Wohnung unter Wasser gesetzt.
Wenigstens findet sie bei ihrem Bruder Daniel nicht nur Unterschlupf, sondern in ihm auch einen Coach, der seit einem Jahr mit höchster Disziplin für das Rennen trainiert. Er ist beruflich erfolgreich, wohnt mit seiner Frau in einer schicken Wohnung und scheint das krasse Gegenteil von Lisa zu sein, doch ihn plagen Probleme ganz anderer Art, die während des Films eskalieren.
Man kann gut nachempfinden, was die Teilnehmer, die sich auf einer 90 km langen Loipe messen, vor und während dem Wettbewerb durchmachen. Der Film liefert schöne Bilder von diesem spektakulären Sportevent und balanciert geschickt zwischen Witz und Tiefgang, so dass man manch Vorhersehbares gern verzeiht.

Liebe in einem geteilten Land
Was für eine Story! In der Netflix-Serie „Crash landing on you“ gerät Yoon Se-ri, erfolgreiche Chefin eines Beauty- und Modekonzerns in Seoul, beim Paragliding in einen Sturm und macht eine Bruchlandung – ausgerechnet in der entmilitarisierten Zone von Nordkorea! Der Offizier Ri Jeong-hyeok, der sie dort findet, hält sie zunächst für eine Spionin. Es ist nicht schwer zu erraten, dass sich eine Romanze zwischen den beiden entwickelt wird, doch die Geschichte bietet weitaus mehr als das.
Wann hat man schon die Gelegenheit, den spartanischen Alltag in einem nordkoreanischen Dorf zu verfolgen, wo ständig der Strom ausfällt und Erdgruben als Vorratskammer dienen? Der Gegensatz zwischen dem kommunistischen Norden und dem kapitalistischen Süden wird vielleicht etwas überspitzt dargestellt, sorgt aber für viel Situationskomik, zumal wir den Kulturcrash auf beiden Seiten miterleben. Eine besondere Dimension verleiht der Story die Vergangenheit der beiden Protagonisten, die in den idyllischen Schweizer Ort Iseltwald führt.
Sowohl die witzige und schlagfertige Se-ri als auch Jeong-hyeok, der seit dem tragischen Tod seines Bruders jegliche Gefühle unterdrückt hat, doch langsam auftaut, schließt man schnell ins Herz. Für seine Rolle hat der Schauspieler Hyun Bin nicht nur den nordkoreanischen Akzent, sondern auch das Klavierspiel gelernt. Auch im realen Leben hat es zwischen den beiden gefunkt: Im April dieses Jahres heiratete das Paar, das auch in dem Film „The Negotioation“ gemeinsam vor der Kamera stand.

Wie Spotify die Musikindustrie revolutionierte
Serien über Start-Ups gibt es viele, doch „The Playlist“ zählt für mich zu den besten, die ich in letzter Zeit gesehen habe. Sie handelt von der Entstehung und Entwicklung des Musik-Streamingdienstes Spotify. Originell ist sie schon allein deswegen, weil jede der sechs Folgen aus einem anderen Blickwinkel geschildert wird: Der Gründer, die Musikindustrie, der Programmierer, die Juristin, der Partner, die Künstlerin – jeder Beteiligte darf erzählen, wie es sich ihrer Meinung nach „wirklich“ zugetragen hat.
Man fiebert regelrecht mit, wie der Gründer Daniel Ek seine Vision, den besten kostenlosen und legalen Player zu erschaffen, verwirklicht, indem er von seinem Team das vermeintlich Unmögliche verlangt und sich von den zahlreichen Hürden wie den Erwerb der Lizenzen nicht kleinkriegen lässt. Auch das zentrale Dilemma wird thematisiert: Wie kann man Songs allen kostenlos zugänglich machen und gleichzeitig die Künstler fair bezahlen? Intelligente Dialoge und ungewöhnliche Ideen bei der Umsetzung zeigen wieder einmal, dass die Skandinavier es einfach drauf haben, spannende und coole Serien zu produzieren.

Träume und Hürden junger Startup-Gründer
Der Schauspieler Kim Seon-Ho hat mich in „Hometown Cha-cha-cha“ so beeindruckt, dass ich mir im Anschluss gleich eine weitere Netflix-Serie mit ihm angesehen habe. In „Start-Up“ spielt er den erfolgreichen Investmentmanager Han Ji-pyung, der in Sandbox, dem fiktiven Silicon Valley Südkoreas, arbeitet und ein sorgloses Leben führt – bis er eines Tages von seiner Vergangenheit eingeholt wird.
Als Jugendlicher gewährte ihm eine ältere Ladenbesitzerin Unterschlupf. Diese bat ihn damals, aufmunternde Briefe an ihre Enkelin Seo Dal Mi zu schreiben, die wegen der Scheidung ihrer Eltern eine schwere Krise durchmachte. Han Ji-pyung gab sich in seinen Briefen für das Mathegenie Nam Do San aus – einen Namen, den er zufällig in einem Zeitungsartikel aufgeschnappt hatte. Wie konnte er damals ahnen, dass sich die Wege aller drei in Sandbox kreuzen würden?
Es entsteht eine höchst verzwickte Dreiecksbeziehung, in der die Figuren sowohl auf romantischer als auch beruflicher eine emotionale Achterbahnfahrt erleben. Einerseits brennen die Neuankömmlinge Dal Mi und Do San für ihre Ideen und strotzen vor Tatendrang, andererseits werden sie von Ängsten und Selbstzweifeln zerfressen. Ihr täglicher Kampf, in die Rolle eines Unternehmers hineinzuwachsen, ohne dabei die eigene Identität zu verleugnen, kommt dank der talentierten Schauspieler und dem geglückten Drehbuch überzeugend zum Ausdruck. Ein unterhaltsamer und spannender Einblick in die Start-Up-Szene am High-Tech-Standort Südkorea.

Neuanfang in einem Fischerdorf
Es gab Zeiten, da habe ich mit meiner Mutter mehrere Nachmittage mit Binge Watching von koreanischen Serien verbracht. Um nicht wieder in Versuchung zu geraten und meine Zeit produktiver zu nutzen, habe ich lange Zeit die Finger davon gelassen. Derweil hat die Produktivität koreanischer Serienmacher in keinster Weise nachgelassen. Nachdem ich mir vor kurzem eine Rom-Com-Serie mit 16 Folgen angesehen habe, schlägt mir Netflix eine ganze Armada von K-Dramen vor.
Die Serie, von der ich nicht loskam, trägt den Titel „Hometown Cha-Cha-Cha“ und war in der Heimat ein Megahit. Im Mittelpunkt steht die versnobbte Zahnärztin Hye-jin, die es von Seoul in die Provinz verschlägt. Als sie zum Geburtstag ihrer verstorbenen Mutter die Küstenstadt Gongjin besucht, entschließt sie sich, dort eine Zahnklinik zu eröffnen. Es dauert eine ganze Weile, bis sie mit den neugierigen, aber gutherzigen Einwohnern und deren Lebensstil warm wird. Dazu zählt auch der vielseitig talentierte Hong Du-Sik, der stets zur Stelle ist, wenn Not am Mann ist und deshalb von allen sehr geschätzt wird. Hye-jin versteht nicht, warum er nicht mehr aus seinem Leben macht, kann sich jedoch seiner Anziehungskraft nicht entziehen.
Neben diesen beiden sympathischen Darstellern wachsen einem auch die Nebenfiguren, die ihr Päckchen zu tragen haben und versuchen, Verfehlungen und Traumata aus ihrer Vergangenheit zu bewältigen, schnell ans Herz. Nicht zu vergessen die Ausstattung des Schauplatzes, der mit urigen Läden, Pubs, kulturellen Festen und Strandlandschaften viel fürs Auge bietet.

Einbruchsopfer mit finsterem Geheimnis
„I came by“. Diese Nachricht hinterlassen in der gleichnamigen Netflix-Serie die Graffitikünstler Toby und Jay, nachdem sie in Luxusvillen eingebrochen sind. Solange sie Geld und Schmuck vorfinden, ist ja alles ok. Bei dem angesehenen Richter Hector Blake macht Toby jedoch eine schreckliche Entdeckung, die ihm lieber erspart geblieben wäre.
In seiner Haut will man wahrlich nicht stecken: Was soll er mit diesem Wissen anfangen, wenn er nicht schnurstracks zur Polizei gehen kann, weil er selbst Dreck am Stecken hat? Spannend wird es, als seine Mutter der Sache auf den Grund geht, weil Toby vermisst wird. Da ahnt sie noch nicht, auf was für einen finsteren Gegner sie sich eingelassen hat.
Die Handlung und die Vorgeschichte der Figuren waren für mich nicht durchgängig schlüssig. Solange man nicht zu kritisch ist, kommt man in diesem Thriller mit einem furchteinflößenden Hugh Bonneville durchaus auf seine Kosten.

Düsterer Beziehungsthriller
Mit Filmen hatten wir in letzter Zeit kein glückliches Händchen. Die dänische Produktion “Liebe für Erwachsene” bietet immerhin einige Überraschungen, die aus dem Thriller-Einerlei herausstechen.
Dabei klingt die Story zunächst banal: Leonora findet heraus, dass ihr Ehemann Christian, ein erfolgreicher Bauunternehmer, eine Affäre mit seiner Stararchitektin hat. Verständlich, dass für sie eine Welt zusammenbricht – schließlich hat sie ihre Karriere als Geigerin für die Familie und die Pflege ihres kranken Sohnes aufgegeben. Zu welchen Mitteln sie allerdings greift, um nicht als verlassene Ehefrau dazustehen, lässt einem das Blut in den Adern gefrieren – wozu die schauspielerische Leistung von Sonja Richter erheblich beiträgt.
Auch Christian schreckt vor drastischen Mitteln nicht zurück, um seine Haut zu retten. Dass er nicht nur privat, sondern auch beruflich betrügerisch unterwegs war, fällt ihm nun vor die Füße. So eskaliert eine scheinbar harmlose Affäre zu einem wahren Horrortrip. Abgesehen von einem Detail, das ich als zu konstruiert empfand, unterhält der Thriller mit unerwarteten Wendungen und diabolischen Momenten.

Milliardärin auf Selbstfindungstrip
Schon nach wenigen Folgen habe ich der Apple TV+ Serie „Reich“ einen persönlichen Award verliehen, und zwar für den besten Soundtrack! Ein cooler Song jagt den nächsten, doch die Comedy-Serie hat noch mehr Vorzüge zu bieten.
Zunächst hat es mir die Hauptfigur Molly Novak angetan, auch wenn zwischen ihrem und meinem Lebensstil Welten liegen. Ihr Mann hat sie betrogen und lässt die 45-Jährige mit einem gebrochenen Herz, aber auch mit einer Abfindung in Höhe von 87 Milliarden Dollar zurück. Nach 20 Jahren Eheleben in Saus und Braus sucht sie nun nach einem Sinn im Leben und beschließt, sich in ihrer Wohltätigkeitsstiftung zu engagieren.
Inmitten der vielen düsteren Serien fühle ich mich nach einer Folge dieser erfrischenden Serie richtig beschwingt, was nicht nur an der tollen Musik und den sympathischen Figuren, sondern auch am farbenprächtigen Design der Settings und Outfits, den witzigen Dialogen mit Tiefgang und der warmherzigen Geschichte liegt. Maya Rudolph spielt die Rolle der plötzlichen Milliardärin, die auf ihrem Selbstfindungstrip ihre Einstellung zu Geld und Freundschaften neu überdenkt, hervorragend.
Stark besetzter Mystery-Thriller
Elizabeth Moss, die ich erstmals in der Serie „Mad Men“ gesehen habe, zählt für mich zu den talentiertesten Schauspielerinnen. Ihre starke Ausstrahlung und Wandlungsfähigkeit hauen mich immer wieder um – so auch in der achtteiligen Miniserie „Shining Girls“.
Diesmal verkörpert sie Kirby Mazrachi, eine Archivarin bei einer Chicagoer Tageszeitung, die vor Jahren nur knapp einem brutalen Angriff entkommen ist und noch jetzt unter dem Trauma leidet. Als eine weibliche Leiche in der Kanalisation gefunden wird, die die gleichen Wunden wie sie hat, beginnt Kirbys Jagd auf ihren einstigen Peiniger.
Unterstützt wird sie vom Journalisten Dan Velazquez, der eine große Story wittert. Ihre gemeinsamen Ermittlungen werden allerdings zweifach erschwert: Während Kirby unter Gedächtnislücken leidet und immer wieder Veränderungen in der Realität feststellt, scheint der Täter über übernatürliche Fähigkeiten zu verfügen.
Die Serie beginnt zwar wie eine typische Serienmörder-Story, entwickelt sich jedoch immer mehr zu einem Mystery-Thriller und brilliert vor allem durch ihre fantastischen Hauptdarsteller. Sie basiert auf dem gleichnamigen Roman von Lauren Beukes und wurde von Leonardo Di Caprio produziert.

Mehr Enthüllungen in der Morning Show
Seitdem ich die Serie „The Morning Show“ auf Apple TV+ verfolge, sehe ich die Nachrichtensendungen mit anderen Augen. Ich frage mich, ob es hinter den Kulissen genauso heftig abgeht wie zwischen Alex Levy, Bradley Jackson & Co. Vermutlich nicht ganz so extrem, aber welche Ausmaße Zickenkriege und Machtkämpfe im Berufsalltag annehmen können, weiß ich aus eigener Erfahrung.
Nach dem explosiven Ende der ersten Staffel stehen die Zeichen zunächst auf Neuanfang – glaubte ich zumindest, doch spätestens als Alex zum Sender zurückgeholt wurde, um die Quoten des Senders zu steigern, ahnte ich schon, dass der Spuk von Neuem beginnt.
Während mich Alex‘ Diva-Allüren zunehmend nerven, gilt meine Empathie und Sympathie nach wie vor Bradley, die nicht aufgibt, um sich von ihren kaputten familiären Wurzeln zu lösen und die Person zu werden, die sie sein will. Diese taucht sogar in personifizierter Form auf und bringt sie emotional völlig aus dem Gleichgewicht: die Nachrichtensprecherin Laura Peterson – verkörpert von keiner Geringeren als The Good Wife Star Julianna Margulies.
Auch wenn sich manche Szenen wie Kaugummi ziehen und die Befindlichkeiten und Animositäten zwischen den Akteuren arg breit getreten werden, staune ich doch, welche interessante Richtung die Me Too-Debatte aus der ersten Staffel eingeschlagen hat.

Musikalische Reise zum Mond
Wer hätte gedacht, dass der Mond die Popkultur zu so vielen unvergesslichen Songs inspiriert hat. „Walking on the moon“ von Police und „Man on the moon“ von R.E.M. fallen mir da spontan ein, doch es gibt noch so viele mehr wie ein Film von Hannes Rossacher zeigt. „Wie der Mond den Pop eroberte“ ist eine fantasievolle Collage aus Musik, Geschichten und Animationen, die einen großen Bogen spannt: von Klassikern wie „Flying to the moon“ von Frank Sinatra über „Rocket Man“ von Elton John bis zu „Amerika“ von Rammstein.
Mal drehen sich die Lieder um die erste Mondlandung und die Faszination für die Raumfahrt, mal um die Liebe, Sehnsüchte oder die Einsamkeit. Neil Young widmete dem Mond sogar insgesamt 28 Songs, darunter "Harvest Moon". Während die Mondscheinsonate von Beethoven oder „Moon River“ gesungen von Audrey Hepburn Erinnerungen weckten, habe ich auch viele mir noch unbekannte Künstler und Stücke kennengelernt. Die bunte musikalische Reise durch etwa 60 Jahre Popgeschichte ist noch bis zum 29. Juni in der arte Mediathek zu sehen.

Der mobile Anwalt von L.A.
David E. Kelley ist nicht zu bremsen. Nach Highlights wie „Goliath“, Big Little Lies“, „The Undoing“ oder „Die Anatomie eines Skandals“ beschert uns der Fernsehproduzent diesmal eine Serie, die für entspannte Abendunterhaltung sorgt.
Hauptfigur Mickey Haller trägt deshalb den Spitznamen „The Lincoln Lawyer“, weil er am liebsten auf dem Rücksitz seines Lincoln arbeitet während er sich durch Los Angeles kutschieren lässt. Bei der Auswahl des Chauffeurs, ist er nicht wählerisch, wenn sich beispielsweise eine Mandantin, die er gerade vor einer Verurteilung gerettet hat, für den Posten eignet. Er hat auch allen Grund, jede Minute so effizient wie möglich zu nutzen, damit er den zahlreichen Fällen, die ihm ein ermordeter Kollege samt seiner Kanzlei vererbt hat, Herr werden kann.
Ein besonders schwerer Brocken ist der Fall rund um den Gamehersteller Trevor Elliott, der beschuldigt wird, seine Frau und ihren Liebhaber ermordet zu haben. Mit seiner quirligen Kollegin und zweiten Exfrau Lorna und dem lässigen Ermittler Cisco hat Mickey immerhin ein kompetentes und sympathisches Team, das nach und nach auf neue Hinweise stößt. Mir gefällt vor allem das Tempo der Serie, mit der neben den vielen kleinen Fällen, die Mickey zu lösen hat, der Hauptfall rasant vorangetrieben wird. Den Stoff für die erste Staffel lieferte der Band „So wahr uns Gott helfe“ der Mickey-Haller-Buchreihe von Michael Connelly.

Von wahren Ereignissen inspiriert
Ich habe nie verstanden, warum sich in der Serie „Homeland“ die CIA-Agentin Carrie Mathison für Brody entschied und nicht für ihren sympathischeren und attraktiveren Kollegen Quinn, der ihr unzählige Male das Leben rettete. In der britischen Mini-Serie „Anatomie eines Skandals“ schlüpft der Schauspieler Rupert Friend in die Rolle des ehrgeizigen Abgeordneten James Whitehouse.
Wieder ist er massiven Angriffen ausgesetzt, jedoch diesmal nicht physischer Natur. Erst muss er seiner Frau Sophie eine Affäre mit seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin beichten, dann wird er auch noch von ihr der Vergewaltigung beschuldigt. Er beteuert seine Unschuld, doch selbst Sophie, die ihn seit der Studienzeit kennt und ihr Leben der Ehe, seiner Karriere und den Kindern untergeordnet hat, kommen langsam Zweifel. Wie gut kennt sie eigentlich ihren Mann, der es in den Neunzigern mit seinem besten Freund und jetzigem Premierminister im „Libertin Club“ krachen ließ und nun von ihm protegiert wird?
Packende Gerichtsverhandlungen lassen uns rätseln, ob James schuldig gesprochen wird oder nicht, doch genauso spannend ist die emotionale Achterbahn und allmähliche Wandlung seiner Frau, hervorragend verkörpert durch Sienna Miller. Dies verzeiht so manche kleine Lücken und unglaubwürdigen Zufälle in der Story, die sich um Privilegien und Machtmissbrauch der Elite dreht und auf einen gleichnamigen Roman von Sarah Vaughan und wahren Ereignissen basiert.

Frauenärztin sucht Traummann
Emergency Room, Nip Tuck, Private Practice, Grey‘s Anatomy … Mit Arztserien sollte ich eigentlich abgeschlossen haben. Doch jetzt, wo ich schon mit „The Mindy Project“ begonnen habe, möchte ich doch wissen, wie sich das Projekt weiterentwickelt.
Mindy Lahiri arbeitet in einer Gemeinschaftspraxis als Gynäkologin und Geburtshelferin. Ungewöhnlich ist, dass man nur sehr wenige Patienten zu sehen bekommt. Nicht, dass ich die Behandlungs- und OP-Szenen mit offenen Wunden und freigelegten Organen vermissen würde. Im Gegenteil, da habe ich sowieso die meiste Zeit weggeguckt.
Das Personal in dieser Praxis ist den lieben langen Tag eher mit sich und seinen eigenen Problemen beschäftigt, und davon gibt es reichlich. Ich dachte, ich hätte schon alle erdenklichen Situationen in Arztpraxen und Kliniken gesehen, doch an neuen Ideen scheint es nicht zu mangeln. Oder kam es schon mal vor, dass eine Ärztin ihren Kollegen auf eine harte Probe stellt, indem sie sich gynäkologisch von ihm untersuchen lässt? Oder dass ein Arzt seinem Kollegen seelischen Beistand leistet, damit er die Führerscheinprüfung besteht?
Ich bin gespannt, was das Mindy Projekt in den kommenden fünf Staffeln noch alles für Überraschungen bereithält. Die sympathischen Figuren, die Situationskomik und der Wortwitz sorgen jedenfalls für entspannte Abendunterhaltung, die ich momentan gut gebrauchen kann. Bemerkenswert ist, dass Mindy Kaling nicht nur als Hauptdarstellerin glänzt, sondern auch das Drehbuch geschrieben und die Serie mitproduziert hat. Inspiriert wurde sie durch ihre Mutter, die ebenfalls Frauenärztin ist.

Acht Tage Ausnahmezustand
Hatte ich schon erwähnt, dass die Skandinavier es echt drauf haben, spannende Serien zu produzieren? Ach ja, vor zwei Wochen erst, als ich euch „Thin Ice“ vorgestellt habe. Und wieder bin ich fündig geworden: Auf ZDF Neo ist derzeit „Countdown Copenhagen“ zu sehen.
Während man in „Thin Ice“ in atemberaubende Landschaften eintauchte, lösen die Schauplätze diesmal eher klaustrophobische Gefühle aus. Sie wechseln zwischen einem U-Bahn-Tunnel, wo fünfzehn Geiseln von bewaffneten Kidnappern gefangen gehalten werden, und der Einsatzzentrale der Anti-Terror-Einheit.
Typisch für skandinavische Serien ist, dass die Medien eine bedeutende Rolle spielen – so auch diesmal in Gestalt einer Journalistin, die die ungewöhnliche Chance bekommt, Interviews mit den Geiseln zu führen.
Schon bald zeichnet sich ab, dass es den Geiselnehmern nicht nur um das Lösegeld geht, doch was ist dann ihr Motiv? Welche Rolle spielt dabei die Vergangenheit des Task-Force-Leiters, der als Soldat in Afghanistan in Gefangenschaft war? Diese Fragen machen den besonderen Reiz dieser Serie aus, in der die unfassbare Wahrheit Stück für Stück ans Licht kommt.

Mysteriöse Familienfehde
Es gibt nur wenige Serien, die über mehrere Staffeln hinaus ihr Qualitätsniveau halten können. „Homeland“ zählt ganz sicher dazu, aber auch „The Sinner“ ist in der vierten Staffel so fesselnd wie eh und je. Schauplatz ist diesmal Hanover Island in Maine, wo sich der pensionierte Detective Harry Ambrose und seine Partnerin Sonya erholen wollen. Eines Abends beobachtet Harry, wie Percy Muldoon, die Tochter einer einflussreichen Familie, von einer Klippe springt und spurlos verschwindet.
Allein die Frage, ob Percy tatsächlich Selbstmord begangen hat und wenn ja warum, hält bis zum Schluss den Spannungsbogen aufrecht. Genauso faszinierte mich aber auch, wie sich mit jeder Folge der Blickwinkel ändert, neue Figuren in den Fokus geraten und Geheimnisse ans Licht kommen. Das ist allein Harry, seinem scharfen Spürsinn und seiner Hartnäckigkeit zu verdanken. Wieder geht er an seine physischen Grenzen, was mich daran erinnerte, wie er sich in der dritten Staffel von Jamie Burns lebendig begraben ließ.
Es tut ihm ganz sicher nicht gut, dass er sich dermaßen in die Ermittlungen hineinsteigert, statt sich vom Trauma des letzten Falls zu erholen, doch er kann nun mal nicht anders. Und eines ist sicher: Ohne Harry wäre die lokale Polizei völlig hilflos, der Fall ungelöst und so manches Geheimnis der Inselgemeinde unaufgedeckt geblieben. Sehr schade, dass Berichten zufolge dies die letzte Staffel sein wird.

Verhandlungen auf dünnem Eis
Seit „Kommissarin Lund“ habe ich eine Schwäche für skandinavische Serien, auch wenn manche brutaler sind als mir lieb ist, zum Beispiel wenn gleich am Anfang Leichenteile an einer Küste entdeckt werden. Da ziehe ich eher Polit-Thriller wie „Borgen“ oder „Occupied“ vor, die sich um politische Machenschaften und Wirtschaftskorruption drehen und mit wenig Gewaltszenen eine enorme Spannung erzeugen.
In diese Riege reiht sich auch die Serie „Thin Ice“ ein, die vom Klimawandel in der Arktis handelt. In Grönland trifft sich unter Führung der schwedischen Außenministerin der Arktische Rat, um einen Naturschutzvertrag für das Verbot von Ölbohrungen in der Arktis voranzutreiben. Mitten in den Verhandlungen wird die Besatzung eines Ölforschungsschiffs entführt, darunter ein hochrangiger schwedischer Diplomat. Die dänische Polizei und der schwedische Geheimdienst tun sich schwer mit den Ermittlungen, weil sie immer wieder von wirtschaftlichen und militärischen Mächten boykottiert werden.
Neben der spannenden Handlung besticht die Serie vor allem durch die atemberaubenden Naturbilder. Gedreht wurde zu großen Teilen in der isländischen Kleinstadt Stykkishólmur auf der Halbinsel Snæfellsnes. Auch wenn eine Reise in die Arktis sicher ein einzigartiges Erlebnis ist, genieße ich es doch, in eine warme Decke eingekuschelt von der Couch aus in die zauberhaften Bilder einzutauchen.

Ein Blick in die Heile-Welt-Industrie
Liebesromane lese ich ziemlich selten. Zuletzt hat mich die Liebesgeschichte zwischen Consuelo Suncin Sandoval de Gómez und Antoine de Saint-Exupéry in „Madame Exupéry und die Sterne des Himmels“ von Sophie Villard stark berührt. Ansonsten spielte der Herzschmerz in meinen vergangenen Lektüren eher eine Nebenrolle.
Die Dokumentation „Herzensbrecher“ von André Schäfer widmet sich ganz und gar dem populären Liebesroman und blickt hinter die Kulissen von renommierten Belletristikverlagen. In Interviews mit Bestsellerautoren, Lektoren, Programmleitern und Fotografen erfahren wir, wie zum Beispiel der Heftroman „Der Bergdoktor“ zum Verkaufshit wurde oder welche Bedeutung das Thema Liebe für die bekannte Schriftstellerin Cecilia Ahern hat. Sehnsuchtsorte wie Gebirgslandschaften, romantische Städte oder schottische Küstenregionen als Kulissen sind wichtige Zutaten, um die Leser in eine Heile Welt zu katapultieren.
Es kommen aber auch Autoren wie Michel Bierbæk und Daniel Speck zu Wort, die sich etwas realistischeren Liebesgeschichten verschrieben haben, fernab von Arztwelten und Fürstenhäusern. Besonders interessant fand ich das Gespräch mit einer Bloggerin, die die Liebesromane aus feministischer Sicht unter die Lupe nimmt. Die interessante Doku ist noch bis Ende Januar in der arte-Mediathek zu sehen.

Leben im virtuellen Jenseits
Werden wir in zehn Jahren so leben wie in der Sci-Fi-Comedy „Upload“? Keine schlechten Aussichten, wenn das Leben nach dem Tod so angenehm weitergeht, vorausgesetzt man hat das nötige Kleingeld. Man lässt einfach seinen Geist digitalisieren und in ein virtuelles Jenseits seiner Wahl hochladen – so wie Hauptfigur Nathan, der nach einem Autounfall in der Nachwelt „Lakeview“ landet.
Es scheint, als blieben keine Wünsche offen. Nathan braucht nur einen Engel herbeizurufen, in seinem Fall Nora, seine Kundenbetreuerin aus dem Diesseits, mit der er sich anfreundet. Die Kehrseite des Ganzen: Nathan ist dem Willen seiner reichen Freundin Ingrid ausgeliefert, die sein Bewusstsein hochgeladen hat und es kaum erwarten kann, ebenfalls als "Upload" ein Leben an seiner Seite zu führen. Als Ungereimtheiten in Nathans Leben kurz vor seinem Unfall ans Licht kommen, nimmt die Geschichte Fahrt auf.
Das luxuriöse Ambiente von Lakeview und die technischen Errungenschaften wie Hologramm-Telefone, Lebensmittel aus 3D-Druckern und digitale Landschaftsmalerei sind visuell toll umgesetzt. Die unterhaltsame Amazon-Serie regt jedoch auch zum Nachdenken an, welche Dinge in unserem Leben wirklich von Bedeutung sind. Ich hoffe, dass nach dem Cliffhanger am Ende der ersten Staffel die Fortsetzung nicht lange auf sich warten lässt.

Pariser Wohnhaus vor der Zerreißprobe
Noch immer bestimmt Corona unseren Alltag – trotz Impfstoff. Wer hat da noch Lust, die Berichterstattung zu verfolgen, geschweige denn einen Film darüber anzusehen. Die Komödie „8 Rue de l‘Humanité“ sorgt trotz allem für nette Abendunterhaltung. Sie handelt von sieben Familien in einem Wohnhaus, die während eines Lockdowns auf unterschiedliche Weise versuchen, mit der Situation klarzukommen.
Manchen von ihnen fällt es besonders schwer, so wie dem Hypochonder Martin, der sich ständig desinfiziert, mit Tauchermaske zum Einkaufen geht und mit seiner Angst vor Ansteckung seine Frau in den Wahnsinn treibt. Sie ihrerseits kann ihren Beruf als Anwältin per Videochat nur bedingt ausführen. Louise muss ihre Bar schließen und kommt dank dem Nachbarsjungen auf eine clevere Geschäftsidee. Ein Fitnesstrainer versucht, mit Onlinekursen seine Fangemeinde zu halten. Und ein Laborbiologe sucht krampfhaft nach Versuchsobjekten, um an einem Impfstoff zu forschen.
Der Film deckt eine große Bandbreite von typischen Problemen und Emotionen ab, die uns sicher allen bekannt vorkommen: Stress, Angst, Panik, Aggression und Misstrauen. Er zeigt aber auch – wie der Titel verrät –, dass es anders geht. Manchmal rutscht er in Klamauk ab oder trägt zu dick auf, aber besonders zum Ende hin ist es eine warmherzige Geschichte und ein Appell für nachbarschaftlichen Zusammenhalt und Menschlichkeit in dieser Krise.

Merry Christmas!
Dieses Jahr haben Harry und ich einen neuen Rekord aufgestellt: Wir haben uns schon am 13. November einen Weihnachtsfilm angesehen. Zu unserer Verteidigung müssen wir sagen, dass aus der Inhaltsangabe von „Love Hard“ überhaupt nicht hervorging, dass die Komödie zu Weihnachten spielt und das auch noch in Lake Placid, wo sich die Familien mit ihrer Weihnachtsdekoration und -beleuchtung gegenseitig übertrumpfen. Wir fühlten uns stark an Hasbrouck Heights in New Jersey erinnert, wo wir einmal kurzfristig eine Unterkunft gebucht hatten, um Silvester in New York feiern zu können.
Im Mittelpunkt der romantischen Netflix-Komödie steht Natalie, die über ihre missglückten Online-Dates schreibt und damit nur einen glücklich macht, nämlich ihren Chef, der gut an ihren Kolumnen verdient. Bei Josh glaubt sie endlich einen Volltreffer gelandet zu haben und reist von Los Angeles nach Lake Placid, um ihn zu überraschen. Sie selbst ist allerdings nicht minder überrascht, um nicht zu sagen geschockt, denn der reale Josh entspricht so ganz und gar nicht seinem Dating-Profil.
Eins muss man dem Film lassen: Das Ende ist nicht vorhersehbar. Außerdem gibt es ein Wiedersehen mit bekannten Gesichtern wie Jimmy O. Yang und Harry Shum jr., dem coolen Tänzer aus Glee. Ob die Geschichte glaubwürdig ist oder nicht, überlasse ich Eurem Urteil; für weihnachtliche Stimmung sorgt sie allemal.
In diesem Sinne wünsche ich Euch und Euren Lieben frohe Weihnachten und besinnliche Tage!

Das Elend einer alleinerziehenden Putzkraft
Erst kürzlich hatte ich es in der Kurzgeschichtensammlung „Schwierige Frauen“ mit Frauen zu tun, die es außerordentlich schwer im Leben haben. Alex, Hauptfigur der Serie „Maid“, kann sich zweifellos in diese Riege einreihen.
Als eines Tages ihr Freund Sean wieder einmal einen Tobsuchtsanfall hat, packt sie ihr zweijähriges Kind Maddy ins Auto und sucht das Weite. Sie versucht zuerst, Unterschlupf bei ihrer Mutter zu finden, doch Paula ist ihre künstlerische Entfaltung und ihr Liebesleben wichtiger als das Wohlergehen ihrer Tochter. So landet Alex schließlich in einem Frauenhaus.
Von Anfang an konnte ich mich von der Hauptfigur nicht mehr losreißen. Obwohl sie oft irrational handelt, konnte ich nicht anders als mit ihr zu fühlen, war entsetzt, wie sie als Putzkraft ausgebeutet wird und hoffte inständig, dass es das Schicksal zur Abwechslung einmal gut mit ihr meint. Doch es ist wie verhext: Menschen, die sie um Hilfe bittet, lassen sie im Stich, und andere, die ihr Hilfe anbieten, weist sie zurück. Gern mochte ich die Passagen, in denen Alex ihre Erlebnisse als Putzkraft niederschreibt und sich Geschichten über die Bewohner des Hauses ausdenkt.
Ein paar Schleifen hätte sich die Serie vielleicht sparen können, doch ist wohl gerade dies eine wichtige Botschaft: Frauen wie Alex brauchen mehrere Anläufe, um sich aus zerstörerischen Beziehungen zu befreien. Eine besondere Stärke der Serie sind die vielschichtig angelegten Figuren, allen voran Alex mit ihrer Widerstandskraft und ihren Schwächen, ihrer mal schroffen, mal liebevollen Art. Auch bei Sean gerät man selbst als Zuschauer immer wieder in Versuchung, ihm eine Chance zu geben. Kein Wunder, dass die Mini-Serie so authentisch wirkt: Sie basiert auf einem autobiografischen Buch von Stephanie Land mit dem Titel "Maid: Hard Work, Low Pay, and a Mother’s Will to Survive".

Laienrichterin in einer Sinnkrise
Die japanische Miniserie „Das Haus am Hang“ hat mich gleich in mehrfacher Weise aufgewühlt. Im Mittelpunkt steht die junge Hausfrau Risako Yamasaki, die offenbar ein glückliches Leben mit ihrem Ehemann und ihrer dreijährigen Tochter führt. Die Fassade beginnt jedoch zu bröckeln, als sie in einem Prozess zur Ersatz-Laienrichterin berufen wird.
Verhandelt wird ein Fall, in dem eine junge Frau wegen Kindsmord angeklagt wird. Je mehr Risako mit dem Schicksal der Angeklagten konfrontiert wird, desto mehr gerät ihr eigenes Leben und ihre Einstellung zur Mutterschaft aus den Fugen – und das aus gutem Grund. Auch die übrigen Laien- und Berufsrichterinnen haben ihr Päckchen zu tragen und müssen sich täglich auf unterschiedliche Weise der Balance zwischen Mutterschaft, Partnerschaft, Beruf und den Erwartungen in der patriarchalischen Gesellschaft stellen.
Dass es dabei kein Richtig oder Falsch und keine Patentrezepte gibt, sondern vielmehr darauf ankommt, Verständnis für die jeweilige Lebenslage aufzubringen und aufeinander zuzugehen, wird mit viel psychologischem Feingefühl vermittelt. Das sechsteilige Drama entstand nach einem Roman der Schriftstellerin Mitsuyo Kakuta und ist bis September 2022 in der arte Mediathek im Original mit Untertiteln zu sehen.

Freundschaft in der 56K-Modem-Ära
Erinnerst du dich noch an deinen ersten großen Schwarm in der Schule? Und daran, was du alles angestellt hast, um das Herz des/der Auserkorenen zu gewinnen? Solche nostalgischen Gefühle kommen bei der italienischen Comedy-Serie „Generation 56K“ ganz unweigerlich hoch. Sie spielt auf der italienischen Insel Procida im Golf von Neapel, wo in den 1990er Jahren der Teenager Daniel mit seinen Freunden Luca und Sandro erstmals mit dem Internet in Berührung kommt. Seine Aufmerksamkeit gilt allerdings vielmehr Ines, in die er hoffnungslos verliebt ist.
20 Jahre später lernt Daniel beim Online-Dating durch eine Verwechslung eine junge Frau kennen und verliebt sich in sie, ohne zu ahnen, dass es sich dabei um Ines’ beste Freundin Matilda, handelt. Genauso wenig wusste er, dass sie als 13-Jährige in Daniel verliebt war.
Es könnte der Beginn einer romantischen Liebesgeschichte sein, doch hat sich in den 20 Jahren nicht nur das Internet, sondern auch das Leben der beiden natürlich weiterentwickelt. Matilda ist liiert und mitten in den Hochzeitsvorbereitungen. Den besonderen Reiz macht die parallele Erzählweise aus. In Rückblenden erfährt man aus Sicht von Matilda, wie sie sich nicht nur mit Daniel anfreundete, sondern auch ihrem Vater und Schauspieler nach Rom nachreiste. Man darf bis zum Ende vor wunderschöner Kulisse und frei von Kitsch mitfiebern, ob die beiden trotz der komplizierten Umstände zusammenkommen.

Der Vater, der Berge versetzt
Was für ein Alptraum: Mircia Jianu, Protoganist des rumänischen Films "Tata Muta Muntii", erfährt von der Bergwacht, dass sein Sohn und dessen Freundin nach einer Wanderung in den verschneiten Bergen vermisst werden. Verständlich, dass der Vater krank vor Sorge ist und Druck auf die Bergwacht ausübt. Sie soll unter allen Umständen den Jungen finden – koste es, was es wolle. Und das ist wörtlich zu verstehen, denn als die Bergwacht nach mehreren Tagen aufgibt, heuert der ehemalige Geheimdienstoffizier seinen Ex-Kollegen Filip an, der ihm offenbar noch etwas schuldig ist.
Ziemlich beeindruckend, was Filip mit seiner Mannschaft an technischem Equipment auffährt, um die Vermissten zu orten. Es geht jedoch weniger um die Rettungsaktion als vielmehr um Mircia und seine Besessenheit, seinen Sohn zu finden. Nach und nach begreift man, dass er nicht nur von väterlicher Liebe und Fürsorge, sondern auch von Schuldgefühlen gegenüber seiner Ex-Frau und seinem Sohn, die er vernachlässigt hat, getrieben wird.
Die Aufnahmen des imposanten Bucegi-Gebirges am östlichen Rand der Südkarpaten sind atemberaubend, allerdings würde ich nie auf die Idee kommen, in dieser bedrohlichen Umgebung auf eine Wanderung zu gehen. Mir ging immer wieder durch den Kopf, in welch schreckliche Lage leichtsinnige Wanderer ihre Angehörigen und Rettungsmannschaften versetzen können, ohne dass es ihnen bewusst ist.
Inspiriert wurde der Drehbuchautor und Regisseur Daniel Sandu von einer wahren Begebenheit, bei der ihn vor allem die Reaktion und Verhalten des Vaters auf das Verschwinden seines Sohnes beschäftigte. So zeigt der Film auf verstörende Weise, wie sich ein verzweifelter Mann in eine Sache hineinsteigern kann und – wenn es um das eigene Kind geht – jedes Maß aus den Augen verliert und seine Mitmenschen in den Abgrund reißt.

Luxusresort vor einer Zerreißprobe
Verlockender könnte ein Urlaubsort kaum sein: Ein Luxusresort vom Feinsten, traumhafte Strände und Sonnenuntergänge wie aus dem Bilderbuch. Abschreckend sind lediglich die Gäste, die sich in „The White Lotus“, dem titelgebenden Resort auf Hawaii und Schauplatz einer bissigen Gesellschaftssatire einquartiert haben.
Da ist eine Familie, bei der man nicht weiß, wen man mehr bemitleiden soll: den unbeholfenen Teenager-Sohn, der von seiner Schwester schikaniert wird, oder den Vater, der alles Erdenkliche tut, um sich in der Familie Respekt zu verschaffen. Kaum sympathischer ist der reiche Shane, der den Resort-Manager regelrecht zu einem Zweikampf herausfordert, weil er seine gebuchte Hochzeitssuite nicht bekommen hat, und seiner Frau die Flitterwochen verdirbt. Kein Wunder, dass bei den überzogenen Wünschen und absurdem Verhalten der Touristen dem anfangs noch bemühten Personal langsam, aber sicher der Kragen platzt.
Anfangs fand ich das Ensemble in dieser sechsteiligen Miniserie sehr befremdlich, doch je mehr ich mich auf die bröckelnde Idylle einließ, desto mehr nahm sie mich gefangen. Die Dialoge sind an Zynismus und Sarkasmus kaum zu überbieten und stehen in einem derart krassen Kontrast zu den paradiesischen Landschaftsbildern und den exotischen Klängen, dass man fast das Gefühl hat, die Natur mache sich lustig über unsere Spezies.

Filmdiva mit berauschenden Talenten
Die französische Schauspielerin Isabelle Huppert habe ich schon immer bewundert - und nachdem ich den Film „La Daronne“ ("Eine Frau mit berauschenden Talenten") gesehen habe, erst recht. Darin spielt sie Patience Portefeuille, eine gelangweilte Dolmetscherin bei der Pariser Polizei, die Telefonate von Haschhändlern abhört und aus dem Arabischen ins Französische übersetzt, bis sich eine viel spannendere und lukrativere Einnahmequelle auftut.
Eines Tages hört sie ein Gespräch ab, bei dem der Fahrer Afid verwickelt ist. Er ist der Sohn einer Pflegerin, die sich seit Jahren um ihre kranke Mutter kümmert. Für Patience Grund genug, ihn vor einer Gefängnisstrafe zu schützen. So trifft sie eine Entscheidung, die ihrem Leben eine völlig neue Wende gibt. Dass sie mit dem Leiter des Dezernats, der kurz vor dem Durchbruch stand, eine Beziehung hat, hindert sie nicht, die Festnahme zu sabotieren. Ganz im Gegenteil: Sie sichert sich die schwere Beute und heuert zwei marokkanische Straßenhändler an.
Ihre Verwandlung in eine Drogenkönigin ist sowohl optisch als auch komödiantisch ein Höhepunkt. Die Rolle als clevere und gebieterische Madame Hasch ist Isabelle Huppert wie auf den Leib geschnitten. Auch wenn so Manches in der Handlung vorhersehbar ist, macht es Spaß, der glänzenden Schauspielerin mit berauschenden Talenten zuzusehen.

Französischer Mystery-Thriller
Das Konzept der Netflix-Serie „Kein Lebenszeichen“ ist ähnlich wie bei „Kein Friede den Toten“. In jeder Folge steht ein anderer Protagonist im Vordergrund. Zu Beginn lernen wir den Sozialarbeiter Guillaume kennen, dem das Schicksal übel mitgespielt hat. Vor zehn Jahren verlor er bei einem Überfall gleich zwei geliebte Menschen: seine damalige Freundin Sonia und seinen Bruder Fred. Nun schlägt das Schicksal ein zweites Mal zu: Seine Freundin Judith verschwindet ein Tag, nachdem er ihr einen Heiratsantrag gemacht hat.
Mit seinem Freund und Chef Daco macht er sich auf die Suche und stößt statt auf Antworten auf immer mehr Rätsel und merkwürdige Zufälle. Offenbar hat nicht nur Judith eine düstere Vergangenheit, wie die ständigen Zeitsprünge zeigen. Die Kulisse wechselt zwischen der malerischen Côte d’Azur, den Banlieus vor Nizza und imposanten Landschaften in Sardinien. Die spannende und wendungsreiche Mini-Serie mit nur fünf Folgen ist eine Adaption des 2002 erschienenen Romans „Gone for good“ von Harlan Coben, der auch den Stoff für "Kein Friede den Toten" lieferte.

Scheiden tut weh
Die HBO-Serie „Divorce“ kann man sich im weitesten Sinne als Fortsetzung von „Sex and the City“ vorstellen. Die lange, nervenaufreibende Suche nach dem Mr. Right ist vorbei, man hat geheiratet, Kinder bekommen … und dann geht die Ehe in die Brüche. So hätte es bei jeder der 4 Ladies ausgehen können.
Sarah Jessica Parker spielt in dieser Serie keine Kolumnistin, sondern die Headhunterin Frances, die sich ihren Traum von einer eigenen Galerie erfüllt. Doch nicht nur beruflich, sondern auch privat will sie zu neuen Ufern aufbrechen und sich scheiden lassen. Ihre Ehe mit Robert ist nicht mehr zu retten, und das nicht nur, weil sie eine Affäre hatte. Ihre Kinder im Teenageralter finden ihre Mutter nur peinlich und machen das Ganze nicht gerade leichter. Verständnis findet sie nur bei ihren zwei engen Freundinnen, deren Leben nicht minder die reinste emotionale Achterbahn ist.
Es ist eine Story, die schon tausend Mal erzählt wurde, und trotzdem gefällt mir diese Serie mit jeder Folge immer mehr. Das liegt vor allem an der gekonnten Mischung von schlagfertigen Sprüchen, beißendem Humor, unverbesserlichen Charakteren und den sensibel dargestellten Konflikten, die einem trotz aller Komik nahe gehen. In der ersten Staffel geht der hässliche Trennungsprozess es erst richtig los. Mal sehen, ob das Paar in Staffel 2 und 3 den Rosenkrieg unversehrt übersteht.

Rachefeldzug im Campermilieu
Wohnmobile und Campingplätze waren selten so begehrt wie in diesem Jahr. Auch Ferry, Hauptfigur des gleichnamigen Films, verschlägt es auf einen Campingplatz in seiner Heimat Brabat, allerdings nicht um dort Urlaub zu machen, sondern um einen Job zu erledigen. Der Sohn seines Arbeitgebers und Drogenbarons Ralph Brink wurde bei einem Überfall angeschossen und Ferry wird beauftragt, die Täter aufzuspüren. Als er jedoch Danielle kennenlernt und mit ihr einen unvergesslichen Abend auf dem Jahrmarkt verbringt, ist seine Mission gefährdet.
Ungewöhnlich finde ich das Casting, denn der Hauptdarsteller Frank Lammer passt weder in das Raster eines typischen Helden, noch Antihelden. Er spielt einen loyalen Kriminellen, der gezwungen wird, sich mit seiner entfremdeten Schwester auseinanderzusetzen, obendrein Gefühle für eine Frau entwickelt und sein Herz auf dem rechten Fleck hat. Auch die etwas naive und unbeholfene, aber liebenswerte Danielle gewann schnell meine Sympathie. Diese ungewöhnliche Mischung aus Krimi und Milieustudie erzählt die Vorgeschichte von Ferry in der Serie „Undercover“.

Das Geheimnis der Monterey Five
Ein großes Staraufgebot ist nicht unbedingt ein Garant für eine gelungene Serie. „Big Little Lies“ glänzt jedoch nicht nur durch hervorragende Schauspielerinnen wie Reese Witherspoon, Nicole Kidman und Laura Dern, sondern auch durch eine gut durchdachte Story und kluge Dialoge.
Sie beginnt damit, dass eine alleinerziehende Mutter mit ihrem Sohn nach Monterey zieht und ins Fadenkreuz gerät, weil ihr Sohn eine Mitschülerin gebissen haben soll. Mein Freund war nach der ersten Folge so genervt von den Helikoptermüttern, dass er die Serie schon abbrechen wollte. Zum Glück sind wir dran geblieben, denn nach und nach tun sich immer mehr Abgründe in den scheinbaren Bilderbuch-Familien auf, die durch Mark und Bein gehen.
Abgesehen von der Tatsache, dass ihre Kinder in die gleiche Schule gehen, sind die Mütter in ihrem Temperament, Charakter und Lebenssituationen sehr verschieden und dennoch freunden sie sich an und bekommen bald den Spitznamen „Monterey Five“. Immer mehr verstricken sie sich in Lügen und Geheimnisse und kapseln sich so von ihren Familien und der Umwelt ab. Die HBO-Serie, die auf einen Roman von Liane Moriarty beruht, geht weit über ein profanes Beziehungsdrama hinaus und erhielt zu Recht zahlreiche Preise.

Kaff zu verkaufen
Manche Menschen entscheiden sich bewusst für einen Lebenswandel – andere werden hineinkatapultiert so wie die Milliardärsfamilie Rose in der Netflix-Serie „Shitt’s Creek“. Als sie durch einen korrupten Geschäftspartner ihr gesamtes Vermögen verliert, landet sie buchstäblich auf der Straße.
Die einzige Rettung ist das titelgebende Kaff Shitt‘s Creek, das Vater Johnnie vor langer Zeit als Scherz gekauft hat. Sie richten sich in einem heruntergekommenen Motel, das nicht unbedingt ihrem gewohnten Lebensstandard entspricht, häuslich ein und hoffen inständig, dass Johnny so schnell wie möglich das Städtchen verkaufen und die Misere beenden kann.
Bis dahin schlittert die versnobte Familie von einer irrwitzigen und grotesken Situation in die nächste. Auch wenn sich die Story klischeehaft anhört, bereitet die kanadische Sitcom großes Vergnügen, was vor allem an den herrlich überzogenen Charakteren liegt, die vielschichtiger sind, als es zunächst den Anschein hat.
Es ist fast rührend, wie der stilbewusste David und die zickige, verwöhnte Alexis versuchen, aus lauter Langeweile Anschluss zu finden, auch wenn sie mit den bodenständigen Provinzbewohnern herzlich wenig gemein haben. Am besten gefällt mir die Mutter Moira, die durch exzentrische Klamotten und Perücken mit aller Mühe versucht, den Schein zu wahren und in einem Werbespot an ihren einstigen Erfolg als Soap-Darstellerin anzuknüpfen. Nach der kurzweiligen ersten Staffel bin ich gespannt, welche Abenteuer die Familie Rose noch erwartet.

Richter auf Abwegen
Höre ich den Namen Brian Cranston, erscheint vor meinen Augen sofort ein Camper in der Wüste, in der ein ehemaliger Chemielehrer wie besessen Crystal Meth produziert. In der Serie „Your Honor“ hat der Schauspieler eine gediegenere Rolle, zumindest am Anfang: Als angesehener Richter sorgt er in New Orleans für Recht und Ordnung; Privat tut der Witwer alles, um seinem 17-jährigen Sohn Adam ein guter Vater zu sein, auch oder besonders dann, als dieser den Sohn eines Gangsters bei einem Autounfall tötet und Fahrerflucht begeht.
Und doch erkenne ich Parallelen zwischen den beiden Serien. Sowohl Walter White als auch Michael Desiato werden gezwungen, ihr Leben völlig umzukrempeln und lassen sich zu kriminellen Taten verleiten. Ihre Motive sind die gleichen: die Liebe zur eigenen Familie und sie unter allen Umständen zu beschützen.
Allerdings hat mir die Rolle von Walter weitaus besser gefallen, der sich in rasantem Tempo in einen gefürchteten Drogenboss verwandelte. Michael dagegen verstrickt sich immer mehr in ein Netz aus Lügen und Betrug, geht dabei über Leichen und setzt eine Abwärtsspirale in Gang. Das kommt davon, wenn man sich mit dem gefährlichsten Mafiaboss von New Orleans anlegt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Michael jemals aus der Nummer rauskommt, doch ich lasse mich in den letzten zwei Folgen, die mir noch bevorstehen, gern überraschen.

Ein Gauner-Gentleman schwört Rache
Lange ist‘s her, dass ich die Abenteuer des Arsène Lupin verschlungen habe. Jahrzehnte später begegne ich ihm erneut in der Netflix-Serie „Lupin“. Darin geht es jedoch nicht um den berüchtigten Meisterdieb selbst, sondern um Assane Diop, einen begeisterten Fan, der Lupins Tricks imitiert. Sein Ziel: Rache zu nehmen für seinen Vater, der vor 25 Jahren zu Unrecht von seinem Arbeitgeber eines Diebstahls beschuldigt wurde und sich in der Gefängniszelle das Leben nahm.
Wie schon in dem Film „Mein ziemlich bester Freund“ ist Omar Sy auch hier ein Sympathieträger. Wie könnte man auch einem cleveren und perfekten Gentleman, der der Polizei immer einen Schritt voraus ist und die Wahrheit ans Licht bringen will, widerstehen. Einzig einer der Ermittler erkennt in seinen Raubzügen Lupins Methoden wieder, wird jedoch von seinen Kollegen nicht ernst genommen.
Seinem Widersacher, den einflussreichen und wohlhabenden Pellegrini, der bestens vernetzt ist, kann Assane allerdings nicht so leicht das Handwerk legen. Der Cliffhanger in der ersten Staffel lässt auf eine Fortsetzung folgen.

Anklage wegen Verschwörung
Ich habe schon viele dramatische Gerichtsszenen gesehen: in „Ally Mc Beal, „The Good Wife“ oder „The Good Fight“. Nichts übertrifft jedoch die Farce, die in „The Trial of the Chicago 7“ gezeigt wird. Und schlimmer noch: Der Film erzählt beruht auf einer wahren Begebenheit.
Schauplatz ist Chicago im Jahr 1968. Anfangs sind die Antikriegsproteste rund um einen Parteitag der Demokraten friedlich. Als die Polizei jedoch eine Ausgangssperre verhängt, kommt es zu tagelangen Krawallen, die mit Tränengas und Schlagstöcken blutig niedergeschlagen werden. Sieben Anti-Kriegs-Aktivisten, die „Chicago 7“ werden monatelang vor Gericht gestellt und beschuldigt, Teil einer Verschwörung zu sein und die Krawalle bewusst provoziert zu haben.
Sämtliche Einsprüche und Anträge des Verteidigers, selbst entlastende Beweise werden vom Richter abgewiegelt. Das ganze Verfahren ist ein absurdes, abgekartetes Spiel, das man dem Richter am liebsten an die Gurgel springen möchte. Sacha Borat Cohen sticht in diesem sehenswerten Justizdrama als eloquenter Yippie-Anführer unter den brillanten Schauspielern besonders hervor.

Löwen und Lämmer
Trickbetrüger haben es bekanntlich besonders auf ältere Menschen abgesehen und nutzen ihre Gutgläubigkeit aus. Auch Marla Grayson, Hauptfigur des Films „I care a lot“ hat es auf die vermögende ältere Klientel abgesehen, betreibt ihr Geschäft aber in wesentlich größeren Dimensionen. Als gerichtlich bestellter Vormund schickt sie gemeinsam mit ihrer Partnerin Fran vermögende Rentner ins Seniorenheim und reißt sich Stück für Stück deren Vermögen unter den Nagel. Auch das Opfer Jennifer Peterson scheint zunächst leichtes Spiel für das Gaunerpaar zu sein - bis ihnen der Sohn in die Quere kommt und sie herausfinden, mit wem sie es tatsächlich zu tun haben.
Die Geschichte hat besonders im zweiten Teil mit kleinen Schwächen zu kämpfen und auch das Ende ist vorhersehbar. Trotzdem lohnt sich der Film vor allem wegen der Hauptdarstellerin. Es ist ein Vergnügen, zuzusehen, wie die furchtlose, skrupellose, unverwüstliche Marla, exzellent gespielt von Rosamunde Pike, ihr Ding durchzieht, komme, was wolle. Ihr Gegner, verkörpert von Peter Dinklage, hat es in der Gangsterwelt normalerweise mit einem ganz anderen Kaliber zu tun, beißt sich an dem Zweikampf jedoch die Zähne aus. Ein spannendes Duell, bei dem die Fetzen fliegen, mit schwarzem Humor und satirischen Seitenhieben.

Staatsanwalt jagt Hedgefonds-Milliardär
Der Titel der Serie könnte nicht treffender sein. Mit „Billions“ von Dollarn jongliert der gefürchtete Hedgefonds-Manager Bobby Axelrod tagtäglich und hat sich mit seinem Unternehmen Axe Capital zum Selfmade-Milliardär gemacht.
Einen winzigen Bruchteil davon verdient sein Gegenspieler Chuck Rhoades. Der Staatsanwalt will Axelrod wegen Insiderhandels mit allen Mitteln zur Strecke bringen. Angetrieben wird er nicht nur durch seinen beruflichen Ehrgeiz und Kampfgeist, sondern auch aus privaten Gründen. Ausgerechnet bei seinem Feind arbeitet seine Ehefrau Wendy als Psychologin. Die ganz spezielle Beziehung zwischen den beiden ist ihm ein Dorn im Auge.
Ich habe schon lange nicht mehr so eine spannende und intelligente Serie gesehen. Manchmal raucht mir schon der Kopf, weil ich bei den ausgeklügelten Finanzstrategien und Schachzügen manchmal Mühe habe, mitzukommen. Nach Feierabend sein Hirn abschalten und sich berieseln lassen, ist bei dieser anspruchsvollen Serie nicht drin.
Bei uns haben sich schon Fronten gebildet, was das Fernsehvergnügen erhöht. Harry feuert den arroganten und unberechenbaren Axelrod an, während ich mit meinem ausgeprägten Gerechtigkeitssinn gern seinen Untergang erleben würde. Mal sehen, wie das Rennen zwischen den machthungrigen Protagonisten ausgehen wird. Wir werden einen langen Atem brauchen, denn uns stehen noch 4 Staffeln bevor.

Kammerspiel mit Gänsehautfaktor
Erinnert Ihr Euch an die Sitcom „Die Nanny“ aus den Neunziger Jahren? Mit dem quirligen und extravaganten Kindermädchen Francine hat Leanne aus der Apple TV+ Serie „Servant“ herzlich wenig gemein. Sie ist jung, ernst, schüchtern, streng gläubig und tritt eines Tages bei dem Ehepaar Sean und Dorothy, die in einer schicken Wohnung in Philadelphia leben, ihre Stelle als Nanny an.
So weit so gut, doch Leanne soll nicht etwa auf ein Kind aufpassen, sondern auf eine lebensechte Puppe, die dem Paar dabei helfen soll, seine Trauer über sein verstorbenes Baby zu verarbeiten. Damit nicht genug. Sie scheint sich darüber gar nicht zu wundern und macht das Spiel mit größter Hingabe mit.
Ich möchte nicht zu viel verraten, doch dieser kleine Einblick sollte genügen, um Euch ein Gefühl dafür zu geben, wie unheimlich, schräg und übersinnlich es in dieser Geschichte zugeht. Die Rolle, die Leanne in dem Ganzen spielt, wird immer mehr zum Rätsel. Ist sie wirklich so harmlos wie sie tut oder führt sie etwas im Schilde? Spannend ist auch, wie sich die Dynamik zwischen Sean, Dorothy, ihrem Bruder Julian und Lilian verschiebt und sich neue kleine Bündnisse bilden.
Wer sich für Haute Cuisine interessiert, kann Sean über die Schulter schauen. Die Szenen, in denen der experimentierfreudige Koch diverse Meeresfrüchte verarbeitet sind ästhetisch und ekelerregend zugleich. Der künstlerische Mix aus Ästhetik und Schockmomenten, begleitet von einer Musik, bei der sich einem die Nackenhaare aufstellen, zieht sich durch die gesamte Serie von M. Night Shyamalan, der unter anderem „The Sixth Sense“ und „Wayward Pines“ gedreht hat.

Wer täuscht wen?
Der Schauspieler Hugh Grant kann nicht nur Romance und Comedy. Das beweist er in der Serie „The Undoing“ von David E. Kelley, die auf Sky Ticket zu sehen ist. Klar, er ist nicht mehr der Jüngste, was neben der Hauptdarstellerin Nicole Kidman, die sich erstaunlich gut gehalten hat, besonders ins Auge fällt. Aber in dieser Geschichte spielt er auch keinen liebenswerten Tollpatsch wie in „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ oder einen eingebildeten Frauenhelden wie in „Schokolade zum Frühstück“.
Diesmal schlüpft er in die Rolle eines angesehenen Kinder-Onkologen, der sehr liebevoll mit seiner Frau und seinem Sohn umgeht. Umso rätselhafter ist sein plötzliches Verschwinden, nachdem die Mutter eines Mitschülers tot aufgefunden wird. Seine Frau Grace, erfolgreiche Psychotherapeutin und Milliardärstochter weiß nicht mehr, wem sie trauen kann und verhält sich manchmal selbst rätselhaft. Wer täuscht wen und wer ist hier das wirkliche Opfer? Fragen über Fragen, die einen bis zum Schluss der Auflösung entgegenfiebern lassen. Die Serie basiert auf dem Roman „You should have known“ von Jean Hanff Korelitz.

Genussvoller Roadtrip
Normalerweise würde man sich nicht lange Zeit lassen, um nach Paris zu kommen. Anne, Hauptfigur des Films „Paris can wait“, bleibt nichts anderes übrig. Mitten während einer Reise durch Südfrankreich muss ihr Ehemann und Hollywood-Filmproduzent geschäftlich nach Budapest. So nimmt Anne das Angebot seines Geschäftspartners Jacques an, sie in seinem alten Cabrio von Cannes nach Paris zu fahren.
Da ahnt sie noch nicht, dass ihr Chauffeur es gar nicht eilig hat und die Fahrt so genussvoll wie möglich gestalten möchte, zumal er großen Gefallen an ihr findet. Immer wieder baut er Zwischenstopps ein, um Anne die Schönheiten seiner Heimat näherzubringen, mal am Pont du Gard, mal in einem Textilmuseum, meistens jedoch in schmucken Restaurants, in denen sie schlemmen, was das Zeug hält. Es dauert eine Weile, bis Anne auftaut und sich ebenfalls der bezaubernden Kulisse und den kulinarischen Köstlichkeiten hingibt.
Viel passiert nicht in dieser Geschichte, doch die beiden Schauspieler strahlen so viel Charme und Lebensfreude aus, dass man sie auf dieser Reise voller Umwege gern begleitet. Die nur scheinbar oberflächlichen Gespräche und die knisternde Spannung zwischen ihnen tun ihr Übriges. Ich fühlte mich sowohl an mein Studienjahr in Montpellier als auch an die vielen Geschäftsessen mit französischen Kollegen erinnert, die von nichts anderem sprachen als Essen und Wein. Der gelungene Film von Eleanor Coppola, Ehefrau von Francis Ford Coppola, ist auf Netflix zu sehen und macht große Lust auf eine Genussreise quer durch Frankreich.

Wieviel ist ein Leben wert?
Wie kommen Verbrecher schnell an Geld? Sie erpressen Millionäre. Einen wie Victor Genovés in der Netflix-Serie „Die Schergen des Midas“. Durch ein unerwartetes Erbe wird er zum Vorsitzenden und Besitzer eines mächtigen Medienimperiums. Doch die Erpresser haben weder Frau noch Kind entführt. Stattdessen drohen sie, wahllos einen Menschen zu ermorden, wenn er das Lösegeld – eine läppische Summe von 50 Millionen Euro – nicht zahlt.
Zunächst will sich Victor nicht einschüchtern lassen, schaltet die Polizei ein und ignoriert die Drohung. Doch als tatsächlich eine unschuldige Frau umkommt, kommen ihm Zweifel. Die Erpresser lassen nicht locker und stellen in regelmäßigen Abständen neue Forderungen. Der Kriminalhauptkommissar Alfredo und seine Sondereinheit lassen nichts unversucht, um die angekündigten Morde zu verhindern, doch die Erpresser sind ihnen stets einen Schritt voraus. Mit jedem neuen Opfer steigen die psychischen Qualen, die Victor durchlebt.
Währenddessen toben heftige Kämpfe in den Straßen, weil sich immer mehr sozial Benachteiligte gegen die Reichen und Mächtigen auflehnen. Manches in dieser Geschichte wirkt arg konstruiert, doch die Grundidee bringt einen ins Grübeln: Wie groß ist die Bereitschaft, ein enormes Opfer zu bringen, wenn man selbst keiner Gefahr ausgesetzt ist? Kann man einfach sein bisheriges Leben fortführen und wegschauen, wenn einen selbst die Verbrechen nicht tangieren? Die Serie ist an eine Erzählung von Jack London angelehnt, der offensichtlich nicht nur Abenteuerromane geschrieben hat.

Märchen für die Welt
Hans Christian Andersen ist wohl eines der besten Beispiele dafür, dass Reisen zu den schönsten Geschichten inspirieren können. Mit 14 Jahren zog er von Odensee, wo er in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs, nach Kopenhagen. Getrieben von seiner Entdeckerlust unternahm der dänische Dichter knapp 30 Auslandsreisen durch Europa bis nach Nordafrika und traf berühmte Zeitgenossen wie Charles Dickens, Heinrich Heine oder Honoré de Balzac. Unterwegs war er zu Fuß, mit der Postkutsche oder auf dem Boot und setzte seine Eindrücke in seinen Novellen, Märchen und Gedichten um.
In dem Porträt „Märchen für die Welt“, das bis 17.4. in der arte Mediathek zu sehen ist, erfährt man, dass Andersen auf seinen Reisen seine Ängste, die ihn im Alltag quälten, völlig vergaß und sich wagemutig den Abenteuern hingab. Ein ständiger Reisebegleiter war eine 24 Zentimeter lange Schere. Andersen verpackte seine Geschichten nämlich nicht nur in Worte, sondern auch in wunderschöne Scherenschnitte. Die meisten verschenkte er, doch an die 400 Stück kann man im Hans Christian Andersen Museum in Odense bestaunen.
Als Kind hat mich vor allem „Die Schneekönigin“ fasziniert. „Der Zinnsoldat“ oder „Das Mädchen mit den Schwefelhölzern“ sind mir im Gegensatz zu den Volksmärchen der Brüder Grimm als tieftraurige Geschichten in Erinnerung geblieben. Erstaunlich ist, wie sehr er sich in Frauen hineinversetzen konnte wie beispielsweise die tragische Figur der Meerjungfrau. Bevor Andersen seine Geschichten veröffentlichte, las er sie den Kindern in seinem Familien- und Bekanntenkreis vor, um ihre Reaktionen zu testen. Obwohl er ein sehr geselliger Mensch war und selten sein Abendessen allein zu sich nahm, ist er bis zu seinem Tod ein Einzelgänger geblieben.

Arbeitsloser Volksheld
Schwer vermittelbar. So würde man wohl einen Mann wie Alain Delambre in der Serie „Dérapages – Kontrollverlust“ nennen. 57 Jahre alt, seit sechs Jahren vergeblich auf Jobsuche. Da ist man soweit, dass man aus lauter Verzweiflung nahezu jeden Job annehmen würde – sogar den eines Personalmanagers, der eine Geiselnahme inszeniert, um die psychologische Belastbarkeit der Kandidaten zu testen. Genau so eine Stelle bietet ihm der Luftfahrtkonzern Exxya an. Die Geiselnahme läuft allerdings nicht ganz so ab wie erwartet, und damit nimmt die Handlung so richtig Fahrt auf.
Sehenswert finde ich diese Netflix-Serie aus zwei Gründen: Zum einen ist die Story nicht nur ausgefallen, sondern übt auch viel Gesellschaftskritik und wirkt in vielen Szenen wie aus dem Leben gegriffen. Zum anderen verkörpert Alain eine sehr zwiespältige und doch beeindruckende Figur. Er ist ein Choleriker, der schnell mal die Fäuste schwingen lässt, seinen Frust an seiner Familie auslässt und sie unter dem Vorwand, sie beschützen zu wollen, emotional und finanziell ausbeutet. Damit ist er definitiv kein Sympathieträger, doch wie er seine mächtigen Widersacher immer wieder austrickst, ist ganz schön clever. Diese Serie sticht auf jeden Fall aus der Masse deutlich heraus und ist eine gelungene Zusammenarbeit zwischen Netflix und arte.

Ich bau mir eine Insel
Eine Karibikinsel zu kaufen ist nicht schwer, wenn man wie so mancher Promi das nötige Kleingeld besitzt. Eine Insel zu bauen dagegen schon. Das erfordert Know-How, Mumm und eine Portion Verrücktheit. Genau über diese Eigenschaften verfügt der italienische Ingenieur Giorgio Rosa, Held der Netflix-Serie „Die unglaubliche Geschichte der Roseninsel“.
Anfangs waren es selbst gebaute Fernseher und Autos, doch eines Tages beschließt er, gemeinsam mit seinem Studienfreund Mauricio eine Insel zu bauen – sechs Seemeilen vor Rimini und damit in internationalen Gewässern. Endlich frei und sein eigener Herr sein – dieser Traum bekommt in dem neu gegründeten unabhängigen Inselstaat eine völlig neue Dimension.
Schon bald nehmen die beiden den ersten Bewohner auf ihrer 400 Quadratmeter großen Plattform auf - einen wortkargen Schiffbrüchigen. Als sich ein deutscher Deserteur dazugesellt und die Insel in eine angesagte Clublocation verwandelt, ist es vorbei mit der Ruhe. Der italienische Staat und der Vatikan sind empört über die neue Touristenattraktion und das freizügige Leben auf der Roseninsel und machen Giorgio einen Strich durch die Rechnung. Seinen Kampfgeist haben sie allerdings unterschätzt.
Die nostalgisch aufgeladene Mittelmeer-Kulisse versetzt den Zuschauer mitten in die 60er Jahre Italiens und in Urlaubsstimmung. Doch das ist nicht das einzig Authentische, denn die Geschichte beruht – kaum zu glauben! – auf einer wahren Begebenheit.

Challenge accepted
Ist Euch auch schon aufgefallen, dass Challenges total angesagt sind? Ob im Beruf, im Sport, im Haushalt oder zur Bewältigung der Corona-Krise – ständig wird man zu einer Challenge aufgerufen, um etwas Neues zu wagen, seine Grenzen auszutesten oder Durchhaltevermögen zu beweisen.
Sofie und Max, Hauptfiguren der Serie „Liebe und Anarchie“, die sich in einem Stockholmer Literaturverlag kennenlernen, machen ein Spiel daraus, um ihrem Arbeitsalltag einen Kick zu verleihen. Sofie wurde als Beraterin engagiert, um den Verlag zu modernisieren, Max ist IT-Techniker. Zwischen den beiden funkt es sofort, obwohl Sofie deutlich älter, verheiratet und Mutter zweier Kinder ist.
Abwechselnd stellen sie sich eine provokative Aufgabe, eine Art Mutprobe. Manches ist vorhersehbar, manches albern, doch trotz der Schwächen kam ich von der Geschichte nicht mehr los. Sicherlich hängt das auch damit zusammen, dass sie den Arbeitsalltag in einem kleinen Verlag zeigt, der den Balanceakt zwischen literarischem Anspruch und finanziellem Überleben in Zeiten von Instagram und Streaming-Diensten stemmen muss.
Die Serie regt auch zum Nachdenken an, wer in unserer Gesellschaft eigentlich die Norm bestimmt und wie befreiend es sein kann, etwas völlig Verrücktes zu tun und sich nicht um die Meinung anderer zu scheren.

Schachmatt
Allmählich fielen sie mir wieder ein, während ich mir gebannt die Mini-Serie „Das Damengambit“ ansah: die Schachregeln, die mir mein Vater vor langer Zeit beigebracht hat. Anscheinend verlor ich schnell das Interesse, denn an unseren Spielabenden hatten Backgammon, Malefiz, Monopoly und Mensch ärgere dich nicht die Nase vorn. Aber auch wenn ich das Schachspiel mehr vertieft hätte, wäre wohl kaum ein solches Genie aus mir geworden wie Beth Harmon in dieser Netflix-Serie, die in den Sechzigerjahren spielt.
Die Hauptfigur der Serie verliert ihre Mutter bei einem Autounfall und wächst in einem Waisenhaus in Kentucky auf. Zwei Dinge werden ihr künftiges Leben prägen: Das Schachspiel im Keller gegen den Hausmeister, bei dem sie ihr besonderes Talent entdeckt, und die Beruhigungspillen, mit denen die Kinder abends ruhiggestellt werden. Als sie adoptiert wird, meldet sie sich bei einem Schachturnier an, um ihr dürftiges Taschengeld aufzubessern.
Ihrer gelangweilten und alkoholabhängigen Adoptivmutter, die von ihrem Ehemann verlassen wurde, kommt die unerwartete Wende in ihrem Leben gerade recht. Endlich hat sie einen Lebensinhalt und kann sich nicht nur als Mutter, sondern auch als Managerin ins Zeug legen. Es geht nach Cincinatti, Las Vegas und Paris, wo Beth einen Konkurrenten nach dem anderen ausschaltet. Dabei hat sie stets ein großes Ziel vor Augen: den russischen Weltmeister Borgow zu besiegen.
Anya Taylor-Joy spielt die Rolle des Schachgenies, das immer mehr dem Alkohol und Medikamenten verfällt, um die möglichen Schachzüge des Gegners zu visualisieren, brilliant. Ihren durchdringenden Blick, ihren eleganten Modestil und ihre selbstbewusste Art, sich in der männerdominierten Schachwelt zu behaupten, werde ich nicht so schnell vergessen.

Die Mythologie lebt
Die griechische Mythologie bietet auch heute noch immer wieder Stoff für spannende Geschichten und moderne Interpretationen. In „Eine Odyssee“ zum Beispiel bringt uns Daniel Mendelsohn nicht nur das homerische Epos näher, sondern schafft auch einen Bezug zu seiner eigenen Familiengeschichte. Stephen Fry navigiert uns in „Mythos. Was uns die Götter heute sagen“ mit viel Humor durch die Götterwelt und erklärt uns die großen Zusammenhänge und chaotischen Beziehungen unter den Göttern. In „Ich bin Circe“ von Madeline Miller können wir die Sagen aus einer weiblichen Perspektive ‚erleben‘.
Das Interesse für die griechischen Mythologie scheint ungebremst – auch im Fernsehen. Auf arte entdeckte ich kürzlich die Zeichentrickserie „50 Shades of Greek“, die den Alltag in der griechische Antike in die heutige Zeit versetzt, was zu sehr amüsanten Szene führt. Narziss nutzt sein Speer als Selfie-Stick, Eros betreibt in Dating-Portal, Ikarus gründet eine Billig-Airline und Orpheus sitzt in der Jury bei der Erfolgsshow „The Voice of Olymp“. Nach den zwei Staffeln mit je 30 Folgen werde ich mir sicher noch "Silex and the City" ansehen, die ebenfalls aus der Feder des französischen Cartoonisten Jul stammt.

Babysitter von Filmstars
Kunden können ganz schön anstrengend sein - erst recht, wenn es sich um launische Filmstars handelt. Mit diesem besonderen Menschenschlag haben es Matthias, Andréa, Gabriel und Ariette in der Amazon Prime Serie „Call my Agent“ tagtäglich zu tun. Sie arbeiten in der Pariser Talentagentur ASK und betreuen und bemuttern Schauspieler/innen mit all ihren Marotten und Allüren.
Was tut man, wenn die Hauptfigur sich partout weigert, in einen Pool zu springen, weil sie in Wirklichkeit nicht schwimmen kann? Oder ein Darsteller immer wieder durch die Führerscheinprüfung rasselt und seine Rolle als Fahrer gefährdet ist? Die vier Hauptfiguren mit ganz unterschiedlichen Charakteren, der eine machtgierig, der andere fürsorglich, haben eines gemeinsam: Sie leisten rund um die Uhr mental und physisch vollen Einsatz, um den Betrieb am Laufen zu halten.
Unangenehme Überraschungen, Streit und Rivalität sind an der Tagesordnung. Wenn ich diesen hektischen Alltag verfolge, bin ich heilfroh, nicht in dieser Branche zu arbeiten. Zu dem Ärger mit den Klienten kommen Konflikte zwischen den Mitarbeitern und private Probleme hinzu.
Die Serie bietet einen guten Mix aus Drama, Spannung und Komik. Ein besonderer Clou ist, dass berühmte Schauspieler/innen wie Isabelle Adjani, Juliette Binoche oder Jean Dujardin mitspielen und sich selbst verkörpern. Dadurch wirken die Geschichten noch authentischer.

Die jungen Jahre eines Kult-Kommissars
Als großer Fan von Henning Mankell habe ich all seine Kurt Wallander Krimis verschlungen. Die Verfilmungen dagegen konnten mich nicht so überzeugen. Trotzdem beschloss ich, der Netflix-Serie „Der junge Wallander“ eine Chance zu geben - auch aus nostalgischen Gründen, um die Erinnerungen an eine Figur, die ich so intensiv begleitet habe, aufleben zu lassen.
In der sechsteiligen Serie geht es um einen grausamen Mord an einen Jugendlichen in dem sozial benachteiligten Viertel Rosengard. Der Streifenpolizist Wallander, der im gleichen Viertel wohnt, bekommt unerwartet die Chance, die Kripo bei dem Fall zu unterstützen. Die Spur führt zu jugendlichen Banden, illegalen Flüchtlingen, Rechtsradikalen und einem mächtigen Familienunternehmen.
Im Gegensatz zum „alten“ Wallander ist der junge Polizist auf Anhieb eine sympathische Figur, weder psychisch angeknackst noch depressiv veranlagt. Durch seinen guten Instinkt, seinen Mut und seine Hartnäckigkeit bringt er die Ermittlungen stetig weiter, zeigt aber auch eine emotionale und melancholische Seite.
Wie in den Kurt Wallander Romanen stehen auch in dieser Serie Abgründe der menschlichen Seele sowie soziale und gesellschaftspolitische Probleme im Vordergrund und erzählen eine sehr glaubhafte Geschichte aus der heutigen Zeit.

Eine Familie vor der Zerreißprobe
Kürzlich stellte ich Euch die Serie „Trying“ vor, in der ein junges Paar höchste Strapazen auf sich nimmt, um ein Kind zu adoptieren. Da kann man nur hoffen, dass es nicht an einen Jungen wie Jacob gerät. Dieser steht im Mittelpunkt der Serie „Defending Jacob“ (Deutscher Titel: „Verschwiegen“), die ebenfalls auf Apple TV+ läuft. Der 14-Jährige wird verdächtigt, seinen Mitschüler Ben, von dem er gemobbt wurde, ermordet zu haben. Das Casting-Team hat hier exzellente Arbeit geleistet. Jacobs Aussehen und Verhalten lassen mich jetzt noch leicht erschauern.
Die Handlung wäre so weit nichts Besonderes, wäre da nicht sein Vater Andy, der als Staatsanwalt in diesem Fall ermittelte, bis er plötzlich auf der anderen Seite steht und nun alle Hebel in Bewegung setzen muss, um seinen angeklagten Sohn zu entlasten. Keine leichte Sache, zumal sein langgehegtes Geheimnis ans Licht kommt: Sein Vater sitzt wegen Mordes in Haft und schürt erst Recht den Verdacht und den Hass der Bewohner auf die gebeutelte Familie.
Am meisten litt ich mit Jacobs Mutter Lori, für die die zuvor vermeintliche heile Welt völlig auseinander bricht. Wie muss man sich fühlen, wenn man jahrelang von seinem Ehemann belogen wurde, seinem eigenen Sohn nicht mehr trauen kann und von ihrer Arbeit und dem sozialen Leben völlig ausgeschlossen wird?
Serien, die eine wahnsinnige Spannung aufbauen und dabei völlig ohne Effekthascherei und Theatralik auskommen, überzeugen mich immer wieder. Die düstere Atmosphäre, die betont langsame Kameraführung und die stummen, anklagenden Blicke sagen mehr als tausend Worte.

Der lange Weg zum Wunschkind
Es heißt, ein Kind kann das Leben eines Paares völlig auf den Kopf stellen. Ich selbst kann es schwer beurteilen, kenne aber genügend Beispiele aus meinem Freundeskreis. Ein Kind kann das Leben eines Paares aber auch völlig umkrempeln, bevor es überhaupt da ist wie die Comedy "Trying" auf Apple TV+ zeigt.
Im Mittelpunkt stehen die Mittdreißiger Nikki und Jason, die sich an eine Adoptionsagentur wenden, um sich ihren langgehegten Kinderwunsch zu erfüllen. Mit wieviel Aufwand ihr Vorhaben verbunden ist, wird ihnen erst allmählich bewusst. In seitenlangen Formularen geben sie Details über ihr bisheriges Leben preis, verwandeln ihre chaotische Wohnung für einen Kontrollbesuch in ein kinderfreundliches Zuhause und lassen Freunde und Familie unterstützende Testimonials abgeben.
Die Serie wäre nur halb so sehenswert, wenn die Charaktere nicht so verdammt sympathisch, natürlich und liebenswert wären. Auch der Schauplatz Camden in London wird immer wieder in Szene gesetzt. Neben viel britischem Humor und spritzigen Dialogen gibt es auch ernste Töne. Während Nikki mit ihrem Ehrgeiz, eine perfekte Vorzeigemutter zu werden, über ihr Ziel hinausschießt, bleibt Jason bodenständig und versucht ihr zu vermitteln, worauf es in einer Elternschaft wirklich ankommt.

Rebellin mit Herz
Gute Serien zu produzieren scheint den Skandinaviern im Blut zu liegen, besonders wenn sie sich um Serienkiller, korrupte Politiker oder ehrgeizige Journalisten drehen. Ein eher seltener Schauplatz ist die Schule, weshalb ich neugierig auf die dänische Serie „Rita“ wurde.
Die alleinerziehende Mutter und Lehrerin ist bei den Schülern äußerst beliebt, bei den Lehrerkollegen weniger, da sie durch ihre unkonventionelle Methoden überall aneckt – ausgenommen der Rektor, mit dem sie eine Affäre hat. Während sie selbst die aufmüpfigsten Schüler unter Kontrolle hat und ihnen aus so mancher Bredouille hilft, sieht es im Privatleben anders aus. Ihr erwachsener Sohn Rico, der einen Sandwichladen eröffnet hat, ihre Tochter Molly, die sich auf keinen Job festlegen kann und Jeppe, der sich outet – alle drei scheinen ihr allmählich zu entgleiten. Liegt es daran, dass Rita sich mehr um die Schüler kümmert als um die Sorgen und Nöte ihrer eigenen Kinder?
Sie ist eine sehr ambivalente Figur, bei der man ständig zwischen Sympathie und Antipathie schwankt. Sie ist rebellisch, cool und schlagfertig, doch durch ihre direkte und unsensible Art verletzt sie immer wieder Menschen, besonders die, die sie am meisten liebt. Ich bin gespannt, wie sich Rita und auch die anderen gut gezeichneten Charaktere in den kommenden Staffeln weiterentwickeln werden. Mitte August ging bereits die fünfte Staffel an den Start.

Schaffens- und Beziehungskrisen
Ein bisschen Ähnlichkeit mit der legendären Serie „Sex and the City“ hat die spanische Netflix-Produktion „Valeria“, eine Verfilmung der Bücher von Elisabet Benavent. Auch wenn das Umfeld nicht ganz so glamourös ist, so plagen sich die vier Protagonistinnen mit ganz ähnlichen Sorgen und Sehnsüchten.
Während Carrie Bradshaw fleißig für eine Zeitungskolumne schrieb, steckt die Schriftstellerin Valeria in einer Schreibblockade und kommt mit ihrem Roman nicht weiter. Der gut aussehende Víctor, den sie in einer Bar kennenlernt, ermutigt sie zwar immer wieder dranzubleiben und steuert diverse Ideen bei, bringt allerdings ihre Gefühle und ihre kriselnde Ehe mit Adrián ins Wanken.
Ihre drei Freundinnen erinnern ein wenig an „Die Telefonistinnen“, ebenfalls eine spanische Serie, allerdings aus den 1920er Jahren. Die abenteuerlustige Lola bevorzugt verheiratete Männer statt feste Beziehungen, die Anwältin Nerea engagiert sich in einem LBGTQ-Verein und die unsichere Carmen, die bestgekleidete von allen mit einer Vorliebe für extravagante Schuhe, angelt sich erfolgreich ihren großen Schwarm und Arbeitskollegen.
Diese Art von Serien können leicht ins Seichte abrutschen, doch diese Geschichte ist frech und erfrischend und zugleich subtil und tiefgründig. Sie beleuchtet die typischen Schwierigkeiten, die Freundschaften und Liebesbeziehungen mit sich bringen, die unerfüllten Träume und Sehnsüchte junger Frauen und dieses Gefühl, das vermutlich jeder kennt: vor einem einzigen Scherbenhaufen zu stehen und sein Leben komplett in Frage zu stellen. Eine spritzige und feinfühlige Sommer-RomCom, die man am besten mit Tapas und Sangría genießt.

Täter. Opfer. Erlöser.
Menschen, die einen schlechten Einfluss auf einen haben, sollte man besser aus dem Weg gehen. Das war Jamie Burns in der Serie „The Sinner“ 20 Jahre lang gelungen. Bis er seinen College-Freund Nick kontaktiert, weil sich sein Leben bedeutungslos anfühlt – und das, obwohl er kurz davor ist, Vater zu werden.
Es passiert selten, dass mich eine Serie derart aufwühlt und bis in den Schlaf verfolgt. Schon die ersten zwei Staffeln empfand ich als etwas Besonderes, doch die dritte Staffel toppt alle beide. Sie vereint so viele Themen, die mich faszinieren, zum Beispiel der schmale Grat zwischen Gut und Böse, zwischen Täter und Opfer, zwischen Leben und Tod. Die Versuchung, eine Sünde zu begehen, schlummert in jedem Menschen, und bahnt sich seinen Weg in unterschiedlicher Ausprägung. Wer wie Jamie empfänglich dafür ist, Grenzen zu überschreiten, wird zur Gefahr aller Mitmenschen. Dabei sieht er sich selbst als Opfer, infiziert durch Nick, der das Schicksal anderer Menschen einem Himmel und Hölle Spiel überlässt.
Man könnte Jamie einfach als völlig gaga abhaken, so wie es mein Freund tat, oder versuchen, ihn zu verstehen und in sein Innerstes zu schauen wie die Malerin Sonja oder Detective Harry, der eine Verbundenheit mit ihm fühlt, obwohl er ihn hinter Gitter bringen will. Alles passt in dieser Geschichte: die starken Figuren, ungewöhnliche Szenen, in denen Jäger und Gejagter wie Kumpels um die Häuser ziehen, Fragen über den Sinn des Lebens und ein bewegendes Ende, an dem sich der Kreis schließt.
Matt Bomer, der mir aus der Serie „White Collar“ als gut aussehender gewiefter Betrüger in Erinnerung geblieben ist, zieht hier alle Register seines schauspielerischen Könnens.

Die Geschichte der Deborah Feldman
Bei unserer letzten Reise nach New York machten wir auch einen Abstecher nach Williamsburg, das nicht nur für seine hippen Viertel, sondern auch als Hochburg ultraorthodoxer Juden bekannt ist. Als wir ihnen damals auf den Straßen begegneten, hatte ich nur eine vage Vorstellung davon, wie ihr Alltag aussieht. Erst die Serie „Unorthodox“ machte mir deutlich, dass sie in einer völlig abgeschotteten Welt mitten in New York leben.
Im Mittelpunkt der Serie steht die junge Frau Esty, die in solch einer chassidischen Gemeinschaft lebt. Die Handlung beginnt mit ihrer Flucht aus der Gemeinde, vor ihrem Ehemann, mit dem sie zwangsverheiratet wurde, und dem tagtäglichen Druck Kinder zu gebären. Sie reist nach Berlin, lernt dort per Zufall eine bunt gewürfelte Gruppe von Musikstudenten kennen, die ihre Leidenschaft für das Klavierspiel neu entfachen und schlägt sich wacker durch.
In Rückblenden erfahren wir über Estys Leben vor der Flucht. Der Kontrast zwischen ihrem Alltag in der jüdischen Gemeinde voller Regeln und Rituale und ihrem neuen Leben in Berlin, in dem sie trotz der unsicheren Zukunft ihre Freiheit genießt, könnte nicht größer sein. Ihr Ehemann und Cousin sind ihr jedoch schon dicht auf den Fersen.
Die Serie beruht auf dem gleichnamigen biografischen Roman von Deborah Feldman und gab mir nicht nur einen interessanten Einblick in das Leben orthodoxer Juden, sondern machte mir auch bewusst, wie viele Menschen in unserer Welt die Religion, Familie und Tradition über die individuelle Selbstentfaltung stellen (müssen).

Zwei Einbrecher und ein Serienkiller
Kürzlich stellte ich Euch das Buch „Brain Talk“ vor, in dem es um Mindmapping geht, d.h. wie wir im Geist einer anderen Person lesen. Während der Lektüre musste ich öfters an einen Psychopathen aus dem Film „Bad Samaritan – Im Visier des Killers“ denken. Das Buch hat mir mehr als deutlich gemacht, dass es Figuren wie Cale Erendreich nicht nur in Filmen, sondern auch in der Realität gibt: Menschen, die sich an der Qual anderer erfreuen. Wie zu erwarten steckt auch bei Cale ein Kindheitstrauma hinter seinem sadistischen Verhalten.
Das alles können die jungen Einbrecher Sean und Derek natürlich nicht ahnen, als sie wieder einmal ihrem Nebenjob nachgehen und die Wohnung reicher Gäste ausrauben, während diese in einem Restaurant speisen. Dabei erwischen sie das Haus des Killers Cale und entdecken dort eine Frau, die dort gefangen gehalten wird.
Dr. Schnarch, der Autor von „Brain Talk“, bezeichnet das Gefühl, das wir nicht nur Psychopathen, sondern auch Menschen, die ihre grausamen Absichten genussvoll in die Tat umsetzen, als Ekel und genau den lösten bei mir auch die Szenen aus, in denen Cale – gespielt von „Broadchurch“-Darsteller David Tenannt – sein Opfer malträtiert. Da tut es gut zu sehen, dass es auch Menschen wie Sean gibt, die nicht anders können als das Richtige zu tun und sich sogar selbst in Gefahr bringen, um eine Frau aus den Fängen des Killers zu retten.

Trip in die Glitzer- und Glamourwelt Singapurs
In Zeiten, wo Fernreisen in weite Ferne gerückt sind, muss man sich wohl auf andere Weise behelfen. Romane, Reiseblogs und TV-Magazine wie „Stadt - Land - Kunst“ bringen einem glücklicherweise ferne Länder und Kulturen ins Wohnzimmer. Oder Spielfilme wie „Crazy Rich“, der in Singapur spielt.
Die Stadt steht schon länger auf meiner Reisewunschliste und jetzt, nachdem ich den Film gesehen habe, möchte ich diese grandiose Architektur nur zu gern einmal live erleben. Allerdings zeigt die Liebeskomödie nur eine Facette des Stadtstaats und zwar – wie der Titel schon sagt – die Glitzer- und Glamourwelt der Superreichen.
Die Handlung ist schnell erzählt: Die New Yorker Ökonomieprofessorin Rachel Chur begleitet ihren Freund Nick Young zur Hochzeit seines besten Freundes in seine Heimat Singapur und lernt dort seine Familie kennen – nicht irgendeine Familie, wie sich herausstellt, sondern eine der reichsten und einflussreichsten der Stadt. So lässt Nicks Mutter Eleanor, gespielt von Michelle Yeoh, Rachel mehr als deutlich spüren, dass sie unerwünscht ist und nicht in ihre Kreise passt.
Gemeinsam mit dem Liebespaar tauchen wir in die Fressmeilen Singapurs, Glitzerparties und Supervillen ein, taumeln von einem Kulissen- und Haute-Couture-Rausch in den nächsten und erleben fiese Intrigen der versnobten Sippe und Nebenbuhlerinnen. Auch wenn vieles überspitzt erscheint, stelle ich mir den Alltag der Milliardäre tatsächlich so ähnlich vor. Dafür spricht, dass der Autor der Romanvorlage "Crazy Rich Asians" selbst aus der vermögenden Singapurer Oberschicht stammt und weiß, wovon er spricht. Sein Buch – Auftakt der Crazy Rich Asians-Trilogie – habe ich schon länger auf meinem E-Book-Reader, aber noch nicht gelesen. Nach dem Film werde ich mich bei der Lektüre schwertun, gegen den Bilderrausch in meinem Kopf anzukommen.

Hinter den Kulissen der ‚Morning Show‘
Es gibt Serien, die im Laufe der Staffel zur Höchstform auflaufen. Dazu zählt definitiv „The Morning Show“, die seit November 2019 auf Apple TV+ zu sehen ist. Erst war ich skeptisch: Reese Witherspoon und Jennifer Aniston, zwei großartige Schauspielerinnen, die in ihrer quirligen Art allerdings sehr ähnlich sind in den Hauptrollen – kann das gut gehen? Werden sie sich nicht gegenseitig die Schau stehlen?
Doch gerade darum geht es in der Geschichte: Alex Levy, Moderatorin der landesweiten „Morning Show“ bekommt eine neue Co-Moderatorin, nachdem ihr langjähriger Co-Host Mitch Kessler wegen sexuellen Fehlverhaltens gefeuert wurde. Die junge Bradley Jackson ist vor der Kamera offener und ehrlicher als es Alex und den meisten Kollegen lieb ist. Damit gefährdet sie sowohl Sendung als auch Sender, gewinnt dafür aber immer mehr die Herzen der Zuschauer und macht Alex ernsthafte Konkurrenz. Ein Machtkampf und Zickenkrieg sind vorprogrammiert.
Der Skandal um den geschassten Mitch und die Enthüllung der Hintergründe bilden den roten Faden der Geschichte. Es agieren eine Reihe gut gezeichneter ambivalenter Charaktere: ein Produktionsleiter, der um jeden Preis seinen Job nicht verlieren will, ein Manager, der eine Chance auf einen großen Karrieresprung wittert. Selbst diejenigen, die in guter Absicht handeln, zerstören ungewollt das Leben anderer und auch die Opfer legen ein fragwürdiges Verhalten an den Tag.
So gibt es in dieser Serie weder rein gute noch böse, dafür sehr lebensnahe Figuren und eine bis zum Ende spannende und emotional aufwühlende Geschichte über das US-Showgeschäft und die #MeToo-Debatte.

Die Köchin und der Boxer
Romantische Komödien, die in der gleichen Liga spielen wie "E-Mail für dich" oder "Schlaflos in Seattle", sind schwer zu finden. Oft mangelt es an Witz, Niveau oder Glaubwürdigkeit. Witz hat der erste deutsche Netflix-Film "Isi & Ossi" durchaus zu bieten, doch leider auch jede Menge Klischees.
Milliardärstochter Isi will auf eine Kochschule in New York. Als ihre Eltern sich weigern, die Ausbildung zu finanzieren, gibt sie den mittellosen Boxer Ossi als ihren Freund aus, um ihre Eltern zu erpressen. Vortäuschen, ein Paar zu sein und sich ineinander verlieben – das haben wir schon tausend Mal gesehen. Hier prallen allerdings nicht nur zwei unterschiedliche Schichten, sondern auch Werte aufeinander. Dadurch, dass Isi und Ossi jeweils in das Milieu und Familienleben des anderen hineingeraten, verändern sie allmählich ihre Sichtweise. Die Beziehung zur eigenen Familie, die bei Isi durch Verachtung und Distanz, bei Ossi durch überhöhtes Verantwortungsgefühl und Pflichtbewusstsein geprägt ist, sind für beide ein Hindernis, um ihren eigenen Weg zu gehen.
Neben den sympathischen Hauptdarstellern sorgt Oscars Onkel, der seine Zeit im Knast sinnvoll genutzt hat, um als Rapper durchzustarten, für witzige Momente. Eine angenehme Ablenkung, um inmitten von Berichterstattungen rundum den Coronavirus auf andere Gedanken zu kommen.

Die Spur des Geldes
Seit "Kommissarin Lund", "Borgen" und "Homeland" hat mich keine Serie mehr so umgehauen wie "Follow the Money – Die Spur des Geldes". Das Setting: Kopenhagen. Die Protagonisten: ein Dealer, ein Polizist und einer Bankerin.
Sieht man den schweigsamen Nicki in seinen Uni-Vorlesungen sitzen, würde man kaum ahnen, dass er für einen spanischen Drogenbaron den Absatzmarkt in Dänemark ausbaut. Er ist ein Vollprofi, fast paranoid, der jede Spur verwischt, sich doppelt und dreifach absichert und nicht den geringsten Fehler erlaubt. Damit macht er es Alf, Ermittler für Wirtschaftskriminalität, nicht leicht, der im Gegensatz dazu weder sein Liebesleben, noch seine Wutausbrüche unter Kontrolle hat, und mit Tabletten gegen seine Schlaflosigkeit ankämpft. Aber er hat den richtigen Instinkt, nämlich der Geldspur zu folgen, und übernimmt die Leitung der Spezialeinheit Task Force Nørrebro.
Damit kommt die dritte und für mich interessanteste Figur ins Spiel: die frustrierte Bankangestellte Anna, die bei einer Beförderung übergangen wurde und auch zu Hause nicht ernstgenommen wird. Als ihr Ehemann sie zwingt, eine illegale Transaktion durchzuführen, fällt ihr der Schritt zur Geldwäsche nicht mehr schwer. Als Nickis Beraterin blüht sie förmlich auf und macht eine erstaunliche Verwandlung durch.
Wie schaffen es die Dänen bloß, solche genialen Serien zu drehen. Und siehe da: Hier mischen auch der Co-Autor Jeppe Gjervig Gram und die Produzentin und Redakteurin Piv Bernth aus "Borgen" mit. Bitte mehr davon!

Geheimnisse haben ihren Preis
Familiengeheimnisse, Doppelleben, Betrug - Das sind Themen, die viel Potenzial für eine spannende Story bergen. Bestes Beispiel dafür ist die Netflix-Serie "The Stranger - Ich schweige für dich", die in der amerikanischen Kleinstadt Cedarfield spielt. Die erste Enthüllung, mit der die Hauptfigur Adam Price konfrontiert wird, hat es in sich: Eine wildfremde Frau behauptet, seine Frau Corinne habe eine Schwangerschaft und Fehlgeburt vorgetäuscht. Als er Corinne zur Rede stellt, verschwindet sie spurlos. Währenddessen werden weitere Personen von der gleichen Betrügerin angesprochen und mit dem Verrat intimster Geheimnisse erpresst.
Wenn ich mir nicht die eiserne Regel auferlegt hätte, nur eine Folge pro Abend zu sehen, wäre diese Serie, die auf dem gleichnamigen Roman von Harlan Coben basiert, ein heißer Kandidat für Binge Watching. So kann ich nach jeder Folge, die mit einem Cliffhanger endet, nur gespannt darauf warten, ob und wie all die seltsamen Geschehnisse, die sich parallel ereignen, zusammenhängen und aufgeklärt werden.

Monets Orte
Seit 22. Februar zeigt das Museum Barberini in Potsdam eine große Retrospektive mit dem Titel "Monet. Orte". Wer es nicht dorthin schafft, kann dank einer Dokumentation auf arte auch eine filmische Reise an alle Orte und Landschaften unternehmen, die Claude Monet zu seinen weltberühmten Werken inspirierten.
Der Ort spielte für den französischen Impressionisten eine entscheidende Rolle. Am liebsten malte er im Freien, tauchte in die jeweilige Landschaft ein und beobachtete die sich verändernden Stimmungen und Lichtnuancen je nach Tageszeit und Witterung, bevor er sie auf Leinwand bannte. Durch den direkten Vergleich zwischen einer Realaufnahme und dem entstandenen Gemälde, kann man genau verfolgen, mit welchen Augen Monet die Landschaft betrachtete und welche Aspekte er herausstellte. Oft suchte er einen Ort mehrmals auf und malte umfangreiche Serien des gleichen Motivs.
Wir begleiten den Maler auf seinen Reisen und zu seinen Wohnorten in Paris, wo er das bunte Treiben in den Parks, Boulevards und Bahnhöfen festhielt, über die Dörfer Argenteuil und Vétheuil bis hin nach Giverny, seiner letzten Wirkungsstätte, wo seine Seerosenbilder entstanden. Die Seine spielte für ihn eine so zentrale Rolle, dass er ein Atelierboote nutzte, um die Ansicht des Ufers vom Wasser aus zu studieren. Die Sendung erläutert, wie all seine Erfahrungen aus der Landschaftsmalerei auch in architektonische Motive wie die 'Kathedrale von Rouen' einflossen.
Die Ausstellung in Potsdam ist bis 1. Juni, die Doku bis 29. Mai in der arte Mediathek zu sehen.

Ihr Kampf für Gerechtigkeit
Eine Bekannte von mir wäre sehr gern Anwältin geworden, doch sie fiel zweimal durch das Staatsexamen und musste ihren Traumberuf aufgeben. In den 1950er Jahren hatten Frauen noch eine weitere Hürde zu überwinden, um den Beruf zu ergreifen. Da konnte man einen noch so herausragenden Abschluss vorweisen: Man wurde schlichtweg abgelehnt, wenn man eine Frau war – so wie Ruth Bader Ginsberg, von der die Biopic auf Netflix "Die Berufung" handelt.
Während ihr Ehemann stetig die Karriereleiter hinaufsteigt und kurz davor ist, jüngster Partner einer Kanzlei zu werden, muss sich Ruth mit einer Stelle als Juraprofessorin begnügen. "Du gibst wertvolles Wissen an die junge Generation weiter, damit sie die Welt verändern", muntert ihr Mann sie auf. "Aber das wollte ICH doch machen", erwidert Ruth und bringt damit ihre Enttäuschung und Desillusionierung auf den Punkt. Doch sie ist stark, stur und clever und setzt trotz mehrerer Rückschläge alle Hebel in Bewegung, um für die Gleichstellung der Geschlechter zu kämpfen.
Eine Chance bietet sich, als sie von einem Fall erfährt, in dem ein 63-Jähriger die finanziellen Ausgaben für die Pflege seiner Mutter als Mann nicht absetzen kann. Wird Ruth es Ruth gelingen, einen Präzedenzfall zu schaffen? Seht am besten selbst!

Hinter den Kulissen der Royals
Der Faschingstrubel liegt mir fern, doch als Kind habe ich mich gern verkleidet - vorzugsweise als Prinzessin. Der Filmklassiker "Ein Herz und eine Krone" hat mir allerdings schon früh die Illusion geraubt, dass man als Prinzessin ein tolles Leben führt. Was es bedeutet, auf jegliche persönliche Wünsche zu verzichten und die Krone über alles zu stellen, erlebe ich gerade hautnah in der ersten Staffel der Netflix-Serie "The Crown" mit.
In jeder Folge hat die junge Königin Elizabeth II einen neuen schwerwiegenden Konflikt zu bewältigen – mal in einer Auseinandersetzung mit dem alternden Premierminister Winston Churchill, mal mit ihrer Schwester Margaret, die sich von ihren eigenen Plänen nur schwer abbringen lässt. Schlimm genug, dass ihre eigene Meinung kein Gewicht hat – ihr setzt besonders zu, dass nicht nur sie selbst, sondern auch ihr enttäuschter Ehemann oder andere Nahestehende Opfer bringen müssen, damit Elizabeth im Interesse des Landes oder der Kirche handeln kann. Claire Foy spielt die innere Zerrissenheit zwischen ihrer eigenen Persönlichkeit und dem Amt, das sie verkörpert, und die mühsame Unterdrückung jeder Gemütsregung brillant.
Was bleibt, ist ein einsames Leben voller Verpflichtungen, in der ihre Rolle als Ehefrau, Schwester oder Mutter auf der Strecke bleibt. Kann man da noch Prinz Harry und Herzogin Meghan den Mexit übelnehmen?

Chaos der Herzen
Was tut man nicht alles, um seine beste Freundin aus einem emotionalen Tief zu befreien. Aber gleich einen Callboy zu engagieren, der dieser helfen soll, über einen Verflossenen hinwegzukommen? Ganz schön gewagt, dieser "Plan Coeur", den Charlotte in der gleichnamigen Netflix-Serie ausgeheckt hat. Ihre Freundin Emilie wird wider Willen in das 'Projekt' mit hineingezogen.
Es kommt, wie es kommen muss: Elsa verliebt sich in den Callboy Jules, und die Katastrophe ist vorprogrammiert. Charlotte und Emilie verstricken sich immer mehr in Lügen und haben ihrerseits mit Beziehungsproblemen zu kämpfen. Aus der recht simplen Geschichte ist eine sehr unterhaltsame und rührende Komödie entstanden, die durch spritzige Dialoge, Situationskomik und einer sehr sympathischen Hauptfigur viel französischen Charme versprüht.

Deutsche und französische Eigenarten
Habe ich schon mal erwähnt, dass arte mein Lieblingssender ist? Wenn ich in der Mediathek stöbere, freue ich mich einerseits, so viele interessante Dokus zu finden, frage mich andererseits, wann ich sie mir alle ansehen soll, ohne jeden Abend stundenlang vor der Mattscheibe zu hängen. Neben den vielen Magazinen und Reportagen über Kunst, Kultur und fremde Länder gibt es ja noch die täglichen neuen Folgen von "Stadt Land Kunst", die ich mir nicht entgehen lassen will.
Vor kurzem entdeckte ich eine weitere Sendung, die mich begeistert: Karambolage. Aus den verschiedenen Rubriken habe ich mir die Themenreihe "Der Alltag" herausgepickt. In zwei- bis fünfminütigen Beiträgen stellt sie Eigenheiten, Rituale und typische Produkte aus Deutschland und Frankreich gegenüber. Franzosen, die mehrere Jahre in Deutschland leben und Deutsche, die sich in Frankreich niedergelassen haben, erzählen, was sie in ihrem Alltag vermissen oder worüber sie sich im Alltag wundern.
So erfährt man Interessantes über die Entstehungsgeschichte der Tour de France oder der Marke Ritter Sport, deren quadratische Form einen Franzosen in Staunen versetzte; über den Géramont Käse, der zwar in den Vogesen hergestellt wird, aber nur im Ausland, besonders in Deutschland, ein großer Hit ist, oder woher der Spitzname "Paname" für Paris stammt. Eine Französin war geschockt, als sie in einer deutschen Sauna lauter Nackte um sich hatte, und nur mit viel Überwindung ihren Badeanzug ablegte. Und ein Deutscher erklärt uns, was es mit dem französischen Duralex-Glas auf sich hat.
Für alle, die sich für die französische Sprache und Landeskunde interessieren ein wahrer Leckerbissen.

Selbstfindung statt Flitterwochen
Nicht nur Fans von Science-Fiction, Psychothrillern, Arzt- und Anwaltsserien kommen bei Netflix oder Amazon Prime auf ihre Kosten, nein, auch für Pilcher-Fans gibt es ein großes Angebot an romantischen Filmen. Schon seltsam, dass viele genau nach dem gleichen Schema aufgebaut sind: Eine Frau bekommt die einzigartige Gelegenheit, eine Konditorei, ein Weingut oder einen Pferdestall zu übernehmen und kehrt so zu ihren Familienwurzeln zurück alias macht ihren Kindheitstraum wahr.
Ein ähnliches Muster ist auch in dem Netflix-Film "Weihnachten in der Wildnis" zu erkennen. Hauptfigur Kate hat gerade schweren Herzens ihren Sohn verabschiedet, der aufs College geht, und will ihren Mann mit 'zweiten Flitterwochen' – einer Safari in Afrika – überraschen. Dieser eröffnet ihr jedoch, dass er sich trennen will, so dass Kate die Reise allein antritt. Als die ehemalige Tierärztin mit dem Piloten Derek einen Umweg über Sambia fliegt und einen Babyelefanten das Leben rettet, findet sie in der Auffangstation für Elefantenwaisen ihre Berufung.
Harry fragte ständig, wann denn die Handlung endlich losgehe, während ich ihm verriet, was sicher als nächstes passieren würde. Und doch... hat mich dieser Film auf eine besondere Art und Weise berührt. Vielleicht weil
1) die Landschaftsbilder von Afrika und den Tieren einfach berauschend waren. Die Naturaufnahmen und das warme Licht erinnerten mich an unseren Urlaub in Cape Town und unseren unvergesslichen Sundowner-Ausflug zum Lions Hill. Der Film kam mir stellenweise vor wie eine Reisereportage, in der ich eine Safari und einen Aufenthalt in einer Lodge miterleben konnte.
2) es einfach schön ist, Kate dabei zu beobachten, wie sie in einer sinnvollen Aufgabe aufgeht und einen kompletten Neuanfang in ihrem Leben wagt.
3) der Film Einblick in ein Elefantenreservat fibt und zeigt, wie sich Menschen engagieren, um den abnehmenden Bestand der Elefanten zu schützen.
Wer sich einen Weihnachtsfilm der etwas anderen Art ansehen möchte oder gar zum Jahreswechsel einen Urlaub in Afrika plant, könnte sich in diesem Film gut einstimmen.

Vom Landei zur Diva
Könnte ich mir vorstellen, dass meine Geschichten unter dem Namen meines Ehemannes veröffentlicht werden? Sicher nicht. Genau das tat jedoch Sidonie-Gabrielle Claudine Colette, bevor sie selbst zu einer der bekanntesten französischen Schriftstellerinnen wurde. Obwohl sie das Leben auf dem Land und in der Natur liebt, folgt sie dem extravaganten Willy nach Paris und wird seine Frau. Sehr bald muss Colette jedoch feststellen, dass das Leben an der Seite ihres untreuen Mannes und erfolglosen Autors ganz und gar nicht ihren Vorstellungen entspricht.
Erst als Willy seine Frau dazu ermutigt, ihre persönlichen Erinnerungen niederzuschreiben und sie unter seinem Namen veröffentlicht, wendet sich das Blatt. Die Reihe "Claudine" wird zum sensationellen Erfolg. In dem Film "Colette", der auf Amazon Prime zu sehen ist, zeigt die Schauspielerin Keira Knightley eindrucksvoll, wie das einst naive Mädchen vom Lande sich allmählich in eine emanzipierte Frau verwandelt. Im Mittelpunkt steht jedoch weniger ihr eigenes Leben als vielmehr die Beziehung zwischen ihr und Willy. Dieser wird von dem erstaunlich wandlungsfähigen "The Wire"-Star Dominic West verkörpert.
Wie schockiert und zugleich verletzt muss Colette gewesen sein, als sie merkt, dass Willy nichts unversucht lässt, um aus ihrem Talent Profit zu schlagen. Unvergesslich die Szene, in der er sie in ein Zimmer einsperrt und sie zwingt, die Fortsetzung der Claudine-Reihe zu schreiben. Während dieses konfliktreiche symbiotische Verhältnis zwischen den beiden sehr überzeugend dargestellt wird, bleibt das Kapitel über sie und ihre Liebhaberin Missy in diesem Kostümfilm eher blass. Dabei war sie es, die Colette den entscheidenden Impuls gab, sich von ihrem Mann loszusagen und ein eigenes, unabhängiges Leben zu führen.

Flüssiges Gold
Billy McBride is back. In der dritten Staffel muss er erneut gegen einen "Goliath" antreten, diesmal im kalifornischen Central Valley, wo die Frau eines alten Freundes ums Leben kam. Die Spur führt zu einem milliardenschwerer Rancher und seine Schwester, die nicht nur für den Tod der Bekannten, sondern für die anhaltende Wasserkrise verantwortlich sind.
Gleich die erste Folge überascht durch starke Bilder und eine ungewöhnliche Kameraführung, die das Setting effektvoll in Szene setzt. Leider wir der künstlerische Anspruch etwas überstrapaziert, besonders dann, wenn Alkohol- und Drogenrausch der Figuren in seltsame Halluzinationen ausarten.
Trotz einiger Durchhänger im mittleren Teil bleibt man doch bis zum Schluss bei der Stange, weil man unbedingt wissen muss, ob Billy und seine Partnerin Patty Erfolg mit ihrer Sammelklage haben und das Duo, das im großen Stil Wasser stiehlt und dabei über Leichen geht, zur Strecke bringen. Beim Casting wurde ganze Arbeit geleistet: Die skrupellosen Rancher, gespielt von Dennis Quaid und Amy Brenneman, übertrumpfen sich gegenseitig in ihrer schauspielerischen Leistung. Letztere, die in der Serie "Private Practice" eine einfühlsame Psychotherapeutin spielte, darf nun die Seite wechseln und ihre fiesen sadistischen Züge ausleben. Auch Beau Bridges und Graham Dunne sind mit von der Partie.

Künstler und ihre Paradiesgärten
Gärten stellen schon immer die Bemühung der Menschen dar, die Natur zu bändigen. Diese Mischung aus Natur und menschlicher Gestaltung inspiriert seit der Antike Künstler aller Art und findet sich in Gemälden, Zeichnungen, Filmen, selbst Videospielen wieder. Wie fließend die Grenze zwischen Künstlern und Gärtnern ist, zeigt bis 17.9. die Doku „Die Paradiesgärten der Künstler“ in der arte-Mediathek.
Verschiedene Filmausschnitte aus Werken von Peter Greenaway, Jacques Tati, Tim Burton oder François Truffaut veranschaulichen, auf welch unterschiedliche Weise sie grüne Räume ins Spiel brachten. Maler wie Monet haben selbst Blumen gepflanzt, ihre Gärten gehegt und gepflegt und sie auf Leinwand gebannt. Matisse, Calder, O'Keefe oder Pierre & Gilles inszenierten die Blume als Superstar des Gartens.
Interessant für mich waren vor allem die Beiträge über Künstler, die ich nicht so gut kannte wie der Fotograf Gregory Crewdson, der fast surreale Szenen von Menschen in Gärten schaffte, oder der japanische Künstler Koichi Kurita, der entlang der Loire von der Quelle bis zur Mündung Erde sammelte und daraus die Erd-Bilbiothek/Loire schuf – ein Kunstwerk, das aus 400 einzelnen Quadraten von Erdproben besteht.
Ein historischer Park, den ich noch ganz frisch in Erinnerung habe, befindet sich im Freilichtmuseum Skansen in Stockholm. An jedem Gebäude finden sich zeitgenössische Pflanzenkulturen und Gärten, die die Vergangenheit zum Leben erwecken. Auch dieser Ort wäre eine wunderbare Inspirationsquelle für Maler und Filmemacher.

Die Eroberung des Meeres
Viele Sommerurlauber werden ihn gerade in diesem Augenblick genießen: den Blick auf das weite glitzernde Meer. Kein Wunder, dass das Meer seit mehreren Jahrhunderten ein beliebtes Sujet der Kunst war, wie die Sendung „Die Malerei und das Meer“ auf arte zeigt.
Den Anfang machte der spanische Maler Francisco de Zurbarán mit seinem Gemälde "Die Verteidigung von Cádiz", das heute im Museo del Prado in Madrid zu sehen ist. Es zeigt, wie die Spanier ihre Verteidigung kurz vor der Ankunft von Edward Cecils Cádiz-Expedition von 1625 vorbereiten. Kurze Zeit später folgte Velazquez mit einem Gemälde, das einen spanischen Sieg über die Niederlande darstellt.
Während in der Marinemalerei das Meer vor allem Schauplatz von Kriegen und Schlachten war, so war es für Maler wie Caspar David Friedrich oder Gustave Courbet ein Ort der Fantasie und Sehnsucht. Der erste Teil ist bis zum 13. September in der arte Mediathek zu sehen.

Visuelle Verführung
Gestern erlebte ich dank der Sendung „Stadt Land Kunst“ ein Revival meines Miami-Urlaubs, der schon mehrere Jahre zurückliegt. In dieser Folge wurde der Ort South Beach durch die Augen von Gianni Versace vorgestellt. 1992 war der damals 45-jährige Modedesigner dorthin gezogen und auf Anhieb von der unbekümmerten Atmosphäre angetan. Inspiriert durch das tropische Klima und die Pastellfarben der Art-Déco-Häuser entwarf er eine Kollektion, die er ‚South Beach‘ nannte. Den Ocean Drive, wo er seine Models ablichten ließ, waren auch wir damals rauf und runter spaziert und konnten uns an der bunten Häuserfassade nicht sattsehen.
Eines hatten wir damals leider versäumt, und zwar das Casa Casuarina von Gianni Versace zu besichtigen. Umso mehr freute ich mich, dass ich nun in der Sendung einen Einblick in seine luxuriöse Privatvilla bekam, die 1930 in Anlehnung an den Stil der italienische Renaissance erbaut wurde. Ein Architekt führt uns durch die Räumlichkeiten und erzählt, dass Versace einen Palast ganz nach seinen Vorstellungen gestalten ließ. Die Wohnkollektion hat er selbst entworfen, ebenso die Motive für die Mosaikböden. Den Höhepunkt bildet zweifellos der Pool, in dem sich antike Motive wie die Medusa und lokale wie Palmen von Florida vermischen und der für Versaces Gäste visuell unwiderstehlich werden sollte.
In letzter Zeit waren in der Reihe „Stadt Land Kunst“ Künstler und Orte vorgestellt worden, die mich nicht so interessierten, aber diese Folge fand ich besonders gelungen, weil sie eindrucksvoll zeigt, wie stark der Ort, das Klima und das Lebensgefühl Versace inspiriert und sein Schaffen beeinflusst haben.

Riskantes Spiel
Möchte man einen geselligen Abend mit Freunden bei gutem Essen und Wein genießen, dann hat eines sicher nichts auf dem Esstisch verloren: das Handy. In dem Film "Le Jeu – Nichts zu verbergen", der auf Netflix zu sehen ist, ist es jedoch genau umgekehrt. Unter den befreundeten Paaren kommt einer plötzlich auf die Idee, mit einem ungewöhnlichen Spiel Schwung in die Dinnerparty zu bringen: Alle sollen ihr Handy in die Mitte des Esstisches legen und die anderen an den eingehenden Anrufen und Nachrichten teilhaben lassen. Ganz schön heikel, wenn man bedenkt, dass die Franzosen den Ruf haben, es mit der Treue nicht sehr genau zu nehmen. Daher sind auch nicht alle gleichermaßen begeistert, doch schließlich willigen sie ein.
Die Anrufer ahnen natürlich nichts von ihrem Glück. So bittet die Tochter der Gastgeber, die gerade auf einem Date ist, ihren Vater in einer delikaten Angelegenheit um Rat, ohne zu wissen, dass alle mithören. Ihre Mutter muss auf schmerzvolle Weise erfahren, dass ihre Tochter keine hohe Meinung von ihr hat. Bei einem Paar, das sich ständig giftige Kommentare an den Kopf wirft, erwartet ebenfalls Unheilvolles. Man spürt, wie die Anspannung immer mehr steigt, auch wenn sich der eine oder andere Verdacht in Luft auflöst.
Der Film schwankt zwischen treffsicheren Pointen und unbedeutendem Geplänkel. Erst im letzten Drittel, als immer mehr Enthüllungen zur Eskalation führen, nimmt er Fahrt auf. Am besten gefiel mir der überraschende Schluss, der einen nachdenklich zurücklässt und die Frage aufwirft, mit wie vielen Geheimnissen ein Mensch in seinem Leben wohl unbemerkt durchkommt. Auch wenn man nichts zu verbergen hat, ist dieses Spiel als Abendunterhaltung nicht unbedingt zu empfehlen.

Aufständische Vagabundin
Es kommt vor, dass mich das Leben von berühmten Schriftstellern und Schriftstellerinnen interessiert, obwohl ich kein einziges Buch von ihnen gelesen habe. Colette zum Beispiel gehört dazu. Sie ist bekannt dafür, dass sie gegen gesellschaftliche Konventionen verstieß und für so manchen Skandal sorgte. Wie wandlungsfähig sie war, erfuhr ich aber erst durch eine interessante Doku auf arte.
Sie hatte eine glückliche Kindheit in Burgund, war naturverbunden und stand ihrer Mutter sehr nahe. Die Misswirtschaft des Vaters führte die Familie jedoch in den finanziellen Ruin und beendete die sorglose Zeit. Ab da strebte Colette nur noch eines an: die finanzielle Unabhängigkeit und Freiheit.
Mit 20 zog sie nach Paris und heiratete einen Journalisten, der sie kurze Zeit später betrog. Ihr Leben war ein ständiger Wechsel zwischen Euphorie, Enttäuschungen und Desillusionierungen. Immer wieder gewann sie jedoch ihre Lebensfreude zurück, verkehrte in der mondänen Oberschicht und in der Welt von Kurtisanen und Kokotten, lernte Künstler wie Paul Valéry, Claude Debussy und Marcel Proust kennen, trat im Varieté auf, arbeitete als Journalistin und eröffnete sogar einen Schönheitssalon.
Und natürlich schrieb sie – unter anderem die bekannten Claudine-Romane. Mit „La Vagabonde“ wurde sie zur anerkannten Schriftstellerin und gilt als Vorreitern der Autofiktion. Es heißt, dass sie durch ihre Romanfiguren ein freieres Leben führen wollte. Wenn man ihre Biografie und das ihrer Figuren zusammennimmt, kommt eine ganz schön eindrucksvolle Bandbreite an Lebensentwürfen zusammen! Interessant an dieser Doku ist nicht nur Colettes Porträt, sondern auch die Reaktionen auf ihre kühnen Aktionen, die viel über den Zeitgeist aussagen. Die Sendung ist noch bis morgen in der arte Mediathek zu sehen. Am 10 Mai erscheint zudem das Filmporträt "Colette" mit Keira Knightley auf DVD, auf das ich auch schon sehr gespannt bin.

Eine Witwe kämpft für ihren Traum
Die kleine, aber feine Buchhandlung von Florence Green sieht richtig gemütlich aus und lädt ein zum Schmökern. Bis zur Eröffnung hat die Witwe in der Buchverfilmung "Der Buchladen der Florence Green" jedoch viele Hürden überwinden müssen. Bei den Dorfbewohnern von Hardborough, einem kleinen englischen Fischerdorf, stieß sie auf Skepsis und Ablehnung, besonders bei der einflussreichen Violet Gamart, die das alte Haus in ein Kulturzentrum verwandeln wollte. Doch sie ließ sich von ihrem Traum nicht abbringen und bewies Mut und Hartnäckigkeit.
Genau das beeindruckte Mr. Brundish, einer der wenigen Leseratten im Ort, der sich schnell zum Stammkunden und engen Vertrauten von Florence entwickelt. Sie entfacht seine Begeisterung für den Science-Fiction Schriftsteller Ray Bradbury und bittet ihrerseits um seine Meinung zum Skandalroman „Lolita“. Heutzutage tauscht man sich über Leserportale aus, damals schrieb man sich noch förmlich Briefe oder unterhielt sich distinguiert beim Kaffeekränzchen. Zu den wenigen Menschen, die Florence unterstützen, zählt auch die Schülerin Christine, die in ihrem Buchladen aushilft.
Die idyllische Landschaft und das biedere Leben in dem beschaulichen Dorf stehen im starken Kontrast zu den fiesen Intrigen, die hinter Florence’ Rücken geschmiedet werden. Dahinter steht natürlich ihre größte Gegnerin Violet Gamart, die mit allen Mitteln versucht, die Buchhändlerin zu vertreiben. Besonders sehenswert sind die Schauspieler, allen voran Bill Nighy, über dessen Wandlungsfähigkeit und facettenreiche Mimik und Gestik ich immer wieder nur staunen kann. Einen Vergleich zu der Buchvorlage „The Bookshop“ von Penelope Fitzgerald habe ich leider nicht, da ich den Roman nicht gelesen habe, doch für mich war der Film etwas zu behäbig.

Aufräumen macht glücklich
Ich kenne viele, die gern ihre Wohnung entrümpeln würden, sich aber nur schwer von ihren Sachen trennen können. Jetzt wäre doch der ideale Zeitpunkt dafür. Am Anfang des Jahres ist man meist motiviert, Dinge zu verändern, seinen Lebens- und Wohnstil zu überdenken und neue Wege auszuprobieren.
Ein guter Freund von mir zum Beispiel hatte seit jeher ein großes Problem damit, Sachen wegzuwerfen – bis er die Aufräumexpertin Marie Kondo kennenlernte. „Sie empfiehlt, sich bei jedem Kleidungsstück zu bedanken, bevor man es wegwirft. Der Tipp hat mir unheimlich geholfen“, erzählte er mir neulich. Auf Netflix hat er sich an einem Wochenende sämtliche Folgen von "Aufräumen mit Marie Kondo" am Stück angesehen. In dieser amerikanischen Serie besucht Marie Paare und Familien in ihren überfüllten Wohnungen und Häusern und hilft ihnen, Ordnung zu schaffen.
Ich kannte die Japanerin durch ihr Buch „The Magic of Tidying“ und habe schon ein paar Tipps von ihr beherzigt, zum Beispiel:
– Nur noch Dinge zu behalten, die einen praktischen Nutzen haben oder mir Freude bereiten
– T-shirts in kleine Rechtecke zu falten und sie in Schubladen nacheinander aufzustellen
Als ich anfing, die Serie auf Netflix anzusehen, konnte auch ich nicht mehr aufhören. Zum einen konnte ich es kaum fassen, wieviel Zeug und Ramsch eine Familie ansammeln und horten kann. Zum anderen waren die Vorher-Nachher-Bilder erstaunlich. Es hatte etwas Rührendes, wie Marie durch ihre Aufräumtipps schaffte, Familien und Paaren zu einer höheren Lebensqualität zu verhelfen. Sie hat etwas so Motivierendes an sich, dass ich nach der Sendung gleich aufgesprungen bin, um meine Sportshirts in der Schublade ebenfalls nach ihrer Methode zu ordnen. Ich glaube, im Keller liegt auch noch so einiges, was ich mal näher unter die Lupe nehmen sollte.

Where Paradise is Home
Kennt Ihr Wayward Pines? Das ist eine Kleinstadt in Idaho, in der Ihr mit offenen Armen empfangen werdet, zumindest in der gleichnamigen Amazon-Prime-Serie. Wunderschöne Häuser stehen zum Einzug bereit, interessante Stellen werden frei, als hätte man nur auf Eure Ankunft gewartet. Der einzige Haken: Man lässt Euch weder gehen noch Kontakt mit der Außenwelt aufnehmen.
Genau das muss auch Special Agent Ethan Burke feststellen, als er sich auf die Suche nach zwei vermissten Kollegen begibt. Nach einem mysteriösen Unfall landet er in einer Klinik und erfährt, dass sein Begleiter Selbstmord begangen hat. Alle Bewohner leben nach festen Regeln und verhalten sich wie fremdgesteuert, als ob sie einer Gehirnwäsche unterzogen wurden. Burke versucht mehrmals aus der Stadt zu fliehen – vergeblich. Stattdessen wird er ungewollt zum Sheriff befördert.
Die Handlung der Serie ist Mystery pur – man muss einfach wissen, wie es weitergeht, zumal Ethans Frau und Sohn nun ebenfalls in der Stadt aufkreuzen, um zu sehen, wo der Familienvater abgeblieben ist. Menschen, die in einer Gemeinschaft gefangen sind, sei es unter einer Glasglocke oder umringt von einer tödlichen Mauer, sind mir schon in mehreren Serien begegnet. Das Thema scheint auf Drehbuchautoren einen großen Reiz auszuüben. In dieser Geschichte gibt es etwa in der Mitte der ersten Staffel eine überraschende Wende. Auch wenn sie einem ziemlich abstrus erscheint, kann man sich dem Bann der teilweise schrägen Figuren, ihrer Mission und den starken Landschaftsaufnahmen kaum entziehen.

Königinnen der Nacht
„Den Frauen gehört die Nacht – Paris, 1919 - 1939“ – so lautet der Titel einer Doku, die auf arte ausgestrahlt wurde. Gemeint sind Künstlerinnen wie Gaby Deslys, Mistinguett oder Jenny Gelder, die es geschafft hatten, sich in den begehrten Pariser Music Halls einen Namen zu machen.
Gaby Deslys zum Beispiel frönte der Lebenslust der Belle Epoque und genoss ihren Ruhm als „the charm of Paris“. Josephine Baker war ein Multitalent, sang, steppte, tanzte Charleston und verkörperte die moderne Weiblichkeit. Die Königinnen der Nacht traten im Moulin Rouge, im Casino de Paris oder in den Folies Bergères auf und begeisterten Nacht für Nacht das vergnügungssüchtige Publikum.
Der Ruf von Sängerinnen und Tänzerinnen war zwiegespalten, doch für die ambitionierten Frauen zählte nur eines: einzig das Theater bot ihnen die Möglichkeit, als Frau wirtschaftlich unabhängig zu werden. So machten Sängerinnen wie die Bretonin Suzy Solider nach einer Karriere in der Music Hall ihre eigenen Cabarets auf und boten der High Society das passende Ambiente für feuchtfröhliche Parties und endlose Nächte. Die Sendung, die den Zeitgeist von damals sehr gut vermittelt, ist bis Ende des Jahres in der arte Mediathek verfügbar.

Roadtrip quer durch Australien
Ich gebe zu: In der Netflix-Serie „Wanted“ gibt es erstaunlich viele Zufälle. Aber man verzeiht es den Drehbuchautoren – ich zumindest –, weil die Story trotz allem originell ist. Chelsea und Lola, zwei sehr gegensätzliche Frauen, die wie so viele Abende nach der Arbeit an einer einsamen Haltestelle auf den Bus warten, werden in einen Autodiebstahl verwickelt. Sie werden entführt, können jedoch samt einer Tasche voller Banknoten flüchten. Allerdings werden sie dadurch zu Hauptverdächtigen in einem Mordfall und müssen feststellen, dass ihnen korrupte Polizisten dicht auf den Fersen sind. Es folgt eine wilde Verfolgungsjagd quer durch Australien.
Interessant wird die Geschichte dadurch, dass die Kassiererin Chelsea schon vorher eine 'kriminelle' Vergangenheit hatte, die erst jetzt durch den aktuellen Fall an die Oberfläche kommt. Im Gegensatz zu ihr wirkt ihre Begleiterin und Buchhalterin Lola geradezu naiv und unschuldig, doch der Schein trügt. Auch sie hat einiges auf dem Kerbholz. Was mir an der australischen Serie gefällt, sind die sympathischen weiblichen Charaktere und ihre gewitzten Dialoge. Sie geraten zwar immer wieder in Streit, doch die gemeinsame Flucht schweißt sie zusammen. Ich bin gespannt, wie sie aus der vertrackten Nummer herauskommen.

Unterwegs mit Depardieu
Wer hätte gedacht, dass mich Gérard Depardieu in mir noch unbekannte Gefilde in Japan entführen würde. Sein Freund Kuroda, mit dem er die Reise ursprünglich unternehmen wollte, ist verstorben und hat ihm ein Büchlein mit Reisenotizen hinterlassen. Dieser Spur folgt er in der fünfteiligen Reihe „Unterwegs mit Gérard Depardieu – Japan“, die vor kurzem auf arte ausgestrahlt wurde.
Seine erste Station ist Fukui, wo der Schauspieler einem Hersteller von traditionellem Washi-Papier über die Schulter schaut. Dabei entpuppt er sich als Kunstliebhaber, der sich auch für Kalligraphie interessiert. Im Tempel Eihei-ji bekommt er eine Einführung in die Zazen-Meditation und sieht später einem Spezialisten bei der Zubereitung des hochgiftigen Fisch Fugu zu.
In Okayama, einer Hafenstadt, die berühmt für traditionelle Handwerkskunst ist, trifft Depardieu unter anderem einen berühmten Katana-Schmied, wird in die Herstellung der weltberühmten Bizen-Keramik eingeweiht und darf das Handwerk selbst einmal ausprobieren. Auch bekannte Reiseziele wie Hiroshima, Kyoto und Tokio sucht er mit seiner Begleiterin Eriko auf.
Besonders interessant fand ich den Einblick in den Alltag und das harte Training von Sumo-Ringern und einen Rundgang über den Tsukiji Fischmarkt. Ich habe es bei meinen bisherigen Japan-Reisen noch nicht geschafft, um 5 Uhr aus den Federn zu kommen und konnte daher den Markt noch nie live erleben. Die Sendung ist noch bis Anfang November in der arte Mediathek verfügbar.

No Way Out
Ich bin froh, dass wir die Serie „Greyzone – No Way Out“ nicht vor, sondern nach unserem Kopenhagen-Urlaub gesehen haben. Sie handelt nicht nur von einem geplanten Terrorangriff, sondern spielt zum größten Teil ganz in der Nähe von unserem Apartment im Stadtteil Nordhavn. In einem architektonisch ausgefallenen hypermodernen Gebäude, an dem wir oft vorbei geradelt sind, ist in dieser Serie der der Geheimdienst PET angesiedelt. Dort ermittelt Eva Forsberg von der schwedischen Sicherheitspolizei gemeinsam mit einem dänischen Kollegen und einem PET-Agenten in einem Fall, der auf einen geplanten Terrorangriff schließen lässt.
Was dänische Serien betrifft, mache ich entweder einen großen Bogen darum (wenn es um verstümmelte Leichen geht) oder sie verleiten mich zu Binge Watching (wenn es um politische und wirtschaftliche Machenschaften geht). „Greyzone“ zählt definitiv zu den letzteren. Die Hauptdarstellerin Birgitte Hot Sørensen kam mir gleich bekannt vor. In „Borgen“, eine meiner Lieblingsserien, spielte sie eine gewiefte Fernsehmoderatorin. In skandinavischen Serien kommt es ganz häufig vor, dass man dieselben Schauspieler in verschiedenen Serien wieder sieht, so als ob es insgesamt nur eine Handvoll gebe. In dieser Serie spielt sie eine intelligente junge Mutter, die bei der Firma SparrowNet Steuerungssysteme von Drohnen entwickelt. Eines Tages tappt sie in die Falle des Terroristen Iyad, einem ehemaligen Kommilitonen, und wird mit ihrem Sohn Oskar als Geisel in ihrer eigenen Wohnung festgehalten.
Die Geschichte packte mich von Anfang an und hielt mich bis zum Schluss in Atem. Keine Nebenhandlung, kein Dialog ist zu viel. Es geht um sinnlose Terroranschläge, fragwürdige Wirtschaftsinteressen und taktische Ermittlung vermengt mit subtiler Psychologie und starken Emotionen. Die Serie überzeugt nicht nur durch die herausragenden Darsteller, sondern wirkt auch wegen ihrer Glaubwürdigkeit und Realitätsnähe noch lange nach.

Die Geburt der modernen Werbung
Interessiert Ihr Euch für Plakatkunst und Werbung? Dann kann ich Euch die Dokumentation „Das Plakat – die Geburt der modernen Werbung“ empfehlen. Der Film von Adolfo Conti zeigt, wie drei Gebrauchsgrafiker in den Städten Berlin, München und Wien Anfang des 20. Jahrhunderts die Produktwerbung revolutionierten.
Lucian Bernhard entwarf Plakate für Firmen wie das Schuhwarenhaus Stiller, Kaffee Hag oder Bosch und reduzierte die Botschaft auf das Produkt und die Marke. Wenn man sich heutige Werbeplakate beispielsweise für das iPhone ansieht, erkennt man, dass sich die Bildsprache kaum verändert hat. Bernhard war auch der erste, der in einer Firma eine Corporate Identity einführte und eine ganze Kollektion von Werbemitteln mit einem durchgängigen Motiv schuf.
Während Lucian Bernhard das Produkt in den Mittelpunkt stellte, erzählte Ludwig Hohlwein gern emotionale Geschichten, indem er Menschen porträtierte und sie mit Marken verknüpfte. Die Vielfalt seiner Motive, vom Tennisspieler mit einer Kaffeetasse bis zum Franziskaner sowie die schiere Menge seiner Produktionen ist beeindruckend.
Neben dem sachlichen und dem emotionalen Ansatz, gab es noch einen humoristischen, den wir Julius Klinger verdanken. Bekannt wurde er unter anderem durch seine große Werbekampagne für den Zigarettenpapierhersteller Tabu. Die sehenswerte Doku mit vielen interessanten Beispielen ist bis 23. November in der arte Mediathek verfügbar.

Canberra im Visier
Wer sich schwer Namen merken kann, wird mit der australischen Serie „Secret City“ Schwierigkeiten haben. Wer sich für die Verzahnung von Politik, Journalismus und Korruption interessiert, wird trotz allem zusehen, dass er am Ball bleibt und der anspruchsvollen Handlung folgt.
Schon der Anfang ist spektakulär: Der Student Max Dalghetti flüchtet von der chinesischen Botschaft in Canberra, schluckt eine SIM-Karte herunter und springt von einer Brücke. Die Politikjournalistin Harriet Dunkley wittert eine große Story und stößt bei ihren Nachforschungen auf eine unglaubliche Regierungsverschwörung.
Die Spannung entsteht vor allem dadurch, dass man die vielen Personen nur schwer einschätzen kann. Wo steht die australische Regierung im eskalierenden Konflikt zwischen China und den USA? Wer zählt zu den Guten, wer zu den Bösen? Man erlebt während der sechs Folgen so manche Überraschung und Schockmomente angesichts der Abgebrühtheit und Skrupellosigkeit in den höchsten Reihen.
Harriet, gespielt von Anna Torv, die als FBI-Agentin in der US-Serie „Fringe“ bekannt wurde, war mir sehr sympathisch. Die Art und Weise, wie sie ihrem Instinkt folgt, sich an einer Sache festbeißen kann und gern mal Regeln ignoriert, erinnerte mich an die Figur Carrie aus „Homeland“. Dadurch bringt sie sich und andere in Lebensgefahr. Welche politischen Konsequenzen ihre Aktionen haben, werden wir leider erst in der zweiten Staffel erfahren.

Trügerische Vorstadtidylle
Eine Leiche im Pool und ein verschwundener Teenager. Das allein wirft in der britischen Thrillerserie „Safe“ jede Menge Fragen auf. Als Zuschauer hofft man in jeder Folge, sich einer Auflösung zu nähern. Doch das Gegenteil ist der Fall.
Jede Figur in dieser Serie scheint ein Geheimnis zu haben, das direkt oder indirekt in Verbindung mit dem Todesfall steht: Eine Französischlehrerin, die eine Affäre mit einem Schüler hat, der Vater des Jungen, dessen Büro verwüstet wird… Sogar eine der Ermittlerinnen ist aus einem ganz bestimmten Grund in den Vorort gezogen.
So tappen wir gemeinsam mit der Hauptfigur Tom Delaney, Vater der verschwundenen Jenny, lange Zeit im Dunkeln. Was tatsächlich auf jener Party geschah, in der der Junge Chris zu Tode kam, wird uns nämlich nur häppchenweise präsentiert. So viel ist klar: Der Grund für das Verschwinden von Jenny reicht noch viel weiter in die Vergangenheit zurück und dreht sich um die Mutter Rachel, die an Krebs verstarb. Eine Dramaserie mit großem Suchtpotenzial.

Eine Polizistin ist nicht kleinzukriegen
„Happy Valley“ – so nennt sich ein Familien- und Kriminaldrama, das in West Yorkshire spielt und auf Netflix zu sehen ist. Der Titel ist allerdings irreführend, denn weder scheinen die Menschen dort glücklich zu sein, noch löst die trostlose Gegend Glücksgefühle aus.
Wenig Grund zum Lachen hat auch die Heldin der Geschichte Catherine Cawood. Als Sergeant muss sie sich tagtäglich nicht nur mit Gewalt und Drogenmissbrauch herumschlagen, auch privat ist sie schwer gebeutelt: Ihre Tochter wurde von dem Kriminellen Tommy Lee Royce vergewaltigt, bekam einen Sohn von ihm und nahm sich darauf das Leben. Catherine zieht den Jungen gemeinsam mit ihrer Schwester groß.
Kein Wunder, dass ihr Leben völlig ins Wanken gerät, als der Täter nach sieben Jahren Haft freigelassen wird. Die dramaturgische Spannung entsteht vor allem dadurch, dass Tommy Lee Royce in einem Entführungsfall verwickelt ist, den sie aufklären soll. Weiterer Pluspunkt sind die glaubhaften und hervorragend gespielten Charaktere, allen voran die Hauptfigur verkörpert durch Sarah Lancashire, die einerseits mutig und tough, andererseits verletzlich ist. Auch Tommy Lee Royce, der in der Serie „McMafia“ einen schnöseligen Banker spielt, beweist hier als besessener Bösewicht mit menschlichen Schwächen seine beeindruckende Wandlungsfähigkeit.
Auch in der zweiten Staffel wird Catherine von ihrer Vergangenheit eingeholt. Die Loser in dieser Serie mögen etwas zu klischeehaft sein, zeigen aber deutlich, wie schnell eine kleine Fehlentscheidung in den Abgrund führen kann.

Kommissarin unter Verdacht
Mittlerweile ist es ja völlig normal, dass Kommissare in Krimi-Serien nicht ganz normal sind. Entweder werden sie von einem Kindheitstrauma verfolgt, sind Choleriker, ignorieren Vorschriften oder haben ein Alkoholproblem. Marcella, Protagonistin in der gleichnamigen britischen Netflix-Serie kann gleich mit zwei Eigenheiten aufwarten: Sie leidet unter Gedächtnisaussetzern und hat plötzliche Gewaltausbrüche – nicht gerade förderlich für ihre Arbeit. Ihr aktueller Fall, die Jagd auf einen Serienmörder, ist so schon kompliziert genug.
Noch heikler wird es, als Marcella erfährt, dass ihr Ehemann jahrelang eine Affäre mit einer Kollegin verheimlicht hat und diese tot aufgefunden wird. Ist sie nur ein weiteres Opfer des Serienkillers oder hat Marcella selbst etwas mit ihrem Tod zu tun? Sicher ist, dass sie sie persönlich zur Rede gestellt hat, doch an mehr kann sie sich nicht erinnern.
Die Serie erfordert viel Konzentration, denn laufend werden neue Figuren eingeführt, die man immer schwerer einordnen kann. Allmählich laufen die Fäden zusammen und man begreift, wie die verschiedenen Nebenhandlungen zusammenhängen. Der Schauplatz London mit seinen schicken Büros und Glastürmen wird wirkungsvoll in Szene gesetzt. Es macht vor allem Spaß zuzusehen, wie Marcella mit ihrem untrüglichen Instinkt den Kollegen immer ein Stück voraus ist und mit ihren Vermutungen richtig liegt. Ein wenig erinnert sie mich an Kommissarin Lund, für mich bisher eine der stärksten Ermittlerinnen.

Starker Justizthriller
Gibt es nicht schon genug TV-Serien über Polizeigewalt, Drogenhandel und Rassismus? Man könnte meinen ja. Trotzdem lasse ich mich gern von einer Story überraschen, die vom Standard auf interessante Weise abweicht wie die Netflix-Serie „Seven Seconds“. Der weiße Polizist Pete Jablonski fährt im Liberty State Park in Jersey City mit seinem SUV einen jungen Radfahrer an und verletzt ihn schwer. Sein Boss befielt ihm, die Spuren zu beseitigen und den Unfall zu vertuschen. Zu groß sei das Risiko, den Ruf der Polizei zu schädigen, da es sich um einen 15-jährigen Afroamerikaner handelt.
Während die verzweifelten Eltern im Krankenhaus darauf warten, dass ihr Sohn Brenton aus dem Koma erwacht, übernehmen die junge schwarze Staatsanwältin KJ Harper und der Polizist Joe „Fish“ Rinaldi den Fall. Die ersten Folgen sind etwas zäh, weil sie ständig die leidenden Eltern zeigen und die Ermittlungen nicht so recht vorankommen. Doch als die Ermittler eine mögliche Zeugin aufspüren und immer mehr Ungereimtheiten aufdecken, gewinnt der Fall immer mehr an Fahrt.
Interessant ist, dass sich erst im Laufe der Geschichte nach und nach ein Bild des verstorbenen Jungen formt. Da gibt es Figuren wie den Vater, der seinen eigenen Sohn nicht richtig kannte. Zu sehr war er damit beschäftigt, seine Familie durch Doppelschichten materiell zu versorgen. Seine Mutter will nicht wahrhaben, dass er in einer Gang mit Drogen gedealt hat, doch so manche Hinweise sprechen dafür.
Die Serie hat mich wohl deshalb so in den Bann gezogen, weil mir die Figuren und ihre tragischen Schicksale nahe gingen. Ganz gleich ob der junge Cop, der seinem Arbeitsethos treu bleiben und den Drogenhandel bekämpfen will, Brentons Vater, der der Familie den sozialen Aufstieg ermöglichen will, oder sein Bruder, der als Soldat gedient hat und vergeblich versucht, sich in die Gesellschaft einzugliedern – sie alle sind bemüht, das Richtige zu tun und scheitern dennoch durch das gesellschaftliche Umfeld. Die Serie besticht nicht nur durch ihre Figuren und den komplexen Fall, sondern auch durch ihre Realitätsnähe.

Wort gegen Bild
Bilder oder Wörter? Müsste ich mich zwischen beiden entscheiden, würde ich wohl Letzteres wählen. Schließlich hat die Sprache die magische Kraft, jede Menge Bilder im Kopf entstehen zu lassen. Bilder können ihrerseits aber auch ganze Geschichten erzählen und die Fantasie beflügeln, wie das kürzlich vorgestellte Buch „Nighthawks. Stories nach Gemälden von Edward Hopper“ zeigt. Die Wahl ist also gar nicht so einfach…
Zu dem Ergebnis kommt auch der Film „Words and Pictures“ von Fred Schepisi. In einem Elite-Internat in Maine versucht der Englischlehrer Jack Marcus seine Schüler für die Schönheit der Sprache zu begeistern. Als die Malerin Dina Delsanto als neue Lehrkraft den Kunstunterricht übernimmt und frech behauptet, Worte seien nichts als Lügen, fühlt sich Jack sofort herausgefordert. Es kommt zu einem Wettstreit zwischen den Fraktionen Bilder und Wörter, in die auch die Schüler hineingezogen werden.
Der Film wird hauptsächlich von den starken Hauptdarstellern Clive Owen und Juliette Binoche getragen, die einmal mehr beweisen, dass sie einfach jede Rolle überzeugend spielen können. Nicht nur die Chemie zwischen ihnen stimmt, auch ihr witziger Schlagabtausch einerseits, ihre Verletzlichkeit und Versagensängste andererseits machen sie zu sympathischen Figuren. Besonders fasziniert haben mich Delsantos ungewöhnliche Maltechniken unter vollem Körpereinsatz und die Bilder, die die Schauspielerin anscheinend selbst gemalt hat. Alle Literatur- und Kunstliebhaber, die den Film im Kino verpasst haben, können jetzt unter anderem auf Amazon Prime auf ihre Kosten kommen.

Eine Hausfrau erobert die Comedy-Szene
Könnt Ihr Euch vorstellen, in einer Welt zu leben, in der eine Frau auf vier Rollen beschränkt ist: Ehefrau, Mutter, Geliebte oder Schreibkraft? Ein ähnliches Bild vermittelte bereits die erfolgreiche Serie „Mad Men“. Auch die Amazon-Prime-Produktion „The Marvelous Mrs. Maisel“ gibt Einblick in die typische Rollenverteilung in den 50er Jahren. Protagonistin Miriam „Midge“ Maisel will sich allerdings mit diesem Zustand nicht länger zufriedengeben.
Zunächst ist es ein äußerer Umstand, der die junge Hausfrau in Manhattan dazu zwingt, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen: Ihr Mann Joel verlässt sie aus heiterem Himmel. Krass ist vor allem der Grund dafür: es ist nicht nur seine Affäre mit der Sekretärin, sondern vielmehr die Tatsache, dass er sich vor den Augen seiner Frau als Amateur-Komiker blamiert hat. Was bleibt im Leben übrig, wenn man von seinem Ehemann verlassen wird? Genau dies muss Midge für sich herausfinden. Zum Entsetzen ihres Vaters ergreift sie einen Beruf (!) als Kosmetikberaterin in einem Kaufhaus. Eigentlich träumt sie aber von einer Karriere als Stand-Up-Komikerin, in die sie mehr oder weniger hineinrutscht. Die Barkeeperin Susie hat ihr Talent längst erkannt und unterstützt sie dabei, in der Männerdomäne Fuß zu fassen.
Anfangs hatte ich die Befürchtung, dass die Serie ins Klamaukhafte abrutscht, doch mitnichten: Hinter dem vordergründigen Witz blitzt immer wieder treff- und pointensicher die Kritik gegen eine durch und durch patriarchalische Gesellschaft auf. Der verbale Schlagabtausch zwischen den Figuren erinnert ein wenig an die „Gilmore Girls“, die ebenfalls aus der Feder des Produzenten-Duos Sherman-Palladino stammt. Die Serie ist ein sehr gelungenes Sittenportrait, das mit seinem dekorativen Retro-Design in quietschbunten Farben auch optisch überzeugt.

Feministisches Historiendrama
Die Netflix-Serie „Alias Grace“ beruht auf einem Roman von Margaret Atwood, der 1996 erschien. Für mich Grund genug, in die Mini-Serie reinzuschauen. Die Geschichte basiert zudem auf einer wahren Begebenheit: Im Jahre 1843 wurde die damals fünfzehnjährige Grace Marks beschuldigt, ihren Dienstherrn und dessen Haushälterin ermordet zu haben, und zu lebenslanger Haft verurteilt.
Üblicherweise erscheint in solchen Stories ein mutiger, entschlossener Anwalt auf der Bildfläche, der alle Hebel in Bewegung setzt, um seiner Mandantin Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Diesmal liegt der Fall etwas anders. Es gibt durchaus ein Bürgerkomitee, das sich für ihre Begnadigung einsetzt. Allerdings wird kein Anwalt, sondern der Nervenarzt Dr. Simon Jordan zu Rate gezogen, um ein Gutachten zu ihrem Gunsten zu erstellen. So trifft sich Dr. Jordan regelmäßig mit Grace im Haus des Gouverneurs, um in ihre Erinnerungen einzutauchen und sich die Geschichte aus ihrer Perspektive anzuhören.
Die Verurteilte holt weit aus, berichtet von ihrer Kindheit in Irland, der Überfahrt nach Kanada und das Verhältnis zu ihrem Vater, das durch Gewalt geprägt war. Es dauert nicht lang, bis der Arzt regelrecht süchtig danach wird, die Fortsetzung ihrer Lebensgeschichte zu hören. Man merkt, dass sein Interesse schon längt nicht mehr rein beruflicher Natur ist, was man ihm angesichts Grace’ Schönheit und Ausstrahlung nicht verübeln kann. Auch als Zuschauer ist man von dieser Frau mit ihrem durchdringenden Blick, die in aller Ruhe erzählt und erzählt, sich mit gleicher Konzentration ihrer Näharbeit widmet, und nur ganz selten ihre Fassung verliert, fasziniert.
Ihre düsteren Berichte stehen oft im starken Kontrast zu den hellen, warmen und opulenten Bildern von viktorianischen Villen und blühenden Gärten. Bis zum Schluss bleiben Zweifel, ob sie die Wahrheit erzählt oder etwas verschweigt. Nur so viel ist sicher: Grace, gespielt von der großartigen Schauspielerin Sarah Gadon, verkörpert eine typische Frau jener Zeit, die den Launen und der Willkür der männlichen Gesellschaft ausgeliefert ist und eine angestaute Wut in sich trägt, die eines Tages durchaus zum Ausbruch kommen könnte.

Der größte Coup der Geschichte
Tokio, Rio, Nairobi, Denver, Berlin, Oslo, Helsinki – das sind keineswegs die Schauplätze der Netflix-Serie „Haus des Geldes“, sondern die Namen der Protagonisten. Dies ist nur eine der strengen Regeln, die der ‚Professor‘ für seine rekrutierte Gruppe aufgestellt hat. Sein größenwahnsinniger Plan: die Banknotendruckerei Spaniens auszurauben und 2,4 Milliarden EUR zu kassieren. Seit über fünf Jahren arbeitet er an der Vorbereitung dieses Coups und hat dafür eine Truppe aus Spezialisten zusammengestellt.
Keine Namen, keine persönlichen Beziehungen untereinander, keine Gewalt – das sind die Grundregeln, an die sich jeder zu halten hat. Aber: So professionell und kompetent jeder einzelne auch sein mag, es sind eben doch nur Menschen, deren Verhalten und Reaktionen auf unerwartete Zwischenfälle nicht planbar sind, nicht einmal für den klugen Professor, der so ziemlich für jedes Problem die Lösung zu kennen scheint.
Die Geiselnahme von 67 Menschen, darunter eine Schulklasse, hält den Zuschauer pausenlos in Atem. Zusätzliche Dynamik bringt die Inspektorin Raquel in die Geschichte, die von allen Seiten in die Mangel genommen wird: vom Professor, der seine Forderungen stellt, der arroganten CIA, die ihre Arbeit erschwert und ihrem Ex-Mann, der die Lage ausnutzt, um an das Sorgerecht der gemeinsamen Tochter zu kommen.
Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel zwischen der cleveren, nach außen hin toughen, innerlich jedoch gebeutelten Inspektorin, die immer wieder die richtige Intuition beweist, und dem hochintelligenten Professor, der offenbar jedes Detail durchdacht hat und ihr stets einen Schritt voraus ist. Wider Erwarten kommt jedoch auch er in die Lage, niedere, demütigende Arbeiten zu verrichten, um die Aktion zu retten. Wie er seine Truppe auf den Coup vorbereitet und dafür trainiert hat, erfahren wir in Rückblenden – auch das ein gelungener Zug, um die Spannung zu erhöhen. Manche persönliche Episoden der Figuren sind etwas zu lang geraten. Doch diesen Makel verzeiht man gern angesichts der originellen, höchst spannend konstruierten Story und der überzeugenden Darsteller. Hoffentlich lässt die zweite Staffel nicht lange auf sich warten.

Psycho-Serie mit hohem Suchtfaktor
Wie würde wohl mein Freund reagieren, wenn ich an einem Badesee wie eine Irre auf einen Fremden losgehe und ihn niedersteche? Genau das tut die junge Mutter Cora Tannetti in der Netflix-Serie „The Sinner“. Ihr Mann Mason kann nur fassungslos zusehen und den Sohn in Sicherheit bringen. Cora kann von Glück sprechen, dass sich der Ermittler Harry Ambrose extrem für den Fall interessiert. Obwohl Cora längst ein Geständnis abgelegt hat, wittert Harry mehr hinter der unergründlichen Tat und geht der Sache nach.
In Rückblenden erfahren wir, welch schwierige Kindheit Cora durchlebt hat. Die streng religiöse Mutter gab ihr immer wieder die Schuld an der schweren Krankheit und dem Tod ihrer Schwester. Unter den Umständen würde man Cora glatt zutrauen, dass sie psychisch krank und zu einer unberechenbaren Tat fähig ist. Obwohl ihre Aussagen widersprüchlich sind, gibt der Harry nicht auf und bohrt weiter. Was geschah in der Nacht, als ihre Schwester starb? Und was hat die Tapete zu bedeuten, die Cora immer wieder in ihren Alpträumen sieht?
Die zwei wechselnden Erzählstränge erzeugen eine immense Spannung: Auf der einen Seite dringt Harry durch seine Hartnäckigkeit immer tiefer in Coras Psyche ein und deckt neue Fakten auf, die den Fall in eine neues Licht rücken. Andererseits nähern sich die Rückblenden immer mehr der Gegenwart. Von dem jungen, charmanten Bill Pullman aus der Liebeskomödie „Während du schliefst“ ist nicht mehr viel wiederzukennen. Sein starrer Blick und seine masochistischen Neigungen sind eher verstörend, tun aber seiner intuitiven und effizienten Detektivarbeit keinen Abbruch. Auch Jessica Biel spielt ihre Rolle zwischen Resignation, Verzweiflung und leiser Hoffnung sehr überzeugend. Die achtteilige Serie basiert auf dem Roman „Die Sünderin“ der deutschen Autorin Petra Hammesfahr und hat einen hohen Suchtfaktor.

Intrigante Hoteldynastie
Geschichten, die in Luxushotels spielen, haben einen ganz besonderen Reiz. Vielleicht liegt es daran, dass verschiedene Welten aufeinander prallen und Konflikte vorprogrammiert sind: Die Hoteldirektion, die sich ständig neue Strategien überlegen muss, um den Betrieb am Laufen zu halten, das Personal, das sich ihren Vorstellungen beugen muss und die illustren Gäste, die möglichst nichts von alldem mitkriegen sollten, was sich hinter den Kulissen abspielt.
Nicht anders ist es in der spanischen Netflix-Serie „Grand Hotel“, die im Jahr 1905 im Norden Spaniens spielt. Allerdings kommt hier noch eine kriminalistische Komponente hinzu: Die Handlung kommt nämlich erst ins Rollen, als das Zimmermädchen Christina auf mysteriöse Weise verschwindet. Ihr besorgter Bruder Julio Olmedo reist an und lässt sich als Kellner einstellen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Als eine Frauenleiche entdeckt wird, ruft das den Kommissar Ayala und seinen Assistenten auf den Plan. In der Zwischenzeit spinnt die Familie Alarcón Intrigen was das Zeug hält.
Erstaunlich ist das rasante Erzähltempo dieser Serie. Man könnte meinen, die Figuren wollen sich gegenseitig darin übertreffen, wer in größeren Schwierigkeiten steckt. Das lässt auch den abgebrühtesten Zuschauer nicht kalt und verzeiht manch vorhersehbare Szene oder soapartige Dialoge. Die Ermittlungen von Ayala und Hernando haben etwas herrlich Altmodisches und erinnern mal an Sherlock Holmes und Watson, mal an Agatha Christie Filme. Es gibt noch weitere literarische Anspielungen, zum Beispiel auf Madame Bovary.
Die Serie wäre nur halb so sehenswert, wären da nicht die opulenten Bilder. Gedreht wurde im Palazzo de la Magdalena, einer Sommerresidenz in Santander, die 1908 für die königliche Familie gebaut wurde. Die glanzvoll dekorierten Säle, die lauschigen Plätze im weitläufigen Garten und das Gebäck, das ständig gereicht wird, machen schon Lust, sich selbst einmal in dem Hotel verwöhnen zu lassen. Auch das Schauspieler-Ensemble überzeugt – besonders Adriana Ozores in der Rolle der knallharten Matriarchin Doña Teresa Alarcón, die nie um den heißen Brei redet und durch die beharrlichen Nachforschungen ihrer Tochter Alicia und Julio zunehmend in Bedrängnis gerät.

Las chicas del cable
Wenn ich eine Zeitreise machen könnte, würde ich wohl die Zwanziger Jahre wählen. Zu gern würde ich mich so kleiden und stylen wie die Telefonistinnen in der spanischen Netflix-Serie „Las Chicas del cable“. Die knielangen, schmal geschnittenen Kleider aus edlen Stoffen mit Fransen und glitzernden Pailletten versehen, die schicken Glockenhüte und geschmückten Stirnbänder spiegeln den Lebenshunger der Roaring Twenties und die Sehnsucht nach Vergnügen und Glamour wider.
Die vier Protagonistinnen haben allerdings ganz andere Sorgen. Lidia Aguilar wurde in einen Mordfall verwickelt und wird von einem korrupten Polizisten erpresst. Ángeles wird von ihrem Ehemann misshandelt. Carlota wird von ihrem Vater schikaniert und verstoßen, weil sie arbeiten will, und das schüchterne Mädchen Marga traut sich nur zögerlich, dem Werben eines Verehrers nachzugeben.
Sie stammen aus unterschiedlichen Schichten, hegen jedoch den gleichen Traum: in einer von Männern dominierten Gesellschaft ein klein wenig Selbstständigkeit und Unabhängigkeit zu erlangen. Einen Schritt sind sie ihrem Ziel schon näher gekommen: Sie haben eine der begehrten Stelle als Telefonistin in einer neu eröffneten Telefongesellschaft ergattert. Lidia hat allerdings nicht damit gerechnet, dass sie ausgerechnet dort ihren verschollenen Freund wieder sieht – auch noch in der Funktion des Direktors.
Ein Augenschmaus ist nur nicht das Outfit, sondern auch der Schauplatz. An der Jugendstilarchitektur und den Requisiten im Retro-Stil kann man sich gar nicht sattsehen. Nach „Marseille“ ist dies die zwei europäische Serien-Eigenproduktion von Netflix. Mein Fazit: ein talentiertes Schauspieler-Ensemble, Witz, Ästhetik, interessante Zeitgeschichte, flottes Erzähltempo und eine Dosis Romance, die für eine gute Abendunterhaltung sorgen.

Machtkampf zwischen Mentor und Protegé
Eine Stadt, die mich als Reiseziel schon länger reizt, ist Marseille. Da trifft es sich gut, dass die erste europäische Eigenproduktion von Netflix genau dort spielt. Da kann ich mir gleich einen ersten Eindruck verschaffen von der französischen Hafenstadt, die 2013 Kulturhauptstadt war und auch heute noch ein zwielichtiges Image hat.
Altverteran Gérard Depardieu spielt in der achtteiligen Polit-Serie "Marseille" den Bürgermeister Robert Taro, der alle Wege geebnet hat, um seinen politischen Ziehsohn Lucas Barrès zu seinem Nachfolger zu machen. Als dieser ihm bei der Abstimmung um den Bau eines Casinos auf dem Hafengelände unerwartet in den Rücken fällt, muss Taro fassungslos feststellen, dass er sich gründlich in ihm getäuscht hat. Nachforschungen ergeben, dass Barrès keineswegs der ist, für den er sich ausgibt. Der Bürgermeister, dem die Zukunft von Marseille mehr bedeutet als alles andere, sieht sich gezwungen, sich bei der bevorstehenden Kommunalwahl erneut aufzustellen und gegen ihn anzutreten. So beginnt ein spannendes Kopf-an-Kopf-Rennen, bei der auf der einen Seite Taros Tochter als Unterstützerin der Wahlkampagne, auf der anderen Seite die örtliche Mafia ordentlich mitmischt.
Bei Licht betrachtet ist das Ensemble bis auf Taro nicht sonderlich sympathisch – am meisten nervt das Selbstmitleid von Taros kränklicher Ehefrau – und doch treibt die Neugier, was die Figuren noch zu verbergen haben und zu welchen drastischen Mitteln sie greifen, den Zuschauer von Folge zu Folge weiter, zumal der Bürgermeister selbst offenbar ein dunkles Geheimnis mit sich trägt.
Wenn auch oberflächlich lernt man die verschiedenen Gesichter von Marseille kennen mit seinem ansehnlichen Hafen, modernen Bauten wie das Fußballstadtion Vélodrome und den Sozialbausiedlungen in der Cité Félix-Pyat. Nach dem spannenden Cliffhanger bin ich sehr gespannt auf die zweite Staffel und natürlich darauf, mir die Schauplätze eines Tages live anzusehen.

Würdevoller Abschied
Leichenbestatter zählt vielleicht nicht gerade zu den begehrtesten Berufen. Hayako, eine der Hauptfiguren in der japanischen TV-Serie „How to end the best life“, ist jedoch mit Herz und Seele dabei, wenn es um das Familienunternehmen geht. Ihr älterer Bruder Masato hasste seit seiner Kindheit alles, was mit dem Beruf zusammenhing und verließ so früh wie möglich das Elternhaus. Erst der plötzliche Tod seines Vaters, der Masatos drei jüngere Geschwister allein zurücklässt, und die erste Beerdigung eines Kunden, die ihm aufs Auge gedrückt wird, weckt sein Interesse und sein Verantwortungsgefühl gegenüber der Familie.
Die Serie beruht auf einem sehr originellen Konzept. In jeder Folge gibt es einen Todesfall mit fragwürdigem Hergang. Masato, dem viel daran liegt, dass die Angehörigen würdevoll Abschied nehmen und Frieden finden können, sieht sich immer wieder gezwungen, selbst Nachforschungen anzustellen, um mysteriöse Fälle aufzuklären und die Wahrheit ans Licht zu bringen. Wenn eine ältere Frau mit einem Gigolo bei einem Brand ums Leben kommt oder eine Musikerin von einem Fremden gestalkt wird, sind die Dinge oft nicht so wie sie scheinen. Unterstützung bekommt Masato durch eine junge Polizistin, die bald selbst in einen dubiosen Fall, der ihre eigene Familie betrifft, verwickelt wird.
Die Geschichten setzen sich mit den verschiedenen Facetten des Todes, bedingt durch Krankheit, Unfall oder Mord und den Konsequenzen für die Nahestehenden auf sehr einfallsreiche und berührende Weise auseinander. Ein Unternehmer hinterlässt seinen Söhnen beispielsweise ein Testament mit einem leerem Blatt, das, wie sich später herausstellt, mehr aussagt als 1.000 Worte. Masato stellt fest, dass er nach dem Tod seines Vaters fast mehr Dinge von ihm lernen kann als zu dessen Lebzeit. Fest steht, dass man nach dieser Serie jede Sekunde seines Lebens nur noch mehr zu schätzen weiß.

Große Literatour
Eure Freunde und Kollegen verabschieden sich in den Urlaub und Ihr müsst zu Hause bleiben? Vielleicht findet Ihr ja Trost beim Kultursender Arte. Morgen wird dort „Die große Literatour“ fortgesetzt – eine literarische Zeitreise auf den Spuren berühmter Reiseschriftsteller. Den Auftakt bilden Erika und Klaus Mann, die 1931 zu einer Fahrt an die Côte d’Azur aufbrachen. Im Auftrag des Piper Verlags erkundeten sie Städte wie Marseille, Nizza, Cannes und Monte Carlo und hielten ihre Eindrücke und Empfehlungen fest. So entstand ihr ungewöhnlicher Reiseführer „Das Buch von der Riviera“, den ich sehr empfehlen kann.
Auf ähnliche Weise können wir diesen Monat noch weitere interessante Ziele ansteuern und sie aus dem Blickwinkel berühmter Schriftsteller und ihrer Romanfiguren erleben. Hier die Sendetermine:
Arte, 9.8. Uwe Johnsons New York – „Jahrestage“
MDR, 17.8. Heinrich Bölls Irland – „Irisches Tagebuch“
MDR, 24.8. Hans-Christian Andersens Orient – "Eines Dichters Basar"
In der Mediathek gibt es eine Reihe weiterer ‚Reiseführer‘, die im Frühjahr ausgestrahlt wurden, zum Beispiel über Goethes Italien, Joseph Roths Russland, Mark Twains Deutschland und John Steinbecks USA.

Tödliches Ultimatum
Einen Mord begehen oder ihre Familie retten? Keine einfache Entscheidung, vor die die Chirurgin Dr. Yael Danon in der israelischen TV-Serie „Hostages“ gestellt wird, die auf Netflix zu sehen ist. Skrupellose Kidnapper haben ihre Wohnung in Beschlag genommen und kontrollieren die vierköpfige Familie auf Schritt und Tritt. Nur unter einer Bedingung wird ihr nichts zustoßen: Wenn Yael den israelischen Premierminister bei einer bevorstehenden Operation tötet.
Was einen zunächst verwirrt: Einer der Bösewichter gehörte in der Eingangsszene noch zu den „Guten“ und konnte mit viel Geschick eine Geisel gewaltlos befreien. Hat er zwischenzeitlich die Seiten gewechselt? Überhaupt verhält sich diese Figur in der gesamten Staffel sehr ambivalent. Der Operationstermin rückt unterdessen immer näher und als Zuschauer setzt man ganz stark darauf, dass Yael, die schon mehrmals Cleverness bewiesen hat, um die Gangster auszutricksen, noch der rettende Einfall kommt.
Der Gegenpol zu der starken Protagonistin ist ihr Ehemann, der das ganze Vermögen der Familie verzockt hat und in dieser lebensbedrohlichen Situation eher eine Last als eine Hilfe ist. Mehr Sympathie bringt man der schwangeren Tochter und dem unerschrockenen Sohn und gewieften Hacker entgegen, der nichts unversucht lässt, um sich und die Familie aus den Fängen der Kidnapper zu befreien. Interessant wird es, als sich herausstellt, dass völlig unterschiedliche Motive hinter dem geplanten Attentat stecken. Was mich störte, waren ein paar unnötige Längen und die Überdosis an brachialer Gewalt. Trotz allem erhielt der Thriller beim ‚Festival de Television de Monte-Carlo‘ Preise für das beste internationale Drama und die beste Hauptdarstellerin.

Hommage an Hokusai und seine begabte Tochter
Zurzeit läuft eine Ausstellung über den japanischen Maler und Holzschnittmeister Katsushita Hokusai im British Museum, die ich zu gern sehen würde. Weltweit bekannt wurde er vor allem durch seinen Farbholzschnitt „Die große Welle vor Kanazawa“ – ein Motiv, das heute noch mehrfach Postkarten, Tassen und Tragetaschen ziert. Er hatte großen Einfluss auf Maler wie Van Gogh, Monet und Klimt und gilt als Vorreiter der Manga-Kultur. Doch kaum jemand hat wohl von seiner Tochter O-Ei gehört, geschweige denn dass sie ebenfalls Malerin war und ihrem Vater bei seinen Werken assistiert haben soll.
Einblick in den Alltag der ungewöhnlichen Künstlerfamilie gibt der Animationsfilm „Miss Hokusai“ von Keiichi Hara, der letztes Jahr um diese Zeit in den Kinos lief. Das Setting bildet Tokio im Jahr 1814, als die Stadt noch Edo hieß. Gleich zu Beginn war ich perplex, dass die 23-jährige Protagonistin mit ihrem selbstbewussten Auftreten und losem Mundwerk so gar nicht in die Zeit passt. Auch gegenüber ihrem Vater gibt sie sich frech und eigensinnig, hat jedoch großen Respekt vor seinem künstlerischen Schaffen. Während dieser nur für seine Kunst lebt und die Familie völlig vernachlässigt, versucht O-Ei auch außerhalb der Malerei ihren Horizont zu erweitern. Von Kunden und Schülern, die in der chaotischen Wohnung voller Papierknäuel und Tintenfässer verkehren, erfahren wir, was den wesentlichen Unterschied zwischen dem alten und der jungen Hokusai ausmacht: er nimmt es mit der Genauigkeit der Figuren nicht so genau, vermag jedoch in seinen Frauenbildern Erotik und Leidenschaft auszudrücken während es bei der Tochter genau umgekehrt ist.
Faszinierend ist, wie typische Motive aus Hokusais Bildern in die locker erzählten Episoden eingewebt werden. So begleiten wir O-Ei durch die geschäftigen Straßen gesäumt von Bordellen, Kabukitheatern und Teehäusern, tauchen in das bunte Treiben ein und begegnen Bauern, Händlern und Samurais. Auch Drachen, Geister und Dämonen, von denen Hokusai angeblich in seinen Träumen gequält wurde, werden mystisch und fantasievoll in Szene gesetzt – zum Beispiel in Form von Totenköpfen, die von einem Magnolienbaum purzeln.
In dem Film geht es vor allem um den schöpferischen Akt und die Magie der Kunst, die Art und Weise wie man sich ihr nähert und mit welcher Wucht sie einen treffen kann, so willkürlich und launenhaft wie der Wechsel der Jahreszeiten, der hier ebenfalls zelebriert wird. Das zeigt sich besonders in O-Eis liebevollem Umgang mit ihrer kleinen blinden Schwester O-Nan. Mal lässt sie O-Nan das Wasser eines Flusses auf der Haut spüren, mal im Schnee herumtollen oder die Zeichnung ihres Vaters befühlen. Es ist ein Film voller kräftiger Farben, zarter Linien, Licht- und Schattenspielen, den man wie ein Gemälde mit Bewunderung betrachten und lange auf sich wirken lassen kann. Eine schöne Einstimmung auf den Japan-Tag am kommenden Sonntag im Englischen Garten.

Slow Food vom Feinsten
Wer schon einmal in Tokio war, hat sicher noch vor Augen, wie Tradition und Moderne aufeinanderprallen. Nicht selten steht eine alte Tempelanlage mit Zen-Garten zwischen zwei gläsernen Skyscrapers. Um diesen Gegensatz geht es auch in der japanischen TV-Serie "Osen". Schon die ersten Szenen sind bezeichnend: Während der unterforderte junge Koch Masato in einem angesagten modernen Restaurant mit seinem Schwert eine Show abzieht, schneidet der Chefkoch des traditionellen Restaurants Isshouan mit höchster Konzentration ein Stück rohen Thunfisch in Scheiben.
Masato kennt das Isshouan seit seiner Kindheit und beschließt, sich dort zu bewerben und wird sogleich angestellt. Er muss jedoch feststellen, dass er sich die Arbeit dort etwas anders vorgestellt hat. Die Leitung liegt mittlerweile in den Händen der Tochter, die schon am frühen Morgen ein paar Gläschen Sake zwitschert, die Mitarbeiter mit einem Hungerlohn und Masato mit niederen Arbeiten abspeist. Mehrmals schmeißt er das Handtuch und kehrt doch wieder reuevoll zurück, weil ihm trotz allem Osens Philosophie und ihre Hartnäckigkeit imponieren.
Zu meinen Lieblingsszenen zählt eine Kochshow, in der die völlig aus der Zeit gefallene Osen gegen eine Köchin auftritt, die dafür bekannt ist, die leckersten Gerichte in kürzester Zeit aus der Mikrowelle zu zaubern. Wie zu erwarten ist der TV-Star schon längst fertig, während Osen jeden Garnelenspieß bedächtig und liebevoll umdreht und den Lauch wie in einem meditativen Akt in Scheiben schneidet. Von Slow Food hatte ich ja schon zuvor gehört, doch diese Szene machte mir so richtig bewusst, was tatsächlich hinter dem Begriff steckt. Es ist bedauerlich, dass man im Alltag nicht die Muße findet, so zu kochen wie Osen es vormacht.
Neben viel witziger Unterhaltung habe ich in dieser Serie viel Interessantes über die kulinarische Tradition meiner Heimat gelernt, zum Beispiel wie Misopaste klassisch hergestellt wurde oder in welch langwierigem Prozess Bonitoflocken, auch Katsuobushi genannt, geräuchert und getrocknet wurden. Mich begeisterte auch Osens Einfallsreichtum, wenn es darum ging, für den Erhalt kulinarischer Traditionen oder schützenswerter Hand- und Bauwerke zu kämpfen. Die Serie ist ein Augenschmaus für alle, die sich für japanische Keramik, Textilien oder Dekoration interessieren.

Und dann kam Rei
„Ich wünschte, das Drehbuch wäre von mir gewesen.“ Das war mein erster Gedanke, nachdem ich die japanische Serie „The House of Glass" gesehen habe. Sie handelt von einem alleinerziehenden Vater und seinen zwei erwachsenen Söhnen, die auf dem ersten Blick ein harmonisches und friedliches Leben führen. Der frühe Tod der Mutter bei einem Flugzeugabsturz hat die Familie zusammengeschweißt. Ihre Beziehung zueinander ist durch Vertrauen und Respekt geprägt.
Das ändert sich, als der Vater die knapp zehn Jahre jüngere Rei heiratet, deren Eltern auf die gleiche Weise umkamen wie seine Frau. Rei ist hübsch, kommunikativ, freut sich über ihre neue Familie und bringt einen neuen Touch hinein – etwas Fröhliches, Feminines, was den strengen Regeln des Haushalts ganz gut tut … würde man meinen, doch das Gegenteil ist der Fall. Nach einigen Monaten des Zusammenlebens zeigen sich die ersten Risse. Der ältere Sohn Hitoshi fühlt sich zunehmend zu Rei hingezogen, während die Eifersucht seines Vaters immer bedrohlicher wächst.
Diese Wendung allein wäre noch nicht der Rede wert. Interessant ist vielmehr, dass erst durch Reis Erscheinen deutlich wird, wieviele Unstimmigkeiten und Konflikte schon vorher in der Familie schlummerten. Hitoshi ging 30 Jahre den Weg, den sein Vater ihm vorgab ohne ihn anzuzweifeln. Er stellt jedoch fest, dass nicht nur ihre politischen Ansichten und beruflichen Ziele immer mehr voneinander abweichen, sondern dass er sich noch nie Gedanken über andere Optionen gemacht hat. Seine Liebe zu Rei und das unberechenbare und korrupte Verhalten seines Vaters sind nur der Auslöser dafür, dass Hitoshi sein Leben und seine Ziele neu definiert und den Mut fasst, sich gegen seinen Vater aufzulehnen. Seine innere Zerrissenheit zwischen Schuldgefühlen und Loyalität einerseits und seinem Rebellionsdrang andererseits wird von Japans beliebtem Darsteller Takumi Saitoh sehr überzeugend gespielt.
Auch sein jüngerer Bruder Kenji, der sich bisher immer auf die Seite des Vaters schlug, muss sich eingestehen, dass sein Vater Herrschsucht und Kontrollzwang mit Liebe verwechselt. Dies begreift er erst, als er sich selbst in Hitoshis Ex verliebt – eine erfolgreiche Schriftstellerin, die dieses tragische Familiendrama zu einem Roman verarbeitet mit dem Titel „The House of Glass“ und damit einen Bestseller landet. Wen wundert’s – es ist ein starkes Drehbuch, das ich wie gesagt gern selbst geschrieben hätte.

Eine Ehefrau rastet aus
Die Story der britischen Mini-Serie „Doctor Foster“ von BBC, die im Aberystwyth in Wales spielt, ist recht simpel: Eine erfolgreiche Ärztin findet heraus, dass ihr Mann sie mit einer jüngeren Frau betrügt und startet einen Rachefeldzug. Für so ein triviales Thema möchte man seinen Feierabend eigentlich nicht opfern, doch spätestens in der zweiten Folge ist man in dem Netz, das die Protagonistin Gemma Foster immer weiterspinnt, gefangen. Zu ihrem Entsetzen kommen nämlich neben dem Ehebetrug weitere Geheimnisse zum Vorschein. Einerseits klammert sie sich verzweifelt an der Hoffnung, dass sie ihre Ehe noch retten kann und sich alles zum Guten wendet, andererseits sprechen immer mehr Fakten dagegen.
Der Schock, dass ihr Eheleben in den letzten zwei Jahren eine komplette Lüge war und ihre Freunde und Kollegen teilweise davon wussten, ist für Gemma schwerer zu verkraften als die Untreue ihres Mannes und ihre verletzten Gefühle. Sympathieträger sind in dieser Geschichte nur schwer zu finden. Emma ist zwar clever, aber auch skrupellos und gefühlskalt, ihr Mann ein liebevoller Vater, aber erbärmlicher Ehe- und Geschäftsmann. Gut ausgearbeitet sind auch die Nebenfiguren wie die Geliebte des Mannes oder die Nachbarn der Fosters, die ein eigenartiges Arrangement gefunden haben, damit ihre Ehe funktioniert. Sprüche wie „Es gibt keine treuen Ehemänner – der Unterschied liegt nur darin, ob sie damit durchkommen oder nicht“ lassen einen nicht unberührt. Die tempo- und wendungsreiche Serie mit einer nervenaufreibenden Eskalation, in der man nie weiß, wer welches Spielchen treibt, ist gewiss nichts für schwache Nerven.

Zu intelligent für die Menschheit
Es ist schon eine ganze Weile her, dass ich den Roman „The Beach“ des britischen Schriftstellers Alex Garland gelesen habe. Nun hatte ich das Vergnügen, sein Regiedebüt mit dem Titel „Ex Machina“ aus dem Jahr 2015 zu sehen. Ähnlich beklemmend wie sein bekanntes Buch ist auch dieser Science-Fiction, der in Alaska spielt. Mitten in der wilden Natur hat Nathan, CEO des Internetunternehmens Blue Book, ein durchgestyltes modernes Anwesen errichten lassen und treibt in einem unterirdischem Forschungslabor sein Unwesen – genauer gesagt, er arbeitet daran, die perfekte Künstliche Intelligenz zu schaffen. Seine neueste Schöpfung heißt Ava.
Eines Tages bekommt Nathan Gesellschaft. Caleb, Top-Programmierer von Blue Book, hat bei einem firmeninternen Wettbewerb einen Trip gewonnen und soll überprüfen, wie gut Nathan die Erschaffung des perfekten künstlichen Menschen geglückt ist. Sieben Tage lang führt Caleb in einem abgeschlossenen Raum Gespräche mit der Roboterfrau Ava, entwickelt allmählich Gefühle für sie und kann sie bald von einem menschlichen Wesen nicht mehr unterscheiden. Indessen wächst sein Misstrauen gegenüber Nathan, der völlig begeistert ist von seinen Kreationen und seinen Größenwahn offen zur Schau stellt.
Der Film ist tricktechnisch und ästhetisch beeindruckend inszeniert, wendungsreich und lebt von seinen starken Kontrasten – zum Beispiel zwischen dem gewaltigen Naturschauspiel draußen und der klaustrophobischen Atmosphäre in der Villa, zwischen dem animalischen Nathan und dem mimosenhaften Caleb, zwischen Steuerung und Verführung, zwischen Kreation und Zerstörung.
Zuletzt stellt sich die Frage: Was ist, wenn das erschaffene Wesen so schlau ist, dass es den Menschen austricksen kann? Der Film macht wieder einmal deutlich, dass, ähnlich wie beim Vormarsch der Intelligenten Häuser, die Menschen ihre Ängste vor einem Kontrollverlust und den zerstörerischen Konsequenzen nie ganz ablegen können.

Präsident wider Willen
Wieder etwas dazugelernt: In der amerikanischen Politik gibt es einen sogenannten „Designated Survivor“, der zu besonderen Anlässen – wie der Rede des Präsidenten zur Lage der Nation – an einem geheimen Ort untergebracht wird, um im Katastrophenfall die Geschäfte fortführen zu können. Diese Rolle wird Kiefer Sutherland alias Tom Kirkman in der Serie „Designated Survivor“ zuteil, die vom amerikanischen Sender ABC produziert wurde.
In der ersten Szene sitzt der Minister für Wohnungsbau und Stadtplanung noch mit seiner Frau in einem isolierten Zimmer vor dem Fernseher, isst Popcorn und folgt gelangweilt der Ansprache des US-Präsidenten vor dem Kongress. In der nächsten Minute erschüttert eine gewaltige Explosion das Kapitol und vernichtet die Regierung und den Kongress. Tom Kirkman steigt ungewollt zum neuen US-Präsidenten auf.
Kirkman ist ein sanfter, liebevoller Familienvater, häufig von Selbstzweifeln geplagt, und stand kurz vor der Entlassung durch den Präsidenten – keine idealen Voraussetzungen, um in seinem neuen Amt von der Bevölkerung akzeptiert zu werden. Tag für Tag muss er Sabotagen und Angriffe von allen Seiten abwehren, Entscheidungen von größter Tragweite treffen und sich neuen politischen Konflikten stellen. Über alldem schwebt die große Frage, wer den Terroranschlag zu verantworten hat. Eine FBI-Agentin stößt auf eine Spur, die auf eine Verschwörung unter den eigenen Reihen deutet, doch mehr erfahren wir in der ersten Staffel nicht, die mit einem krassen Cliffhanger endet. Die Fortsetzung wird wohl noch etwas auf sich warten lassen.

Tödliches Smart Home
Bald werden wir die gesamte Haustechnik mit dem Handy steuern können: Heizung, Jalousien, Beleuchtung, Kühlschränke, Kaffeemaschinen... Warum mir die Vorstellung von einem intelligenten Haus ganz und gar nicht behagt, zeigt der amerikanische Film „Hacked – Kein leben ist sicher“.
Mike Regan, gespielt von Pierce Brosnan, führt ein glückliches Leben mit seiner Frau und seiner Tochter in einer hochtechnisierten Luxus-Villa. Sein Unternehmen steht kurz davor, die Flugzeug-Industrie zu revolutionieren. Das verdankt er IT-Cracks wie Ed Porter, der nicht nur in Mikes Firma, sondern auch in dessen Haus knifflige Probleme löst. Als Ed sich wiederholt der Familie nähert und schroff abgewiesen wird, mutiert er zum psychopathischen Stalker. Immer mehr Details aus dem Privatleben der Familie gelangen an die Öffentlichkeit. Anfangs konnte ich dem klischeereichen Film nicht viel abgewinnen. Spannend wurde es erst, als Mike den Spieß umdrehte und zum Gegenangriff überging. Mit Hilfe eines weiteren Hackers versucht er, Ed Porter das Handwerk zu legen.
Der gläserne Mensch und die Totalüberwachung – das alles hat man schon mehrfach gesehen und gelesen. In der Hinsicht bietet dieser Thriller zwar wenig Neues, doch das Katz- und Maus-Spiel hält einen doch bis zuletzt in Atem. Auch auf ästhetische und kontrastreiche Bilder wird Wert gelegt. Es ist schon absurd, wie sich Mikes durchgestylte makellose Villa in eine wahre Hölle verwandelt. Zum Schluss reißt er aus lauter Verzweiflung sämtliche Kabel aus den Wänden heraus, um der permanenten Überwachung ein Ende zu setzen. Beängstigend ist die Realitätsnähe solcher Filme. Will man mit der modernen Technik mithalten, muss man fast gutgläubig darauf vertrauen, dass sie uns einerseits nicht im Stich lässt und dass andererseits unsere persönlichen Daten nicht missbraucht werden.

Kampf gegen Giganten
Es gibt viele reizvolle Berufe, doch Anwalt zählte für mich noch nie dazu. Warum sehe ich mir dann bloß so viele Anwaltsserien an? Und anscheinend bin ich nicht die einzige, denn Produktionen wie „Good Wife“ und „Suits“ erfreuen sich großer Beliebtheit. Und nun kommt gleich noch eine dazu: „Goliath“, eine Amazon Original Serie von David E. Kelley, der mit Serien wie „Ally McBeal“ und „Boston Legal“ bekannt wurde.
„Goliath“ weicht ein wenig vom üblichen Schema ab, denn in der gesamten ersten Staffel geht es nur um einen einzigen Fall. Und der hat es in sich: Es kommt der Verdacht auf, dass der Technologiekonzern Borns Tech die Schuld am Tod eines Mitarbeiters trägt, der vor zwei Jahren bei einer Explosion im Pazifik ums Leben kam. Für den abgewrackten Anwalt Billy McBride, gespielt von Billy Bob Thornton, ist es die Chance seines Lebens: Zum einen könnte er ein Verbrechen von gigantischem Ausmaß aufdecken – zum anderen gegen die Großkanzlei Cooperman und Partner, die er einst mitgründete und nach einer erfolgreichen Karriere ausgemustert wurde, antreten. Zusammen mit einem kleinen Team aus lauter unprofessionellen Anwältinnen nimmt Billy den Kampf gegen die Giganten auf. Während Schauspieler Billy Bob Thornton in einer Mischung aus Lässigkeit, liebenswürdigem Charme und bissiger Ironie wieder einmal eine schauspielerische Glanzleistung abliefert, überzeugen die übrigen Figuren weniger – nicht einmal William Hurt, der als Bösewicht schon ziemlich krank rüberkommt, aber insgesamt farb- und harmlos bleibt.
Der besondere Reiz an der Geschichte liegt zweifellos daran, dass man als Zuschauer nicht nur gerne sehen möchte, dass die Gerechtigkeit siegt, sondern auch, dass sich mittellose vermeintlich Schwächere gegenüber mächtigen Konzernen behaupten können. Mut, Hartnäckigkeit und clevere Taktiken gegen Arroganz, Selbstüberschätzung und finanzielle Macht – wenn das mal kein spannendes Duell ist. Die letzte Folge ist der Hammer und lässt darauf hoffen, dass es eine Fortsetzung gibt.

Sagenhafte Überlebenskünstler
Auf unserer Erde gibt es vielzählige Orte, die wir selbst gar nicht oder nur mit größtem Aufwand bereisen können. Zum Glück gibt es Kamerateams, die diese Strapazen für uns auf sich nehmen und mit atemberaubenden Landschaftsaufnahmen zurückkehren – zum Beispiel für die sechsteilige Doku-Reihe von Terra X mit dem Titel „Eine Erde, viele Welten“, die zur Zeit im ZDF gezeigt wird. In einem Zeitraum von drei Jahren haben die Teams 117 Reisen durch 40 Länder unternommen und sich in bislang unentdeckte Tier- und Naturwelten hineingewagt.
Die erste Folge führte unter anderem nach Komodowaren, eine der über 17.000 Inseln des Archipels Indonesiens, wo die größten Landechsen der Welt leben und zu wahren Kampfmaschinen werden, wenn sie ihre Beute verteidigen. In faszinierenden Bildern zeigt die Doku, wie durch vulkanische Explosionen Inseln entstehen und unter welchen Umständen ein überlebensfähiges Ökosystem entstehen kann. Viele entlegene Inseln haben gerade durch die Isolation ganz eigenständige Lebensformen hervorgebracht und konnten sich bis heute den Reichtum der Natur bewahren. Kaum zu glauben, dass es 25.000 Tierarten gibt, die nur auf Madagaskar zu finden sind – zum Beispiel Larven-Sifakas, die sich wegen der Nahrungsknappheit in den Dornenwäldern zu Akrobaten entwickelt haben und von Strauch zu Strauch springen. Viele Tierarten haben über Millionen von Jahren Überlebensstrategien entwickelt und sie permanent verfeinert. Auch die Galapagos-Inseln sind bekannt für ihre Artenfülle. Hart trifft es die jungen Meerechsen auf der Insel Fernandina. Kaum haben sie das Licht der Welt erblickt, schweben sie bereits in Lebensgefahr, da überall gierige Nattern lauern.
Ich bewundere den Mut und das Durchhaltevermögen der Filmteams, die in Norwegen im Tandemflug Steinadler filmten oder sich vor der lebensgefährlichen Brandung des Zavodovski Island im Südpolarmeer nicht abschrecken ließen, um zu Millionen von Pinguinen zu gelangen. Viele Aufnahmen sind nicht nur lehrreich, sondern auch amüsant, zum Beispiel das Gewusel von roten Inselkrabben auf der Weihnachtsinsel, wenn sie an die Küste düsen, um sich dort zu paaren – das Treiben an japanischen U-Bahnhöfen ist nichts dagegen. Nach den Themenschwerpunkten ‚Inseln‘ und ‚Wüste‘ sind heute die Berge dran. Die einzigartigen Landschafts- und Tieraufnahmen solltet Ihr Euch nicht entgehen lassen.

Die Bookstore Girls
Ein Grund, warum ich mir so gern TV-Serien ansehe, ist, dass man in so viele verschiedene Berufe hineinschnuppern kann. Allein im letzten Jahr, wo ich die japanischen Serien für mich entdeckt habe, konnte ich in die Rolle einer Anwältin, Nachrichtensprecherin, Pilotin, Flugbegleiterin, Lehrerin, Kommissarin, Pianistin, Zeitarbeiterin, Ärztin, Hotelmanagerin, Redakteurin, eines Restaurantmanagers, Eishockeyprofis, Formel 1-Fahrers, Neurowissenschaftlers, Expeditionsleiters, Pianisten und und und ... hineinschlüpfen.
In der Serie „Fight! Bookstore Girls“, die ich zur Zeit schaue, gehe ich besonders auf, denn sie handelt vom Berufsalltag der Buchhändlerin Riko Nishioka, die zur Filialleiterin befördert wird. Seit 20 Jahren arbeitet sie mit Leidenschaft für die Kette Pegasus Books, auch wenn sie mit immer wieder neuen Hürden und Problemen wie sinkende Umsatzzahlen und neidische männliche Kollegen zu kämpfen hat. Hinzu kommt die neue übereifrige Angestellte Aki, die ihr das Leben schwer macht. Sie bringt zwar durch viele neue und pfiffige Ideen frischen Wind in die Truppe, sorgt aber durch ihre eigensinnigen und teils brachialen Methoden für viel Unmut im Team.
Beide Frauenfiguren imponieren mir – sowohl Riko, die zeigt, was gerade in turbulenten Zeiten gute Führung bedeutet, als auch Aki, die mit ihrem Ideenreichtum und Enthusiasmus das scheinbar Unmögliche möglich macht. Immer, wenn ich ihre Wohnung sehe, die sie stilvoll und gemütlich wie eine Privatbibliothek eingerichtet hat, könnte ich vor Neid erblassen. Es macht Spaß, mit den engagierten Buchhändlerinnen Comiclesungen für Kinder oder nächtliche Events zu erleben und ihre Begeisterung für Gedrucktes zu teilen. Als Riko gefragt wird, welches Buch ihr Leben verändert hat, sagt sie „Kitchen“ von Banana Yoshimoto. Ich glaube, die Geschichte werde ich ein zweites Mal lesen.

Frohes Neues Jahr!
Ich hoffe, Ihr seid alle gesund und munter ins Neue Jahr gerutscht. Während der hoffentlich erholsamen Feiertage habt Ihr vielleicht neue Energien getankt, um ein neues kreatives Projekt zu starten? In dem Fall lege ich Euch das Meet Becky Workbook mit vielen Anregungen, Übungen und Buchtipps ans Herz.
Oder wie wäre es mit einem Online-Kurs, um etwas ganz Neues zu erlernen oder verstaubtes Wissen aufzufrischen? Auf YouTube findet man ja für so ziemlich alles eine Anleitung, aber man fühlt sich schnell von dem Angebot erschlagen. Viel übersichtlicher ist da schon eine Seite wie Skillshare, die verschiedenste kostenlose und kostenpflichtige Kurse in Kategorien unterteilt hat. Ob Design, Business, Technologie, Schreibkunst oder Handwerk – in jeder Rubrik werden vielzählige Trainings angeboten, zum Beispiel wie man Low-Budget-Filme dreht, Geschäftsideen entwickelt oder ausgefallene Blumenarrangements kreiert. Da ist sicher für jeden Geschmack etwas dabei.

Gründen schwer gemacht
Aus der Serie „StartUp“, die exklusiv auf Amazon Prime zu sehen ist, wäre ich beinahe nach wenigen Folgen ausgestiegen, da sie anfangs ihrem Titel nicht ganz gerecht wurde. Laufend wurden neue Figuren eingeführt – einer unsympathischer als der andere: zum Beispiel der verzweifelte Bankier und Loser-Typ Nick Talman, der versucht, Schwarzgeld von seinem geflohenen Vater zu waschen; der Gangster Ronald Darcy, dem das Geld zum Teil gehört und der es schleunigst wiederhaben will oder der korrupte und psychisch gestörte FBI-Agent Phil Rask, der Nicks Vater jagt.
Nur mit der Programmiererin Izzi Morales konnte ich etwas anfangen. Sie hat einen Code entwickelt, die die Finanzwirtschaft umwälzen könnte, und sucht Investoren für ihre neue Kryptowährung GenCoin. Bis sie sich mit Nick und Ronald zusammentut, um ein Startup zu gründen und ihr Projekt in die Gänge kommt, dauert es eine Weile und man muss viele brutale Schlägereien und Schießereien, bedeutungslose Liebesszenen und lange Dialoge über sich ergehen lassen.
Doch die Geduld wird belohnt, denn mit einem Mal zeigen die Figuren Charakter, die Geschichte entwickelt Drive und man erlebt mit ihnen eine emotionale Achterbahn zwischen schwindelerregender Euphorie und Todesängsten. Allmählich begreift man, dass die vielen Nebenschauplätze einen Sinn hatten, um zu zeigen, mit welchen Hürden das Trio zu kämpfen hat: rivalisierende Clans einerseits, Betrügereien und Ideenklau in der High-Tech-Startup-Szene andererseits. In dieser Serie bekommt man einige bekannte Schauspieler in einer völlig anderen Rolle zu sehen wie Adam Brody aus „O.C. California“ oder Martin Freeman aus „Sherlock“. Hoffentlich gibt es eine zweite Staffel, denn jetzt habe ich Blut geleckt und will unbedingt wissen, was aus GenCoin wird.

Der Mörder aus dem Wald
Eine ganze Weile habe ich mich von skandinavischen Krimiserien ferngehalten, weil sie mir zu düster oder zu brutal waren. Die letzte Serie mit enormem Suchtfaktor war „Kommissarin Lund - Das Verbrechen“, von der ich Euch schon mal berichtete.
In den letzten Wochen kam allerdings ein Vierteiler auf ZDF, von dem ich mich nicht losreißen konnte: „Modus“ – eine schwedisch-deutsche Koproduktion, die auf dem Roman „Gotteszahl“ von Anne Holt basiert. Dabei hatte ich vorerst genug von Serienmördern und Psychopathen, die grausame Taten begehen, zumal sie ja leider nicht frei erfunden sind, sondern tatsächlich existieren, so beängstigend die Vorstellung auch ist. Auch in dieser Serie haben wir es mit einem eiskalten Serienkiller zu tun, dessen Motiv anfangs noch unklar ist. Man weiß nur so viel: Richard Forrester haust in einem Campingwagen in Wald, grillt sein Essen in einem brennenden Fass und plant seine nächste Tat während das restliche Schweden ahnungslos Weihnachten feiert. Jedes weitere Opfer wirft neue Fragen auf: Hat es der Mörder auf prominente Frauen oder auf Homosexuelle abgesehen?
Zu dumm, dass ein autistisches Mädchen Zeugin der ersten Mordtat wird. Sie ist die Tochter der schwedischen Kriminalpsychologin Inger Johanne Vic, die mehrere Jahre fürs FBI gearbeitet hat und nun an der Uni forscht und lehrt. Gemeinsam mit dem Kommissar Ingvar Nyman von der Kripo in Uppsala begibt sie sich auf Spurensuche und bringt sich und ihre Familie in Lebensgefahr. Mir gefällt, dass der Fokus nicht auf sinnlose Gewalt oder die reine Jagd auf den Täter, sondern auf die Figuren gelegt wird, die genügend Raum haben, um sich zu entfalten. Fesselnd ist auch die Art und Weise, wie die Psychologin nach und nach ein Muster erkennt und aufdeckt, in welche Abgründe jemanden sein Hass auf eine fortschrittliche und liberale Gesellschaft reißen kann.

Vendetta im Outback
Mit extravaganten Kleidern kann man so mancher Frau den Kopf verdrehen. Das beherrscht auch Myrtle "Tilly" Dunnage, Protagonistin in dem Film "The Dressmaker – Die Schneiderin" von Jocelyn Moorhouse. Allerdings tut sie dies aus reiner Berechnung. Nachdem sie für die exklusivsten Modehäuser in Europa gearbeitet hat, kehrt sie 26 Jahre später als feine Dame in ihre australische Heimatstadt Dungatar zurück. Die Dorfgemeinschaft reagiert alles andere als begeistert, denn Tilly wurde damals als Mörderin ihres Mitschülers aus dem Ort verjagt. Tilly will nun das Unrecht, das ihr angetan wurde, aufklären und nistet sich mit ihrer Nähmaschine bei ihrer Mutter "Mad" Molly ein.
Ein selbstgeschneidertes Kleid gegen eine Information aus der Vergangenheit lautet der Deal, und so "ernäht" Tilly sich nach und nach die Gunst der Dorfbewohnerinnen. Die Entzückung ist groß, denn sie schafft es tatsächlich, den biederen Frauen durch prachtvolle Roben und Hüte Glanz und Glamour zu verleihen. Sogar Sergeant Farrat mit seiner Schwäche für Frauenkleider ist Tillis Nähkünsten verfallen. Sie braucht nur mit einer schwarzen Federboa vor seiner Nase zu wedeln und schon rückt er eine wichtige Akte zu dem damalige Fall heraus.
"The Dressmaker" basiert auf dem gleichnamigen australischen Bestseller von Rosalie Halm und ist ein sehr ausgefallener Genremix, den ich in der Form noch nie gesehen habe. Elemente aus Western, Märchen, Drama, Film Noir, Mystery-Thriller und Kammerstück finden sich darin wieder. So wird man an den typischen Auftakt von Western, Saloonszenen oder den Film "High Noon" erinnert, wenn Tilly ihren Rachefeldzug antritt. Zur Einstimmung fliegen den Dorfbewohnern statt Revolverkugeln Golfbälle um die Ohren. Kate Winslet spielt die Rolle der reizbetonten und selbstbestimmten Grandezza großartig. Mit ihrer scharfzüngigen Mutter liefert sie sich witzige Wortgefechte, während es zwischen ihr und ihrem einstigen Klassenkameraden und Adonis Teddy gewaltig knistert. Das übrige Ensemble besteht aus grotesk überzeichneten Karikaturen, die meisterhaft spießbürgerliches Denken und ländliche Engstirnigkeit verkörpern und dem Film etwas Surreales verleihen.
Der eigenwillige Erzählstil ist gewöhnungsbedürftig – einen gradlinigen Plot darf man hier nicht erwarten. Der Film lässt sich Zeit damit, die Fassade bröckeln zu lassen und Schicht für Schicht diverse Lügen und Geheimnisse offenzulegen. Nähere Aufmerksamkeit verdienen vor allem die Details und Symbole – und natürlich das Setting, das in den 1950ern angesetzt ist, und durch starke Bildkompositionen die ideale Kulisse für das skurrile Dorfleben und die rundum schräge und wendungsreiche Dramedy bildet.

Einsames Celebrity Girl
Könnt Ihr Euch einen Geschäftsmann vorstellen, an dessen Smartphone ein kitschiger Anhänger baumelt? Wahrscheinlich nicht, doch in Japan ist es gar nicht mal so ungewöhnlich. Paare tragen gern den gleichen Anhänger als Ausdruck ihrer Verbundenheit, andere pflegen auf die Weise schöne Erinnerungen.
Auch die sechsjährige Anne in der japanischen TV-Serie „Oh! My Girl!!“ hat einen Delfin als Stofftier an ihrem Handy hängen – ein Andenken an ihre Mutter, die Anne einfach bei ihrem Stiefbruder Kotaro zurücklässt, um in Hollywood als Schauspielerin Karriere zu machen. Beide sind „not so amused“. Kotaro hält sich als freier Journalist und ambitionierter Schriftsteller mehr schlecht als recht über Wasser und kann mit der frechen Göre gar nichts anfangen, zumal das Verhältnis zu seiner Stiefschwester schon immer desaströs war. Auch der verwöhnten Anne, die ein luxuriöses Leben gewöhnt ist, widerstrebt die Umstellung. Als die beiden zu dritt mit Annes Managerin unter einem Dach wohnen, ist Ärger vorprogrammiert.
Dass sich Nichte und Onkel trotz ihrer Gegensätze annähern, ist nicht schwer zu erraten. Doch die Story birgt erstaunlich viele Facetten, die nicht nur für großartige Unterhaltung sorgen, sondern auch tief berühren. Wie fühlt sich ein Mädchen wie Anne, das an seinem Versprechen ihrer Mutter gegenüber eisern festhält, eine erfolgreiche Schauspielerin zu werden, von dieser jedoch völlig vernachlässigt wird? Was macht sie durch, als sie erfährt, wer ihr wahrer Vater ist? Durch die unerwartete Begegnung mit Anne erweitert Kotaro in vielerlei Hinsicht seinen Erfahrungshorizont. Er zeigt immer mehr Mitgefühl für Anne, die nicht nur auf der Bühne, sondern unter dem Druck der Produktionsfirma auch privat die Rolle einer glücklichen Tochter spielt und damit nur ihre Einsamkeit kaschiert. Er begreift auch, dass es mehrere Wege gibt, ein guter Vater zu sein. Mit viel Witz und Tiefgang zeigt die Serie das Aufeinanderprallen von Wertvorstellungen, Idealen und Erwartungen an eine Familie.

Eine Muse muss her
Als Modeschöpferin eine kreative Blockade zu haben, kann ziemlich hart sein. Noch härter kann es aber die Mitarbeiter des Modelabels treffen, die von ihren Ideen abhängig sind, wie Hélène und ihr Chef Alan Bergam in der französischen Komödie „Chic!“.
Alicia Ricosi, grandios gespielt von Fanny Ardant, wird von ihrem Freund verlassen und stürzt in ein künstlerisches Tief. Als sie zufällig in ein Gespräch mit Hélènes Landschaftsgärtner Julien verwickelt wird, ist sie wie verwandelt. Er scheint der Einzige zu sein, der Alicia zu einer Inspiration verhelfen und die geplante Kollektion doch noch retten kann. Und so nehmen die Dinge ihren verrückten Lauf. Hélène soll den Gärtner als Muse für die Künstlerin gewinnen. „Tic-tac, tic-tac!“, so treibt der herzlose Chef Hélène an, denn der Präsentationstermin rückt immer näher.
Dummerweise hat Hélène aus einer Laune heraus ausgerechnet jenen Gärtner gefeuert, doch für ihre Karriere ist sie bereit, über ihren Schatten zu springen und zur Not auch eine skrupellose Tat zu begehen, wie zum Beispiel eine Yacht zu versenken. Tyrannisch und manipulativ zu handeln, hat sie schließlich von Alicia gelernt. So gelingt es ihr schließlich, Julien zu seiner neuen Rolle und Aufgabe zu überreden. Dass sich die beiden näher kommen, ist zwar vorhersehbar, doch charmant umgesetzt. Erst Alicia ihre extravaganten Aktionen auf die Spitze treibt, um in der Nähe ihrer Muse zu sein, erkennt Hélène den Wahnsinn, den sie Tag für Tag durchlebt. Vermutlich betrachtet sie den verrückten Zirkus zum ersten Mal mit den Augen eines Außenstehen, und zwar Juliens, und hinterfragt ihre Arbeit und ihre Lebensziele.
„Chic!“ ist ein Filmgenuss vom Feinsten mit viel Situationskomik. Wie Hélène potentielle Musen für Alicia rekrutiert, aus lauter Verzweiflung in ihre Sauna einzieht oder ihr Chef das Team antreibt wie Napoleon sein Heer, da bleibt kein Auge trocken. Mit typisch französische Charme, Esprit und Selbstironie nimmt der Film von Jérôme Cornuau die Modewelt, Diven und Starallüren auf die Schippe. Die Schauspieler Marina Hands und Eric Elmosnino sind für mich eine echte Neuentdeckung.

Das Gesetz des Dschungels
Dass es in musikalischen Ensembles lange nicht so harmonisch zugeht, wie die Darbietung auf der Bühne vermuten lässt, bekomme ich aus Erzählungen meiner Mutter hautnah mit. Zickenkrieg im japanischen Frauenchor ist ganz und gar keine Seltenheit. Von Hauen und Stechen handelt auch die verrückte Serie „Mozart in the Jungle“ – allerdings nicht im Chor, sondern in einer fiktiven New York Symphony.
Rodrigo De Souza, neuer Stardirigent aus Mexiko, hat das Zepter übernommen und soll der Truppe neuen Glanz verleihen. Für die junge Oboistin Hailey Rutledge ist es die langersehnte Chance, bei den New Yorker Symphonikern Fuß zu fassen. Für einen festen Platz reicht es anfangs noch nicht, doch sie nimmt fleißig Unterricht bei der tyrannischen ersten Oboistin und darf derweil als persönliche Assistentin Rodrigos wertvolle Erfahrungen hinter den Kulissen sammeln und so wichtigen Tätigkeiten nachgehen wie den perfekten Mate-Tee für ihren exzentrischen Chef zu kochen.
Die von Amazon produzierte Serie basiert auf dem Buch „Mozart in the Jungle: Sex, Drugs, and Classical Music“. Darin beschrieb die Oboistin Blair Tindall 2005 ihr Leben als Profimusikerin in New York. Ob sie tatsächlich so vielen durchgeknallten Musikern begegnet ist wie dem Pauker und Drogendealer des Orchesters, der Cellistin und Verführerin Cynthia oder Haileys Mitbewohnerin Elizabeth, die eine WG-Party nach der anderen schmeißt und ihr ganzes Erbe auf einer Reise verprasst? Am überzeugendsten und authentischsten wirkt die Figur der Gloria. Als Treuhänderin steckt sie ihre ganze Energie in Gesellschaftsgalas und treibt mit großem Eifer Spenden ein.
In der zweiten Staffel begleiten wir die Truppe auf eine Tournee nach Lateinamerika und begegnen auch prominenten Künstlern wie Lang Lang. Ich bin gespannt, mit welchen unkonventionellen Ideen uns Rodrigo noch überrascht in dieser Serie, die den Golden Globe als beste Comedyserie erhielt.

Die Sakurai-Brüder
Ich hätte nicht gedacht, dass mir eine TV-Serie gefallen würde, die von einer alleinerziehenden Mutter und ihren drei Söhnen handelt. Das Einzige, was ich mit den Figuren gemein habe, ist der Nachname der Hauptdarstellerin. Die japanische Produktion „Brother Beat“ zeigt in einer tollen Balance aus Comedy und Drama, welche entscheidende Rolle die Familientradition in Japan spielt.
Die drei Brüder, die ihren Vater früh verloren haben, könnten unterschiedlicher nicht sein. Tatsuya arbeitet in einer Werbeagentur, fühlt sich als Ältester verantwortlich für die Familie und versucht stets, vernünftige Entscheidungen zu treffen. Kein Wunder, dass er sich ständig mit seinem jüngeren Bruder Riku in die Haare kriegt, der das Leben lockerer sieht, sich ausgiebig vergnügt und eher impulsiv handelt. Junpei, der Jüngste, ist feinfühlig, fürsorglich und manchmal sehr naiv, was ihm eine Menge Probleme beschert. Amüsiert habe ich mich vor allem über die Mutter, die als Teilzeitkraft in einem Supermarkt arbeitet, die lästigen Haushaltspflichten gern ihren drei Söhnen überlasst und kein Blatt vor den Mund nimmt.
Der Charakter jeder einzelnen Figur ist konsequent, aber auch liebevoll ausgearbeitet, dass die Familie und ihr turbulenter Alltag sehr authentisch rüberkommen. Auch wenn sich die Brüder ständig fetzen, halten sie in ihren Krisen – und davon gibt’s nicht wenige – zusammen, ja sie lernen sogar voneinander. Der Titel ‚Brother Beat’ trifft’s genau, denn trotz gelegentlicher Dissonanzen schlagen ihre Herzen im gleichen Beat.
Neben dem Zusammenhalt geht es auch um den Wunsch der Väter, die Familientradition weiterzuführen. Rührend fand ich, mit welcher bedeutungsschwangeren Geste ein Konditor, der mich mit seinen konservativen und strengen Ansichten an meinen Vater erinnerte, schließlich doch in die Heirat seiner Tochter einwilligt, auch wenn er sich ihre Zukunft ganz anders vorgestellt hatte. Die Serie zeigt den typischen Traum der jungen Generation, die das Elternhaus auf dem Land verlässt und nach Tokio zieht, um sich beruflich und persönlich zu verwirklichen.

Systematisch vertuscht
Der amerikanische Film „Spotlight“ von 2015 beginnt mit einem Personalwechsel. Marty Baron ist neu in Boston und tritt seine neue Stelle als Chefredakteur bei der Boston Globe an. Die Mitarbeiter, darunter das Investigativteam namens ‚Spotlight‘ befürchtet personelle Kürzungen. Baron hat jedoch ganz anderes im Sinn. Er setzt das Team darauf an, Fälle des Kindesmissbrauchs in der Erzdiözese Boston aufzudecken.
Was die Journalisten durch intensive Recherchearbeit nach und nach aufdecken, versetzt den Zuschauer in eine Mischung aus höchster Anspannung, Entsetzen und Sprachlosigkeit, zumal die Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht. Es wird deutlich, dass es sich beim Kindesmissbrauch keineswegs um Einzelfälle, sondern um eine ganze Serie handelt. Die Zahl der verdächtigen Priester und der Opfer steigt stetig und der Gipfel ist, dass die Kirche davon wusste, die Verbrechen jedoch vertuschte. Die Reporter arbeiten akribisch Tag und Nacht, stoßen auf Schweigen und Widerstand, schaffen aber durch ihre Hartnäckigkeit Stück für Stück einen Durchbruch. Dabei stellt sich die Frage, wann der richtige Zeitpunkt ist, um mit den bisher ermittelten Fakten an die Öffentlichkeit zu gehen. Der Zeitdruck ist groß, da auch andere Medien eine Story wittern; andererseits will der Herausgeber nicht die Priester, sondern in erster Linie das System, das dahintersteckt, bloßlegen. Für ihre umfassende Berichterstattung von 2001 bis 2003 erhielten die Journalisten damals den Pulitzer Preis.
Ich fand es bemerkenswert, wie sensibel und differenziert der Film mit dem Thema umgeht und von reiner Schwarz-Weiß-Malerei absieht. Nicht nur die Kirche trifft die Schuld – auch die Medien tragen ihre Verantwortung, da sie zwar hier und da von Einzelfällen berichteten, aber nicht gründlich genug recherchiert und die Zusammenhänge nicht erkannt hatten. Die Interviews mit Opfern und Selbsthilfegruppen zeigen, auf welch grausame Weise ein Leben für immer zerstört wird und welch zwielichtige Arbeit die Anwälte der Gegenseite verrichten – Vertreter des katholischen Establishments dagegen berufen sich auf ihren Glauben, dass die Menschen die Kirche bräuchten, weil sie auch Gutes und Wichtiges leiste. Der Film war für sechs Oscars nominiert und hat verdientermaßen den Preis für den „Besten Film“ und das „Beste Drehbuch“ eingeheimst.

Seinen Ozean finden
Kein Ziel festlegen, kein Hotel reservieren, sondern einfach Richtung Meer fahren und bleiben, wo es einem gefällt. Kann es einen besseren Sommerurlaub geben? Für Hiromi Sakurai in der Serie „Beach Boys“ jedenfalls nicht. Der ehemalige Schwimmathlet, der kurz davor war, für Japan eine Medaille zu holen, musste wegen einer Verletzung seine Karriere hinschmeißen. Seitdem sandelt er vor sich hin, hat sich gerade von seiner Freundin getrennt und will einfach den bevorstehenden Sommer am Meer genießen. Unterwegs lernt er Kaito kennen, einen zurückhaltenden ernsten Geschäftsmann aus Tokio, der ihm bei einer Autopanne hilft.
Zusammen landen sie in der Pension Diamond Head direkt am Meer. Hiromi ist sofort begeistert und nimmt einen Aushilfsjob an, während Kaito dem redseligen und nervigen Kerl möglichst aus dem Weg geht und seine Ruhe haben will. Trotz oder gerade wegen ihres gegensätzlichen Charakters freunden sie sich an und werden während der Sommerferien zum festen Inventar der Pension – zur großen Freude von Makoto, der 17-jährigen Schülerin und Enkelin des Besitzers Masaru. Sie freut sich über die Gesellschaft der zwei gut gelaunten, attraktiven Jungs und tauft sie „Beach Boys“. Die sympathischen Darsteller Yutaka Takenouchi und Takashi Sorimachi schafften mit der Serie ihren großen Durchbruch und zählen seitdem zu den beliebtesten Schauspielern Japans.
Auf den ersten Blick ist es eine in 12 Episoden erzählte Feel-Good-Serie und eine Hommage an den Sommer, das Meer und das Urlaubsfeeling. Gedreht wurde an den schönen Stränden von Saipan. Die Geschichte handelt aber auch von Lebensträumen und Sehnsüchten, die tiefer gehen. Was passiert, wenn für Hiromi die Ferien, für Kaito die Auszeit vorbei ist? Sich einfach dort niederzulassen und ein Happy End zu erwarten, wäre zu einfach, zumal der Schein oft trügt. So sitzt der Schock tief, als die Jungs erfahren, dass sich der Ex-Surfer Masaru mit der Pension keineswegs einen Traum erfüllt hat, sondern durch äußere Umstände gezwungen war, dort zu bleiben und hängengeblieben ist.
Genügt das einfache Leben, um glücklich zu sein oder macht man sich nur etwas vor und wird zu bequem, um anspruchsvollere Ziele anzusteuern? Viele Dialoge stimmen einen nachdenklich, zum Beispiel Masarus Botschaft, dass der Ort sein Revier, „sein Ozean“, sei, und die Beach Boys weiterziehen und ihren eigenen Ozean finden müssen.

Klassik trifft Comic
Wofür können sich Japaner am meisten begeistern? Genau, für klassische Musik und Anime. Warum sonst gibt es so viele Verfilmungen von Comics, die von Komponisten, Dirigenten oder Pianisten handeln? Bestes Beispiel dafür ist die erfolgreiche japanische Produktion „Nodame Cantabile“. Sie basiert auf einer preisgekrönten Manga-Serie der japanischen Zeichnerin Tomoko Ninomiya, die von 2001 bis 2009 in einer Manga-Zeitschrift und 23 Sammelbänden veröffentlicht wurde. Aus dieser Idee entstand sowohl eine Serie mit zwei Staffeln als auch ein zweiteiliger Spielfilm.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Musterstudent Shinichi Chiaki, der als Kind mit seinen Eltern Europa bereiste und die klassische Musik kennen und lieben lernte. Geprägt hat ihn vor allem die Begegnung mit dem Dirigenten Sebastiano Viera. Nun studiert er an der Musikakademie Momogaoka in Tokio Klavier, träumt aber davon, Dirigent und Komponist zu werden.
Durch Zufall lernt er Megumi Noda mit dem Spitznamen Nodame kennen, die nicht nur seine Kommilitonin, sondern auch Nachbarin ist. Ihr einzigartiges Klavierspiel beeindruckt ihn, doch alles andere löst nur Entsetzen aus: sie ist ein Messie, chaotisch und jagt ihm auch noch hinterher. Ihr verdankt er allerdings die Chance, ein Studentenorchester zu leiten und zu lernen, die musikalischen Fähigkeiten jedes Einzelnen zu schätzen. In der zweiten Staffel ziehen sie gemeinsam nach Paris, wo Nodame ihr Studium an der Conservatoire de Musique aufnimmt, während Chiaki sich als Dirigent des Roux-Marlet-Orchesters bewähren muss.
Witzig ist vor allem die Machart der Serie: Aufkochende Emotionen und hitzige Wortgefechte werden mit visuellen Effekten untermalt, dass man meint, man lese einen Comic. Sehenswert ist die Serie aber vor allem wegen der wunderbaren musikalischen Darbietungen unter anderem von folgenden bekannten Werken:
Adagio cantabile von Beethoven
Sinfonie Nr. 3 F-Dur op. 90 von Brahms
Fantaisie-Impromptu in cis-Moll, op. 66 von Chopin
L’Isle Joyeuse von Claude Debussy
Danse russe aus Stravinskys Petruschka
Miroirs von Maurice Ravel
Klaviersonate Nr. 18 von Mozart

Studiochef und Troubleshooter
Im Flieger nach New York hatte ich die Gelegenheit, einen Film anzusehen, der gerade auf DVD erschienen ist: „Hail, Caesar!“ von den Coen-Brüdern, der den Wettbewerb der 66. Berlinale im Februar eröffnete. Viel logische Handlung darf man in diesem Film nicht erwarten, doch man kann in die wunderbar bunten Studiokulissen der Fünfziger Jahre eintauchen, mitten ins Goldene Zeitalter von Hollywood.
Hauptfigur Eddie Mannix leitet das Filmprojekt „Hail, Caesar!“ – ein im alten Rom angesiedelten monumentalen Sandalenfilm. Kurz vor Drehschluss wird jedoch der Hauptdarsteller von einer Gruppe kommunistischer Drehbuchautoren entführt, die sich „Die Zukunft“ nennt. Dass eine Summe von 100.000 Dollar als Lösegeld gefordert wird, ist nur eines von vielen kleinen und großen Problemen, mit denen sich der Studiochef herumschlagen muss. Er ist Mädchen für alles oder ‚Fixer‘, wie man die Arbeit damals nannte.
So erleben wir einen Käfig voller verrückter Künstler und Diven wie eine launische Wasserballetttänzerin, Cowboyhelden, steppende Matrosen und nervige Klatschreporter. Schauspieler wie George Clooney und Scarlett Johansson sind sich nicht zu schade, sich zum Narren zu machen – im Gegenteil, sie haben sichtlich Spaß an ihren Rollen und der überträgt sich ganz schnell auf das Publikum. Typisch für die Coen-Brüder ist wieder das Thema Kunst versus Kommerz, doch in erster Linie ist der Gute-Laune-Film eine Huldigung der einstigen Magie von Hollywood.

Master of Suspense
In letzter Zeit habe ich einige Bücher über Künstlerpaare gelesen, die sich gegenseitig kreativ beflügelten, wie Clara Westhoff und Rainer Maria Rilke, Sonia und Robert Delaunay oder Leonora Carrington und Max Ernst. Dass Alfred Hitchcock und Alma Neville ebenfalls dazu zählten, erfuhr ich erst durch den Film "Hitchcock" von Sacha Gervasi aus dem Jahr 2013. Das Biopic bildet einen kleinen Ausschnitt aus seinem Leben ab und zwar die Phase der Konzeption und Produktion seines Horrorklassikers „Psycho". Und doch erfährt man in komprimierter Form sehr viel über Hitchcocks Charakter, seine Willenskraft, Selbstzweifel, seine Allüren am Set und vor allem die starke Bindung zu seiner Frau Alma. Wer hätte gedacht, dass Hitchcock seinen Welterfolg auch seiner Frau zu verdanken hat.
Alma ist die einzige, die an ihren Ehemann glaubt, als dieser sich in den Kopf setzt, eine grausige Mordgeschichte zu verfilmen. Er möchte noch einmal seine ganze Schaffenskraft in ein experimentelles Filmprojekt setzen, das alles bisher Dagewesene in den Schatten stellt. Nachdem sein vergangener Film "Vertigo" floppte, ist der Druck enorm. Hitchcocks Produktions- und Verleihgesellschaft Paramount wünscht sich einen Kassenschlager wie "North by Northwest" und will von Hitchcocks neuem Projekt nichts wissen. Um den Film dennoch zu realisieren, setzt das Ehepaar ihr Hab und Gut sowie ihren Ruf aufs Spiel.
Hitchcocks Schwäche für kühle blonde Schönheiten wie Tippi Hedren oder Grace Kelly, die er bevorzugt als Hauptdarstellerinnen auswählte, ist allgemein bekannt. Wie sehr Alma unter seinen Frauenfantasien litt und ihm trotzdem auch in schwierigsten Zeiten zur Seite stand, wird nicht zuletzt durch die schauspielerische Leistung von Helen Mirren sehr überzeugend vermittelt. Hitchcocks wiederholte Alpträume von einem Serienmörder und Kannibalen sind etwas verwirrend, doch das gelungene Setting aus den 50er Jahren, das Design, die Klamotten und die bissigen Dialoge zwischen Alma und Alfred machen einige Schwachstellen im Drehbuch wieder wett.

Im Single-Großstadtdschungel
Die Komödie „How to be Single“ hätten wir auf dem Hinflug nach New York und nicht auf dem Rückflug sehen sollen. Wenn ein Film Lust auf Manhattan macht, dann dieser! Das Entertain-Programm von Lufthansa hatte so viel zu bieten, dass ich eigentlich schon vier andere Filme ausgewählt hatte, unter anderem „Hail, Caesar“, „Meine geliebte Schwester“ und „The Revenant“. Doch nachdem Harry neben mir einen Lachanfall nach dem anderen hatte, wurde ich doch neugierig und verbrachte 110 höchst vergnügliche Flugminuten.
Der Film handelt von vier Frauen, die ihr Single-Dasein völlig unterschiedlich erleben. Alice zum Beispiel gönnt sich eine Beziehungspause von ihrem Collegefreund, um zu sich selbst zu finden, bereut aber kurze Zeit später ihre Trennung. Gut, dass sie in ihrer neuen Stelle die Partylöwin Robin kennenlernt, die ihr Nachhilfe gibt, wie man sich als Single zu verhalten hat. Gemeinsam stürzen sie sich in die New Yorker Bar- und Nachtclubszene und erleben haarsträubende Situationen.
Man könnte meinen, dass eine Komödie über Singles in New York kaum Überraschendes bieten kann, doch dieser Film hebt sich angenehm von der Massenware ab. Die Dialoge sind spritzig, die Figuren gut ausgearbeitet und die Handlung verläuft keineswegs so wie erwartet. Dem Münchner Regisseur Christian Ditter ist ein amüsantes Hollywood-Debüt gelungen, das die Freuden und Leiden eines Singles – von Einsamkeit, Zweifel, Ablenkungsversuchen bis hin zur Euphorie – nuancenreich ausleuchtet und uns mit tollen Aufnahmen von Manhattan beglückt.

Standhafter Mann
Der Film „Bridge of Spies“ von Steven Spielberg, der letzten Monat auf DVD erschienen ist, hat so einiges gemeinsam mit dem Thriller "Captain Phillips". Beide sind mit Tom Hanks in der Hauptrolle ideal besetzt, bauen trotz Überlänge eine Wahnsinns-Spannung auf und beruhen auf wahren Begebenheiten.
Schauplatz des Spionagethrillers ist zunächst ein New Yorker Hotel in Brooklyn, wo Anfang der Sechzigerjahre der russische Spion Rudolf Iwanowitsch Abel vom FBI festgenommen wird. Der Formalität halber soll er von dem renommierten amerikanischen Anwalt James B. Donovan vertreten werden, doch die Öffentlichkeit rechnet sowieso fest mit der Todesstrafe. Donovan nimmt den Fall allerdings genauso ernst wie jeden anderen und besteht auf einen fairen Prozess. Hat ihn möglicherweise auch ein klein wenig Abels Geschichte von einem Freund seines Vaters beeindruckt, der sich in noch so hoffnungsloser Lage bis zum Schluss als standhafter Mann erwies? Der Anwalt entwickelt jedenfalls eine bemerkenswerte Hartnäckigkeit und kann Abel tatsächlich vor der Todesstrafe bewahren. Sein Argument: Abel könnte als Tauschobjekt noch von Nutzen sein. Mit dieser Vermutung liegt er richtig, denn als ein amerikanisches Flugzeug auf sowjetischem Boden abgeschossen und der Pilot Gary Powers verhaftet wird, soll Donovan in Ost-Berlin einen Geiseltausch verhandeln.
Komplexer wird die Geschichte, als Donovan in dem Zuge nicht nur den Piloten, sondern auch einen amerikanischen Wirtschaftsstudenten befreien will. Dabei wächst er immer mehr in die Rolle des Unterhändlers hinein, pokert hoch und setzt sogar sein Leben aufs Spiel. Der trockene Humor in den knappen Dialogen und die ästhetischen und kontrastreichen Bilder – zum Beispiel das karge Ost-Berlin in kalten Blau-Grautönen und das üppige amerikanische Frühstück in einem Nobelhotel – sorgen dafür, dass die 140 Spielminuten wie im Fluge vergehen. Hut ab vor Steven Spielberg, der wieder einmal eindrucksvoll einen historischen Stoff in Szene gesetzt hat, in dem Menschen nur als Marionetten für diplomatische Schachzüge und Machtspiele dienen und trotzdem durch Mut und Menschlichkeit ein Zeichen setzen können.

Talentloser Aufsteiger
Von einem Entwicklungsroman bin ich es gewohnt, dass der Protagonist sich charakterlich verändert und am Ende nicht der Gleiche ist wie am Anfang. Auf den Helden des französischen Literaturklassikers "Bel Ami" von Maupassant trifft das nicht gerade zu. Georges Duroy verfolgt von Anfang an das Ziel, in die oberste Liga der elitären Gesellschaft zu gelangen, räumt alle Hindernisse aus dem Weg und erreicht sein Ziel ohne jegliche Sanktionen.
Solch eine Geschichte könnte sich jederzeit und überall abspielen. Eine Stadt, die Ende des 20. Jahrhunderts die besten Voraussetzungen für ehrgeizige Aufsteiger bot, war Paris. Kürzlich hatte ich durch die – sage und schreibe – vierzehnte Verfilmung von "Bel Ami" aus dem Jahr 2012 das Vergnügen, in die damalige Zeit einzutauchen, in der für viele Emporkömmlinge der schnelle Aufstieg und das große Geld zum Greifen nahe erschien. Duroy wählte die für ihn als Charmeur am erfolgsversprechendste Methode: Er verführte die Ehefrauen der mächtigen Gentlemen. Interessant wird die Geschichte, wenn diese Frauen so unterschiedlich sind wie Madeleine Forestier, Clotilde de Marille und Madame Rousset, gespielt von Uma Thurman, Christina Ricci und Kristin Scott Thomas. Rob Pattinson, der in die Rolle des Schwerenöters schlüpfte, sagte in einem Interview, dass die Schauspielerinnen derart unterschiedlich waren, dass er sich bei jedem Dreh komplett neu orientieren musste.
Auch wenn die Story nicht sehr einfallsreich umgesetzt wurde, verfolgt man mit einer gewissen Faszination, wie ein mittelloser Mann ohne Talent allein durch seine Verführungskünste an die Spitze der Gesellschaft gelangt. Ein Augenschmaus sind die opulenten Kostüme und das authentische Setting wie die Arbeitsatmosphäre bei der Zeitung "La Vie Française", der Blumenstand auf einem Pariser Boulevard oder das Treiben in einer Kneipe, wo man meint, in jedem Augenblick könnte Toulouse-Lautrec um die Ecke auftauchen. Im Vergleich zu der Romanfigur, die von Lebensgier und Wunsch nach Anerkennung getrieben wird, bleibt die Filmfigur bis zum Schluss recht farblos.

Lehrling überholt Meister
Manche TV-Serien brauchen eine Weile, bis die Handlung in Fahrt kommt. Bei der japanischen Produktion „Concerto“ wäre ich beinahe nach zwei Folgen ausgestiegen, bin aber zum Glück drangeblieben. Was als eine simple Dreiecksgeschichte beginnt, entwickelt sich zu einem hochspannenden Duell zwischen zwei Architekten.
Im Mittelpunkt steht der junge Mann Kakeru, der davon träumt, eine imposante Kirche in Kamakura zu erbauen. Seit vier Jahren arbeitet er an seinen Entwürfen, sandelt vor sich hin und kann seiner unzufriedenen Freundin Hana keine Zukunftsperspektiven bieten. Sein großes Vorbild ist der berühmte Architekt Kosuke Ebisawa, deren Bauwerke er regelmäßig aufsucht, um sich inspirieren zu lassen.
Die Überraschung ist groß, als just dieser erfolgreiche Künstler durch einen Zufall auf der Bildfläche erscheint und ihr Leben komplett umkrempelt. Kakeru bietet er eine Stelle in seinem Architekturbüro in Tokio an – so weit so gut –, doch die Freundin spannt er ihm aus. Es beginnt eine höchst ungewöhnliche Dreiecksbeziehung, die man kaum in Worte fassen kann, da ihre Entwicklung und Dynamik mindestens so nuancenreich sind wie die Höflichkeitsformeln im Japanischen. Der Lehrling lernt zunächst vom Meister, doch bald fühlt er sich von ihm ausgenutzt, will seine eigenen Träume verwirklichen, statt sein Talent für die Selbstverwirklichung seines Chefs zu opfern. Sie werden zu Rivalen und haben doch den höchsten Respekt voreinander. Hanas Traum ist nur scheinbar in Erfüllung gegangen – sie lebt mit Kosuke in einer Luxuswohnung, hat keine materiellen Sorgen mehr und ist dennoch unglücklich.
Mit jeder Folge kommt eine unerwartete Wendung und eine neue Thematik ins Spiel: der Wunsch nach künstlerischer Selbstverwirklichung, Prinzipientreue, Klüngeleien von mächtigen Unternehmen und der Zwang zum Konformismus. Gemeinsam mit den drei Charakteren erleben wir extreme Höhen und Tiefen ihres Lebens sowie die Bedeutung von wahrer Freundschaft und Liebe.
Am Rande des Irrsinns
Kann eine Serie ohne die Hauptfigur weitergehen? Ja, sie kann, wie die US-Serie „Homeland“ beweist. Am Ende der dritten Staffel ließ Drehbuchautor Alex Gansa den Protagonisten Nicholas Brody, gespielt von Damian Lewis, erhängen. Der Marine, der in Afghanistan nach acht Jahren Gefangenschaft befreit wurde und als vermeintlicher Kriegsheld zurückkehrte, entpuppte sich nämlich als Terrorist, der zum Feind übergelaufen war.
Erkannt hatte dies einzig und allein Carrie, eine bipolare CIA-Agentin, die ständig Gefahren wittert und das mit einer unglaublichen Treffsicherheit. Dass sie sich in Brody verliebte und ein Kind von ihm bekam, machte ihre Mission nicht gerade leichter. Doch was ist schon leicht in Carries Leben? Sie ist psychisch labil, leidet unter extremen Stimmungsschwankungen und putscht sich mit Medikamenten auf. Ihr irrer Blick kann einen noch tagelang verfolgen. Ihre variantenreiche Mimik, die in Sekundenschnelle ein strahlendes Lächeln in ein vor Wut und Verzweiflung verzerrtes Gesicht verwandelt, bringt wohl nur eine so einzigartige Schauspielerin wie Claire Danes zustande.
In der vierten Staffel übernahm sie die schwere Verantwortung, abzuwägen, wann und wie Ziele in Afghanistan angegriffen werden und die Collateralschäden dabei zu minimieren. Was ihr fatalerweise misslang und schwere Konsequenzen mit sich zog. In „Homeland“ passiert es nicht selten, dass man entsetzt ausruft „Das ist doch jetzt nicht wahr! Das können die doch echt nicht bringen?!“ Und ob sie können.
Aktuell ist auf Sat1 die fünfte Staffel zu sehen. Zum ersten Mal wurde dort gedreht, wo auch die Handlung spielt: in Berlin, und zwar an mehr als hundert verschiedenen Orten unter anderem in Potsdam, Nauen und Schönefeld. Als Kulisse dienten auch der Hauptbahnhof, das Rote Rathaus und das Kaffeehaus Grosz am Kurfürstendamm, was Erinnerungen an unsere Städtetour Anfang des Jahres weckt.
Ein Muster wiederholt sich auf markante Weise: Carrie will immer wieder aussteigen, doch dann passiert etwas Unfassbares und sie kann nicht anders, als der Sache nachzugehen. Gut so, denn die spannende Serie, die uns mit einem Cliffhanger nach dem anderen ködert, soll schließlich weitergehen.

Enjoy your flight
Mein Onkel wollte schon als Kind unbedingt Pilot werden. Und ist es auch geworden. Nachdem ich die japanische Serie „Good Luck“ gesehen habe, konnte ich mich ein wenig in ihn hineinversetzen. Die Serie handelt von einem jungen Mann, der gerade seine Pilot-Ausbildung abgeschlossen hat und sich zunächst als Co-Pilot bewähren darf. Eine seiner häufigsten Routen führt vom Narita Flughafen in Tokio nach Honolulu. Er liebt das Fliegen und kann sich keinen anderen Beruf vorstellen – auch dann nicht, als ein schwerer Unfall seine Laufbahn in Frage stellt. Die Serie mag sich mancher Klischees bedienen, doch ich war überrascht, welch umfassenden Einblick ich in die Arbeit einer Fluggesellschaft bekam.
Wann kann man schon einem Piloten so genau über die Schulter schauen, jeden Handgriff beim Abflug und der Landung verfolgen und lernen, warum der Pilot bei einer Notlandung gerade die Entscheidung von mehreren Optionen getroffen hat und nicht eine andere. Vom Cockpit über die Cabin Crew, von der Flugaufsicht bis hin zur Sicherheitskontrolle – jeder Arbeitsbereich wird näher unter die Lupe genommen und zeigt anhand verschiedener Charaktere sowohl typische als auch ungewöhnliche Herausforderungen im Berufsalltag.
Auch das ausgeprägte Hierarchiedenken in japanischen Unternehmen und die typische Rollenverteilung zwischen dem untergebenen Kôhai und dem berufserfahrenen Senpai wird verdeutlicht. Nun kann ich mir auch vorstellen, wie der Arbeitsalltag meiner Muter aussah, als sie eine Zeit lang beim Bodenpersonal der Cathay Pacific Airline arbeitete. Inwieweit die Serie die Realität widerspiegelt, kann ich schwer beurteilen, doch den nächsten Flug werde ich sicher anders – vielleicht bewusster – erleben als zuvor.

Abendprogramm auf japanisch
Mit dem Fire TV-Gerät tun sich ständig neue Nutzungsmöglichkeiten auf: erst das Videoangebot von Amazon Prime, dann die Apps für TV Mediatheken. Mein neuester Fund sind japanische Serien, ‚Dorama’ genannt, die ich von YouTube mittels Airplay auf den Fernseher übertragen kann.
Wenn ich schon nie die Gelegenheit hatte, längere Zeit in Japan zu leben, kann ich wenigstens auf die Weise in das Office- und Freizeitleben dort hineinschnuppern und sehen, was die Japaner in ihrem Alltag so beschäftigt. Zwei in Japan sehr erfolgreiche Serien haben mir besonders gut gefallen.
Fangen wir mit der tragischen an: „A beautiful life“ aus dem Jahr 2000, die damals in Japan eine Einschaltquote von knapp 38 % erreichte, erzählt von der Bibliothekarin Kyoko im Rollstuhl, die sich in den Haarstylisten Shuji verliebt. Man könnte die Handlung als rührselige Romanze abtun, aber mich hat sie sehr berührt, weil sie auf sensible und vielschichtige Weise vermittelt, was ein Handicap für eine Beziehung bedeuten kann. Die Chemie zwischen den glänzenden Hauptdarstellern Takuya Kimura und Takako Tokiwa stimmt perfekt. Ihre Liebe wird durch banale praktische Aspekte im Alltag und die Sorgen um eine gemeinsame Zukunft auf die Probe gestellt. Kyokos konservatives Elternhaus steht im starken Kontrast zur jungen hippen Szene, in der Shuji verkehrt.
Weitaus heiterer ist die Serie „Long Vacation“, die in Tokio spielt – vor allem wegen der schrägen Darstellerin Tomoko Yamaguchi. Sie schlüpft in die Rolle der 31-jährigen Minami, die von ihrem Bräutigam kurz vor der Hochzeitszeremonie sitzen gelassen wurde. Auf der Suche nach einer Bleibe nistet sie sich bei dessen ehemaligem Zimmergenossen Sena ein. Die temperamentvolle Minami, die kein Blatt vor den Mund nimmt, und der introvertierte Möchte-Gern-Pianist Sena bilden ein explosives Gespann, dass mitunter die Fetzen fliegen. Die Story rutscht dabei nie ins Seichte ab und hat besonders dann ihre Momente, wenn die Protagonisten versuchen, Enttäuschungen zu verarbeiten, sich von Konventionen und Abhängigkeiten zu befreien, um ihre wahren Lebensträume zu verfolgen.
Das 4:3 Format wirft einen zwar technologisch zurück, doch die Qualität ist erstaunlich gut. Japanisch-Kenntnisse sind nicht unbedingt erforderlich, denn die Serien sind mit englischen Untertiteln versehen.

In den Klauen der bulgarischen Mafia
Spannende Krimis ohne blutrünstige Szenen sind immer schwerer zu finden. Auch die kürzlich entdeckte Serie „Undercover“ kommt nicht ohne Gewalt und Brutalität aus, doch sie beschränkt sich auf wenige (dafür allerdings umso heftigere) Szenen und sorgt mit viel subtileren Mitteln für Nervenkitzel. Es handelt sich weder um eine amerikanische noch eine skandinavische, sondern – man staune – eine bulgarische Produktion. Sie wurde ursprünglich für den kleinen staatlichen bulgarischen Sender BNT geschrieben und realisiert und ist mittlerweile in rund 120 Ländern zu sehen.
‚Undercover’ arbeitet Martin, der in einem Heim für schwererziehbare Kinder aufwuchs und Boxer wurde. Von seinem Mentor und Polizeikommissar Popov wird er als Agent in die bulgarische Mafia eingeschleust, um Beweismaterial gegen den mächtigen Drahtzieher Djaro zu sammeln. Dass es hierbei auch um eine persönliche Abrechnung geht, macht das Feuerzeug deutlich, mit dem Popov ständig rumhantiert.
Durch seine Intelligenz und Waghalsigkeit gelingt es Martin, alle Bewährungsproben zu bestehen und die Anerkennung Djaros zu gewinnen. Eine falsche Mimik oder Gestik kann für Martin fatal enden und ihn auffliegen lassen. Während ich in anderen Serien vergeblich darauf warte, dass die Handlung in Schwung kommt, erlebe ich ‚Undercover’ in einem Zustand permanenter und fast unerträglicher Anspannung, als wäre ich selbst der Willkür des menschenverachtenden Mafiabosses ausgeliefert. Wie kann man jemandem wie ihm das Handwerk legen? Was erschwerend hinzukommt: Martin ist nicht der einzige, der Undercover arbeitet. Seine ohnehin riskante Mission wird durch einen Maulwurf auf der Gegenseite sabotiert.
Die rasante Machart, die auf überflüssige Nebenhandlungen und ausschweifende Dialoge verzichtet, die komplexe Figurenzeichnung und Sofia als hipper und moderner Schauplatz machen die Serie zu einem besonderen Leckerbissen.

In den Hügeln von Hollywood
Der bekannte Krimiautor Michael Connelly ließ sich von dem holländischen Maler Hieronymus Bosch inspirieren, als er einen Namen für seine Romanfigur suchte. „Bosch“ – so heißt auch die Krimiserie, die nach Connellys Literaturvorlage entstand. Der Autor hat selbst als Polizeireporter gearbeitet und war an der Entwicklung der Serie beteiligt.
Ich frage mich, warum Ermittler immer eine düstere Vergangenheit haben müssen. Ich denke da nur an die fast psychopathische Kommissarin in der Serie „Belfast“ oder den cholerischen Kriminalbeamten in der isländischen Serie „Lava“. Kann zur Abwechslung nicht mal ein Cop aus einem glücklichen Elternhaus mit unbeschwerter Kindheit Fälle lösen?
Auch Bosch, Detective in der Hollywood-Division vom LAPD, ist alles andere als eine Frohnatur. Er hat allerdings auch wenig Grund zum Lachen: Er muss sich vor Gericht verantworten, nachdem er einen mutmaßlichen Serienmörder erschossen hat. Mit diesem heiklen Fall stimmt die Serie bereits auf den Grundtenor ein: Wieweit darf sich ein Ermittler über Regeln hinwegsetzen, um einen Schwerverbrecher hinter Gittern zu bringen? Zum Beispiel jemanden, der in den Hügeln um Hollywood eine Kinderleiche vergraben hat.
Weitere Pluspunkte sind das gutdosierte Tempo und prägnante Dialoge. Nach „Deutschland 83“ und „Belfast“, bei denen ich das Gefühl hatte, ein Drittel hätte man locker straffen können, tut „Bosch“, in der keine Bemerkung zu viel ist, richtig gut. Hinzu kommen Kameraeinstellungen mit fast künstlerischem Anspruch. Wenn Bosch beispielsweise an der Glasfront seines Appartments steht mit fantastischer Aussicht auf das nächtliche Los Angeles, spricht sein Blick Bände: Er ist ein getriebener Workaholic, der sich Gerechtigkeit auf die Fahne geschrieben hat. Er liefert sich ein nervenaufreibendes Katz-und-Maus-Spiel mit dem Mörder, dessen Kaltblütigkeit und kranke Psyche einem einen Schauer über den Rücken jagt.

Dreidimensionaler Kunstgenuss
Es gibt viele Möglichkeiten, sich mit einem bedeutenden Gemälde auseinanderzusetzen. Man kann es sich live im Museum ansehen, eine Biografie über den Künstler lesen, in einem Bildband schmökern oder sich im Internet informieren. Eine Variante, die mir besonders gut gefällt, bietet das Fernsehprogramm arte mit Sendungen wie „Hundert Meisterwerke“.
In knapp 30 Minuten wir die Geschichte eines herausragenden Werks der Kunstgeschichte erzählt, zum Beispiel „Ein buntes Leben“ von Wassily Kandinsky. Zunächst wird man in die Zeit der Entstehung hineinversetzt. Archivmaterial kombiniert mit dreidimensionalen Animationen zeigen die historischen Hintergründe, wichtige Ereignisse sowie Sitten und Bräuche dieser Zeit. Dann wird ein Bogen zum Künstler und seinem Werk gespannt.
Mich faszinieren vor allem die visuellen Techniken, die bei der detaillierten Bildanalyse zum Einsatz kommen. Bestimmte Partien werden ausgeblendet oder herangezoomt, das Bild in mehrere Teile zerlegt, um die Komposition oder Proportionen zu erläutern oder vergleichbare Werke gegenübergestellt. So aufmerksam wie in dieser Sendung sehe ich mir ein Bild im Museum normalerweise nicht an. Da lasse ich es eher als Ganzes auf mich wirken.
Auf die Weise wurde ich beispielsweise auf die wirtschaftlichen und sozialen Umwälzungen aufmerksam gemacht, die sich hinter der scheinbar heiteren idylle des Bildes „Die Badenden in Asnières“ von Georges Seurat verbergen. Und ich erfuhr, wie viele langwierige Diskussionen und Staatkosten investiert wurden, damit Elisabeth Vigée-Lebrun im Jahr 1787 das Porträt „Marie Antoinette mit ihren Kindern“ fertigstellen konnte – mit dem alleinigen Ziel die umstrittene Königin als liebende Mutter zu inszenieren und ihr Image beim Volk zu verbessern. Ich hoffe, dass in dieser Reihe noch viele weitere Meisterwerke folgen werden.
Es begann in Montmartre
Was ich zurzeit weitaus mehr nutze als das Videoangebot von Amazon Prime ist das Fernsehprogramm von arte. Dank dem Kindle TV kann ich bequem in der App surfen und finde besonders im Genre ‚Film und Kunst’ jede Menge interessanter Dokumentationen, die man sich zudem in der Originalversion ansehen kann. Dazu zählt zum Beispiel „Les Aventuriers de l’Art Moderne“. Die sechsteilige Dokureihe erzählt die Geschichte der Künstler und Intellektuellen von den Anfängen der modernen Kunst bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs.
Am Anfang des 20. Jahrhunderts zieht es Maler, Dichter und Literaten in die Künstlermetropole Paris, darunter Max Jacob, ein mittelloser Dichter. Beim Kunsthändler Ambroise Vollard stößt er auf Arbeiten eines noch unbekannten Pablo Picasso und ist fasziniert. Die beiden freunden sich an und lassen sich mit dem Dichter Apollinaire im Bateau-Lavoir, einer ehemaligen Klavier-Manufaktur, nieder.
Die Machart der Dokumentation gefällt mir besonders gut. Authentisches Archivmaterial wird durch fantasievolle Illustrationen, Spielszenen und Animationen ergänzt. Man fühlt sich in die damalige Zeit zurückversetzt und erlebt die Geburtsstunde des Fauvismus, des Kubismus und des Dadaismus mit. Man erfährt, auf welche Weise sich die Maler und Literaten wie Chagall, Modigliani, Aragon und Breton gegenseitig beeinflussten. In den je 50-minütigen Folgen wird vor den Augen des Zuschauers die Welt des Pariser Kunstlebens entfaltet, von der beflügelnden Zeit in Montmartre bis zu den zerstörerischen Folgen des Ersten und Zweiten Weltkrieges.
Als nächstes steht für mich die vierteilige Reihe "Epochen der Musikgeschichte" auf dem Programm.

Lesen, streamen, bestellen
Nach einem Jahr Amazon Prime Mitgliedschaft kann ich ein erstes Fazit ziehen. Das Film- und Serienangebot, das im Jahresbeitrag von 54 € inbegriffen ist, fällt im Vergleich zu Lovefilm mager aus – hier musste ich deutlich Abstriche machen. Erfreulich ist aber, dass die Auswahl an Serien in der Originalversion merklich zunimmt. Allein durch die Entdeckung der witzigen Krimiserie „Castle“ mit ihren 5 Staffeln, die letztes Jahr noch im Prime inbegriffen waren, hat sich für mich die Flatrate rentiert. Auch bei den Eigenproduktionen wird man fündig. Zurzeit bin ich von der amerikanischen Serie „Bosch“ recht angetan.
In der Leihbücherei tat ich mich zunächst schwer, etwas Interessantes zu finden. Die Empfehlungen von Kindlepost, die jeden Freitag erscheinen, sind ganz hilfreich, um auf nützliche Ratgeber oder Romane von weniger bekannten Autoren zu stoßen.
Bleiben noch die versandkostenfreien Lieferungen zu erwähnen, die sich bei mir auf jeden Fall rechnen. Obwohl mir bewusst ist, dass die Existenz vieler Buchhandlungen auf dem Spiel steht, muss ich gestehen, dass ich von der Bequemlichkeit und den vielfältigen Möglichkeiten, die Amazon nicht nur Käufern, sondern auch Autoren bietet, schwer loskomme. So werde ich wohl meine Mitgliedschaft verlängern.
Hier eine Auswahl an sehens- und lesenswerten Titeln:
Serien:
The Good Wife
The Bletchley Circle
Grace and Frankie
Fleming – The Man who would be Bond
Revenge
Bones
Leihbücherei:
Alex Capus, Fast ein bisschen Frühling
Heike Fröhling, Als Träume fliegen lernten
Tim Leffel, Travel Writing 2.0
Thomas Mangold, Evernote – Mein Life-Management-Tool
Matt Morris, Simplify: 26 Smart Habits of Highly Successful People
Larry Keltto; The Solopreneur Life
Und nicht zu vergessen: „Glückliche Zukunft“, ein Gegenwartsroman, den ich Euch uneingeschränkt empfehlen kann :-)

Zartbittere Romanze
Wer nach den Feiertagen immer noch nicht genug hat von Süßem (gerade muss ich an die köstlichen Pralinen von Fassbender & Rausch in Berlin denken), kann in dem Film „Die anonymen Romantiker“ (Originaltitel: „Les émotifs anonymes“) weiterschwelgen. Darin geht es um zwei schüchterne Schokoliebhaber, die nach langem Hin und Her endlich zueinander finden.
Angélique, begabteste Pralinen-Designerin in ganz Frankreich, tritt als Vertriebskraft in Jean-Renés Pralinenmanufaktur ein, die vom Bankrott bedroht ist. Die beiden teilen nicht nur ihr Faible für Schokolade, sondern leiden unter Hochempfindsamkeit und sind deswegen in Therapie. Angélique besucht eine Selbsthilfegruppe, während Jean-Pierre durch Einzelsitzungen versucht, seine Schüchternheit zu überwinden. Das verliebte Paar verabredet sich zu romantischen Dates, die jedoch völlig anders verlaufen, als wir es gewohnt sind. Bei einem Abendessen muss der schweißgebadete Jean-René mehrmals sein Hemd wechseln, während Angélique dazu neigt, bei der kleinsten Aufregung mitten im Gespräch in Ohnmacht zu fallen.
Ich wusste bisher wenig über hochsensible Menschen und konnte dank Jean-Pierre Améris Film sehr viel über ihr Leiden erfahren. Sie zeigen extreme Gefühlsreaktionen und sind voller Wünsche, die sie nicht ausleben können. Schon der einfachste soziale Umgang fällt ihnen schwer. Der Regisseur ist selbst betroffen und weiß, wovon er spricht. Während seiner langen Sitzungen bei den Anonymen Hochsensiblen konnte er viele Fakten und Details sammeln, bis er schließlich in der Lage war, einen Film über die Thematik zu drehen. In einem Interview sagte er einmal, dass er das Filmdrehen braucht, um auf Menschen zuzugehen. Das Drehbuch schrieb er mit seinem Co-Autor Philippe Blasband in einer Konditorei in Brüssel.

Das Weltraumspektakel geht weiter
„Raumschiff Enterprise“ zählt zu den wenigen Science-Fiction-Serien, dir mir aus der Kindheit vertraut sind. „Star Wars“ dagegen ist völlig an mir vorbei gegangen. Seit einigen Wochen bekomme ich den ganzen Hype um die Fortsetzung mit und das einzige, was ich über die Story weiß, ist, dass Figuren mit witzigen Namen wie Luke Skywalker und Obi Wan Kenobi mitspielen.
Als wir in Berlin einige Regenstunden zu überbrücken hatten, wäre ich daher lieber in eine Kunstausstellung gegangen, doch meinem Freund zuliebe entschieden wir uns für "Star Wars: Das Erwachen der Macht“ in 3D. Wenn schon ein Kinobesuch, dann soll es das CineStar IMAX im Sony Center sein mit der größten Leinwand Berlins sein. Ich war neugierig auf den Streifen, der ein Budget von circa 200 Millionen verschlungen, vor dem Start am 17. Dezember aber ein Viertel davon schon wieder eingespielt hat. Ein beträchtlicher Anteil ging sicher an die ‚Visual Effects Artists’, deren Auflistung im Abspann kein Ende nahm.
Zu schade, dass ausgerechnet in dieser Folge besagter Luke Skywalker gar nicht mitspielt, da er als verschollen gilt. Während dessen haben die Bösen – die Erste Ordnung – die Herrschaft an sich gerissen und sind auf der Suche nach dem untergetauchten Jedi-Ritter – genauso wie eine Gruppe von Rebellen, darunter Han Solo, gespielt von einem sehr überzeugenden Harrison Ford. Wie befürchtet, verstand ich viele Anspielungen auf frühere Episoden nicht. Auch die chaotischen Schlachten, Laserschwertduelle und hektischen Jagdszenen sowie der fast ohrenbetäubende Sound waren für mein Gemüt zu anstrengend. Immer wieder war ich versucht, Raumschiffen, die auf mich zurasten, oder Schwertern, die vor meiner Nase hin und her gefuchtelt wurden, auszuweichen. Ein Dozent hatte uns einmal in einem Führungskräfteseminar die Star Wars Filme mehrmals ans Herz gelegt, weil man von ihnen viel über Autorität und Menschenführung lernen könne. Das kann ich nicht unbedingt nachvollziehen. Die Konfrontation zwischen Gut und Böse finde ich sehr plakativ, da fehlen mir die feinen Nuancen.
Wirklich sehenswert fand ich dagegen die phänomenalen Landschaftsbilder, darunter karge Wüsten, glitzernde Gletscher und saftgrüne Wälder. Kaum zu glauben, dass die Drehorte gar nicht so weit weg liegen, nämlich in der Schweiz oder in Italien. Wer sie näher erkunden möchte, kann bei spezialisierten Reiseveranstaltern Star Wars Reisetouren buchen. Nun würde ich zu gern einen wahren Fan befragen, ob seine Erwartungen an die Fortsetzung der Weltraumsaga erfüllt wurden.

Schleichender Freiheitsverlust
Nach „Borgen“ gibt es nun wieder eine skandinavische Serie, in der politische und journalistische Ambitionen eine zentrale Rolle spielen. „Occupied“ basiert auf einer Idee des Thriller-Autors Jo Nesbo, und zeigt uns ein beängstigendes Zukunftsszenario: Jesper Berg setzt auf das Mineral Thorium, um die norwegische Öl- und Gasförderung einzustellen und den Energiemarkt umzukrempeln. Sein ökologisches Programm stößt auf viel Zuspruch – er wird zum Premierminister gewählt. Kurz darauf wird er jedoch von russischen Spezialeinheiten entführt und gezwungen, seinen Kurs radikal zu ändern. Dabei wird er von dem Journalisten Thomas Eriksen beobachtet, der eine Sensationsstory wittert.
Unter dem Druck Russlands und der EU, die von Norwegens Gas- und Ölproduktion abhängig sind, kündigt Berg überraschend an, dass die Förderung von Öl und Gas wieder auf das ursprüngliche Niveau hochgefahren wird. Die Partei und Bevölkerung fühlen sich verraten. Sie ahnen ja nicht, dass Berg keine andere Wahl hat, wenn er einen Krieg vermeiden will.
Spannend an dieser Serie ist vor allem zu beobachten, welche Auswirkung die schleichende Invasion auf die einzelnen Figuren hat. Die Gastronomin Bente hat kein Problem damit, solange sie durch die spendablen Russen ihr Restaurant vor dem Bankrott retten kann. Ihr Freund Thomas erhofft sich als Journalist einen Karrieresprung, der Bodyguard des Premierministers wird Vertrauter der Russen und steigt zum leitenden Ermittler auf. Bei allen anderen wächst die Angst davor, ihre politischen und gesellschaftlichen Rechte zu verlieren. Eine temporeiche und vielschichtige Serie, die bis letzten Donnerstag auf arte ausgestrahlt wurde.

Die Geschichte der Goldenen Statue
Es gibt wohl kaum einen Anlass, bei dem so viele Freudentränen vergossen und so lange Dankesreden gehalten werden wie bei der alljährlichen Oscarverleihung. Einen interessanten Einblick in die Geschichte des begehrten Filmpreises gibt der Dokumentarfilm „And the Oscar goes to“.
Das erste Mal wurde der Satz „The winner is ... „ am 26. Mai 1929 im Roosevelt Hotel ausgesprochen, als der deutsche Schauspieler und Weltstar Emil Jannings den ‚Academy Award of Merit’ erhielt. Douglas Fairbanks wickelte die Verleihung in der Rekordzeit von vier Minuten und 22 Sekunden ab – heute undenkbar!
Man erfährt, wie Hollywood-Insider wie Tom Hanks, Whoopi Goldberg oder George Clooney die Entwicklung der Oscarverleihung erlebt haben. Auch ein dunkles Kapitel in der McCarthy-Zeit bleibt nicht unerwähnt: als „kommunistisch" gebrandmarkte Schauspieler und Regisseure standen auf schwarzen Listen und durften keinen Oscar gewinnen.
Besonders interessant fand ich das Interview mit Helen Mirren, die den Oscar als beste Darstellerin für die Rolle der Queen gewann. Sie sagt, es sei ein komisches Gefühl, in einem maßgeschneiderten wunderschönen Kleid im Publikum zu sitzen, umgeben von Menschen mit völlig gegensätzlichen Haltungen – arrogant und stolz die einen, unsicher und demütig die anderen. Wie im Slow Motion erlebe man die Öffnung des Umschlages und die Nennung des Gewinners. Wie muss es da der Filmcrew von „Die Farbe Lila“ ergangen sein? In 11 Kategorien war der Film von Steven Spielberg nominiert und ging völlig leer aus.
Auch wenn man über Sinn und Unsinn der Oscarverleihung streiten kann, so macht sie einem doch bewusst, wie viele verschiedenen Elemente wie Sound, Maskenbild, Technik, Kostümdesign, Regie etc. aufeinander abzustimmen sind, um ein Gesamtkunstwerk zu schaffen.
Ich erinnere mich, wie ich bei einer Oscarnacht besonders mitgefiebert habe: Es war 1986, als „Jenseits von Afrika“ von Sydney Pollack für 11 Oscars nominiert wurde und 7 davon gewann.

Verhängnisvolle Begegnung
Meine Eltern waren ziemliche Filmfreaks und das hat sicher auf mich abgefärbt. Während bei meinen Freunden der Fernsehkonsum deutlich eingeschränkt war, zeigten sich meine Eltern in der Hinsicht sehr großzügig. Schon als Kind ließen sie mich einen Hollywood-Klassiker nach dem anderen mit ihnen ansehen, vielleicht in der Annahme, dass der eine oder andere Film durchaus pädagogisch wertvoll sein könnte.
Wenn ich meine Mutter besuche, kramen wir auch heute noch hin und wieder ein paar alte Schinken aus und bewundern die großen Leinwandstars wie Gregory Peck, James Stewart und Ingrid Bergmann. Zuletzt haben wir in der Tragödie „Waterloo Bridge“ von Mervyn LeRoy mit Robert Taylor und Vivien Leigh mitgelitten. Er handelt von dem britischen Offizier Roy Cronin und der Balletttänzerin Myra Lester. Sie begegnen sich bei einem Bombenangriff während des Ersten Weltkrieges und verlieben sich ineinander. Als Roy unerwartet abgezogen wird und Myra seinetwegen eine Vorstellung verpasst und ihren Job verliert, beginnt ihr sozialer Abstieg.
Obwohl nicht alle Details der Geschichte glaubwürdig erscheinen, finde ich die Mischung der großen Themen des Lebens gelungen. Es geht um die große Liebe, eine Begegnung, die das Leben komplett umkrempeln kann, Klassenunterschiede und die Wahl zwischen einem sicheren Job und der Mut zur Selbstständigkeit. Ein Film, der auch heute noch starke Emotionen hervorruft und mit seinen düsteren Bildern von London lange nachwirkt.

Wer nicht hört, muss fühlen
Als pädagogisch äußerst bedenklich ist die Serie "Lillyhammer" zu betrachten, die auf Netflix zu sehen ist. Sie handelt von Frank Tagliano, einem ehemaligen New Yorker Mafiosi, der im Rahmen des Zeugenschutzprogramms ausgerechnet im beschaulichen Lillehammer ein neues Leben anfangen will. Mit dem neuen Namen Giovanni Hendriksen und seinen neu gewonnenen Freunden gründet er die Bar Flamingo, die sich bald zum beliebtesten Hotspot entwickelt. Sowohl beruflich als auch privat stößt er immer wieder auf Hürden, die ihm gar nicht in den Kram passen, doch nach dem Motto "Eine Hand wäscht die andere" bekommt Giovanni immer seinen Willen – wenn nicht legal dann eben illegal. Gäbe es ein Handbuch für seine typische Vorgehensweise, hätte es den Titel "Wer nicht hört, muss fühlen".
Und trotzdem hat man ihn als Zuschauer einfach gern, diesen Giovanni, der trotz seiner fragwürdigen Moral viel Herz hat, genauso wie sein Freund Torgeir, den er zum Geschäftsführer von Flamingo ernennt. Leider kann sich Giovanni auch in der zweiten Staffel nicht voll und ganz seinen neuen Aufgaben widmen, denn seine Vergangenheit holt ihn immer wieder ein und sorgt für witzige und spannende Szenen in Manhattan. Hut ab vor dem Casting Team. So viele skurrile, teilweise hässliche und abgefahrene Charaktere in geballter Form habe ich selten erlebt. Ich habe ein wenig gebraucht, um mit der Serie warmzuwerden, doch mittlerweile bin ich von den exzellenten Darstellern, dem subtilen Humor und den tollen Landschaftsaufnahmen begeistert.

Memory Detectives
Ähnlich wie in „Die Unfassbaren“ geht es auch in dem Film „Mindscape“ um Täuschung und Manipulation von Gedanken. Diesmal wird diese Fähigkeit jedoch nicht gegen die Polizei, sondern zur Aufklärung eines Mordfalls genutzt. John Washington spielt in diesem Thriller, der in Madrid gedreht wurde, einen sogenannten „Memory Detective“, der sich in die Erinnerung eines Menschen einklinken kann. In seinem aktuellen Auftrag soll er herausfinden, ob die 16-jährige Anna, die aus einer sehr vermögenden Familie stammt und in den Hungerstreik getreten ist, Opfer oder Täter in einem Mordfall ist.
Als John in Annas Gedankenwelt eindringt, kommen immer mehr Details aus Annas Vergangenheit ans Licht, die den Verdacht nicht nur auf Anna, sondern auch auf Menschen in ihrem nahen Umfeld lenken. Auch Johns eigene Ermittlungen werfen immer mehr Rätsel auf. Die Mindscape-Sitzungen und die Dialoge zwischen dem gebrochenen Kriminalpsychologen, der seine Frau verloren hat, und der hochintelligenten Anna sind spannend inszeniert. Bald ist man sich allerdings nicht mehr sicher, wer die Fäden in der Hand hält. Das Ende hält eine überraschende Wende bereit, wirkt allerdings ein wenig überstürzt.

Gezielte Ablenkung
Vielleicht haben die vier Zauberer, die sich „Four Horsemen“ nennen, Harry Houdini einiges abgeguckt, als sie ihre Entfesselungs- und Täuschungsnummern einstudierten. In dem Film „Die Unfassbaren – Now you see me“ von Louis Leterrier lösen sie auf ihren Tourneen durch Chicago, New York und Paris jedenfalls mindestens so viel Begeisterung aus wie einst der Entfesselungsmeister. Dabei ist die Magie oft nichts anderes als gezielte Ablenkung.
In Las Vegas lässt das Quartett nicht nur Tiere und Menschen verschwinden, sondern raubt sogar vor den Augen des Publikums eine Bank aus – zumindest glaubt man als Zuschauer, es mit eigenen Augen gesehen zu haben. Das ruft FBI-Agent Dylan und eine Interpol-Beamtin auf den Plan. Gemeinsam begeben sie sich auf die Jagd nach den vier Reitern, die anscheinend nicht in Eigenregie handeln.
An rasanten Verfolgungsjagden, Glitzer und Lichteffekten mangelt es dem Film nicht – auch nicht an namhaften Stars wie Morgan Freeman, Michael Caine und Mark Ruffalo. Immer wieder erliegt man nicht nur den Täuschungen der Zauberer, sondern auch des Drehbuchautors, der falsche Fährten legt. Auch wenn einiges in der Handlung nicht schlüssig oder glaubwürdig erscheint, wird man von den spektakulären Tricks und Bildern glänzend unterhalten – wie in einer wahren Bühnenshow.

Dreistigkeit siegt
In letzter Zeit stoße ich gehäuft auf Bücher und Filme, in denen es um Täuschung geht. Einer von ihnen ist der deutsche Thriller „Who am I – Kein System ist sicher“. Ein junger Mann namens Benjamin hat seit seiner Kindheit nur einen Wunsch: von seinen Mitmenschen wahrgenommen zu werden. Ein Held zu sein. So weit klingt die Handlung des Films nicht außergewöhnlich.
Erst als Benjamin die Bekanntschaft mit Max, einem typischen Gewinnertypen, macht, verändert sich sein Leben grundlegend, denn dieser schenkt ihm die lang ersehnte Beachtung. Nicht ganz uneigennützig, denn Max ist äußerst interessiert an Benjamins Fähigkeiten als Computer-Hacker.
Nach dem Motto „Dreistigkeit siegt“ bringt er dem schüchternen Typen bei, sich in dieser Welt Gehör zu verschaffen. Mit zwei weiteren Freunden gründen sie die Gruppe CLAY, sabotieren eine Veranstaltung von Neonazis und mischen als Spaßhacker die Konzerne auf. Das Gefühl der Macht und die Gier nach Anerkennung werden von den vier Figuren überzeugend vermittelt. Max hat allerdings Größeres vor: Er will sein großes Vorbild im Darknet MRX mit seinen Taten beeindrucken.
Der Film zeigt, dass Hacker selten wegen technischer Sicherheitslücken, sondern vielmehr durch menschliche Ignoranz und Nachlässigkeit in Systeme kommen. So sucht das Quartett im Müll nach Notizen und Korrespondenz von Mitarbeitern, die ihnen Zugang zu den vermeintlich sichersten Organisationen wie dem BND verschaffen. Sehr gelungen fand ich, wie die Kommunikation in den Internetforen visualisiert wird. Die virtuellen Gespräche in den U-Bahn-Wägen und die düsteren Bilder Berlins unterstreichen die bedrohliche Stimmung des wendungsreichen Thrillers.
Heute las ich in einer technischen Fachzeitschrift, dass Hackerangriffe und Cyber-Spionage die Menschen in Deutschland eher kalt lässt. Der Sicherheitsreport 2015 ergab, dass sich die Bürger kaum Sorgen über Cyber-Risiken machen. Die Allensbacher Meinungsforscher vermuten, dass Gewöhnungseffekte und das Empfinden, persönlich nicht betroffen zu sein, dahinter stecken.

Spätes Coming-out
Dieses Wochenende wird's wieder bunt in München. Unter dem Motto "Familie ist, was wir draus machen", zieht ab 12 Uhr die CSD-Politparade durch die Innenstadt. Anschließend gibt's ein großes Open-Air-Straßenfest rund um den Marienplatz.
Da muss ich gleich an eine amerikanische Serie denken, die ich neulich auf Netflix gesehen habe. "Grace und Frankie", ist leider gar nicht zum Feiern zumute. Ihre Ehemänner haben sich nicht etwa eine jüngere Geliebte zugelegt, sondern sind ineinander verliebt und wollen heiraten. Zwanzig Jahre haben Robert und Sol, die gemeinsam eine Anwaltskanzlei führen, ihre Beziehung geheim gehalten.
Die entsetzten Ehefrauen, beide über 70, ziehen gezwungenermaßen in das gemeinsame Strandhaus. Die einstigen Rivalinnen teilen nun das gleiche Schicksal und raufen sich zusammen, um mit der neuen Situation klarzukommen. Ihr völlig unterschiedlicher Lebensstil macht das Zusammenleben nicht einfach und sorgt für viel Komik. Wenn ich die beiden Figuren so vergleiche – Grace, die ihrer Tochter ein erfolgreiches Kosmetikunternehmen vererbt, sich privat jedoch nur über ihre Ehe definiert hat, und die leicht esoterisch angehauchte Frankie, die gern philosophiert und sich in ihrem Malatelier austobt – bietet Letztere für mich mehr Identifikationspozenzial. Am besten gefällt mir Frankies trockener Humor.
Man sieht den Schauspielerinnen Jane Fonda und Lily Tomlin an, wie viel Spaß sie in dieser Serie haben. Da soll noch einer behaupten, ältere Darstellerinnen würden keine interessanten Rollen mehr bekommen. Und dass Martin Sheen, den ich zuletzt in der Rolle des amerikanischen Präsidenten in der Serie "West Wing" gesehen habe, einen schwulen Ehemann mimen würde, hätte ich nicht erwartet.

Alles im Griff
Mindestens soviel Grund zur Verzweiflung wie die bekannten "Desperate Housewives" haben die "House Husbands" in der gleichnamigen australischen Serie, die auf Netflix zu sehen ist. Sie handelt von vier gestressten Vätern, die sich um ihre fünfjährigen Kinder kümmern und sich als Hausmann durch den Alltag schlagen.
Die Serie lebt vor allem davon, wie unterschiedlich die Charaktere sind. Jeder hat seine Schwächen und Macken, doch wenn es hart auf hart kommt, halten sie zusammen und helfen einnander, was irgendwie rührend ist. Am witzigsten ist Lewis, der sich einerseits gern aufspielt und ganz schön auf die Nerven gehen kann, andererseits die Truppe zusammenhält, wenn alles den Bach runterzugehen droht. Schmunzeln muss man auch über seine Ehefrau, eine gestresste Krankenschwester, die mit dem größten Chaos zu Hause fertig werden muss und doch in jeder Lebenslage ihren trockenen Humor behält. Mark nimmt ausgerechnet einen Teilzeitjob in einer Werbeagentur an und erfährt täglich aufs Neue, was es heißt, zwischen anspruchsvollem Beruf, Kind und Haushalt zu jonglieren. Währenddessen kämpft Footballer Justin nach der Trennung von seiner Frau um das Sorgerecht für seine drei Kinder.
Erstaunlich, wie stark die Eltern in Australien in schulische Aktivitäten eingebunden werden, sei es Geldspenden für eine guten Zweck sammeln, Sportwettbewerbe oder Vorträge über ihren Beruf. Entsprechend sind die House Husbands ziemlich gefordert. Mit jeder Folge gewinnen die Figuren an Tiefe und haben sich wiederholt einer neuen Wende im Leben zu stellen. Ich bin gespannt, wie der ganz normale Alltagswahnsinn des Männerquartetts in der dritten Staffel weitergeht.

Der Schöpfer von 007
Aktuell laufen die Dreharbeiten für den 24. Bond-Film "Spectre", der Ende des Jahres in die Kinos kommen soll. Könnte dies der letzte Bondfilm mit Daniel Craig sein? Es kursiert das Gerücht, dass Ex-Homeland-Star Damian Lewis sein Nachfolger werden könnte. Der letzte Bond-Film "Skyfall", den ich mir sogar im Kino ansah, hat mich ziemlich enttäuscht. Seitdem sich Sean Connery und Roger Moore von der Rolle verabschiedet haben, kann ich der 007-Serie nichts mehr abgewinnen. Großen Respekt dagegen habe ich vor jenem Mann, der die erfolgreiche 007-Serie ins Leben gerufen hat und in der Mini-Serie "Fleming – The man who would be Bond" porträtiert wird.
Der relativ unbekannte Darsteller Dominic Cooper spielt den Dandy und Frauenhelden Ian Fleming sehr überzeugend. Er ist erfolgloser Aktienhändler, lebt auf Kosten seiner reichen Familie und steht stets im Schatten seines Bruders und berühmten Reiseschriftstellers Peter Fleming. Ians vergnügungssüchtiges Leben findet ein jähes Ende, als er gezwungen wird, dem Marinegeheimdienst beizutreten. Ab 1943 führt er mit der speziell ausgebildeten Einheit der Royal Marines, dem No. 30 Commando, gefährliche Missionen gegen die Nazis durch. Seine Erfahrungen liefern ihm jede Menge Inspirationen und Stoff für seine Geschichten.
In den letzten Kriegsjahren verbrachte Fleming einige Zeit auf Jamaika bei Ocho Rios, wo er ein Strandhaus bauen ließ und es "Goldeneye" taufte. Dort verfasste er einen Großteil der zwölf Bond-Romane. Fleming war begeistert von der zauberhaften und blütenreichen Landschaft Jamaikas. Die Strände von Ocho Rios, die Küstenstraße bei Montego Bay oder die Reach Wasserfälle kann man beispielsweise in "Dr. No" und "Leben und sterben lassen" bewundern.
Im Haus der Träume
Historische Serien wie „Luther“, „Sherlock“ und „Downton Abbey“ erfreuen sich großer Beliebtheit. Eine BBC-Produktion, die uns erneut ins Viktorianische Zeitalter versetzt, ist „The Paradise – Haus der Träume“. Sie erzählt die Geschichte von Großbritanniens erstem Kaufhaus und basiert auf dem Roman „Au Bonheur des Dames“ von Emile Zola. Gedreht wurde sie im Lambton Castle, einem Schloss in Durnham im Nordosten Englands, das seit 2011 gern für Hochzeiten und Konferenzen gemietet wird.
Anfangs erschien mir die Serie wie ein fader Abklatsch von „Mr. Selfridge“. John Moray, Witwer und Besitzer des Kaufhauses, ist die britische Version von Harry Selfridge, zeigt aber lange nicht so viel Charisma, Esprit und Ideenreichtum wie der amerikanische Kaufhausmogul. Interessanter sind da schon die Angestellten wie die frisch eingestellte Verkäuferin Denise Lovett, die mit ihren Marketingideen Schwung in die Damenabteilung bringt, und ihre intrigierenden Kontrahentinnen. Im starken Kontrast zu dem strebsamen Personal stehen die reichen Adligen, die von Katherine Glendenning, Morays Verlobte, treffend verkörpert werden. Ihr Lebensinhalt besteht hauptsächlich darin, sich mit Luxusgütern einzudecken und Männerherzen zu erobern.
Auch die Besitzer der kleinen Geschäfte in der High Street, die ihre handwerklichen Qualitäten anpreisen und ums Überleben kämpfen, lassen einen nicht kalt. Ihre Probleme sind auch heute noch aktuell, nur hat sich dem Wettbewerb zwischen Fachgeschäften, Kaufhäusern und Einkaufstempeln auch noch der Onlinehandel dazugesellt.

Gewagter Psycho-Poker
Falls Ihr demnächst eine Reise nach Südafrika oder Indien plant, solltet Ihr Euch nicht unbedingt die Mini-TV-Serie „Der Jäger – Geld oder Leben“ ansehen. Alle anderen könnten aber Gefallen finden an dem spannenden Krimi, der kürzlich auf arte ausgestrahlt wurde.
Die Hauptfigur Dominic King arbeitet bei der Sicherheitsfirma „Kidnap & Ransom“. Sein Job besteht darin, ohne Einschaltung der Polizei mit Entführern zu verhandeln, das Lösegeld auszuliefern und die Geiseln heil nach Hause zu bringen. Ein gewöhnlicher Fall wäre sicher in einer 45-minütigen Folge abgehandelt, doch hier ist die Handlung weitaus komplexer und erstreckt sich über je drei Folgen.
Im ersten Entführungsfall wird eine britische Botanikerin in der Kap-Region entführt. Es gelingt Dominic, sie zu befreien, doch erst da beginnt die eigentliche Handlung und man erfährt, worauf es die Entführer in Wirklichkeit abgesehen haben. Der zweite Auftrag führt den Unterhändler nach Kaschmir in die Stadt Srinagar, wo gleich ein ganzer Reisebus gekapert wird. Was die Entführer nicht wissen und ihrer Tat große Brisanz verleiht: Es befindet sich hohe Prominenz an Bord.
In Dominics Haut möchte man weiß Gott nicht stecken. Jedes noch so kurze Telefonat mit den Kidnappern entscheidet über Leben und Tod der Geiseln. Die Verhandlungen und seine riskante Vorgehensweise sind schon nervenaufreibend genug, doch die Spannung wird durch unerwartete Wendungen und Komplikationen nochmals gesteigert. Oft trügt der Schein und es steckt weitaus mehr dahinter als eine simple Geldforderung. Gut integriert in die Handlung sind die malerischen exotischen Schauplätze. Nach „Broadchurch“ wieder eine anspruchsvolle britische Serie, die mich beeindruckt hat.

Zerbrechlicher Mikrokosmos
Wir befinden uns in Broadchurch, einer fiktiven Kleinstadt an der Südküste Englands. Ein Klempner und Familienvater radelt zur Arbeit und scheint jeden im Dorf zu kennen. Gut gelaunt wirft er Nachbarn und Ladenbesitzern einen freundlichen Gruß zu. So familiär kann das Leben in einer Kleinstadt sein.
Doch was passiert, wenn der elfjährige Sohn desselben tot aufgefunden wird? Vorbei ist es mit der scheinbaren Idylle. Vertrauen unter den Bewohnern schlägt in Misstrauen und Gewaltbereitschaft um, zumal im Laufe der Ermittlungen immer Menschen für die Tat in Frage kommen.
Die britische Miniserie „Broadchurch“ fängt etwas schleppend an und zieht das Drama, das der Tod des kleinen Jungen in der Familie auslöst, in die Länge. Doch später begreift man, dass dies Teil der Dramaturgie ist. Die Serie folgt nicht dem Schema F eines Krimis, der mit einem Verbrechen beginnt und mit der Verhaftung des Täters endet. Der Fall ist nur der Auslöser für den Zusammenbruch einer vermeintlich harmonischen Dorfgemeinschaft. Immer mehr dunkle Geheimnisse einzelner Dorfbewohner werden enthüllt und lässt sie nicht gerade in einem guten Licht dastehen. Dies geschieht zunächst weniger durch geschickte Polizeiarbeit, sondern vielmehr durch den Ehrgeiz zweier Journalisten, die eine heiße Story wittern.
Zu den Verdächtigen zählt auch der Pfarrer, dessen Predigten über Nächstenliebe und Zusammenhalt einen krassen Gegensatz bilden zu dem, was sich in der Realität abspielt. Mit der Solidarität ist es nicht weit her, sobald die eigene Sicherheit bedroht wird. So bekommen die Bewohner von Broadchurch zu spüren, was es heißt, wenn sich alle gegen einen verschwören.
Neben den vielschichtigen Figuren trägt auch der Schauplatz rund um die schroffen Felsen zur düsteren Atmosphäre dieser brilliant erzählten Geschichte bei und wird immer wieder künstlerisch in Szene gesetzt. Kein Wunder, dass die Serie in England mit einer Einschaltquote von mehr als dreißig Prozent ein großer Erfolg war.

Schräger Gangsterstreifen
Neulich beim Aufräumen fiel mir die DVD „Two Hands“ mit Heath Ledger in die Hände. An die Handlung konnte ich mich nur dunkel erinnern, aber ich wusste, dass mich der Film total begeistert hatte. Aus Neugier sah ich ihn mir vor ein paar Tagen noch einmal an und verstand warum.
Die Story ist schnell erzählt. Jimmy, gespielt vom jungen Heath Ledger, arbeitet als Türsteher einer Strip-Bar im Viertel Kings Cross von Sydney. Stets knapp bei Kasse nimmt er einen Auftrag von einem Gangsterboss als Geldkurier an. Das geht jedoch gehörig in die Hose und Jimmy muss einen Weg finden, das verlorene Geld wieder aufzutreiben. Dafür schreckt er auch vor einem Bankraub nicht zurück – der witzigste Banküberfall, den ich je in der Filmgeschichte gesehen habe!
Die Gaunerkomödie weicht völlig vom Mainstream-Kino ab und amüsiert durch seinen rabenschwarzen Humor und schräge Figuren. Auf komisch-tragische Weise erleiden wir mit Jimmy eine Pechsträhne nach der anderen. Trost findet er nur in einer Romanze mit der süßen Rosalie alias Rose Byrne, die sich in der Serie „Damages“ zu einer toughen Anwältin gemausert hat.

Wie Shopping zum Erlebnis wurde
Kaufhäuser können heutzutage keinen mehr vor dem Ofen hervorlocken. Wie anders war das doch im 19. Jahrhundert, als Warenhäuser wie die "Galeries Lafayettes" in Paris oder "Bloomingdale's" in New York florierten. Sie verströmten Luxus, Eleganz, Aufbruchsgeist und standen für all die Verheißungen des Lebens.
Ein Roman, der den Mechanismus und die Versuchungen eines Warenhauses sehr treffend beschreibt, ist "Le Ventre de Paris" von Emile Zola. In ähnlicher Manier begeistert mich nun die britische Dramaserie "Mr. Selfridge". Sie handelt vom amerikanischen Unternehmer Harry Gordon Selfridge aus Chicago, der das Luxuskaufhaus 1909 in London eröffnete und etablierte. Seine Visionen, sein Tatendrang und einfallsreiches Marketing reißen den Zuschauer von der ersten Folge an mit. Ein Automobil im Schaufenster, eine Signierstunde mit Sir Arthur Conan Doyle, der Auftritt einer berühmten russischen Tänzerin ... nichts ist ihm zu extravagant. Als seine Idee, erstmals Parfüms als Auslagen im Eingangsbereich offen zu präsentieren, vom Personal mit großen Bedenken aufgenommen und umgesetzt wird, kann man nur schmunzeln, weil es für uns so selbstverständlich ist.
In dieser Serie findet sicher jeder seine Identifikationsfigur: entweder in der jungen Agnes, die lernbegierig ist und großes Talent als leitende Verkäuferin und Dekorateurin beweist. Oder Rose Selfridge, die von ihrem Mann vernachlässigt wird, ihre Leidenschaft zur Malerei wiederentdeckt und sich im Kreis von Bohémiens wohlfühlt; Im ehrgeizigen Koch Victor, der möglichst schnell ein eigenes Restaurant eröffnen will oder in der verwöhnten Tänzerin Ellen, die mehr sein will als das Gesicht des Kaufhauses. Mit welchen Ideen der Schaufensterdekorateur Henri Leclair die Passanten immer wieder überrascht, ist sehr inspirierend.
Es macht Spaß, all die Figuren in ihrem individuellen Schicksal zu begleiten und nebenbei zu erfahren, wie der Konsumtempel in der Oxford Street das Einkaufserlebnis revolutionierte. So haben wir die Sale-Aktionen und Wühltische Mr. Selfridge zu verdanken.

Legen – wait for it – dary
Zeitsprünge werden als dramaturgisches Element immer wieder gern genommen, um Spannung zu erzeugen. Eine Serie, die dies auf die Spitze treibt, ist "How I met your mother" (HIMYM). Das beginnt bereits mit der Rahmenhandlung: Der Architekt Ted Mosby erzählt seinen Kindern im Jahr 2030, wie er deren Mutter kennenlernte. Dazu muss er weit ausholen – genau gesagt braucht es acht Staffeln, bis die Kinder und auch die Zuschauer endlich erfahren, wer die Frau mit dem mysteriösen gelben Regenschirm ist, für die er sich entschieden hat. Währenddessen erfährt man in aller Ausführlichkeit, welche Erlebnisse Ted, seinen Mitbewohnter Marshall, dessen Frau Lily und die Freunde Barney und Robin verbindet und wie sie in all den Jahren durch dick und dünn gehen.
Viele Szenen spielen im Diner "McLaren's", wo sich die Clique regelmäßig trifft. Sobald eine Figur anfängt zu erzählen, wartet man förmlich darauf, in die Zeit zurück katapuliert zu werden und die Szene live mitzuerleben. Das Spiel mit den Zeitebenen geht jedoch weiter und die Erzählstruktur wird noch experimenteller. In einer Folge wird geschildert, wie ein und dieselbe Situation von drei Figuren völlig unterschiedlich erlebt wird; in einer anderen Episode erleben wir Teds veränderte Situation in zwanzig Minuten, zwanzig Tagen und schließlich 20 Jahren in der Zukunft. Übergänge zwischen den Szenen leiten den Zuschauer mehrmals in die Irre.
Eigentlich mag ich Sitcoms nicht besonders, aber neben "King of Queens" mit dem urkomischen Ehepaar Doug und Carrie bildet HIMYM eine Ausnahme. Auch wenn die Comedy ihre Qualität und Originalität nicht durchgehend halten kann, wird man doch immer wieder mit gelungenen Überraschungen belohnt wie zum Beispiel dem spektakulären Heiratsantrag von Barney Stinson, der wahrlich unter die Haut geht. In der deutschen Synchronisation geht so viel Sprachwitz verloren, dass die Comedy meiner Meinung nach nur im Englischen Vergnügen bereiten kann. Dann ist sie, O-Ton Barney, "legen – wait for it – dary".

Codebrecher auf Mörderjagd
Der englische Landsitz Bletchley Park diente im Zweiten Weltkrieg als Sitz einer militärischen Dienststelle. Kryptoanalytikerinnen wie Susan, Lucy, Jean und Millie in der TV-Miniserie „The Bletchley Circle“ entschlüsselten den deutschen Nachrichtenverkehr, trugen zur Überlistung der feindlichen Mächte bei und galten als Heldinnen. Ihre Arbeit unterlag jedoch stärkster Geheimhaltung – nicht einmal ihre Ehemänner durften von ihren Leistungen erfahren.
Die Handlung der Serie setzt 1952 ein, als die besonderen Fähigkeiten der Kolleginnen erneut gefragt sind – diesmal auf einem ganz anderen Gebiet. Susan entdeckt in einer Serie von ungelösten Morden ein Muster, wird jedoch von der Polizei nicht ernst genommen. Um weitere Morde zu verhindern, bittet sie ihre ehemaligen Kolleginnen um Hilfe und beginnt, auf eigene Faust zu ermitteln.
Noch spannender ist die zweite Staffel, in der eine weitere Kollegin von Bletchley Park, Lizzie, für einen Mord hingerichtet werden soll, den sie nicht verübt hat. Wieder begeben sich die vier Kolleginnen in Lebensgefahr, um Lizzie zu retten und decken ungeheuerliche Greueltaten auf.
Am Anfang fiel es mir schwer, mich in das patriarchalische England in der Nachkriegszeit und das altmodische Ambiente hineinzuversetzen. Doch die unkonventionelle Art der Ermittlung, die klugen Schlussfolgerungen und mutigen Taten der Frauen faszinierten mich immer mehr. Sehr schade, dass es keine dritte Staffel geben wird.

Verschwörung im Cyberspace
In ihrer Machart erinnert die sechsteilige Miniserie "The Code" stark an skandinavische Serienproduktionen wie "Borgen". Der Schauplatz ist allerdings weit entfernt und wechselt zwischen rasant gedrehten Szenen in Canberra und Wüstenaufnahmen in der Nähe des Dorfes Lindara.
Im Mittelpunkt steht der Journalist Ned Banks, der ständig auf der Suche nach Sensationsstories ist, die er in Echtzeit in einem Webmagazin veröffentlicht. Eines Tages wird ihm heikles Material zugespielt. Mit Hilfe seines Bruders, einem gewieften Internethacker, deckt er dubiose Geschäfte rund um Biotechnologien auf. Sowohl die australische Regierung als auch internationale Drogendealer sind darin verwickelt.
"The Code" zeigt unser digitales Zeitalter und den technischen Fortschritt in all seinen Facetten. Die Figuren informieren und kommunizieren in einer Tour und laufen ständig Gefahr, ihre digitalen Werkzeuge gegen sich selbst zu richten. Die Serie erhielt im Januar sechs Australian Film Institute Awards in den Kategorien Drehbuch, schauspielerische Leistung, Regie, Kulisse, Musik und Schnitt. Die visuelle Umsetzung ist in der Tat gelungen, die Story für meinen Geschmack jedoch etwas zu klischeehaft und reißerisch.

Krimiautor findet seine Muse
Nicht jeder Krimiautor hat das Glück, bei mysteriösen Verbrechen an Ort und Stelle zu sein und die Ermittlungen hautnah mitzuerleben. Außer man heißt Rick Castle wie in der amerikanischen Serie "Castle" und nutzt die Fälle und Figuren des New Yorker Police Departments als Inspirationsquelle.
Der Bestsellerautor darf erstmals die toughe Ermittlungsbeamtin Kate Beckett begleiten, als zwei Morde nach dem gleichen Muster verübt werden wie in einem seiner Romane. Als sich seine Hilfe als äußerst nützlich erweist, wird er von der NYPD immer öfter bei der Aufklärung von Verbrechen zu Rate gezogen. Castle indes muss nun keine Schreibblockaden mehr fürchten und findet es weitaus spannender, über wahre statt fiktive Verbrechen zu schreiben. Er wählt Kate Beckett als Vorlage für seine nächste Romanfigur namens "Nikki Heat". Witzigerweise ist ergänzend zur Serie tatsächlich ein Roman mit dem Titel "Heat Wave" von Richard Castle erschienen. Ein gelungener PR-Gag, eine Serienfigur als Autor einer Krimireihe zu etablieren.
Castle fühlt sich immer mehr als festes Mitglied des Ermittlerteams und schreckt auch vor gefährlichen Einsätzen nicht zurück. Nachdem ihm eine Schutzweste verweigert wird, schafft er sich kurzerhand seine eigene Ausführung mit der Aufschrift "WRITER" an.
Mir gefallen die wendungsreichen Fälle und die mehrdimensionalen Haupt- und Nebenfiguren. Für viel Witz sorgen nicht nur die Wortgefechte zwischen Rick und Kate, sondern auch Ricks Privatleben. Seine Mutter, eine ehemalige Broadway-Diva und seine gescheite Tochter mit typischen Teenagerproblemen halten ihn ganz schön auf Trab. Trotzdem ist Castle nicht nur wegen seines Erfolges als Schriftsteller, sondern auch wegen des traumhaften New Yorker Appartments – eine wahrhaft schöne Kulisse – zu beneiden.
Am besten gefiel mir bisher die Folge "The Lives of Others" in der fünften Staffel. Großer Applaus an die Drehbuchautoren, denen eine tolle Hommage an Hitchcocks "Das Fenster zum Hof" gelungen ist – mit viel Humor, Spannung und einem fulminanten Ende.

Auf Knochenjagd
Ich kann kein Blut, geschweige denn das Herumstochern in lebendigen Organen sehen. In Arztserien wie „ER“, „Nip Tuck“ oder „Grey‘s Anatomy“ habe ich daher viele Szenen nur als „Hörspiel“ mitgekriegt. Die Gefahr besteht in der TV-Serie „Bones“ nicht. Der Anblick von menschlichen Überresten ist zwar nicht unbedingt appetitlicher, aber deutlich harmloser für mich. Außerdem nehme ich das gern in Kauf, wenn ich von einer guten Darstellerriege unterhalten werde.
Einzigartig finde ich den Charakter der Hauptfigur Temperance Brennan, die im Jeffersonian Institute arbeitet. Die forensische Anthropologin ist überdurchschnittlich intelligent und selbstsicher, ziemlich weltfremd und verfügt über eine beträchtliche Sammlung auffälliger Halsketten. Die Zusammenarbeit zwischen ihr und dem FBI-Agenten Seeley Booth, der gegesätzlicher kaum sein könnte, ist sehr amüsant und sorgt neben viel Wortwitz auch für eine Prise Romance. Die Serie hat große Ähnlichkeit mit "Castle", die ich Euch demnächst vorstellen werde. Beide weiblichen Hauptfiguren werden von vergangenen dunklen Ereignissen, die ihre Familie betreffen, verfolgt. Währenddessen knistert es ordentlich zwischen ihnen und ihren Partnern, bis aus der rein beruflichen Beziehung eine Liebesbeziehung wird.
Die Geschichten basieren auf den erfolgreichen Romanen der Anthropologin Kathy Reichs. Entstanden ist eine Serie, in der spannende und abwechslungsreiche Fälle, wissenschaftliches Hintergrundwissen und die persönliche Entwicklung der einzelnen Figuren gut harmonieren.

Freiheit im sechsten Stock
Was passiert, wenn sich ein vermögender Bürger auf einmal für das Leben des Dienstpersonals interessiert? Das wird wohl nur selten vorkommen. Allenfalls in fiktiven Geschichten wie "Les femmes du 6ème étage" (Nur für Personal!), eine französische Filmkomödie von Philippe le Guay.
In dem auf YukBook schon einmal vorgestellten Film "Molière auf dem Fahrrad" war ich auf den talentierten Schauspieler Fabrice Luchini aufmerksam geworden. Diesmal spielt er den anfangs arroganten Großbürger Jean-Louis Joubert, der mit seiner kühlen Ehefrau in einem vornehmen Stadthaus ein langweiliges Leben führt.
Erst als er Maria, ein hübsches spanisches Dienstmädchen einstellt, richtet sich seine Aufmerksamkeit nicht nur auf sie, sondern auch auf ihre temperamentvollen Berufskolleginnen, die in den Dachkammern des sechsten Stocks wohnen. Dienstpersonal aus Spanien zu engagieren ist im bourgeoisen Paris der frühen 1960er Jahre nämlich en vogue. Jean-Louis nimmt immer mehr Anteil an deren Sorgen und Nöten, möchte jeder einzelnen helfen und findet darin eine viel größere Erfüllung als in seinem Beruf als Börsenmakler. Auf einmal ist er ganz fasziniert von Spanien: der Kunst, der Sprache, den Traditionen. Maria weckt nicht nur seine Leidenschaft, sondern auch seine Lebenslust.
Amüsant fand ich die Szene, in der Jean-Louis voller Sehnsucht Maria zu Hause anruft und sie fragt, mit welchem Mittel sie das Silber poliere. Wegen eines Missverständnisses wirft seine Ehefrau ihn aus der Wohnung, so dass er eines der Dienstbotenzimmer bezieht und sich zum ersten Mal frei fühlt.
Ein schönes Märchen mit typisch französischem Charme, Humor und gesellschaftskritischen Untertönen.

Illusion einer perfekten Ehe - 1
Nach manchem Buch- oder Filmgenuss fragt man sich schon, wie seltsam man ticken muss, um sich so verstörende Geschichten auszudenken. So erging es mir das letzte Mal bei dem Film "Prisoners", den ich Euch letztes Jahr vorstellte. In die gleiche Kategorie würde ich "Gone Girl – Das perfekte Opfer" einordnen, der auf dem gleichnamigen Bestseller der Autorin Gillian Flynn basiert und nun auf DVD erschienen ist.
Die Geschichte beginnt mit dem Verschwinden von Amy Dunne an ihrem fünften Hochzeitstag. Merkwürdigerweise reagiert ihr Ehemann Nick Dunne nicht allzu betroffen. Im Gegenteil: Er verhält sich zunehmend verdächtig und man gewinnt den Eindruck, er habe seine Hände im Spiel. Die Handlung wird durch Rückblenden unterbrochen, die zeigen, wie sich das Paar kennenlernte. Eine Bilderbuchromanze, die schnell durch eine Heirat besiegelt wird und die man aus Amys Perspektive anhand ihrer Tagebucheinträge weiter verfolgt.
Ihre Ehe erhält eine dramatische Wendung, als Nick seinen Job als Journalist verliert und mit Amy in das von ihr verhasste Missouri zu seiner Mutter zieht. Die Auseinandersetzungen eskalieren, es kommt zu Handgreiflichkeiten... Als nach Amys Verschwinden die Ermittler Kampf- und Blutspuren in der Wohnung entdecken, zieht man auch als Zuschauer entsprechende Schlüsse. Bis zum Ende bleiben jedoch Zuschauer und Ermittler gleichermaßen im Ungewissen, wer hier wen täuscht.
Thriller-Spezialist David Fincher, dem wir auch die Filme "Sieben" und "Fight Club" verdanken, hat sich wieder einmal seinem Lieblingsthema, dem völligen Kontrollverlust des Protagonisten, gewidmet und daraus nicht nur einen höchst spannenden Thriller, sondern auch eine psychologisch vielschichtige Analyse einer destruktiven Ehe gestrickt.

Sozialkritische Culture-Clash-Komödie
Die Story des französischen Films „Les Invicibles“ ("Eine ganz ruhige Kugel") von Frédéric Berthe ist nichts Weltbewegendes. Doch die liebevoll und differenziert gezeichneten Charaktere und leisen Untertöne machen die Komödie durchaus sehenswert.
Es geht um Momo und Jacky, die auf Dorfplätzen ihrer südfranzösischen Heimat Boule-Spieler austricksen und sich mit Gaunereien durchs Leben schlagen. Als sie von einer internationalen Boule-Meisterschaft mit 500.000 Euro Preisgeld erfahren, wittern sie ihre große Chance. Jacky, gespielt von Gérard Depardieu, will Momos Talent nutzen und einen Champion aus ihm machen.
Momo fühlt sich wie ein Franzose, doch aufgrund seiner algerischen Wurzeln sehen ihn nicht alle so. Er schafft die Hürde ins französische Nationalteam, doch der Sponsor sabotiert sein Weiterkommen wegen seiner Herkunft. Zum Glück hat er trotz einiger Meinungsverschiedenheiten nicht nur Jacky, eine Art Ersatzvater, sondern auch die clevere Pressreferentin des Events auf seiner Seite.
Es ist ein warmherziges und amüsantes Feel-Good-Movie, das zeigt, was wahre Freundschaft und Toleranz bedeuten.

Bücher, die das Leben versüßen
Odette Toulemonde in der gleichnamigen belgisch-französischen Komödie von Éric-Emmanuel Schmitt führt auf dem ersten Blick kein schönes Leben. Sie hat einen schlecht bezahlten Job in einem Kaufhaus im belgischen Charleroi und muss sich zu Hause mit einer ständig schlecht gelaunten Tochter herumschlagen. Doch trotzdem ist Odette glücklich und das hat sie dem Schriftsteller Baltasar zu verdanken. Seine Romane versüßen ihr den Alltag, bringen sie wortwörtlich zum Schweben und erlauben ihr, in einer Fantasiewelt zu leben.
Sie möchte Baltasar wissen lassen, wieviel ihr seine Romane bedeuten, und schreibt ihm einen Brief. Der Schriftsteller, der so viele Leserinnen beglückt, ist selbst alles andere als glücklich. Sein letztes Buch wurde von den Kritikern vernichtet, seine Frau betrügt ihn. Nach einem missglückten Selbstmordversuch findet er Odettes Brief in seiner Jackentasche und sucht sie auf.
Nun könnte daraus eine vorhersehbare kitschige Liebesgeschichte werden, doch die Figuren sind vielschichtiger. Odette, gespielt von Catherine Frot, ist zwar verträumt und fantasievoll, aber auch realistisch und bodenständig. Baltasar, der bisher eine abfällige Meinung von seinen ungebildeten Leserinnen hatte, entdeckt die verborgene Schönheit, die hinter jedem Menschen steckt, egal aus welcher Schicht.
Herrlich ist die Szene, in der Odette bei einer Signierstunde nicht mal ihren Namen richtig aussprechen kann. Dies hat der Schriftsteller und Drehbuchautor wohl tatsächlich so erlebt und ihn zu dieser Geschichte inspiriert.

Märchenhafte Tragikomödie
Die Serie "Dicte" weckte bei mir die Lust, einen älteren Film mit Iben Hjelje in der Hauptrolle hervorzukramen: die dänisch-schottische Co-Produktion "Skagerrak". Darin spielt sie anfangs nicht gerade eine Sympathiefigur: Marie hält sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser und ertränkt ihren Frust in Alkohol und Sex.
Um an Geld zu kommen, lässt sich sich von einem reichen adligen Paar als Leihmutter engagieren. Als ihre Freundin Sofie bei einem Verkehrsunfall stirbt, packt sie jedoch die Panik. Auf der Flucht vor ihren Auftraggebern findet sie Unterschlupf in der Autowerkstatt 'Skagerrak', wo sich drei schräge Automechaniker rührend um sie kümmern. Von da an wendet sich das Blatt für Marie allmählich und die Story entwickelt fast schon märchenhafte Züge. Das überraschende Ende hat mich ziemlich vom Hocker gehauen.
Wer schräge Komödien mag, die Sozialdrama, Tragödie und rabenschwarzen Humor geschickt miteinander verknüpfen, wird auf seine Kosten kommen.

Neuer Krimistoff aus Dänemark
Sehr erfreulich, dass nach Sarah Lund und Anna Pihl wieder eine neue Ermittlerin aus Dänemark die TV-Serienlandschaft betritt: „Dicte“ ist eine Erfindung der Krimiautorin Elsebeth Egholm und arbeitet als Kriminalreporterin für das „Tageblatt“ in Aarhus, der zweitgrößten Stadt Dänemarks.
Frisch geschieden ist sie in ihre Heimatstadt zurückgekehrt und schreibt Reportagen über Verbrechen und gesellschaftspolitische Missstände. Das heißt, sie schreibt nicht nur, sondern mischt bei der Aufklärung ordentlich mit – sehr zum Missfallen des lokalen Chefermittlers John Wagner und seiner lesbischen Kollegin Linda Bendtsen. Durch ihre hartnäckige und unkonventionelle Art legt sie sich schnell mit Kriminalbeamten und Redaktionskollegen an.
Durch die fünf in sich geschlossenen Folgen zieht sich ein weiterer Handlungsstrang wie ein roter Faden: die Suche nach Dictes Sohn, den sie mit 16 Jahren zur Welt brachte und den ihre Eltern, strenggläubige Zeugen Jehovas, zur Adoption freigaben. Moralisch unterstützt wird sie von zwei engen Freundinnen und ihrer 17-jährigen Tochter.
Mag sein, dass mein Urteilsvermögen durch mein Faible für die Schauspielerin Iben Hjelje leicht getrübt ist, denn manche Themen wie Kindesmissbrauch und Menschenhandel mit Prostituierten sind nicht gerade originell. Trotzdem ist die Serie für mich persönlich durch das Spannungsfeld zwischen den Figuren und die pointierten Dialoge den deutschen Krimiformaten allemal vorzuziehen.

Von der Kunst gerettet
Die Stadt New York wird immer wieder gern als Filmkulisse gewählt, doch meines Wissens hatte sie noch nie das Vergnügen, musikalisch mitzuwirken. Bis der großartige Film „Can a song save your life“ von John Carey gedreht wurde. Es ist eine Liebeserklärung von einem Iren aus Dublin an Manhattan.
Die Geschichte handelt von Mark und Gretta, die beide ihre Orientierung im Leben verloren haben und durch die Musik ihren Lebenssinn wiederfinden. Sie tun sich zusammen, um ihr eigenes Album zu produzieren und dies auf höchst ungewöhnliche Weise. Statt im Studio nehmen sie ihre Songs an den verrücktesten Plätzen New Yorks auf: in einer Seitengasse, auf einem Dach, im Central Park oder in der U-Bahn. Ob Gehupe oder Presslufthammer – die geballte akustische Energie New Yorks fließt in die Balladen der Songwriterin Gretta ein.
In meinem Post über den Film „Die Herzogin“ erwähnte ich schon mal, wie sehr ich die vielseitige Schauspielerin Keira Knightley schätze. Ihr bemerkenswertes Talent stellt sie wieder einmal unter Beweis – diesmal als Sängerin mit einer überzeugenden Natürlichkeit und als junge Frau, die wieder voller Hoffnung in die Zukunft blickt. Am schönsten finde ich die Szene, in der sie und Mark, gespielt von Mark Ruffalo, sich durch das nächtliche New York treiben lassen und gemeinsam Grettas Playlisten anhören.
MIr gefällt außerdem, dass der Film den Zeitgeist widerspiegelt. Warum einen unlukrativen Plattenvertrag abschließen, wenn man mit Fantasie, Improvisationsvermögen und auf unkonventionellem Wege ein Album selbst produzieren kann? Mark und Gretta gelingt es, etwas ganz Einzigartiges zu schaffen. Kann ein Song das Leben retten? Die Antwort lautet glücklicherweise ja.

Bye-bye LOVEFILM
Gestern habe ich meine letzte LOVEFILM DVD eingeworfen. Eine Ära geht zu Ende... Der DVD-Verleihservice und die günstige Flatrate haben mir unzählige Stunden Film- und Serien-Vergnügen beschert.
Der Versand der DVDs in den mitgelieferten Umschlägen war recht komfortabel und zuverlässig, aber sicher nicht mehr zeitgemäß. Daher beschäftigte ich mich zunehmend mit Alternativen wie Watchever, Netflix und Amazon Instant Video. Dank der Probemonate konnte ich mir einen ganz guten Überblick über die verschiedenen Streaming-Dienste verschaffen.
Schließlich entschied ich mich für Fire TV von Amazon und kündigte meinen bisherigen Vertrag. Der Testmonat läuft in wenigen Tagen ab und ich muss sagen, ich bin recht zufrieden. Ich werde das Gerät behalten. Die Auswahl an Neuerscheinungen könnte besser sein, aber immerhin finde ich Filme und Serien nach meinem Geschmack in der Originalversion. Außerdem kann ich jeden Monat ein Buch kostenlos ausleihen. Ich hoffe, dass sich das Filmangebot noch bessert. Und wenn nicht, bleibt zumindest mehr Zeit zum Lesen.

Ungleiches Duo auf Spurensuche
Von der Suche nicht nach dem Vater, sondern nach dem eigenen Sohn handelt der britische Film „Philomena“ von Stephen Frears. Im Gegensatz zu Rosies Projekt basiert diese Story auf einer wahren Begebenheit. Die pensionierte Krankenschwester Philomena Lee erzählt ihrer Tochter Jane, dass sie vor genau 50 Jahren im streng katholischen Irland einen unehelichen Sohn geboren hat und ihn zur Adoption freigeben musste. Vier Jahre Zwangsarbeit leistete sie im Kloster Roscrea ab, bevor sie ein neues Leben anfangen konnte. Als ihre Tochter auf einer Party den ehemaligen BBC-Reporter Martin Sixsmith kennenlernt, erklärt sich dieser bereit, Philomena bei der Suche nach ihrem Sohn Anthony zu begleiten und über die Geschichte zu berichten.
Als Martin im Internet ein Foto von Anthony entdeckt, auf dem er eine Anstecknadel in Form einer irischen Harfe trägt, haben die beiden endlich eine Spur. Spannend ist nicht nur die Detektivarbeit, sondern auch das Verhältnis zwischen den zwei gegensätzlichen Persönlichkeiten, die von Judi Dench und Steve Coogan hervorragend gespielt werden. Die alte gläubige Dame aus einfachen Verhältnissen und der in Oxford ausgebildete intellektuelle und zynische Journalist haben sich im Laufe der Geschichte mehr zu geben als sie denken. Die gelungene Balance von Komik und Tragik macht das erschütternde Drama gut zugänglich.

Revolte auf Gefängnis-Insel
Mit einer poetischen Erzählung über einen Wal beginnt der ungewöhnliche Film "The king of devil's island" von Marius Holst, der auf einer wahren Begebenheit beruht. Er spielt Anfang des 19. Jahrhunderts in einem Gefängnis für jugendliche Straftäter auf der norwegischen Insel Bastoy.
Eines Tages werden dort der kräftige Junge Erling und der schmächtige Ivar eingeliefert. Erling weigert sich von Anfang an, sich dem Regime und den Regeln der Erziehungsanstalt unterzuordnen. Gesteuert von seiner Unbeugsamkeit und seinem starken Ego, unternimmt er mehrere Fluchtversuche und schadet damit nicht nur sich, sondern auch der Gemeinschaft. Die drakonischen Strafarbeiten bei eisiger Kälte und die gnadenlosen Erziehungsmaßnahmen sind nur schwer mitanzusehen.
Erlings Gegenpol Olav steht wegen seines vorbildlichen Benehmens kurz vor der Entlassung und ist als Aufseher stets bemüht, die Gruppe zusammenzuhalten. Naheliegend, dass sich die zwei gegensätzlichen Figuren in die Haare kriegen.
Doch das eigentlich Interessante in dem Film ist die unterschiedliche Entwicklung und Annäherung der zwei Charaktere. Während Erling allmählich Gefühle der Solidarität entwickelt, lernt Olav, sich gegen Unrecht aufzulehnen und für andere Menschen einzustehen. Angesichts des unethischen Verhaltens der Lehrkräfte, fragt man sich ohnehin, wer hier eigentlich wem etwas beizubringen hat. Die Eskalation und Wende zum Schluss raubt einem schlichtweg den Atem. Ein Filmjuwel, das noch sehr lange nachwirkt.

Zwielichtige Figuren vor toller Kulisse
Zu vielen mir vertrauten Schauplätzen begleitete ich neulich Rydal, Chester und Colette in dem amerikanischen Thriller „Die zwei Gesichter des Januars“.
Das erste Mal begegnen sich die drei Figuren in der Akropolis. Rydal führt eine Reisegruppe durch die atemberaubende Kulisse während das amerikanische mondäne Ehepaar das Gelände auf eigene Faust erkundet.
Ein fataler Unfall im Hotel bringt die drei erneut zusammen und zwingt sie dazu, gemeinsam zu flüchten. Zunächst geht es nach Kreta, von Iraklion nach Chania – eine Busstrecke, die mir nach unserem diesjährigen Kretaurlaub sehr bekannt vorkam.
Rydal sieht man von Anfang an seine falsche und betrügerische Seite an. Es stellt sich jedoch heraus, dass der so nobel wirkende Chester weitaus mehr auf dem Kerbholz hat.
Ein Unglück löst das nächste aus und bei jeder neuen Wendung wächst das Misstrauen gegenüber den drei Hauptakteuren. Es folgen dramatische Szenen am venezianischen Hafen von Chania, im Großen Basar von Istanbul und schließlich in den Ausgrabungen von Knossos.
Die Geschichte erinnert ein wenig an „Der talentierte Mr. Ripley“. Kein Wunder – beide basieren auf Romanen von Patricia Highsmith. Besonders interessant sind die Beziehungen der Figuren zueinander und wie sich diese unter den wechselnden Umständen entwickeln. Zum Schluss schließt sich der Kreis auf überzeugende und fast poetische Weise.

Let's party
Wer eine große Silvesterparty plant und so richtig Eindruck machen möchte, kann sich was beim großen Gatsby abgucken. Dieser Mann wusste, wie man eine Party schmeißt. Der Film „The Great Gatsby“ beginnt mit einem rauschenden Fest auf Gatsbys Anwesen, das einer amerikanischen Parade gleicht. Tanz, Musik, schrille Kostüme, Papierschlangen und Feuerwerk – das volle Programm ist geboten.
Genau genommen ist der ganze Film ein einziger Knallbonbon. Man ist berauscht von den üppigen Bildern, fragt sich allerdings, wann die Handlung endlich beginnt. Allmählich ändert man die Erwartungshaltung und begreift, dass es hier nicht um eine Adaption der literarischen Vorlage geht. Subtilität oder Gesellschaftskritik lässt der Film völlig vermissen. Hier lebt ein Regisseur seine Fantasie aus und zeigt das ausschweifende Leben der Oberschicht in den 20er Jahren.
Ich hatte nicht vor, den Film zu Ende anzusehen, doch die ästhetischen Bilder von New York in den Zwangiger Jahren fesselten mich dann doch. Ich fühlte mich wie in einer Märchenwelt, in ständiger Erwartung, welche neue fantastische Szenerie sich eröffnet – ähnlich wie in einer Pixar-Produktion, die man sich hauptsächlich wegen der tollen Spezialeffekte ansieht.
Da die Handlung, die Dialoge oder die Mimik der Schauspieler nicht viel Aufmerksamkeit erfordern, kann man sich voll und ganz auf die sehenswerten Details wie Kostüme, Haarschmuck und Inneneinrichtung konzentrieren. Und nimmt obendrein ein paar Partytipps mit.

Rasante Screwball-Komödie
Ryan Gosling gilt als vielseitiger und wandlungsfähiger Schauspieler. Davon konnte ich mich kürzlich selbst überzeugen. In "Stay" spielte er noch einen depressiven und derangierten Studenten mit Selbstmordgedanken; kürzlich sah ich ihn als tadellos gekleideten unwiderstehlichen Womanizer in der Filmkomödie "Crazy Stupid Love". Der Titel lässt einen typisch amerikanischen Liebesfilm nach bewährtem Muster erwarten, doch es handelt sich um eine unerwartet originelle und temporeiche Screwball-Komödie.
Sie beginnt mit einer Hiobsbotschaft für Cal Weavers, einem gut verdienenden Familienvater: seine Ehefrau Emily will sich von ihm scheiden lassen. Cal fällt aus allen Wolken, zieht aus und ertränkt seinen Kummer jeden Abend in der Bar. Der junge Jacob schleppt derweil in der gleichen Bar reihenweise die hübschesten Frauen ab. Als er Cals jämmerliche Figur und dessen Selbstmitleid nicht mehr mit ansehen kann, bietet er ihm an, seine verlorene Männlichkeit zurückzugewinnen.
Und damit nehmen die Turbulenzen in Sachen Liebe ihren Lauf. Nicht nur Jacob und Cal, auch Cals Sohn und dessen Lehrerin kämpfen mit den Widrigkeiten der Liebe. Die Irrungen und Wirrungen mit vielen Gags, aber auch tragischen Momenten kulminieren in einem überraschenden und furiosen Finale. Ein ideales Filmvergnügen für die Festtage, zumal die Wörter 'Crazy', 'Stupid', 'Love' den ganzen Weihnachtstrubel ganz treffend beschreiben.

Der erste True-Crime Roman
Truman Capote kannte ich bisher nur als Autor von "Frühstück bei Tiffany". Von der Entstehung seines erfolgreichsten Romans "Kaltblütig" handelt der Film "Truman Capote". 1952 reist der exzentrische Reporter nach Kansas, um für die New York Times über einen aufsehenerregenden Mordfall zu berichten. Zwei Streuner haben in der Kleinstadt Holcomp eine Farmerfamilie brutal ermordet. In Begleitung seiner Jugendfreundin und Schriftstellerin Harper Lee versucht er, das Vertrauen der Bewohner von Holcomp zu gewinnen und die Hintergründe zu rechercheren.
Bald werden die Mörder gefasst, doch für Capote ist das Kapitel längst nicht abgeschlossen. Der Fall fasziniert ihn so sehr, dass er beschließt, das Material für einen Roman zu verwenden. Mehrmals besucht er die Täter Smith und Hickock im Gefängnis, um alles über die Mordnacht zu erfahren. Auf die Weise entsteht ein präzises Porträt eines Mordes und der erste True-Crime-Roman der Geschichte mit dem Titel „In cold blood“.
Philip Seymour Hoffmann spielt grandios und vermittelt sehr überzeugend, wie stark ihn der Fall persönlich mitgenommen und verändert hat.

Zwischen Traum und Wirklichkeit
Diesen Monat zieht es sicherlich wieder viele zum Christmas Shopping nach New York, um die ganz besondere vorweihnachtliche Stimmung dort zu genießen. Wer die Stadt einmal aus einer sehr ungewöhnlichen Perspektive erleben möchte, sollte sich den Film "Stay" ansehen.
Künstlerisch anspruchsvoll – so würde ich den sehr bizarren Psychothriller von Marc Forster nennen. Ich muss gestehen, dass ich die Story erst beim zweiten Mal und mit Hilfe einiger Rezensionen verstanden habe. Zu verworren ist die Geschichte um den Kunststudenten Henry, der ankündigt sich umzubringen, und seinen Psychiater Dr. Sam Foster, der dies mit allen Mitteln verhindern will.
Man schwebt mit Sam durch Raum und Zeit und findet sich dabei in zusammenhanglos erscheinenden Szenerien in New York wieder – mal in einer psychologischen Behandlung in einem neoklassizistischen Gebäude am Hudson River, mal bei einem Schachspiel mit einem Fremden in Sams Wohnung, dann in Treppenkonstruktionen, die an den Künstler M.C. Esher erinnern. Stets drängt sich dem Zuschauer schönes Design, Ästhetik und die ungewöhnliche Kameraführung auf. Die Szenen flirren und verschwimmen ineinander, so dass man sich zunehmend fragt, ob sie Traum, Erinnerung oder gegenwärtige Realität sind. Unterbrochen werden die Bilder immer wieder durch Rückblenden, die einen Verkehrsunfall auf der Brooklyn Bridge zeigen.
In meinem Bemühen, die Handlung zu verstehen, stellte ich wilde Vermutungen an: Henry ist schizophren. Oder Henry und Sam sind ein und dieselbe Person. Wer wie ich hofft, dass sich im Laufe der Handlung die einzelnen Puzzleteile zu einem Gesamtbild fügen, der wird ... Nein, mehr darf ich an dieser Stelle nicht verraten – sonst wäre die Spannung dahin.

Perfektes Rollenspiel
Um Lebensträume geht es auch in dem Drama „Albert Nobbs“, der im 19. Jahrhundert in Dublin spielt. Ihr schauspielerisches Talent hat Glenn Close bereits in zahlreichen Filmen und TV-Serien, zuletzt in der unglaublich guten Serie "Damages" unter Beweis gestellt. In der Rolle des irischen Butlers übertrifft sie sich jedoch wie ich finde selbst. Bereits 1982 hatte die Schauspielerin in einer Bühnenversion der Geschichte als Albert Nobbs geglänzt und sich seither um eine Kinoadaption bemüht. Mit Erfolg. Regie führte Rodrigo García, der Sohn des berühmten Schriftstellers Gabriel García Márques.
Albert ist in Wirklichkeit eine Frau, die als Kind unvorstellbare Leiden erfahren musste. In der repressiven Gesellschaft, die Frauen keine Rechte zuerkennt, blieb Albert nur eine Wahl, um zu überleben. Sie entscheidet sich, als Mann zu leben und arbeitete sich als Butler und Kellner hoch in die High Society.
Seit 30 Jahren zwängt sie/er sich in Männerkleidung und arbeitet mittlerweile in einem vornehmen Hotel für eine moralisch fragwürdige Hausherrin. Die Figur Albert fasziniert von Anfang bis Ende. Seine sachliche, übertrieben korrekte und unnahbar wirkende Art ist nur eine Seite. Durch diese Maske schimmert für kurze Momente eine fast romantische Sehnsucht und Warmherzigkeit durch, besonders dann, wenn er sich mit Hubert, einem Leidensgenossen, austauscht und gezwungen wird, seine Identität zu hinterfragen.
Er steht kurz davor, mit seinem mühevoll angesparten Geld einen eigenen Tabakladen zu eröffnen und sich damit seinen Lebenstraum zu erfüllen. Dem stehen lediglich einige zwielichtige Kollegen und deren Lebensträume im Weg. Für Glenn Close, die viel Energie und Zeit in den Film investierte, das Casting übernahm und am Drehbuch mitschrieb, hat sich auf jeden Fall ein großer Traum erfüllt.

"I am Monaco"
Mit Filmen wie "12 Uhr mittags", "Über den Dächern von Nizza" und "Das Fenster zum Hof" wurde die Schauspielerin Grace Kelly berühmt. Neben Tippi Hedren war sie die Lieblingsactrice von Alfred Hitchcock.
Doch die ganze Filmwelt, ihre Freunde und Schauspielerkollegen musste sie hinter sich lassen – für eine neue Rolle von politischer Bedeutung. Die Heirat mit Fürst Rainier III. von Monaco im Jahr 1956 machte sie zur Princesse Grace de Monaco. Von diesem neuen Lebensabschnitt nach ihrer großen Filmkarriere handelt der amerikanische Film "Grace von Monaco" mit Nicole Kidman in der Hauptrolle.
Grace ist in ihrer neuen Heimat alles andere als glücklich. Von dem Volk Monacos wird sie nicht als Prinzessin anerkannt. Ihr Mann kämpft um den Erhalt der Souveränität seines Landes und hat wenig Zeit für sie und die Familie. Er zwingt Grace, die Schauspielkarriere aufzugeben und sich auf die Rolle als Fürstin zu beschränken. Sie fühlt sich einsam, ausgeschlossen. Nicht einmal mit ihrer Mutter kann sie ein vertrautes Gespräch mehr führen, da diese sie nicht mehr als Tochter, sondern als Fürstin sieht. Nur in dem Priester Pac findet sie einen Vertrauten und Gesprächspartner.
Grace steht vor einer Wahl: Entweder klammert sie sich an ihre Erinnerungen, an ihre Vergangenheit, lehnt sich gar auf gegen das Schicksal und flieht nach Los Angeles zurück. Die Versuchung ist groß, die Rolle, die ihr Hitchcock in seinem Film „Marnie“ anbietet, anzunehmen.
Oder aber sie stellt sich ihrer neuen Aufgabe und übernimmt ihre neue Verantwortung.
Sie entscheidet sich für Letzteres. Von einem Fürsten lässt sie sich in allem unterrichten, was sie wissen und beherrschen muss: die Politik, die Etikette am Hof. Sie nimmt Französisch- und Tanzunterricht. Während der Steuerstreit zwischen dem Fürstentum und Frankreich eskaliert, nimmt Grace politisch bedeutende Aufgaben selbst in die Hand, wird Botschafterin für das Rote Kreuz und organisiert eine Gala, zu der Charles de Gaulles eingeladen wird. Ihre Rede, in der sie sich selbst mit dem Inselstaat Monaco vergleicht, ist bewegend und hätte schauspielerisch kaum besser vermittelt werden können als von Nicole Kidman.

"Zu viel des Guten ist wundervoll"
Ebenfalls in den 70er Jahren, doch in einer ganz anderen Welt spielt die Geschichte von "Liberace", dem begabten Pianisten und extravaganten Entertainer. Genau genommen handelt der amerikanische Film nur von einem Lebensabschnitt und zwar seiner Liebesbeziehung zu dem 40 Jahre jüngeren Scott Harson. Vorlage für die Verfilmung war dessen Buch "Behind the Candelabra" (Hinter dem Kronleuchter). Allein wegen der schauspielerischen Leistung von Michael Douglas und Matt Damon ist der Film sehenswert.
Liberace liebte alles im Überfluss. Er kaufte alles doppelt, machte aus seinem Haus einen glitzernden Luxus-Tempel mit griechischen Säulen, einer Decke, die der Sixtinischen Kapelle nachempfunden ist und nannte es "Palast-Kitsch". Kein Wunder, er hielt sich für die Reinkarnation von Ludwig, II.
Ähnlich wie in "Yves" sind auch hier die Outfits ein Blickfang. Ob Swarowski-Steine, Silberpailletten oder Straußfedern, es kann gar nicht prunkvoll genug sein, so dass ein Kostüm locker bis zu 68 kg wog. Sie wurden nach der Originalkleidung vollständig nachgebildet. Das Liberace-Museum stellte außerdem Autos, Klavier und Schmuckimitate zur Verfügung.
Die eigentliche Handlung gerät dabei fast in den Hintergrund. Dabei ist es sehr tragisch, wie die intensive Beziehung zwischen dem gutmütigen und großzügigen Liberace und seinem teils überforderten Lebensgefährten zerbrach. Scotts Liebe ging so weit, dass er sich auf mehrere Operationen einließ, um ein Abbild des großen Meisters zu werden. Wie Rob Lowe den affektierten Schönheitschirurgen mit durch und durch künstlicher Visage spielt, ist ein weiteres Highlight.
Ganz gleich, in welchem Umfeld und Überfluss die Menschen leben, jeder ist auf der Suche nach Liebe – so die Botschaft. Mich hat vor allem beeindruckt, wie manche Schauspieler an ihre Grenzen gehen und sich nicht scheuen, derart herausfordernde Rollen anzunehmen.

Zeuge und Akteur seiner Zeit
Diesen Monat widme ich mich dem Thema Biografien und Lebensentwürfe. Den Anfang macht der Film „Yves Saint Laurent“ von Jalil Lespert, der einen interessanten Einblick in den kreativen Schaffensprozess des Modeschöpfers gibt.
Wie so viele Genies war auch Saint Laurent ein zerrissener Mensch – einerseits getrieben von großer Kraft und von seinem Drang, sich kreativ auszudrücken und ständig zu zeichnen, andererseits ein gequälter Geist verfolgt von inneren Dämonen.
Nach einer Lehrzeit bei Christian Dior gründete Saint Laurent schon mit 26 Jahren sein eigenes Modeunternehmen. Möglich machte es sein Liebes- und Geschäftspartner Pierre Bergé, der sich um alle organisatorischen und unternehmerischen Belange kümmerte. Dieser hatte es allerdings nicht leicht, Yves Süchte nach Drogen und seinen Musen zu ertragen.
Die Ähnlichkeit zwischen dem Schauspieler Pierre Niney und dem Modeschöpfer ist verblüffend. Obwohl ein Double bereitstand, zeichnete der Schauspieler nach umfangreichem Unterricht alle Skizzen selbst. In der langen Vorbereitungszeit übte er auch, Stimme und Sprechweise genau zu imitieren.
Authentizität gewinnt der Film auch durch die Originalkleider, die die Fondation Pierre Bergé – Yves Saint Laurent zur Verfügung stellte. Über 5.000 Kleider werden in dieser Konservierungsstätte gelagert. Die Models mussten einen Bodysuit tragen, um die Kleider nicht zu beschädigen. So kommt der Zuschauer in den Genuss, die berühmten Mondriankleider oder die Kollektion 'Opéra-Ballets Russes' zu sehen, die in diesem Film wieder zum Leben erweckt werden.

Unverhoffte Bäckerkarriere
Eine Portion Mut gehört schon dazu, um sein Leben komplett umzukrempeln – so wie es "Paulette" tut im gleichnamigen Film von Jérôme Enrico. Die ältere Witwe lebt im Pariser Vorort, sitzt auf einem Berg voller Schulden und streitet sich auf dem Markt mit Leidensgenossen um eine Stange Lauch aus dem Abfall. Die Schuld an ihrem Elend gibt sie den Ausländern. Die einst erfolgreiche Konditorei, die sie mit ihrem Mann führte, musste schließen. Dass ihr Schwiegersohn und ihr Enkel dunkelhäutig sind, macht die Sache nur noch schlimmer.
Zufällig beobachtet sie Jugendliche aus der Nachbarschaft, die Haschisch verkaufen. Paulette sieht endlich einen Weg, ihrer Armut zu entkommen und heuert bei einem Drogenboss an. Durch ihren ausgeprägten Geschäftssinn entwickelt sie sich schnell zu einer erfolgreichen Dealerin.
Auch wenn die Handlung teilweise vorhersehbar ist, macht es großen Spaß, Paulette bei ihrer Wandlung zu beobachten: von einer gehässigen, griesgrämigen Frau zur tüchtigen, einfallsreichen Geschäftsfrau und zugleich warmherzigen Person, die sogar ihren Enkel ins Herz schließt. Ihre sarkastischen Sprüche und die gelungenen Nebenfiguren bringen viel Humor in die ernste Thematik.
Mindestens genauso interessant wie die Komödie ist ein Blick hinter die Kulissen. Das Drehbuch entstand in einem Schreibworkshop an einer Filmhochschule und beruht auf einer Zeitungsmeldung über eine 80-Jährige Frau, die im Pariser Banlieue tatsächlich dealte. Es gab Bedenken, mit hochwertigem Filmequipment in dem schwierigen Milieu aufzuschlagen und einen Film zu drehen, doch das Team wurde vor Ort gut aufgenommen. Mehrere Jugendliche, die dort in Cliquen abhängen, wurden gleich eingebunden und durften als Darsteller oder bei der Regie mitwirken – also ein rundum gelungenes Filmprojekt, das viele brisante Themen wie Altersarmut, Jugendkriminalität und Rassismus in eine unterhaltsame schwarze Komödie verpackt.

Wenn Bühne und Leinwand verschmelzen
Molière lebte zur Zeit der absolutistischen Herrschaft Ludwigs XIV. und musste seine Gesellschaftskritik in lustige Komödien verpacken. „Der Menschenfeind“ ist ein typisches Beispiel dafür, wie der meist gespielte Komödiendichter menschliche Schwächen, Heuchelei und Standesdünkel verspottete.
Der französische Film „Molière auf dem Fahrrad“ schafft etwas ganz Einzigartiges: Er schafft eine Symbiose zwischen einem klassischen Theaterstück aus dem 17. Jahrhundert und einem Kinofilm aus der Gegenwart.
Die Geschichte beginnt damit, dass Vincent seinen ehemaligen Schauspielerkollegen Serge aufsucht, der zurückgezogen auf der Insel Île de Ré nahe Bordeaux lebt. Vincent plant Molières Theaterstück 'Der Menschenfeind' zu inszenieren und will Serge für eine Rolle gewinnen. Beide sind allerdings scharf auf die Rolle des Misanthropen. Fünf Tage lang proben die beiden betagten Männer und liefern sich dabei verbale Duelle.
Sie gehen so in ihren Rollen auf, die ihnen wie auf den Leib geschnitten sind, dass Realität und Spiel verschmelzen. Serge, der wie Alceste in dem Stück, zu allem eine vorgefertigte Meinung hat und seine Mitmenschen verachtet, und Vincent, der ähnlich wie Philinte zu Kompromissen bereit ist (was seine aktuelle Hauptrolle in einer erfolgreichen Arztserie bestätigt), geraten sich ständig in die Haare.
Zwischen den Proben begleitet man die beiden auf ihren Radausflügen und taucht ein in die rauhe Landschaft der Insel. Die temperamentvolle Italienerin Francesca und eine junge ambitionierte Pornodarstellerin bringen weitere interessante Nuancen in diese ausgezeichnete Tragikomödie mit hervorragenden Darstellern, allen voran Fabrice Luchini.

Ménage à trois
Ich hatte mit einem durchschnittlichen Historienfilm gerechnet, doch "Die Herzogin" hinterließ einen stärkeren Eindruck als erwartet. Das liegt vor allem an der schauspielerischen Leistung von Keira Knightley, die die Wandlung von einer lebenslustigen jungen Frau zur begehrten, aber unglücklichen großen Dame meisterhaft darstellt.
Am Anfang erlebt man Georgiana in ihrem Elternhaus noch unbeschwert und lebenshungrig. Als sie den Herzog von Devonshire heiratet, ahnt sie nicht, auf welches Schicksal sie sich einlässt. Noch genießt sie das Ansehen und zeigt sich keck und souverän. Doch ihr abweisender Mann und seine Liebschaft mit Georgianas besten Freundin vergiftet das häusliche Klima zunehmend.
Noch jetzt sehe ich die drei am Esstisch gemeinsam dinieren, als wäre es das Gewöhnlichste auf der Welt. Was für eine Farce! Der Herzog entwickelt sich immer mehr zum Ekelpaket, doch irgendwie hat man auch Mitleid mit ihm, weil er einfach nicht aus seiner Haut kann.
Die Schauspielkarriere von Keira Knightley finde ich beachtlich: von der ungestümen Fußballerin in „Kick it like Beckham“ über die Kopfgeldjägerin in "Domino" bis zur adligen Dame. In ihren prächtigen Roben und extravaganten Hüten macht sie auch diesmal eine äußerst gute Figur.

Psychoduell auf hoher See
Kürzlich habe ich über den dänischen Film "Hijacking" berichtet, in dem es um ein von somalischen Piraten entführtes Containerschiff geht. Was die Amerikaner aus dem gleichen Thema, allerdings einer anderen wahren Begebenheit, gemacht haben, kann man sich in dem Film "Captain Phillips" ansehen. Der Seemann Captain Richard Phillips, gespielt von Tom Hanks, soll das Containerschiff Maersk Alabama von Salalah im Oman um das Horn von Afrika nach Mombasa überführen.
Von Anfang an hat der Captain ein ungutes Gefühl, zumal er eine offizielle Warnmail vor Piratenangrifen erhalten hat. Er führt zur Sicherheit Piratabwehrübungen mit seiner Crew durch, die sehr bald keine Übung mehr sind, sondern harte Realität. Vier somalische Piraten gelingt es trotz diverser Gegenmaßnamen, an Bord zu gehen. Man fragt sich, warum keine Waffen zum Schutz der Mannschaft an Bord sind.
Ab dem Zeitpunkt steht man als Zuschauer unter Dauerstrom. Man hofft ständig, dass es der Crew gelingt, die Piraten durch clevere Ideen zu überlisten, doch die Somalier machen es ihnen nicht leicht. Sehr interessant fand ich zwei gegensätzliche Charaktere unter den Piraten. Muse ist ein friedlicher, aber gieriger Typ, der nur scharf auf das Geld ist und davon träumt, ein Leben zu führen wie die Amerikaner. Sein Komplize dagegen ist hasserfüllt gegenüber den Amerikanern, die ihm keinen Respekt entgegenbringen, und zu jeder Gewaltmaßnahme bereit.
Während in "Hijacking" die zähen Verhandlungen im Vordergrund standen, geht es in diesem Film mehr um die Befreiungsaktion. Das Aufgebot amerikanischer Kriegsschiffe am Ende wirkt etwas übertrieben und sorgt für mehr Action als die dänische Version, doch beide Filme bleiben bis zur letzten Minute nervenaufreibend.

Am Ende wird alles gut
So luxuriös wie im Foto hätten sich die sieben britischen Senioren ihre Unterkunft in Jaipur sicher gerne vorgestellt. Als sie in der Komödie „Best Exotic Marigold Hotel“ im gleichnamigen Gebäude anreisen, erwartet sie statt dessen eine Bruchbude. Von den verheißungsvollen Versprechungen trifft allenfalls der Teil ‚exotic‘ zu, wenn man halbfertige Zimmer und gewöhnungsbedürftige Nahrung so bezeichnen kann.
Doch die Angereisten sind – mit ein paar Ausnahmen – offen für Neues und lassen sich auf das Abenteuer Indien ein. Welche Alternative bleibt ihnen auch? In ihrer britischen Heimat fühlen sich die Rentner aus der Gesellschaft ausgegrenzt und ohne Perspektiven.
Die Filmsequenzen sind ein Augenschmaus für die Sinne – voll satter Farben und malerischer Szenerien. Mal ist das Tempo rasant – zum Beispiel wenn Sonny, der junge Leiter des Hotels, voller verrückter Visionen mit seinem Roller durch die Stadt düst – dann wieder gemächlich, wenn die Hotelgäste jeder auf seine Weise ihre persönlichen Nöte und Sorgen in der neuen Umgebung verarbeiten.
Eine schöne Geschichte über den Mut, sich einem völlig fremden Land zu öffnen und einen Neuanfang zu wagen. Wie Sonny so schön sagt: „Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende.“ Ich bin gespannt auf die Fortsetzung, die nächstes Jahr in die Kinos kommen soll.

Schwere Gewissensprüfung
Selbst eingefleischte Krimifans haben eine harte Nuss zu knacken in dem Film "Prisoners" von Denis Villeneuve. Es geht um zwei Familien, die in der Kleinstadt Cordyal in Pennsylvania Thanksgiving feiern und deren jüngste Töchter entführt werden. Zuerst dachte ich, der Film bedient sich wieder mal einer altbekannten Masche: Kind wird entführt, Vater rastet aus und nimmt das Gesetz selbst in die Hand. Doch die Geschichte entwickelt sich weitaus raffinierter und wirft immer mehr Rätsel auf.
Wie weit tritt das Böse im Menschen zutage, wenn es darum geht, sein eigenes Kind zu retten? Wozu ist er fähig, wenn er den Glauben an Gott und eine gerecht Welt verliert? Die Antworten führt uns Hugh Jackman alias Keller Dover auf beängstigende Weise vor Augen. Er schreckt nicht einmal davor zurück, einen Verdächtigen selbst einzusperren und ihn zu foltern. Auch sein Gegenpart, der ruhige und in sich gekehrte Detective Loki, gespielt von Jake Gyllenhaal, macht sichtlich eine Veränderung durch. Der Fall zermürbt ihn und lässt ihn immer häufiger seine Beherrschung verlieren.
Die hervorragende Kameraführung steigert die Spannung und zieht den Zuschauer immer stärker in den Bann. Die trostlose Kleinstadt, die düstere Optik – in diesem Cordyal regnet es unentwegt –, die verzweifelten Familien und der Einblick in menschliche Abgründe wirken beklemmend und ließen mich ziemlich verstört zurück.

Urlaubsverstimmungen
Wie schaffen es die Franzosen nur, so starke Emotionen zu wecken ohne sentimental oder gar kitschig zu werden? In der französischen Tragikomödie „Kleine wahre Lügen“ erlebt man jedenfalls eine Achterbahn der Gefühle – von leicht beschwingt bis todtraurig in allen erdenklichen Facetten.
Max, ein erfolgreicher Restaurantbesitzer, fährt jedes Jahr mit einer Gruppe von Freunden in sein Strandhaus am Cap Ferret an der Atlantikküste. Diesmal wird der Urlaub dadurch getrübt, dass ihr Freund Ludo wegen eines schweren Verkehrsunfalls nicht mitfahren kann.
Doch wie stehen eigentlich die übrigen Freunde zueinander? Kann man überhaupt von Freundschaft sprechen, wenn sie so viele Dinge voreinander verheimlichen? Im Laufe der Handlung bricht die Fassade bei jedem Einzelnen Stück für Stück, so dass trotz der Überlänge die Spannung eher steigt.
Für viel Humor sorgt Max, der sich als Hausherr aufspielt und ständig etwas zu mäkeln hat. François Cluzet spielt die Figur erstklassig – für mich ist er so was wie der zweite Daniel Auteil. Schmunzeln muss man auch über Antoine, der den anderen mit seinem Liebeskummer und seiner SMS-Schreiberei auf die Nerven geht wie ein unglücklich verliebter Teenager.
"Kleine wahre Lügen" ist wunderbares Erzählkino, das in der Heimat große Erfolge feierte, hierzulande aber eher unterging. Am Ende versteht man, warum der Film im Original „Les petits mouchoirs“ (Die kleinen Taschentücher) heißt. Ich habe jedenfalls eins gebraucht.

Tollkühner Fluchtplan
Wieder einmal hat sich für mich bestätigt: Die bewegendsten Geschichten schreibt das Leben. Nach „American Hustle“, „Betty Anne Waters“ und „Hijacking“ habe ich nun innerhalb kurzer Zeit den vierten Film gesehen, der auf einer wahren Begebenheit beruht: "Argo" von und mit Ben Affleck.
Die Botschaftsbesetzung und Geiselnahme in Teheran 1979 bildet die Rahmenhandlung. Sechs US-Botschaftsmitarbeiter, die in der kanadischen Botschaft vorübergehend Unterschlupf finden, sollen von der CIA befreit werden. Eine Unterhaltung mit seinem Sohn über den Film "Planet der Affen" bringt den CIA-Agenten Tony Mendez auf eine aberwitzige Idee: Er will die sechst Amerikaner als Filmteam getarnt aus dem Iran ausfliegen.
Damit das Ganze auch glaubhaft wirkt, wird jedes Detail gründlich geplant: Eine Filmgesellschaft mit zwei herrlich verschrobenen Typen wird gegründet, ein Drehbuch zu einem Science-Fiction-Film und eine Scheinbiografie für jeden einzelnen vorbereitet. Allen ist bewusst, dass das kleinste Versehen das tollkühne Unterfangen zum Scheitern bringen kann.
Der Film fesselt durch seine Authentizität, seinen starken Spannungsbogen und bietet durch eine Starbesetzung, flotte Sprüche und kritische Töne über das Filmgeschäft sehr anspruchsvolle Unterhaltung.
Erschreckend finde ich, dass das Thema brisanter ist denn je. Die Krisenherde nehmen zu und erst letzte Woche wurde von einer Befreiungsaktion eines amerikanischen Journalisten in Syrien berichtet, die tragischerweise scheiterte.

Poker um Schiffscrew
Man könnte meinen, dass es in Dänemark nur eine Handvoll Schauspieler gibt, denn man begegnet immer wieder den gleichen Darstellern. In dem spannenden Drama „Hijacking“ gab es zum Beispiel ein Wiedersehen mit der Crew aus der Politserie "Borgen" wie dem Spin-Doctor der Premierministerin, einem Abgeordneten und dem TV-Chefredakteur. Und alle drei spielen auch diesmal exzellent.
Es geht um ein dänisches Frachtschiff, das im Indischen Ozean kurz vor Mumbai von somalischen Piraten gekapert wird. Der Geschäftsführer der Reederei Paul versucht, von Kopenhagen aus mit den Piraten zu verhandeln und die Situation in den Griff zu bekommen. Während die Schiffseigner mit Hilfe eines Verhandlungsspezialisten taktisch vorgehen, um einen wirtschaftlich vertretbaren Deal auszuhandeln, ist die Schiffscrew unmenschlichen Bedingungen, zunehmender Hungersnot und der Willkür der Piraten ausgeliefert.
Der ständige Szenenwechsel zwischen Schiff und Festland, die zähen Verhandlungen und Pauls Zerrissenheit zwischen Emotion und Diplomatie erzeugen eine fast unerträgliche Spannung. Wieder einmal haben es die Dänen geschafft, ohne Action einen spannungsgeladenen und subtilen, aber auch beklemmenden Film mit viel psychologischem Gespür zu produzieren.

Unzertrennliche Geschwister
Es gibt Filme, die noch lange nachwirken. „Betty Anne Waters“ ist so einer. Es ist die Lebensgeschichte einer Frau, die 18 Jahre lang um die Freiheit ihres Bruders Kenny kämpft. Dieser wurde 1982 des brutalen Mordes an einer Nachbarin beschuldigt und aufgrund von Aussagen zweier Ex-Freundinnen zu lebenslanger Haft verurteilt.
Durch Rückblenden erfährt man über das innige Verhältnis zwischen den Geschwistern seit ihrer Kindheit. Sie sind auf einer Farm in Massachussetts aufgewachsen, wurden von der Mutter vernachlässigt und später von Heim zu Heim geschickt.
Betty Anne kann nicht mitansehen, wie Kenny im Knast zugrunde geht und entschließt sich, Anwältin zu werden, um ihn zu befreien. Welche Belastung der Spagat zwischen Jurastudium, Job in einer Bar und Familienleben für sie bedeutet, wird von Hilary Swank hervorragend gespielt. Sie muss immer mehr Opfer erbringen, doch sie lässt nicht locker und findet in einer Kommilitonin eine kluge Verbündete. Betty Annes Willensstärke kann man nur bewundern. Eine gelungene Verfilmung einer sehr bewegenden Geschichte, die sich tatsächlich so ereignet hat.

McDreamy oder McSteamy?
Es gibt Serien, die mir unmissverständlich klar machen, wieviel Zeit ich schon vor dem Fernseher verbracht habe. „Grey‘s anatomy“ ist nur ein Beispiel. War es wirklich schon die neunte Staffel, die ich gerade abgeschlossen habe? 9 x 24 Folgen à 40 Minuten... nein, ich rechne besser nicht weiter. Und die Serie wird munter fortgesetzt – mit einigen neuen Darstellern wie ich auf serienjunkies.de erfahren konnte. Das bedeutet sicher frischen Wind für das Beziehungskarussel mit heiß umworbenen Ärzten wie einst Mc Dreamy und Mc Steamy.
Immerhin war es die Zeit meistens wert. Am Anfang der neunten Staffel hatte ich noch meine Zweifel. Eine Flugzeugkatastrophe stürzt die Hauptfiguren in ein psychisches Tief und versetzte auch mich in Depristimmung. Doch durch eine unerwartete Wendung, die völlig neue Perspektiven für das Seattle Grace Hospital öffnet, gewann die Story wieder an Fahrt und ließ mich nicht mehr los.
Am besten gefällt mir nach wie Christina Yang, die von Anfang an dabei ist. Die karrierebesessene und sehr von sich selbst überzeugte Herzchirurgin bringt mich mit ihrem trockenen Humor und der schnippischen Art immer wieder zum Lachen. Da ich bei den ekligen OP-Szenen sowieso immer weggucken muss, sind es weniger die medizinischen Fälle und vielmehr die Entwicklung der verschiedenen Charaktere und ihre spitzfindigen Dialoge, die mich so lange bei der Stange gehalten haben.

Beschwingte Gesellschaftssatire
Der Woody Allen Film „To Rome with love“ ist wie geschaffen für meinen Blog. Die Haupt- und Glanzrolle spielt nämlich die Stadt Rom selbst. In mehreren Episoden wird erzählt, wie sie von Einheimischen und Touristen erlebt und von manchen gar angebetet wird.
"Rom ist charismatisch. Ich habe mich in diese Stadt verliebt!" ruft die arbeitslose amerikanische Schauspielerin Monica euphorisch, als sie eines Nachts mit ihren Freunden in ein altes römisches Bad einbricht. Sie verführt selbst und lässt sich von der Ewigen Stadt zu verrückten Taten verführen. Man begleitet die Figuren nicht nur von einer Sehenswürdigkeit zur nächsten, sondern auch in ihre unterschiedlichen Alltagswelten und interessanten Wohnungsstile.
Man fragt sich die ganze Zeit, ob und wie die einzelnen Episoden zusammenhängen. Das übergreifende Thema, dem sich Woody Allen widmet, ist der ebenso begehrte wie flüchtige Ruhm und die allerorts lauernden Versuchungen eines amourösen Abenteurs.
So wird der unauffällige Büroangestellte Leopoldo, herrlich gespeilt von Roberto Benigni, von einem Tag auf den anderen dafür berühmt, dass er berühmt geworden ist. Am besten gefällt mir Woody Allen als pensionierter Opernregisseur, dessen neurotisches Verhalten ständig von seiner Frau analysiert und sehr treffsicher kommentiert wird. Von seinen Europa-Filmen "Match Point", "Vicky Cristina Barcelona" und "Midnight Paris" hat mir der erste, der in London spielt, am besten gefallen. In welche Stadt wird es den Altmeister auf seinem Streifzug durch Europa wohl als nächstes verschlägt?

Du hast die Haare schön
1978 in New York: Irving Rosenfeld betreibt eine geerbte Kette chemischer Reinigungen, strebt aber nach mehr. Da trifft es sich gut, dass er auf einer Party die geldgierige Sydney kennenlernt. Gemeinsam beginnen sie in dem abgefahrenen Gaunerfilm „American Hustle“ einen florierenden Handel mit gefälschter Kunst.
Als ihnen der ehrgeizige FBI-Agent Richie DiMaso auf die Schliche kommt, lässt sich Irving auf einen Deal ein: Er kommt mit milder Strafe davon, wenn er Richie hilft, einflussreiche korrupte Politiker zu fassen – ähnlich wie in der TV-Serie „White Collar“.
Sehenswert ist zum einen die Wandlungskunst des Hauptdarstellers Christian Bale, den ich absolut nicht wiedererkannt hätte. Das soll der Freak aus „American Psycho“ oder der Superheld aus „The Dark Knight“ sein? Während das großzügige Dekolleté seiner Geliebten schön anzusehen ist, bräuchte Irving nicht unbedingt seinen Bauch zur Schau zu stellen. Man weiß gar nicht, welche Frisur man mehr bewundern soll: Irvings mit Haarteil aufgepeppte Strähnen oder Richies durch unzählige Lockenwickler erlangte Haarpracht.
Auch die Nebenfiguren glänzen – zum Beispiel Irvings überkandidelte und unterschätzte Ehefrau oder der Gastauftritt einer Schauspielerlegende, der für einen großen Überraschungsmoment sorgt.
Kaum zu glauben, dass der Film auf einer wahren Geschichte beruht. Es gab tatsächlich eine Geheimoperation, genannt Abscam, mit der das FBI 1979 erfolgreich Korruptionsfälle in höchsten politischen Kreisen bekämpfte.

Straße der stummen Bilder
Heute um 18:50 Uhr reise ich wie jeden Freitag, wenn es sich einrichten lässt, nach Hessen. Virtuell versteht sich – mit meinem Reiseführer bzw. HR-Moderator Reinhard Schall, der durch die Sendung „hessentipp“ führt. Der Titel ist wörtlich zu nehmen, denn besonders in der Rubrik „Tipps für Trips“ gibt es jede Menge Freizeit- und Veranstaltungstipps sowohl für Kultur- als auch Naturliebhaber.
Bisher hatte ich leider nur Gelegenheit, ein wenig Großstadtluft zu schnuppern, als ich die Automobilmesse IAA in Frankfurt besuchte. Dabei haben die hessischen Regionen so viel zu bieten: wunderschöne Fachwerkhäuser, malerische Städte, Naturparks, Burgen, Schlösser und Museen. Auch für Skurriles und Kurioses wie die „Überwälder Traumnacht“, ein ausgefallenes Reklamemuseum, ist in der Sendung Platz.
Heute und morgen, so konnte ich erfahren, lockt die "Straße der Stummen Bilder“ zu einem besonderen Theatererlebnis entlang der Lahn. Auf einer Strecke von 800 Metern zwischen Gießen und Marburg verwandelt sich das Ufer in eine Bühne und zeigt Szenen aus dem Drama „Woyzeck“.

Zickenterror in der Vorstadt
Eines haben wir mit den Serienfiguren George und Tessa gemein: Zum Einzug in die neue Wohnung luden wir unsere Nachbarn zum Grillen ein. Da hören die Parallelen aber zum Glück schon auf. Denn das Schicksal des alleinerziehenden Vaters und seiner sechzehnjährigen Tochter möchten wir nicht wirklich teilen. Die beiden ziehen von Manhatten in die fikitve Stadt Chatswin, die sich als „Suburgatory“ (Vorstadthölle) entpuppt – so lautet auch der Titel der amerikanischen TV-Serie.
Die Story vom Städtler, der aus welchen Gründen auch immer in die Provinz zieht, boomt zur Zeit mehr denn je. In „Suburgatory“ wird das oberflächliche und dekadente Leben der Reichen so überspitzt karikiert, dass es nicht mehr klischeehaft, sondern nahezu grotesk ist. Wer nennt sein Kind schon Opus oder seinen Hund nach einem japanischen probiotischen Getränk Yakult? Je gepfefferter und sarkastischer die Sprüche, desto sehenswerter die Folge.
Erstaunlicherweise ging es mir bald wie den beiden Neulingen in Chatswin: Allmählich verspürte ich Sympathie für die durchgeknallten und überkandidelten Figuren wie Dallas. In ihrer chirurgisch und kosmetisch perfektionierten Schale schlägt immerhin ein warmes Herz. Ihr Auftritt in der Folge „Foam Finger“ ist zum Brüllen komisch und lässt jede Glamourfrau erblassen. Selbst mit ihrer zickigen Tochter Daliah oder dem Pantoffelheld Fred fühlte ich mit. Es braucht nur überzeugende Charaktere, um einem überstrapazierten Thema eine neue Dimension zu geben.

Hier ticken die Uhren anders
Eine Ärztin zieht von Manhatten in die Provinz und krempelt dort ihr Leben um. Moment mal, das Muster hatten wir doch erst neulich. Richtig, in der Serie "Everwood" – nur diesmal geht es um eine Ärztin, die es nicht nach Colorado, sondern nach Alabama in die fiktive Stadt Bluebell bei Point Clear verschlägt. Dort erbt sie eine Praxis für Allgemeinmedizin oder besser gesagt, die Hälfte einer Praxis, die sie mit einem alt eingesessenen Arzt teilen muss.
Neulich las ich einmal, dass man die Handlung einer Geschichte auf zwei Grundideen aufbauen kann: Entweder geht jemand auf die Reise oder ein Fremder kommt in eine Stadt. Da ist tatsächlich etwas dran und wird auch in der Serie "Hart of Dixie" bestätigt.
Zoe Hart, die lieber als Herzchirurgin in Manhattan arbeiten würde, sich jedoch erst als Hausärztin bewähren muss, hat große Schwierigkeiten, sich in der Kleinstadt einzuleben. Mit ihren Großstadtallüren tritt sie nicht nur ständig ins Fettnäpfchen, sondern mischt die Bewohner ordentlich auf.
Auch wenn die Handlung manchmal etwas seicht erscheint, lebt die Serie vor allem durch das komödiantische Talent der Hauptfigur Rachel Bilson, die mir schon in O.C. California gefallen hat. Ihre schlagfertigen Sprüche und ihre ungewöhnlichen Methoden, Patienten zu gewinnen, um ihre Praxishälfte behalten zu können, sind höchst amüsant. Für viel Heiterkeit sorgen auch die altmodischen Traditionen der Kleinstadt, die mit großer Aufregung gehegt und gepflegt werden wie die Stadtparade oder das Schildkrötenrennen. Wahre Fans finden eine ausführliche Übersicht aller Veranstaltungen in der Rubrik "Calendar" auf der nett gemachten Webseite "City of Bluebell".

Gejagt von der Zukunft
Wie fühlt es sich an, wenn man nicht von der Vergangenheit, sondern von der Zukunft eingeholt wird? Dieser Angst ist in der TV-Serie „Flash Forward“ die gesamte Menschheit ausgeliefert. Für 137 Sekunden verliert sie das Bewusstsein und sieht ein kurzes Szenario aus der Zukunft. Dieser mysteriöse Vorfall fordert nicht nur unzählige Todesopfer und Katastrophen, sondern und verändert das Leben jedes Einzelnen.
Die Dramatik wird dadurch gesteigert, dass FBI-Agent Mark Benford und seine Kollegen mit allen Mitteln versuchen, die Geschehnisse zu verhindern. Ihre Ermittlungen führen sie ins Staatsgefängnis in München und nach Somalia. Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt.
Auch wenn manche Details etwas haarsträubend wirken, ist die Grundidee spannend umgesetzt. Interessant zu beobachten, wie die Figuren mit ihrer individuellen Vision umgehen – sei sie positiv oder negativ – und ihr Handeln in der Gegenwart dadurch beeinflusst wird.
„Verurteile mich nicht für etwas, was ich noch nicht getan habe.“ Das ist für manche Figuren leichter gesagt als getan, denn das Wissen über ihre Mitmenschen quält sie und lässt die Konflikte weiter eskalieren. Ob sich das Eintreten der Vision verhindern lässt? Unerwartete Wendungen und fiese Cliffhanger am Ende jeder Episode sorgen auf jeden Fall dafür, dass man dran bleibt.

F I N A L E
Die diesjährige Fußball-WM hat mich zunächst nicht vom Hocker gerissen. Dass Japan in der Vorrunde ausscheidet, war zu erwarten, aber ohne Spanien war die WM für mich nur noch halb so spannend.
Aber es gab ja noch mehr Überraschungen: England, Italien und Portugal verabschieden sich sang- und klanglos während sich Costa Rica, Algerien und Kolumbien ins Viertelfinale kämpfen. Und dann das unglaubliche Halbfinale: Deutschland besiegt Brasilien 7:1. Wobei mich das Ergebnis gar nicht so überrascht hat. Ich hatte auf mindestens 3:0 getippt. Endlich konnte die deutsche Mannschaft zeigen, was sie drauf hat.
Erstaunlich, in welchen Hype einen die Medien versetzen. Alles dreht sich nur noch um Fußball. Völlig hochgepuscht sitze ich dann vor dem Fernseher und sehe die üblichen Verdächtigen wie Benzema, di Maria, Hulk, Van Persie, die mir schon so vertraut sind wie meine Serienfiguren. Die 90 Minuten sind rum wie nichts und am Ende denke ich mir: „Ach, das war‘s schon?“ Die Spieler sehen das sicher anders, wenn sie bei brütender Hitze ihre letzten Energiereserven anzapfen während ich bequem auf der Couch liege und Unterhaltung erwarte. Der Kommentar von Mertesacker, wir seien hier nicht beim Karneval, war völlig berechtigt.
Trotzdem würde ich mir wünschen, dass die deutsche Mannschaft heute wieder schön spielt, fair und vor allem siegreich! Sie hat den Pokal verdient.

Sonntag Abend unterwegs
Während viele frustriert an die neue Arbeitswoche denken, endet für mich das Wochenende in der Regel wunderschön dank der gleichnamigen Sendung im WDR. Unter den zahlreichen Reisesendungen im Fernsehen zählt "Wunderschön!" neben der "Nordtour", über die ich schon mal berichtete, zu meinen Favoriten.
Vorgestellt werden Städte und Länder weltweit, oft mit einem Themenschwerpunkt wie zum Beispiel "Durch Österreichs Genussregion – Südliche Steiermark". Durch die Sendung habe ich schon so manch interessante Ausflugsziele in der Umgebung meiner Heimatstadt Düsseldorf kennengelernt, die ich mir für meinen nächsten Besuch bei meiner Mutter merken werde.
Heute geht die Reise nach Istrien – die größte Halbinsel an der nördlichen Adria, von der ich schon viel gehört habe. Sehr praktisch, wenn ich mir heute in den Reportagen schon mal einen groben Überblick verschaffen kann für die nächste Reiseplanung. Neben mittelalterlichen Hafenstädten wie Rovinj und einem Nationalpark, der aus 14 Inseln besteht, wird Hum, mit rund 20 Einwohnern die kleinste Stadt der Welt, vorgestellt.
Die Moderatoren von "Wunderschön" sind durchweg sympathisch und werden meist von ortskundigen Autoren, Künstlern oder Reiseführern begleitet. Die Mischung aus Landeskunde, tollen Landschaftsaufnahmen und besonderen Empfehlungen sorgen für sehr kurzweilige 90 Minuten. Ich bin gespannt, was für Hotels und Ferienwohnungen heute in der Rubrik "Tisch und Bett" vorgestellt werden.

Auf Rachefeldzug
Die Serie „House of Cards“ beginnt mit einer großen Enttäuschung – nicht für den Zuschauer, sondern für die Hauptfigur Francis Underwood. Der Kongressabgeordnete bekommt nicht das ihm versprochene Amt des Außenministers und sinnt auf Rache und zwar nicht nur gegen den US-Präsidenten, sondern gegen die ganze Regierung. Gespielt wird die Rolle von Kevin Spacey, der in dem Film „American Beauty“ das erste Mal einen bleibenden Eindruck bei mir hinterließ.
Mehr muss ich wohl nicht verraten, um Euch einen Vorgeschmack auf diesen spannenden Polit-Thriller zu geben. Niemand kann den machtbesessenen und skrupellosen Politiker so gut verkörpern wie dieser begnadete Schauspieler. In jeder Folge fragt man sich: Wie weit wird er noch gehen, um andere in den Abgrund zu stürzen? Die Antwort ließ mich mehrmals erschauern – zumal ich davon ausgehe, dass die Machenschaften gar nicht so sehr aus der Luft gegriffen sind.
Francis' Absichten sind ebenso undurchschaubar wie seine Beziehung zu seiner Ehefrau und zu einer ehrgeizigen Journalistin. Ich kann nur hoffen, dass die zweite Staffel nicht lang auf sich warten lässt.

La ville de l'amour
Ein französischer Film, in dem es um die "Die Kunst zu lieben" geht und auch noch in Paris spielt, lässt einige Klischees erwarten. Und tatsächlich erntete der Episodenfilm ziemlich viel negative Kritik – die ich persönlich nicht teilen kann.
Während sich die Handlung in den meisten amerikanischen Romantik-Komödien auf die einzige Frage reduzieren lässt "Wann kriegen sie sich endlich?", gehen die Franzosen erfreulicherweise viel subtiler an das Thema heran. So beleuchtet der Regisseur Emmanuel Mouret alles, was die Liebe mit sich bringt wie Euphorie, Eifersucht, Kummer, Begehren oder Entfremdung in teils witzigen, teils absurden Situationen und lässt den Zuschauer immer wieder schmunzeln.
Besonders originell fand ich die Geschichte von Amélie und Boris, die sich heimlich in einem dunklen Hotelzimmer treffen wollen, Amélie jedoch in letzter Minute ihre schüchterne Single-Freundin Isabelle zu dem Tête-à-tête schickt und Boris merkt den Frauenwechsel nicht. Parallel bietet eine andere Freundin Isabelle an, ihr ihren Freund "auszuleihen", damit Isabelle wieder lernt, das Leben zu genießen. Solche skurrilen Einfälle haben doch nur die Franzosen. Für mich war es eine schöne Gelegenheit, mal wieder im Münchner Theatiner-Kino einen Film mit typisch französischem Charme im Originalton zu sehen, der auch noch in meiner Lieblingsstadt spielt.

Auf Leben und Tod
Wieder einmal entdeckte ich ein TV-Highlight aus dem hohen Norden. Die Rede ist von der preisgekrönten dänischen Serie "Protectors – Auf Leben und Tod". Diesmal geht es nicht um Kriminalkommissare oder Polizisten auf Streife, sondern um die Einsätze von drei jungen Personenschützern, die zu einer Spezialeinheit des dänischen Geheimdienstes gehören.
Spannend ist schon die Ausbildung und Rekrutierung von Jonas, Rasmus und Jasmina in der Pilotfolge. Bald wartet die erste Aufgabe auf sie: Das Leben des Verteidigungsministers zu schützen. Außerdem werden sie mit der Lösung verschiedener Kriminalfälle betraut.
Aktuelle politische und gesellschaftliche Themen wie der Kampf gegen Terrorismus, Rassismus oder Stalking werden mit intelligenter Dramaturgie und maßvoller Action umgesetzt. Die Schauspieler sind allesamt hervorragend: Man nimmt ihnen sowohl die täglichen beruflichen Herausforderungen, ihre schweren Entscheidungen als auch ihre Sorgen und Probleme im Privatleben ab. Ich frage mich, wo die Dänen gelernt haben, Drehbücher und Dialoge auf derart hohem Niveau zu schreiben.

Kleinstadtidylle in den Rocky Mountains
Ein ehrgeiziger Workaholic zieht, gezwungen durch äußere Umstände, von einer Großstadt aufs Land und findet dort eine neue Art von Lebensqualität. Diese Story ist ein alter Hut, verliert jedoch anscheinend nicht seinen Reiz, solange sie gut umgesetzt ist. Sonst hätten TV-Serien wie "Heartland" oder "Hart of Dixie" sicher nicht so einen Erfolg.
Vor kurzem entdeckte ich eine neue Variante: Andrew Brown, ein angesehener Neurochirurg in New York, verliert seine Frau bei einem Autounfall und zieht mit seinen Kindern Ephram und Delia in eine Kleinstadt in Colorado. "Everwood", so nennt sich die fiktive Bilderbuchstadt in den Rocky Mountains und auch die Serie. Gedreht wurden die Folgen unter anderem in Salt Lake City und Calgary.
Ich erwartete eine leicht konsumierbare Familiengeschichte mit schöner Kulisse, bei der man nach der Arbeit schön entspannen kann. Dabei hat die Serie weitaus mehr zu bieten: Zwischenmenschliche Konflikte wie die komplexe Vater-Sohn-Beziehung, die von den hervorragenden Darstellern sehr überzeugend gespielt werden, tiefgründige Dialoge, moralische und ethische Dilemmas ... Interessant ist, dass jedes Mitglied der Gemeinschaft eine ganz individuelle Beziehung zu seiner Heimatstadt Everwood hat, die einen starken Einfluss auf die Handlung nimmt.
Für mich hat die Serie noch einen weiteren Spaßfaktor: die Gastauftritte vieler bekannter Schauspieler. Haupt- und Nebenfiguren aus Serien wie "Revenge", "Grey's Anatomy", "Desperate Housewives", "Chuck", "Nip Tuck", "White Collar", "Bones" und "The Closer" geben sich in den verschiedenen Folgen ein Stelldichein.

Tippen wie ein Weltmeister
Ich dachte immer, ich bin schnell im Tippen. Das war, bevor ich „Mademoiselle Populaire“ gesehen habe.
In der französischen Komödie geht es um Rose Pamphyle, die andere Pläne hat als nur zu heiraten und Hausfrau zu werden. Als sie in der Kleinstadt Lisieux in der Normandie eine Stelle als Schreibkraft antritt, erkennt ihr Chef schnell das Potential, das in ihr steckt. Voller Ehrgeiz zieht er ein hartes Trainingsprogramm mit ihr durch und macht sie fit für Schnellschreib-Wettbewerbe.
Der Ablauf der Wettbewerbe zählt zu den amüsantesten Szenen. Das Maschinenschreiben wird mit einem Hochleistungssport gleichgesetzt. Rose verbucht einen Sieg nach dem anderen, schafft es 1959 bis zur WM-Teilnahme und steigt zur Werbeikone auf. Das Modell „Populaire“ im quietschigen Rosa wurde tatsächlich damals ein Bestseller.
Besonders sehenswert in diesem Film mit typisch französischem Humor und Esprit ist das aufwändige Szenenbild. Die Petticoat-Kleider, die Frisuren, Brillen und die passende Big-Band-Musik entführen den Zuschauer auf eine nostalgische Zeitreise in die 50er Jahre.

Gelungene Dramedy
Wenn ich diesen Monat von tapferen Serien-Müttern berichte, darf eine Figur auf keinen Fall fehlen: Cathy Jamison in der Serie "The Big C". Sie lebt in einer Vorstadt von Los Angeles und schwimmt für ihr Leben gern. Ihr trauriges Schicksal: Sie muss nicht nur mit einem untreuen Ehemann und einem pubertierenden Sohn, sondern mit der Diagnose Krebs fertig werden.
Zunächst hält sie die schockierende Nachricht vor ihrer Familie und ihren Freunden geheim. Lang gelingt es ihr jedoch nicht – zu auffällig ist ihr plötzlicher Lebenswandel von der spießigen Mutter zur abenteuerlustigen Frau, die in ihrer verbleibenden Lebenszeit aus dem vollen Schöpfen will.
Trotz des ernsten Themas wird man vor Melodramatik, Depri–Stimmung und Klischeen verschont. Für den schwierigen Spagat zwischen Drama und Comedy, also eine Art Dramedy, sorgen die brillianten Darsteller: Laura Linney, die zu meinen Lieblingsschauspielerinnen zählt, bringt das gesamte Gefühlsspektrum von überschwänglicher Lebenslust bis zur Todesangst überzeugend rüber und erhielt dafür zu Recht einen Golden Globe Award und einen Emmy. Der ebenso großartige Oliver Pratt spielt Cathys witzigen Ehemann, dessen steile Karriere als Blogger ich mit großer Bewunderung und Neid verfolge.

Authentisch und menschlich
Die Serie „Anna Pihl“ riss mich nicht gleich vom Hocker. Die ersten Folgen plätscherten dahin, doch dann gewann die Story zunehmend an Fahrt und ich verschlang eine Staffel nach der anderen.
Im Mittelpunkt steht Anna Pihl, die ihren Dienst als Streifenpolizistin in Kopenhagens größter Polizeistation Bellahoj antritt. Sie hat genug Biss und Intelligenz, um sich unter den vorwiegend männlichen Kollegen zu behaupten und schnell zur Verhandlerin aufzusteigen. Dass sich die junge Alleinerziehende auch um ihren kleinen Sohn Mikkel kümmern muss, macht ihren Alltag nicht einfacher.
Die Kriminalfälle, die in den einzelnen Folgen gelöst werden, sind eigentlich eher sekundär. Viel interessanter finde ich, wie authentisch die tägliche Polizeiarbeit geschildert wird. Jedem Charakter und seinem Schicksal wird viel Raum gegeben. Es sind die leisen Zwischentöne, die den Zuschauer berühren. Statt Gut oder Böse, statt Helden oder Antihelden gibt es nur Menschen, die bemüht sind, das Richtige zu tun und trotz allem Fehler machen. Der Fehltritt einer Beamtin ist so gravierend, dass sie sogar ins Gefängnis wandern muss. Sehr schade, dass die Serie nach drei Staffeln nicht mehr fortgesetzt wurde.

Yuppie-Komödie aus den 80ern
Der Spagat zwischen Kind und Karriere ist für viele Frauen eine Herausforderung und sorgt nicht unbedingt für Heiterkeit – es sei denn, man sieht sich an, wie Diane Keaton alias J. C. in dem Film „Baby Boom“ mit der Aufgabe kämpft.
Die toughe Karrierefrau „erbt“ völlig unerwartet das Baby ihres verunglückten Cousins. Fortan muss sie Job und Kind unter einen Hut bringen, was auf Dauer missglückt. So verlässt sie New York und zieht als Alleinerziehende ins tiefste Vermont.
Einfach herrlich, wie Diane Keaton die Wandlung von der erfolgreichen Yuppie-Frau zur überforderten Mutter spielt. Das stark reparaturbedürftige Haus wächst ihr völlig über den Kopf. Und dennoch entdeckt sie, dass es etwas Wichtigeres im Leben für sie gibt außer Arbeit und geht immer mehr in ihrer Mutterrolle auf. Sehr unterhaltsam ist auch die zarte Romanze, die sich zwischen ihr und einem ortsansässigen Tierarzt entwickelt. Neben Goldie Hawn und Meryl Streep zählt Diane Keaton für mich zu den ganz Großen der weiblichen Schauspielerriege.

Wer hat das letzte Wort?
Am 11. Mai ist Muttertag und für mich ein Anlass, Euch in diesem Monat starke Mütter in TV-Serien vorzustellen.
Den Anfang macht die alleinerziehende Mutter Loreley in der Serie „Gilmore Girls“, mit der mein Faible für amerikanische TV-Serien begann. Loreley bekam ihre Tochter Rory schon mit sechzehn Jahren und hat eine Beziehung zu ihr wie zu einer besten Freundin. Die erfrischende, impulsive Loreley und die introvertierte, kluge Rory kriegen sich zwar oft in die Haare, halten aber zusammen wie Pech und Schwefel.
Nicht nur die Gilmore Girls, sondern auch die anderen Charaktere, die die fiktive amerikanische Gemeinde Stars Hollow nahe Hartford bevölkern, wachsen einem schnell ans Herz. Rorys Freundin Elaine kommt immer wieder auf irrwitzige Ideen, um ihre streng konservative Mutter auszutricksen. Auch mit Loreleys bester Freundin Sookie St. James leiden wir mit, wenn sie von Alltagssorgen oder Liebeskummer geplagt wird. Die Kreationen, die sie als Köchin im von Lorelai geführten „Independence Inn“ zaubert, lassen einem das Wasser im Munde zusammenlaufen. Nicht zu vergessen die ständigen Sticheleien zwischen Lorelai und Luke, der sie in seinem Diner becherweise mit Kaffee versorgt.
Verbale Schlagabtausche liefert sich Lorelai auch mit ihren konservativen Eltern Emily und Richard, die völlig verschiedene Vorstellungen von Kindererziehung haben. Gilmore Girls unterhält bis zum Finale durch phänomenalen Wortwitz, treffsichere Dialoge und liebenswerte Figuren.

Im Mekka der Superreichen
Lust auf ein paar Anregungen für eine noble Einrichtung oder ein luxuriöses Strandhaus? In dem Fall kann ich die amerikanische Serie „Revenge“ empfehlen, die in den Hamptons spielt. Bekanntermaßen lassen sich dort die betuchten New Yorker nieder oder verbringen dort ihre Sommerferien.
Da wäre zunächst das hübsche Strandhaus, das die Hauptfigur Emily Thorne zu Beginn der Geschichte bezieht. Ihre Absichten sind allerdings alles andere als harmlos: Sie plant, Rache an alle Leute zu nehmen, die das Leben von ihr und ihrem Vater zerstört haben.
Unter anderem hat sie es auf Mrs Grayson abgesehen, die direkt gegenüber in einer Luxusvilla thront. Sie gilt als die Queen der Hamptons und wird von Madeleine Stowe so überzeugend gespielt, dass man ihr diese Rolle gern abnimmt, wenn sie auf ihrer überdimensional großen Terrasse wie eine mächtige Herrscherin in Erscheinung tritt und voller Misstrauen ihre neue Nachbarin ausspioniert.
Meint man, dass diese Villa nicht mehr zu toppen ist, wird man eines Besseren belehrt. Wir machen nämlich Bekanntschaft mit dem reichen Erfinder und Technologieunternehmer Nolan Ross. Sein Luxus-Appartment ist der absolute Hammer und kaum in Worte zu fassen. Am besten Ihr seht selbst auf der Website von www.hookedonhouses.net. Dem Luxus sind eben keine Grenzen gesetzt.

Zwischen zwei Welten
Beim Ausmisten meiner CDs stieß ich kürzlich auf den Soundtrack von „Lost in translation“ und wurde an dieses wunderbare Werk von Sofia Coppola erinnert. Ich habe selten einen Film gesehen, der die Stimmung von Tokio so gut einfängt – besonders aus Sicht eines Ausländers.
Dominant in meiner Erinnerung ist die Szene, in der Charlotte, gespielt von Scarlett Johansson, am Fenster ihres Hotelzimmers sitzt und auf die Häuserschluchten Tokios hinunterblickt. Ihr Verlobter ist den ganzen Tag beruflich eingespannt und so muss sie sich die Zeit allein in der Fremde vertreiben. Dieses Gefühl der Verlorenheit und Einsamkeit konnte ich gut nachvollziehen. Als ich einmal geschäftlich in Osaka unterwegs war, wurde ich ebenfalls in einem anonymen Hotel untergebracht. Ich fühlte mich irgendwie in der Schwebe, tatsächlich „lost in translation“, und die Aussicht auf die Stadt vom 22. Stockwerk wirkte sehr surreal.
In der Hotelbar lernt Charlotte Bob kennen, der für einen Whisky-Werbespot engagiert wurde. Die Kommunikationsprobleme mit den Japanern bei den Dreharbeiten sind bezeichnend dafür, wie ausgeschlossen sich auch Bob in dieser Großstadt fühlt. Ihre gemeinsamen nächtlichen Ausflüge in die Karaoke-Bars oder die japanischen Quiz-Sendungen, in denen sich die Moderatoren mit ihren quietschigen Stimmen und Albernheiten überbieten, zeigen die verrückte Seite der Japaner, über die ich mich selbst manchmal wundere.
Die Isoliertheit, die beide Protagonisten in der Fremde verspüren, macht ihnen erst deutlich, wie einsam sie auch in ihrer Heimat und in ihren Beziehungen geworden sind. Es ist eine traurig-melancholische Geschichte, die sich so oder ähnlich auch hinter einem anderen kulturellen Hintergrund abspielen könnte.

Eine Holzstadt feiert Jubiläum
Die Landesgartenschau in Rosenheim liegt schon wieder vier Jahre zurück. Unter dem Motto „Innspiration“ entstanden rund um die Mangfall und den Inn weitläufige Flusslandschaften, Brücken, Stege und fantasievolle Gärten. Schon damals kam der Werkstoff Holz besonders zu Ehren – schließlich gilt Rosenheim weltweit als die Wiege der Holzausbildung.
Dieses Jahr feiert die Holzstadt „150 Jahre Stadterhebung“. Im Jahre 1864 hat der bayerische Märchenkönig Ludwig II. den einstigen Markt zur Stadt erhoben. Dieses Jubiläum wird mit vielen Veranstaltungen wie Chor- und Sommerfestivals, Mitmachaktionen für Familien und Schmankerlstraßen zelebriert.
Die Geschichte Rosenheims war schon immer eng mit der Holzwirtschaft verbunden. Mehr darüber kann man vom 8. April bis 12. Oktober in der Sonderausstellung „Holzstadt Rosenheim“ im Holztechnischen Museum erfahren. Oder Ihr seht Euch morgen um 18:05 Uhr die Sendung „Schwaben & Altbayern“ im Bayerischen Fernsehen an. Meine Freundin und Journalistin war in der Holzstadt unterwegs und hat viele interessante Beiträge über Ausbildungen, holzverarbeitende Betriebe und architektonische Sehenswürdigkeiten wie den Sparkassenturm zusammengestellt.

Vor Entzugserscheinungen wird gewarnt
Den ganzen Tag ist man unkonzentriert und hat nur einen einzigen Gedanken: „Wann kann ich endlich die Fortsetzung sehen?“ So krankhaft ist meine Seriensucht zum Glück nicht – doch es gab schon ein paar grenzwertige Fälle. Dazu zählt die dänische Krimiserie „The Killing“.
Sie hat gewisse Ähnlichkeiten mit dem Politdrama „Borgen“, das ich schon einmal vorgestellt habe. Schauplatz ist Kopenhagen und auch hier geht es um korrupte politische Machenschaften. Bei „The Killing“ steht jedoch ein Gewaltverbrechen im Vordergrund. Kommissarin Lund setzt sich gern über Regeln hinweg, folgt ihrem untrüglichen Instinkt und deckt so von Episode zu Episode einzelne Puzzleteile auf.
Die Spannung wird vor allem durch eine wendungsreiche Dramaturgie und düstere Atmosphäre, durch zwielichtige Figuren und Verstrickungen hochrangiger Politiker erzeugt. Interessant wird es, wenn ein bestimmter Refrain ertönt. Er signalisiert, dass Lund ein neues Indiz entdeckt oder einen neuen Zusammenhang erkannt hat.
Glaubt man, endlich den Täter entlarvt zu haben, wird spätestens in der darauf folgenden Folge der Verdacht wieder in Frage gestellt. Das Warten auf die Fortsetzung und auf die endgültige Auflösung war in dieser einzigartigen Serie wahrlich eine Qual.

Der schöne Schein der Werbewelt
Eine der ästhetischsten TV-Serien, die ich kenne, ist „Mad Men“. Allein von dem Intro bin ich so begeistert, dass ich es mir jedes Mal von Anfang bis Ende ansehe und versuche, neue Details zu entdecken. Die Serie spielt im New York der 1960er Jahre und handelt von aufstrebenden Angestellten in der Werbeagentur „Sterling Cooper“.
Einer von ihnen ist Don Draper, Creative Director, mit einer dunklen Vergangenheit, der nach außen den perfekten Familienvater mimt. Ähnlich wie bei seinen Kollegen ist jedoch das meiste nur Fassade. Hinter dem durchgestylten Look tun sich Abgründe auf, die den Zuschauer immer stärker in den Bann ziehen und den Suchtfaktor erhöhen. Bestes Beispiel ist die Episode "Erwartungen" in der fünften Staffel, die wie ein Kammerspiel endet und den Zuschauer völlig sprachlos zurücklässt.
Einfach perfekt ist die Dramaturgie in einer anderen Episode, als Don versucht, den Hersteller Jaguar von seiner Agentur und Kampagnenidee zu überzeugen, während seine Kollegin Joan ganz andere Mittel einsetzt, um den Pitch zu gewinnen.
Mimik und Taten sagen in dieser Serie mehr als Worte. Dons Ex-Frau Betty beherrscht den leidenden Gesichtsausdruck von allen am besten, während Peggy Olsen und Pete Campbell ständig zwischen Unsicherheit und Komplexen einerseits, Ehrgeiz und Willensstärke andererseits schwanken.
Die künstlerische Qualität der Produktion finde ich grandios: von der Ausstattung über die Kostüme und Frisuren bis hin zur Kameraführung – jedes Detail sitzt perfekt. Für wahre Fans gibt es eine gelungene Illustrationssammlung mit dem Titel "The illustrated world of Mad Men", die ich mir wohl auch bald zulegen werde. Vorher genieße ich jedoch die lang ersehnte siebte Staffel, die morgen auf DVD erscheint.

Leckerbissen für Cineasten
Französische Filme sind nicht jedermanns Sache – besonders wenn man großen Wert auf ein Happy End legt. Ein Film, der den Zuschauer garantiert nicht verstört zurücklässt, ist die schon etwas ältere wunderbare Komödie „Milch und Schokolade“. Es geht um einen Geschäftsführer eines großen Joghurt-Herstellers, dem zwei rachsüchtige Mitarbeiter übel mitspielen.
In der Reinigungsangestellten Juliette findet Romuald nicht nur eine clevere Verbündete, um aus dem Schlamassel herauszukommen, sondern auch seine große Liebe. Bis dahin sind jedoch eine Reihe gesellschaftlicher und beziehungstechnischer Konflikte zu bewältigen.
Wie Romuald sein Leben für Juliette völlig umkrempelt, ist nicht nur rührend, sondern auch sehr amüsant, da die selbstbewusste Juliette genau weiß, was sie will. Ich habe schon viele Filme mit Daniel Auteuil in der Hauptrolle gesehen und bewundere immer wieder sein vielseitiges Talent. Ob Drama, Thriller, Liebesgeschichte oder Komödie – mit seiner ausdrucksstarken Mimik überzeugt er in jeder Rolle. Wie grausam er mit Gefühlen spielt, zeigt er zum Beispiel in dem Drama "Ein Herz im Winter", der zu meinen Favoriten zählt. Für Euch habe ich meine Top Ten der französischen Filme zusammengestellt. Hier könnt Ihr den Flyer herunterladen.

Wann wird der Aufzug repariert?
Es gibt eine Fraktion, die jedes Jahr voller Ungeduld dem Oktoberfest entgegenfiebert, während die andere gar nicht genug vom Fasching bekommen kann. Und nicht zu vergessen jene, die heilfroh sind, wenn beides vorbei ist. Heute haben alle Närrischen die letzte Chance, sich in ein Kostüm zu schmeißen und bis zum Abwinken zu feiern.
Da fallen mir vier wahre Verkleidungskünstler ein, die wenig mit Karneval am Hut haben, aber völlig euphorisch werden, wenn Comic Conventions anstehen. Die Rede ist von den Hauptfiguren der Sitcom "The Big Bang Theory" , über die man sich köstlich amüsieren kann.
Die Vierer-Gang bestehend aus zwei intelligenten Physikern, einem jüdischen Ingenieur und einem indischen Astrophysiker sorgen vor allem durch ihre individuellen Macken und lockeren Sprüche für Lacher. Als Nerds sind sie in ihrem Fachgebiet unschlagbar und in ihren originellen Kostümen machen sie eine gute (Comic)-Figur. Doch außerhalb ihrer Welt scheitern sie kläglich mangels Sozialkompetenz, was der Nachbarin und Freundin Penny schwer zu schaffen macht.
Der Star der Serie ist zweifellos Sheldon, der mit seinen Eigenheiten alle übertrifft. Unglaublich, wie schnell dieser Typ komplizierte physikalische Erklärungen herunterrasseln kann. Mit der hochintelligenten und nüchternen Neurobiologin Amy bildet er ein herrlich schräges Paar. Der äußerst umfangreiche WG-Vertrag, den Sheldon mit seinem Freund Leonard abgeschlossen hat, verdient auch gebührenden Respekt. Wann der defekte Aufzug in ihrem Hochhaus endlich repariert wird, steht allerdings in den Sternen.

Partner oder Gegenspieler?
Ich gebe zu: Die ausgesprochen attraktive Hauptfigur war nicht ganz unbeteiligt, als die TV-Serie „White Collar“ meine Neugier weckte. Matt Bomer spielt den Kunstfälscher und Betrüger Neal Caffrey, der aus einem Hochsicherheitsgefängnis ausbricht, vom FBI-Agenten Peter Burke jedoch schnell gefasst wird. Die beiden gehen einen Deal ein: Neil unterstützt mit seinem Insiderwissen das FBI bei der Jagd auf Kunstdiebe und Trickbetrüger, vorausgesetzt er trägt eine elektronische Fußfessel.
Die Serie lebt vor allem von den sympathischen Darstellern und der nicht ganz durchschaubaren Beziehung zwischen den beiden Hauptcharakteren, die sich von Staffel zu Staffel weiterentwickelt. Mal überwiegt das Misstrauen, dann wieder hegen sie fast freundschaftliche Gefühle. Auch die schönen Locations wie Neils Appartment in der Riverside und die umliegenden Museen bereichern die Serie.
Neben den einzelnen FBI-Fällen zieht sich Neals Vergangenheit, der dubiose Tod seiner Freundin und eine mysteriöse Spieldose, wie ein roter Faden durch die Serie. Dieses Konzept erinnert an die Produktion „Burn Notice“, über die ich schon mal berichtet habe. Es gibt übrigens ein interessantes Special, in dem die Autoren beider Serien gegeneinander antreten und wetteifern, welches Drehbuch besser gelungen ist.

Herrliche Satire aus den 90ern
Bekannt wurde Cybill Shephard als Partnerin von Bruce Willis durch die Privatdetektei und gleichnamige TV-Serie „Moonlighting“ (Das Model und der Schnüffler). Ich habe die amerikanische Schauspielerin und Sängerin in der Sitcom „Cybill“ wiederentdeckt und bin einfach begeistert von ihrem komödiantisches Talent. Den Golden Globe für ihre Rolle hat sie redlich verdient.
Sie spielt eine mäßig erfolgreiche Schauspielerin in den Mittvierzigern, die sich mit unbedeutenden Nebenrollen und anspruchslosen Werbespots über Wasser hält. Verständnis für ihre beruflichen und privaten Probleme findet sie bei ihrer besten Freundin Maryann Thorpe gespielt von der ebenfalls fabelhaften Christine Baranski.
Maryann ist hauptsächlich damit beschäftigt, sich an ihren Ex-Mann Dr. Dick zu rächen und tröstet sich mit übermäßigen Konsum von Wodka-Martini. Ihre verrückten Ideen, Dr. Dick um die Ecke zu bringen, und ihre bissigen Kommentare haben meine Lachmuskeln mehrmals überstrapaziert. Der reale Alltag in Hollywood jenseits von Glanz und Glamour wird hier auf sehr amüsante Weise vermittelt.
Ein weiteres Highlight: Die jazzige Titelmelodie "Nice work if you can get it". Ein Freund von mir hat den Ohrwurm als Handy-Klingelton, den ich mir auch bald zulegen werde.

Online-Rendezvous
Morgen ist Valentinstag und auch dieser Tag wird mittlerweile kommerziell ganz schön ausgeschlachtet. Wem Parfum und Pralinen zu profan sind, kann seine/n Angebetete/n mit einem personalisierten Liebesroman oder einer Sternschnuppe in Form eines Meteoritensplitters überraschen. Na wenn das mal nicht ausgefallen ist...
Dabei genügt doch schon eine kleine Geste wie ein Blumenstrauß oder ein mit Liebe gekochtes Abendessen. Und im Anschluss schaut man gemeinsam eine romantische Liebeskomödie wie „E-Mail für Dich“. Ich habe den Film bestimmt schon sechs, sieben Mal angeschaut und könnte in der Schlussszene immer noch vor Rührung heulen. Gibt es ein schöneres Traumpaar als Meg Ryan alias Kathleen Kelly und Tom Hanks als Joe Fox?
Zu meinen Lieblingsszenen zählen
– Kathleens entsetztes Gesicht, als Joe am Buffet den ganzen Kaviar abstaubt
– als Kathleen vergeblich auf ihr Blind Date wartet und sich statt dessen mit Joes sarkastischen Sprüchen abgeben muss
– Joes Krankenbesuch bei Kathleen.
Ganz nebenbei ist der Film auch eine Liebeserklärung an New York. Eine Szene spielt im Feinkostladen „Zabar‘s“ in der Upper East Side, wo ich schon mal sehr leckeren Käse gekauft habe. Das nächste Mal würde ich gern den Riverside Park sehen, wo sich Kathleen und Tom endlich in die Arme fallen.

Wo ist der nächste "Buy More"?
Es gibt Serien, in denen die Nebenhandlung noch witziger ist als die eigentliche Story. „Chuck“ ist so ein Beispiel. Im Mittelpunkt steht Chuck Bartowski, ein Angestellter im Elektrofachmarkt „Buy More“ in Burbank. Als er sich versehentlich Daten aus der CIA-Datenbank in sein Gehirn lädt, wird er gezwungen, ein Doppelleben als Verkäufer und Geheimagent zu führen. Dank seiner Freundin und CIA-Agentin Sarah entwickelt er sich von Staffel zu Staffel zu einem Profiagenten.
Nun kommen wir aber zu den Nebenfiguren: Allen voran das Dream-Team Jeff und Lester, die ihren Job nicht sonderlich ernst nehmen und sich viel lieber als Band „Jeffster“ verwirklichen würden. Bei ihren selbst gedrehten Video-Clips habe ich mich schlapp gelacht. Überhaupt – was sich bei Buy More für Szenen abspielen, hat Kultcharakter.
Sehr amüsant sind auch Chucks mürrischer Partner und NSA-Agent John Casey und sein naiver, aber äußerst gut aussehender Schwager mit dem Spitznamen „Captain Awesome“. Ich frage mich, ob so mancher Sprachwitz durch die Synchronisation nicht verloren geht.
Die coolen Kampfszenen sehe ich mir als Tae Bo Fan natürlich auch gerne an. Da kann ich doch nur dazulernen. Humor, Romance und Action – für jeden Geschmack ist etwas dabei.

Crew im Retro-Chic
Vier adrette Stewardessen und zwei Piloten jetten in den sechziger Jahren von New York aus durch die Welt und entführen uns in spannende und romantische Abenteuer. Klingt nach einer Seifenoper oder? Wäre da nicht die tolle Kulisse und die sympathischen Schauspieler, die der Serie „Pan Am“ das gewisse Etwas verleihen.
Dank der gelungenen originalgetreuen Nachstellung von 1963 fühlt man sich in die große Zeit der legendären Airline und in die damals glamouröse Welt der Flugreisen und Stewardessen hineinversetzt. Das Sixties-Ambiente mit der unverwechselbaren Mode, den knalligen Farben und dem Retro-Design machen einfach gute Laune. Da drückt man gern ein Auge zu, wenn die Handlung nicht allzu tiefgründig ist.
Die ehrgeizige Maggie, die konservative Laura, die mutige Kate und die charmante Colette bilden ein rundes Ensemble. Ungefähr so muss ich mir vielleicht den Arbeitsalltag meiner Mutter vorstellen. Sie arbeitete eine Zeit lang beim Bodenpersonal der Airline Cathay Pacific und arrangierte Empfänge und Fotoshootings für prominenten VIPs.
Wer Lust auf eine Prise Humor, Ästhetik und leichtfüßiges Entertainment verspürt, ist mit der Serie, die nach einer Staffel nicht mehr fortgesetzt wurde, gut bedient.

Gefährliche Seilschaften
Politik gehört nicht gerade zu meinen Interessensgebieten. Und trotzdem oder vielleicht gerade deshalb hat mich die Serie „Borgen – Gefährliche Seilschaften“ von der ersten bis zur letzten Episode gefesselt. Morgen erscheint die letzte Staffel des Politdramas, das ich Euch wärmstens empfehlen kann.
Es geht um Dänemarks Premierministerin Brigitte Nyborg und den täglichen Herausforderungen, denen sie sich stellt. Man fühlt richtig mit, wie sie versucht, ihren verschiedenen Rollen als verantwortungsvolle Politikerin, gute Ehefrau und fürsorgende Mutter gerecht zu werden.
Die Serie gibt einen tiefen Einblick in die Mechanismen von Partei- und Politikbetrieb, die den Zuschauer in ein wahres Wechselbad der Gefühle stürzen. Ich war hin- und hergerissen zwischen Abscheu („Gott, ich würde niemals in der Politk arbeiten wollen!“) und Faszination („Was muss das für ein Gefühl sein, so eine weitreichende Entscheidung für ein Volk zu treffen?“).
Besonders interessant fand ich das Kräftespiel zwischen Politik und Medien. Man erlebt hautnah mit, was es heißt, gute journalistische Arbeit zu leisten.
„Borgen“ ist wieder einmal ein Beweis, dass man auch ohne Gewalt und Action Spannung auf höchstem Niveau erzeugen kann.

Den Norden erkunden
Manchmal frage ich mich, wofür ich eigentlich GEZ-Gebühren zahle. Ich sehe mir ja fast nur Serien und Filme auf DVD an. Zur Anschaffung eines Blu-ray-Players bin ich wegen anderer Prioritäten noch nicht gekommen.
Aber es gibt wenige Ausnahmen: die Kultur- und Reisereportagen der Dritten Programme. Eine Sendung, die ich nur ungern verpasse, ist zum Beispiel die „Nordtour“, die jeden Samstag um 18 Uhr läuft.
Für mich hat sie genau den richtigen Themenmix. Mal wird eine Tour durch ein hippes Hamburger Stadtviertel vorgeschlagen oder das ausgefallene Design eines neu eröffeneten Hotels gezeigt; mal ein ungewöhnliches Museum, ein neuer Sporttrend oder ein Naturparadies vorgestellt.
Nach jeder Sendung bekomme ich so richtig Lust, die Lokalitäten kennenzulernen, was bei der Entfernung leider nicht spontan möglich ist. Seltsam, dass es noch keine vergleichbare Sendung im Bayerischen Fernsehen gibt – eine echte Marktlücke.
Ich würde gern wieder nach Sylt reisen, wo wir eine Juniwoche in einer schnuckeligen Ferienwohnung verbracht und viele Ausflüge unternommen haben. Die unberechenbaren Wetterumschwünge und der starke Wind, der mich oft beinahe vom Rad geweht hätte, wurden durch die schönen Reetdachhäuser, das besondere Flair in den Ortschaften und die leckeren Fischgerichte leicht wettgemacht.
Reportagen wie die „Nordtour“, die schöne Geschichten über interessante Schauplätze erzählen, haben mich wohl ebenfalls zu meinem Blog inspiriert.

Zeig's ihnen Alicia!
Ich stelle fest, dass ich immer seltener ins Kino gehe. In letzter Zeit habe ich aber auch nur wenige Filme gesehen, die mich vom Hocker gerissen haben. Ganz anders sieht es mit TV-Serien aus, wo ich immer mehr Produktionen auf sehr hohem Niveau entdecke und mich schon langsam frage, wo ich nur die Zeit hernehmen soll, um sie mir alle anzusehen.
Mich fasziniert vor allem, dass sich die einzelnen Charaktere über mehrere Staffeln viel stärker entwickeln können als in einem zweistündigen Film. Ein gutes Beispiel ist "The Good Wife" gespielt von Julianna Margulies, die mir als Schauspielerin schon in der Serie "Emergency Room" sehr sympathisch war.
Beide Serien spielen in der wunderschönen Stadt Chicago, allerdings sieht man in "Good Wife" nicht ganz so viele Außenaufnahmen wie in der legendären Arztserie. Damals war ich so fasziniert von der Gegend am Chicago River, wo die Ärzte ihre Pausen verbrachten, dass ich unbedingt in diese Stadt reisen wollte. Und ich wurde nicht enttäuscht. Die "Chicago River Architecture Tour" durch die Häuserschluchten zählt zu meinen schönsten Erlebnissen.
Doch zurück zu "Good Wife". Spannend ist vor allem, die Entwicklung der Hauptfigur Alicia Florrick von der betrogenen Ehefrau eines bekannten Staatsanwaltes zu einer selbstbewussten und talentierten Strafverteidigerin in einer renommierten Anwaltskanzlei zu beobachten. Auch wenn sich ihre Fälle in rechtlichen Grauzonen bewegen, schlägt sich Alicia wacker und lässt sich von ihren Konkurrenten nicht aus dem Konzept bringen.
Die Nebenrollen sind ebenfalls toll besetzt. Alicias Kollegin und Freundin Kalinda hat stets etwas Mysteriöses an sich und trägt durch ihren untrüglichen Spürsinn wesentlich zum Erfolg der Kanzlei bei. Und über den eifririgen Wahlkampfstrategen Eli Gold, gespielt von Alan Cumming, und seine herrliche Ironie kann man sich immer wieder amüsieren.
Mit Witz, Charme und Patrone
Bei diesen fast frühlingshaften Temperaturen kann man sich nicht beschweren. Wer sich noch mehr Wärme ins Wohnzimmer holen möchte, schaut sich am besten die TV-Serie "Burn Notice" an. Sie spielt in Miami und handelt vom ehemaligen Geheimagenten Michael Westen, der versucht herauszufinden, warum ihn die US-Regierung mitten in einem Auftrag fallen ließ. Seine Brötchen verdient er notgedrungen als Privatdetektiv und knöpft in Robin-Hood-Manier korrupten reichen Menschen das Geld ab, um seinen verzweifelten Kunden aus der Patsche zu helfen.
Seine selbst gebastelten sehr wirkungsvollen Gadgets erinnern an MacGyver oder James Bond. Er versprüht jedoch mehr Charme mit seinem verschmitzten Lächeln, seiner erstaunlichen Wandlungsfähigkeit und cleveren Ideen. Sein Spiel mit Akzenten und der Wortwitz kommen wohl nur in der Originalfassung gut herüber.
Mit seiner toughen Ex-Freundin Fiona und dem ehemaligen CIA-Mitarbeiter Sam bildet er ein sympathisches Team, das man bei den oft halsbrecherischen Aufträgen gerne begleitet. Eine Serie, die gute Unterhaltung, Action und eine tolle Kulisse für Michaels Abenteuer bietet. Die Bilder erinnern mich an unsere tolle Reise nach Miami Beach und Fort Lauderdale, wo wir mit einem Ausflugsboot an den luxuriösen Villen und Yachten prominenter Millionäre vorbeischipperten.

Dream Big
Den Jahresanfang nutzen viele nicht nur für gute Vorsätze, sondern auch für neue Ziele und Pläne – vielleicht ein guter Zeitpunkt, um über seinen Lebenstraum nachzudenken?
Wenn es eine TV-Serie gibt, die Menschen dazu ermutigt, ihren Traum zu verwirklichen, dann ist es "Glee". Es geht um den Spanischlehrer Will Schuester, der an einer High School in Lima, Ohio, dem Schul- und Tanzchor Glee-Club, in dem er selbst einmal aktiv war, wieder neuen Glanz verleihen möchte. Lauter schräge und als uncool abgestempelte Außenseiter finden sich in der Truppe zusammen, bringen ihre Macken und Stärken ein und entwickeln sich zu wahren Talenten – sehr zum Missfallen der Cheerleader-Trainerin Sue Sylvester. Ihre sarkastischen Sprüche und die Persiflage auf den Perfektions- und Popularitätswahn erinnern an das abgründige Schönheitschirurgen-Drama "Nip Tuck", das ebenfalls vom Glee-Macher Ryan Murphy stammt.
Musikliebhaber werden auf ihre Kosten kommen. In jeder Folge steht ein Künstler oder ein musikalisches Thema im Vordergrund. Sehr gelungen finde ich die Interpretationen von Grease, The Sound of Music, Britney Spears sowie Jane Lynch in Madonnas Vogue-Nummer. Die tollen Tanzeinlagen von Matthew Morrison und die regelmäßigen Gastauftritte berühmter Sänger und Schauspieler wie Olivia Newton-John und Gwyneth Paltrow sorgen für gute Laune. Ich empfehle unbedingt die englische Originalversion.
Das Glee-Fieber ist von den Staaten schon nach Deutschland geschwappt. An der staatlichen Jugendmusikschule in Hamburg und an der Nürnberger Tanzschule "The Walk of Fame" wurden bereits Glee-Clubs gegründet. So etwas hätte ich mir an meiner Schule auch gewünscht – das wäre eine schöne Alternative zum privaten Jazztanz-Unterricht gewesen.

In der Prärie
Was TV-Serien betrifft, habe ich mich schon durch viele Genres durchgearbeitet: Von Romanze und Komödie über Drama und Krimi bis hin zu Science-Fiction. Da kann es schon mal passieren, dass eine Familienserie für Pferdeliebhaber hineinrutscht, obwohl ich gar nicht zur Zielgruppe gehöre. So geschehen mit „Heartland“.
Ich gebe zu: Vor langer Zeit habe ich alle Staffeln von "McLeods Töchter" gesehen, die auf einer australischen Rinderfarm spielt. „Heartland“ handelt ebenfalls von zwei Schwestern, umfasst aber mehrere Generationen und spielt auf einer Ranch im Vorland von Alberta in Westen Kanadas.
Nachdem ich gerade die vorletzte Serie von „Breaking Bad“ gesehen hatte, konnte der Kontrast kaum größer sein. Leicht irritiert vom Cover, das eher ein Teenie-Drama vermuten ließ, nahm ich mir vor, nur kurz in die erste Folge reinzusehen – und blieb wider Erwarten hängen. Das liegt vor allem an den überwältigenden Landschaftsbildern, die Lust machen, sofort nach Kanada aufzubrechen. Bühnenbildausstatter Rick Roberts erklärt in einem Interview, dass er den Zuschauern seine Heimat fernab von den üblichen Assoziationen wie Öl, Reichtum und Glastürme näher bringen wollte. Statt dessen zeigt er das Leben der Pferdebesitzer und Ranchfamilien und lässt viel einheimisches Kunst- und Handwerk in das Set einfließen – zum Beispiel in die Einrichtung des Wohnhauses oder der Ferienranch.
Natürlich spielt bei mir auch die Faszination des völlig andersartigen Lebens eine Rolle. Wie würde ich wohl als Stadtmensch in solch einer Umgebung zurecht komme? Vermutlich gar nicht ... Umso schöner, wenn man dies einmal fiktiv ausleben kann.
Es ist entspannend und herzerwärmend, die Pferdeabenteuer und die vielschichtigen Generationskonflikte zwischen den gut gezeichneten Charakteren zu verfolgen. Für viel Humor sorgen die siebengescheite Aushilfskraft Mallory, der sture Großvater und die geschäftstüchtige ältere Schwester. Hoffentlich ist der Wortwitz in der deutschen Synchronisation nicht verloren gegangen. Die Macher von Heartland wollten eine unterhaltsame Serie für die ganze Familie schaffen und das ist ihnen sicherlich gelungen.

Was passiert mit Heisenberg?
So schön ist der Pool von Walter White und seiner Familie nicht, aber dafür Schauplatz von sehr einprägsamen Szenen in der Serie „Breaking Bad“. Heute erscheint bei uns die finale Staffel auf DVD und ich bin sehr gespannt, wie Walters unaufhaltsame Wandlung vom krebskranken Chemielehrer zum machtgierigen Drogenboss Heisenberg enden wird.
Die Serie ist der Hammer. Schon die ersten Szenen haben mir die Sprache verschlagen und im Laufe der fünf Staffeln hat sich meine Bewunderung für die Macher nur noch gesteigert. Beachtlich ist die schauspielerische Leistung des Hauptdarstellers Bryan Cranston. Seine Mimik verrät nur zu gut, mit welchen inneren Konflikten er ständig zu kämpfen hat. Er und sein Partner Jesse Pinkman bilden ein derart schräges Duo, dass man sich trotz der Dramatik und Tragik immer wieder darüber amüsieren muss, was ihnen alles widerfährt. Die Mischung aus rabenschwarzem Humor, skurillen Figuren, einfallsreichen Kameraeinstellungen und atmosphärischen Bildern machen so manche Folge zu einem kleinen Kunstwerk.
Wohl deshalb wurde die Serie vielfach prämiert und ist mittlerweile so beliebt, dass sogar Breaking Bad Bustouren durch Albuquerque angeboten werden. 13 Drehorte werden abgeklappert – vom Wohnhaus der Familie White über die Octopus-Autowaschanlage bis hin zu Walters Drogenlabor. So schnell kann aus einem unscheinbaren Industriegebiet in Neu-Mexiko eine Touristenattraktion werden.

Purer Nervenkitzel
Bei diesen frostigen Temperaturen macht man es sich doch gern mit einer guten DVD auf der Couch gemütlich. Bei mir kommt es auch schon vor, dass ich bei strahlendem Sonnenschein mitten im Hochsommer nicht vom Fernseher loskomme. Ich bekenne: ich bin ein Serienjunkie.
Eine Produktion mit großem Suchtfaktor ist "Damages". Der Titel verrät bereits, worauf man sich einlässt. Eine New Yorker Kanzlei führt milliardenschwere Gerichtsprozesse, die Menschen nicht nur in den finanziellen Ruin, sondern auch in den Tod treibt und so manch Kollateralschaden hinterlässt.
Besonders sehenswert ist Glenn Close als unberechenbare Staranwältin mit Pokerface. Gemeinsam mit ihrem Protegée nimmt sie den Kampf gegen Wirtschaftskriminalität höchsten Kalibers und korrupte Machenschaften auf. Das Mittel der Wahl heißt Manipulation; die durchgehende Botschaft lautet: Traue niemandem. Die Zeitsprünge sind manchmal etwas anstrengend, tragen aber wesentlich zur Spannung bei: häppchenweise wird ein Puzzleteil nach dem anderen zur Aufklärung des Falls serviert.
Zur Zeit bin ich bei der vierten Staffel und noch nicht ganz sicher, ob sie das bisherige Niveau hält. Aber allein das spannungsgeladene Verhältnis zwischen den zwei Anwältinnen und ihre psychischen Spielchen ziehen mich schon wieder in den Bann.